Rio de Janeiro/Berlin (dapd). Bundesumweltminister Peter Altmaier hat die Erwartungen an den Nachhaltigkeits-Gipfel in Rio de Janeiro heruntergeschraubt. „Ich glaube, dass wir dann einen Erfolg erreichen, wenn die politische Botschaft nach Rio ist, es geht in die richtige Richtung“, sagte der CDU-Politiker am Montag in Rio. Der neueste Entwurf der brasilianischen Präsidentschaft spiegele zwar „die gute Verhandlungsführung der Europäer“ wider. Allerdings sei man „noch weit entfernt von dem, was ich als Erfolg bezeichnen würde“. Bis zum letzten Augenblick müsse jedoch versucht werden, etwas zu erreichen. 20 Jahre nach dem Erdgipfel in Rio de Janeiro findet in der brasilianischen Metropole von Mittwoch bis Freitag dieser Woche der Nachhaltigkeits-Gipfel der Vereinten Nationen statt. Vertreter aus aller Welt verhandeln darüber, wie die Weltwirtschaft ökologischer gestaltet werden kann sowie über Veränderungen der Institutionen unter dem Dach der Vereinten Nationen. Außerdem wird über Nachhaltigkeitsziele beraten, die die bestehenden Entwicklungsziele ergänzen sollen. Im Jahr 2000 hatte die UN-Vollversammlung als Oberziel beschlossen, die Armut in der Welt bis 2015 zu halbieren. Seite Mitte vergangener Woche laufen Vorverhandlungen für den eigentlichen Gipfel. Am Sonntag hatten die Brasilianer die Verhandlungsführung übernommen und einen Entwurf für eine Abschlusserklärung vorgelegt, woraufhin die Verhandlungen in vier Arbeitsgruppen zu den Themen institutionelle Veränderungen, Mittel zur Umsetzung, Ozeane und Nachhaltigkeitsziele fortgesetzt wurden. Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel plädierte dafür, Ziele für nachhaltige Finanzsysteme und dauerhafte Sicherheit zu verankern. „Das sind Themen, die im Jahr 2000, als die sogenannten Millenniumsziele beschlossen wurden, noch gar nicht auf der Tagesordnung standen“, sagte der FDP-Politiker, der am Dienstag ebenfalls in Rio eintreffen wird, der Nachrichtenagentur dapd. Das Bekenntnis zu neuen Zielen könnte zudem für Fortschritt sorgen, „weil sie sich nicht nur auf Entwicklungs- und Schwellenländer beziehen, sondern auch die Industrieländer in die Pflicht nehmen“. Niebel verwies zudem auf die Chancen ökologischen Wirtschaftens. „Umweltschutz und Entwicklung sind gar nicht mehr voneinander zu trennen“, betonte der FDP-Politiker. Moderne Technik und Know-how könnten zu Wohlstandsgewinnen führen, „die mit den klassischen, traditionellen Wegen so schnell nicht zu erreichen wären“. Zugleich machte er aber auch deutlich, dass es bei der Konferenz nicht vorrangig um finanzielle Hilfen gehe. „Für den Umbau hin zu einer ökologischen Wirtschaft bedarf es nicht nur der staatlichen Unterstützung der Industrieländer, sondern es bedarf insbesondere des Know-hows, der Expertise und des Kapitals der Privatwirtschaft“, betonte Niebel. Auch Altmaier äußerte sich skeptisch hinsichtlich neuer finanzieller Versprechen, mahnt allerdings zunächst die Einhaltung alter Versprechen an. „Wir können nicht immer alle Probleme mit neuen Fonds lösen, sondern wir müssen dafür sorgen, dass die Mittel zur Verfügung stehen.“ Er verwies auf das Beispiel des Grünen Klimafonds und machte deutlich, dass er nicht zufrieden mit dessen Umsetzung innerhalb der EU sei. Der Direktor des UN-Umweltprogramms UNEP, Achim Steiner, warnte davor, die Umsetzung des Prinzips des Grünen Wirtschaftens allein den Märkten zu überlassen. „Der Markt allein stellt nicht sicher, dass Natur erhalten bleibt“, sagte Steiner der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Diese Haltung führe die Welt vielmehr in eine Sackgasse. Gerade weil Angebot und Nachfrage nicht erfassten, was die Ökosysteme leisteten, seien ordnungspolitische Ansätze notwendig. Zugleich bedauerte Steiner, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht an der Konferenz teilnehmen wird. „Die Enttäuschung ist bei vielen Ländern groß. Denn Frau Merkel genießt international großen Respekt“, sagte Steiner. Überdies spiele Deutschland eine wichtige Rolle bei diesen Verhandlungen. „Daher bin ich sicher nicht der Einzige, der ihre Abwesenheit in Rio bedauert.“ Merkel nimmt derzeit am G20-Gipfel im mexikanischen Los Cabos teil und wird anschließend wieder in Deutschland zurück erwartet. © 2012 AP. All rights reserved (Politik/Politik)
