Berlin (dapd). Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) ist bereits seit März darüber informiert, dass ein mutmaßlicher NSU-Unterstützer jahrelang Informant der Berliner Polizei war. Dies berichteten Innen- und Verfassungsschutzexperten des Abgeordnetenhauses nach einem Treffen mit Henkel am Freitag. Im Mai sei der Generalbundesanwalt über den Vorfall unterrichtet worden, hieß es weiter. Die Öffentlichkeit sei nach Henkels Angaben wegen der laufenden Ermittlungen nicht in Kenntnis gesetzt worden. Das Berliner Landeskriminalamt (LKA) hatte mehr als ein Jahrzehnt mit einem Informanten aus dem Unterstützerkreis der Terrorzelle zusammengearbeitet, wie Mitglieder des Bundestags- Untersuchungsausschusses zum Rechtsterrorismus der Nachrichtenagentur dapd bestätigten. dapd (Politik/Politik)
Verbraucherschutzminister wollen Lebensmittelkrisen vereint managen
Hamburg (dapd). Die Verbraucherschutzminister von Bund und Ländern wollen bei Lebensmittelskandalen künftig besser zusammenarbeiten. „Ziel ist es, bei Lebensmittelkrisen künftig noch schneller zu handeln, um die Aufklärung der Fälle deutlich beschleunigen zu können“, sagte Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) am Freitag in Hamburg. Dies sei nach der EHEC-Krise und dem Dioxin-Skandal 2011 dringend nötig. So soll etwa ein bundesweiter Krisenstab für solche Skandale eingesetzt werden. Weniger Einstimmigkeit unter den Ministern herrschte beim Thema „Hygieneampel“. Zwar soll eine bundeseinheitliche Symbolik auf den Weg gebracht werden, eine verpflichtende Ampel ist bundesweit aber nicht geplant. Die Länder sollen laut Aigner auch weiterhin selbst entscheiden, ob sie eine Hygieneampel für sinnvoll halten, oder ob sie das Instrument etwa aus Sorge vor einer Stigmatisierung der Betriebe nicht einführen. „Lebensmittelüberwachung ist und bleibt Ländersache“, sagte die Bundesministerin. Einige Länder, darunter Hamburg, stehen hinter der Ampel als Pflichtprogramm für alle gastronomischen Betriebe und Lebensmittelhersteller. „Ich möchte die Hygieneampel verpflichtend in Hamburg einführen“, sagte Verbraucherschutzsenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD), die aktuell der Ministerkonferenz vorsitzt. Damit das künftig auch möglich ist, arbeite der Bund bereits an einer Gesetzesvorlage, die eine verpflichtende Einführung erlaubt, erklärte Aigner. Ein weiteres Thema der Konferenz war der Schutz der Verbraucher bei Finanzanlagen und bei Zinsen für Kontoüberziehungen, sogenannte Dispozinsen. „Wir waren uns einig, dass wir derzeit viel zu hohe Dispozinsen für Verbraucher haben“, sagte Prüfer-Storcks. Dennoch sei es zu keinem einstimmigen Beschluss gekommen, wie dieser Missstand behoben werden kann. Während die SPD-regierten Länder dafür plädierten, den Zinssatz durch eine gesetzliche Obergrenze zu deckeln, stimmten die von der CDU regierten Länder gegen diesen Vorschlag. Auch Bundesministerin Aigner wand ein, dass eine gesetzliche Obergrenze dazu führen könnte, dass Gebühren an anderer Stelle, etwa bei der Kontoführung, draufgeschlagen werden könnten. Banken sollen darüber hinaus ihre Informationsbroschüren für Verbraucher bei Lebensversicherungen klarer gestalten. „Auch bei der sogenannten Riester-Rente wollen wir mehr Transparenz“, sagte Prüfer-Storcks. Mit insgesamt 40 gefassten Beschlüssen bearbeiteten die Minister weitere Themen wie Energieversorgung, Telefonwerbung und Abzocke bei Kaffeefahrten. Darunter fällt auch ein Beschluss zum Tierarzneimittelgesetz. Demnach soll der Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung verschärft werden. Über diesen Aspekt will das Kabinett in Berlin am kommenden Mittwoch beraten. dapd (Politik/Politik)
Bankenexpertin: Finanzsystem heute stabiler als bei Lehman-Pleite