ADAC läuft gegen Brüsseler TÜV-Pläne Sturm
Brüssel (dapd). Setzt sich Brüssel durch, dann müssen 20 Millionen deutsche Autofahrer ihre Wagen bald jährlich über den TÜV bringen: Um Unfälle zu vermeiden, will die EU-Kommission alte Fahrzeuge ab einem Alter von sieben Jahren oder mit mehr als 160.000 Kilometern auf dem Tacho alle zwölf Monate zum Sicherheitscheck schicken. Entsprechende Medienberichte bestätigte die Kommission am Montag. Der ADAC läuft gegen den Plan, den Verkehrskommissar Siim Kallas Mitte Juli vorlegen will, schon Sturm: Für kürzere Prüfintervalle gebe es „keine technische Begründung“, teilte der Automobilclub am Montag mit. Die Folgen seien eher neue Löcher in den Portemonnaies der schon durch hohe Spritkosten gebeutelten Verbraucher. 60 Euro koste die Prüfung im Durchschnitt. Hochgerechnet auf alle Wagen in Deutschland entstünden neue Kosten von 1,2 Milliarden Euro. In Brüssel sieht man das anders: Kallas Haus verweist auf Statistiken, wonach das Unfallrisiko ab einem bestimmten Alter der Wagen „wegen technischer Probleme dramatisch steigt“, wie ein Sprecher am Montag der dapd sagte. Die jährlichen Sicherheitsprüfungen würden deswegen Bestandteil des Kommissionsvorschlages. Die letzten Einzelheiten für den Vorschlag müssten noch festgelegt werden, hieß es in Brüssel. In Deutschland müssen Wagen drei Jahre nach der Zulassung erstmals durch den TÜV. Danach alle zwei Jahre. Die geltenden EU-Vorgaben schreiben eine erste Untersuchung nach vier Jahren und dann im Zweijahresrhythmus vor. Setzt sich Kallas mit seinem Vorschlag durch, soll daraus ab 2015 ein jährliches Intervall werden. Das Verkehrsministerium ließ mitteilen, es nehme zu Entwürfen keine Stellung. Der ADAC wartet darauf nicht. Der Sinn der Übung sei begrenzt, schimpft die Autofahrer-Lobby: Die Statistik 2010 weise gut 350.000 Pkw-Unfälle mit Personenschäden aus. In 1.500 Fällen seien technische Mängel ursächlich gewesen, was einem Anteil von 0,4 Prozent entspreche. „Die Neuregelung hätte keinen signifikanten Nutzen für die Verkehrssicherheit“, erklärte der Automobilclub. „Er nützt nur den Prüforganisationen.“ Schließlich hätten die mit einem Schlag mehr als 20 Millionen Aufträge zusätzlich pro Jahr. Auf schärfere Standards als beim TÜV müssen sich die deutschen Autofahrer nicht einstellen, denn diese seien in Deutschland schon auf dem höchsten Niveau, sagte Kallas‘ Sprecher. Viel mehr sollten die Inspektionen in anderen Ländern verbessert werden. © 2012 AP. All rights reserved (Wirtschaft/Wirtschaft)
Gauck fordert mehr Mitwirkungsmöglichkeiten für junge Leute
Berlin (dapd). Bundespräsident Joachim Gauck hat mehr Mitwirkungsmöglichkeiten für Jugendliche gefordert. „Unsere Demokratie braucht junge Menschen, die ihre Initiative und ihren Willen dafür einsetzen, um unser Zusammenleben verantwortungsvoll mitzugestalten. Dafür müssen wir ihnen Räume und Gelegenheiten bieten, denn Demokratie lernt nur, wer Demokratie selbst erlebt“, sagte Gauck am Montag bei der Eröffnung eines „Demokratiefests“ im Park von Schloss Bellevue vor rund 450 Gästen. „Ich wünsche mir, dass überall dort, wo Erwachsene auf die Gestaltung der Lebenswirklichkeit junger Menschen Einfluss haben, sie diese in ihre Entscheidungen einbeziehen und ihnen Möglichkeiten zur Mitwirkung einräumen“, fügte Gauck hinzu. Unter den Gästen im Schloss Bellevue waren nach Angeben des Bundespräsidialamtes rund 300 Jugendliche, die sich etwa als Schülersprecher oder in Jugendparlamenten engagieren. Das Fest richtete das Bündnis „DemokratieErleben“ aus, das sich für mehr Beteiligung und Verantwortungsübernahme junger Menschen einsetzt. Es wurde von der Körber-Stiftung, der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und dem Förderprogramm „Demokratisch Handeln“ 2010 gegründet. dapd (Politik/Politik)
Fortsetzung von Rot-Grün in NRW besiegelt