Frankfurt/Main (dapd). Vier Jahre nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers ist das Finanzsystem nach Ansicht der Wirtschaftsexpertin Susanne Schmidt besser gegen Bankpleiten gewappnet. „Liquidität ist ja reichlich da. Die Wahrscheinlichkeit eines Crashs ist deshalb kleiner geworden“, sagte die Wirtschaftsjournalistin und Buchautorin im dapd-Interview. Dabei seien die Banken aber von der extrem lockeren Politik der Notenbanken abhängig, über die sie sich finanzieren könnten. „Irgendwann wird uns das um die Ohren fliegen“, warnte Schmidt. Indem die Europäische Zentralbank (EZB) den Banken eine Billion Euro an billigen Krediten zur Verfügung gestellt habe, habe sie auch eine stärkere Geldentwertung wahrscheinlicher gemacht. „Ich denke, mittel- bis langfristig wird es schwierig, das ohne eine höhere Inflation zurückzudrehen“, sagte Schmidt. Kurzfristig werde die Teuerung deshalb aber nicht anziehen. „Solange wir konjunkturell rumkrüppeln, wird es eher deflationäre Tendenzen geben“, erklärte sie, also eine Zunahme des Geldwertes. Die Kritik an den angekündigten Anleihekäufen der EZB hält die ehemalige Bankerin für teilweise ungerecht. „Ich verstehe die Einwände der Kritiker, aber was sind die Risiken und Kosten, wenn ich nichts tue? Ohne das Aufzeigen dieser alternativen Risiken und Kosten ist die Kritik unredlich“, sagte Schmidt. Aber wer sich nicht täglich damit beschäftige, dem falle dies nicht auf. Es sei dringend notwendig, einer erneuten Finanzkrise vorzubeugen und den Banken mehr Regeln vorzuschreiben, auch wenn dies Geld koste und mehr Bürokratie verursache. „Und wenn das bedeutet, dass die Banken über ein paar Jahre noch eine Eigenkapitalrendite haben wie ein normaler Versorger, dann ist das eben so“, sagte Schmidt. „Was die Regulierung, Solidität und Stabilität der Banken angeht, ist noch viel zu tun“, sagte die Tochter des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt. „Da müssen die Verantwortlichen einen Zahn zulegen.“ Vor kurzem erschien Schmidts Sachbuch „Das Gesetz der Krise“, in dem sie unter anderem den Einfluss der Banken kritisiert. Direkt nach dem Beginn der Finanzkrise hätte sich die Gruppe der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G-20) noch auf eine gemeinsame Gangart zur Reform der Finanzmärkte verständigt. „Jetzt ist der Wille leider nicht größer, an einem Strang zu ziehen als vor Ausbruch der Finanzkrise“, rügte Schmidt. „Jedes Land hat Angst, im Wettbewerb den Kürzeren zu ziehen.“ Weitaus optimistischer schätzt sie die Zukunft des Euro ein. „Ich bin voller Hoffnung, dass wir die Krise in der Währungsunion überwinden“, erklärte Schmidt. Dabei sei Europa aber auch von der Entwicklung der Weltpolitik abhängig. „Eine Krise im Nahen Osten kann all diese Einschätzungen über den Haufen werfen.“ dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Westerwelle verurteilt Gewalt gegen deutsche Botschaft im Sudan
Berlin (dapd). Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hat den Angriff auf die deutsche Botschaft in der sudanesischen Hauptstadt Khartum verurteilt. „Ich verurteile diese Angriffe auf das Schärfste“, sagte Westerwelle am Freitag in Berlin. Zugleich bezeichnete er den Film, der die Proteste im Sudan und anderen islamischen Ländern ausgelöst hat, als unerträglich. Dieser könne aber „keine Rechtfertigung für Gewalt“ sein: „Diese Gewalt muss enden.“ Westerwelle teilte mit, dass alle Botschaftsangehörigen in Sicherheit gebracht werden konnten. Die diplomatische Vertretung war am Freitag von gewalttätigen Demonstranten angegriffen worden. Mehrere Tausend aufgebrachte Menschen waren in Richtung Botschaft gezogen und hatten die Vertretung teilweise angezündet. dapd (Politik/Politik)
Sozialplan für Q-Cells-Beschäftigte vereinbart
Thalheim (dapd). Insolvenzverwalter und Betriebsrat der Solarfirma Q-Cells haben sich auf einen Sozialplan geeinigt. Demnach können die zu kündigenden Mitarbeiter zum 1. Oktober in eine Transfergesellschaft wechseln oder erhalten eine Abfindung, wie das Unternehmen am Freitag in Thalheim in Sachsen-Anhalt mitteilte. Dabei werde die Zahl der Kündigungen unter den bisherigen Planungen liegen. 80 Prozent der Arbeitsplätze blieben erhalten. Statt rund 1.250 Mitarbeiter wolle die südkoreanische Firmengruppe Hanwha nun mehr als 1.300 Beschäftigte übernehmen, um den Geschäftsbetrieb weiterführen zu können. Entgegen den ersten Planungen müssten 199 statt bisher 271 Mitarbeiter ausscheiden. Sie haben die Wahl zwischen dem Wechsel in die Transfergesellschaft oder einem Aufhebungsvertrag. Ende August hatte die Gläubigerversammlung dem Verkauf der insolventen Solarfirma an Hanwha zugestimmt. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Aigner will übermäßigen Antibiotika-Einsatz eindämmen
Hamburg (dapd). Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) will den Missbrauch von Antibiotika in der Tierhaltung stoppen. „Wir müssen alles daran setzen, dem übermäßigen Einsatz von Tierarzneimitteln Einhalt zu gebieten“, sagte Aigner am Rande der Konferenz der Verbraucherminister von Bund und Ländern am Freitag in Hamburg. Am Mittwoch will das Bundeskabinett die Novelle des Arzneimittelgesetzes beschließen. Ziel dieser umfangreichen Gesetzesnovelle ist es, den Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung drastisch zu senken und damit das Risiko der Entstehung und Ausbreitung von Resistenzen zu begrenzen. Die Überwachungspflichten der Länderbehörden sollen deutlich verschärft werden. Außerdem sollen der Ausbau einer bundesweiten Datenbank vorangetrieben, die Auflagen für Tierärzte und Tierhalter erhöht sowie die Kontrollmöglichkeiten in auffälligen Betrieben ausgeweitet werden. „Es handelt sich um eine der tiefgreifendsten und ehrgeizigsten Reformen der Tierarzneimittel-Gesetzgebung“, sagte Aigner. Die Bundesregierung werde dafür sorgen, dass die zuständigen Landesbehörden ihre Überwachungsaufgaben in Zukunft wirksamer und schneller erfüllen können. Der Bund setze den Rechtsrahmen. Vor Ort seien die Länder für die Überwachung der Betriebe zuständig. „Ich will ausdrücklich klarstellen, dass der Einsatz von Antibiotika zur Wachstumsförderung ebenso verboten ist wie der präventive Einsatz – und zwar bereits seit Jahren“, sagte die Bundesverbraucherministerin. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Der Weckruf der SPD
Berlin (dapd). Die SPD will Deutschland aus dem „innenpolitischen Dauerschlaf“ befreien und nach der Bundestagswahl im kommenden Jahr wieder Regierungsverantwortung tragen. „Dieses Land braucht einen Weckruf“, sagte Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier am Freitag in Berlin. Auf einem Zukunftskongress der SPD-Fraktion mit rund 700 Teilnehmern rief er dazu auf, „mehr nach vorne zu schauen als nach hinten“. Die Sozialdemokraten sollten „nicht versuchen, auf die Fragen des vergangenen Jahrzehnts neue Antworten zu geben, sondern die Fragen des kommenden Jahrzehnts offen anzugehen“. Auf dem zweitägigen Kongress will die SPD-Fraktion ein Jahr vor der Bundestagswahl 2013 ein Modernisierungsprogramm für Deutschland präsentieren. Am Samstag werden mit Steinmeier, Ex-Finanzminister Peer Steinbrück und dem Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel alle drei potenziellen Kanzlerkandidaten der SPD Grundsatzreden halten. Der parlamentarische Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann kritisierte, noch nie sei Deutschland so schlecht regiert worden wie von der „Truppe“ von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die schwarz-gelbe Koalition tue nichts, um die Bundesrepublik auf die Zukunft vorzubereiten. „Dieses Land hat eine bessere Regierung verdient. Und deshalb sage ich: Wir können, wir wollen und wie müssen dieses Land besser regieren“, betonte Oppermann. Forderungen der SPD sind unter anderem ein höherer Spitzensteuersatz für hohe Einkommen, die Vermögensteuer und eine Finanztransaktionssteuer, ein flächendeckender Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde, ein bedarfsgerechtes Ganztagsschulangebot noch in diesem Jahrzehnt, die volle Gleichberechtigung von Frauen und Männern im Arbeitsleben, ein modernes Urheberrecht, die Umsetzung der Energiewende sowie ein rascher Ausbau der Verkehrswege. dapd (Politik/Politik)
Wahlkreisbüro von Schröder-Köpf erneut mit Steinen beworfen
Hannover (dapd). Das Wahlkreisbüro von Doris Schröder-Köpf (SPD) in Hannover ist zum dritten Mal innerhalb weniger Wochen mit Steinen beworfen worden. Zwei Fensterscheiben gingen dabei zu Bruch, wie die Polizei am Freitag mitteilte. Anders als bei den vorhergehenden Anschlägen auf das Büro der Frau von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) wurden die Täter dieses Mal beobachtet. Ein Zeuge hat der Polizei zufolge zwei Männer gesehen, die er jedoch nur vage beschreiben konnte. Schröder-Köpf kandidiert für die Landtagswahl 2013 in Niedersachsen. Es sei ziemlich dreist, dass die Täter drei Mal hintereinander zugeschlagen hätten, sagte der SPD-Ortsvereinsvorsitzender Angelo Alter. „Wir lassen uns aber nicht vertreiben“, fügte er hinzu. dapd (Politik/Politik)
Hunderte Demonstranten stürmen deutsche Botschaft im Sudan
Khartum/Berlin (dapd). Hunderte wütende Demonstranten haben am Freitag die Deutsche Botschaft in der sudanesischen Hauptstadt Khartum gestürmt und ein Auto in Brand gesetzt. „Der sudanesische Botschafter wurde bereits heute Morgen einbestellt und unmissverständlich auf die Pflicht seiner Regierung zum Schutz diplomatischer Einrichtungen hingewiesen“, sagte Außenminister Guido Westerwelle (FDP) in Berlin. Die Botschaftsangehörigen befänden sich in Sicherheit. Sicherheitskräfte gingen mit Tränengas gegen die Demonstranten vor, die danach zur benachbarten britischen Botschaft in Khartum zogen. Auslöser der Proteste war ein als antiislamisch empfundener Film, der bereits zu gewalttätigen Demonstration unter anderm in Libyen geführt hatte. Dabei war der US-Botschafter getötet worden. Im Sudan hatte ein prominenter Geistlicher zu den Demonstration nach den traditionellen Freitagsgebeten aufgerufen. Im Libanon, wo seit Freitag Papst Benedikt XVI zu Besuch ist, wurde mindestens ein Mensch getötet, 25 weitere wurden bei Protesten verletzt. Der arabische Fernsehsender Al Dschasira meldete, nach den Attacken auf die deutsche und britische Botschaft seien tausende aufgebrachte Menschen auf den Weg zur amerikanischen Botschaft der Stadt. Eine Korrespondentin berichtete von mindestens 20 Bussen. dapd (Politik/Politik)
Krisenmanagement in den USA und Europa
Berlin (dapd). Wieder einmal betreiben Europa und die USA eine unterschiedliche Krisenpolitik, so scheint es, nachdem nun die US-Notenbank erneut die Schleusen geöffnet hat und Geld regnen lässt. Doch so unterschiedlich dürfte das Krisenmanagement gar nicht mehr sein, meinen Experten mittlerweile. Und noch ist auch das Rennen offen, wer die Krise am besten meistert. Der Chef der US-Notenbank Federal Reserve (Fed), Ben Bernanke, nimmt offenbar mögliche Inflationsgefahren nicht so wichtig und wirft wieder Zentralbankgeld unter die Banken. Der Kampf in der Krise müsste eigentlich die Kontinente zusammenschweißen, doch ihr Bewältigungsprogramm ist noch immer recht unterschiedlich. „Beide, die Europäische Zentralbank (EZB) und die Fed, haben mit unterschiedlichen Problemen zu kämpfen – der Staatsschuldenkrise in den USA auf der einen Seite und die der Eurozone auf der anderen“, sagt Reto Föllmi, Ordinarius für Internationale Wirtschaftsbeziehungen an der School of Economics and Political Science der Universität St. Gallen der Nachrichtenagentur dapd. „Doch so unterschiedlich ist ihr Krisenmanagement auch nicht, beide sind sehr expansiv“, meint Föllmi. „Amerika, du hast es besser“, meinte einst Goethe, doch die Zeiten sind wohl vorbei. Mit Misstrauen werden die Konjunkturprogramme der USA und damit die weitere gigantische Staatsverschuldung in Europa, und besonders in Deutschland, beäugt. Das Anfang 2009 vom frisch gewählten Präsidenten Barack Obama auf den Weg gebrachte Programm hat nicht viel gebracht. Es hatte ein Volumen von rund 787 Milliarden US-Dollar (heute 604 Milliarden Euro). Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) meinte später, dieses unendlich viele Geld, das in die Wirtschaft gepumpt worden sei, sei weitgehend verpufft. „Die Ergebnisse sind trostlos“, urteilte Schäuble. Es werde zu Mitteln gegriffen, von denen man inzwischen schon die Erfahrung gemacht habe, dass sie zur Lösung der Probleme heute nicht mehr taugten. Föllmi verweist darauf, dass etwa das institutionelle Mandat der EZB ein anders sei als das der US-Notenbank: „Preisstabilität in Europa, Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung in den USA.“ Dafür hat die Fed in den vergangenen Jahren für rund 2.300 Milliarden Dollar Staatsanleihen und Immobilienpapiere aufgenommen – mit nachweislich mäßigem Erfolg. Nun ist es allerdings nicht so, dass den Finanzverantwortlichen in den USA die Inflationspolitik völlig gleichgültig ist, während Europa und besonders die Deutschen aus historischer Erfahrung hier immer Bauchschmerzen haben. Die USA haben die Deflation der 1930er-Jahre zu verarbeiten, Deutschland hadert immer noch mit den Schulden- und Inflationsproblemen von 1923 und 1948. In den USA war die Inflation deutlich über 2 Prozent geklettert, dann jedoch wieder zurückgegangen. In ihrer jüngsten Prognose erwartet die US-Notenbank nun wieder einen Anstieg, nämlich für das laufende Jahr von 1,7 bis 1,8 Prozent. Für Jahr 2013 erhöhte sie ihre Inflations-Prognose sogar von 1,5 auf 2,0 Prozent. Doch es gibt auch den Auftrag an die Fed, die Infaltion zu bekämpfen. Bernanke sagte einmal, der größte Beitrag der Geldpolitik zu einem gesunden Wirtschaftswachstum seien stabile Preise. Und damit gibt es auch Zeichen für eine Annäherung zwischen den USA und Europa. Die noch vor wenigen Monaten übliche harsche Kritik von jenseits des Atlantik an der Bewältigung der Eurokrise ist moderateren Tönen gewichen. Dass sich die Amerikaner zu hoch verschuldet haben, diese Erkenntnis dämmert ihnen langsam auch. Und so wird erwartet, dass Obama nach einem Wahlsieg keine größeren Ausgabenprogramme mehr auf den Weg bringen wird. Dann könnte sich die Krisenbewältigung über den Atlantik auch weiter angleichen: So soll in den USA die Inflation nun etwa bei 2 Prozent gehalten werden, wie es auch die EZB anstrebt. „Wir könnten durchaus ein Jahrzehnt sehen, in dem die USA ihr System neu justieren – zu geringerem Wachstum und mehr Ausgeglichenheit“, zitiert „Die Welt“ den ehemaligen Chefvolkswirt des Internationalen Währungsfonds und heutigen Harvard-Ökonom, Kenneth Rogoff. Ob Kranken- und Rentenversicherung, ob Sozialversicherung der Altersvorsorge – Europa, bisher in den Staaten viel gescholten als „übersozialisiert“, gilt manchen Entscheidungsträgern in den USA mittlerweile als Vorbild. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)