Düsseldorf (dapd). 30 Unterschriften unter 193 Seiten rot-grüne Politik: Die Spitzen von SPD und Grünen haben am Montag im Düsseldorfer Ständehaus ihren Koalitionsvertrag für Nordrhein-Westfalen unterzeichnet. Damit ist die Neuauflage des rot-grünen Bündnisses besiegelt. Als letzter Akt steht am Mittwoch noch die Wiederwahl von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) an. Erst dann sind die schwierigen Zeiten der Minderheitsregierung endgültig vorüber und Nordrhein-Westfalen gleitet wieder in politisch ruhigere Gewässer. Drei Wochen lang haben die Spitzenpolitiker von SPD und Grünen in zum Teil langwierigen Sitzungen verhandelt und um Kompromisse gerungen. Nach einem zum Schluss 19-stündigen Verhandlungsmarathon einigten sich beide Seiten in der vergangenen Woche auf ein Regierungsprogramm mit der Überschrift „Verantwortung für ein starkes NRW – Miteinander die Zukunft gestalten“. „Am Ende rechtfertigt das Ergebnis manchen Stress und manch lange Sitzungen“, sagte Kraft am Montag. Mit dem Koalitionsvertrag werde Nordrhein-Westfalen sozialer, demokratischer, ökologischer und wirtschaftlich gestärkt. Auch Krafts Stellvertreterin, Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne), wagte vor der offiziellen Vertragsunterzeichnung einen Blick zurück. Noch vor zwei Jahren, als sich SPD und Grüne zu einer Minderheitsregierung entschlossen hatten, sei unklar gewesen, wie lange das Bündnis ohne eigene Mehrheit regieren könne. „Diese große Ungewissheit haben wir heute nicht“, sagte Löhrmann und fügte hinzu: „Wir stehen vor hoffentlich guten fünf Jahren für NRW.“ Als Symbol für die Koalition haben sich die beiden Regierungspartner ein Schlüsselbund ausgesucht. Zwei Schlüssel in den Farben Rot und Grün werden dort zusammen mit einem Anhänger, der das nordrhein-westfälische Wappen ziert, verbunden. SPD und Grüne wollen damit maximale Geschlossenheit präsentieren. Passend dazu unterschrieben nicht nur die beiden Verhandlungsführerinnen Kraft und Löhrmann den Vertrag, sondern die gesamten Verhandlungsgruppen beider Parteien. Lediglich bei den Grünen fehlten aus terminlichen Gründen Volker Beck und Janosch Dahmen. Deren Unterzeichnung soll nachgeholt werden. Die Wiederwahl von Ministerpräsidentin Kraft am Mittwoch gilt nur noch als Formsache. Mit 128 von 237 Mandaten verfügen SPD und Grüne über eine satte Mehrheit im Parlament. Noch vor zwei Jahren war die Mülheimerin im ersten Wahlgang gescheitert und schaffte es erst im zweiten Anlauf, zur ersten Ministerpräsidentin des Landes gewählt zu werden. Damals fehlte der Minderheitsregierung noch eine Stimme für eine eigene Mehrheit. Ein zentrales Element des Koalitionsvertrages ist die rot-grüne Absicht, bis 2017 eine Milliarde Euro im Haushalt strukturell einzusparen. Die Energiewende soll zudem beschleunigt und der Ausbau von Kita-Plätzen verstärkt werden. Der Opposition gehen die Ankündigungen aber nicht weit genug. „Die Ziele sind vage und wolkig. Konflikte sind hinter Formelkompromissen verdeckt“, sagte FDP-Fraktionschef Christian Lindner am Montag. Für die kommenden fünf Jahre lasse der Koalitionsvertrag „kaum Rückschlüsse auf die Politik“ zu. Für Diskussionen sorgen zudem angebliche Nebenabsprachen zum Koalitionsvertrag. „Die Menschen in NRW haben ein Recht darauf zu erfahren, was die Landesregierung mit ihnen vorhat“, sagte CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann. Rot-Grün müsse seine bisher „geheimen Nebenprotokolle“ veröffentlichen. Löhrmann weist den Vorwurf, geheime Absprache getroffen zu haben, allerdings zurück. „Das ist ja völliger Quatsch“, sagte sie. Beide Seiten hätten sich in Form eines Protokolls lediglich darauf verständigt, „wann man was wie machen will“. Alle politischen Dinge stünden im Koalitionsvertrag. dapd (Politik/Politik)
Neuer Chef-Designer aus Detroit soll Opel aus der Krise helfen
Rüsselsheim/Detroit (dapd). Der US-Autokonzern General Motors (GM) schickt einen seiner Top-Designer zur Rettung der angeschlagenen deutschen Tochter Opel: Der 43 Jahre alte Amerikaner David Lyon wird neuer Chefdesigner von GM Europa, „mit dem Schwerpunkt, die Marken Opel und Vauxhall wachsen zu lassen“, wie GM am Montag mitteilte. Lyon werde dem Führungsteam um den Opel-Vorstandsvorsitzenden Karl-Friedrich Stracke angehören. Lyon verantwortet bisher das Innenraum-Design für GM in Nordamerika und arbeitet am Konzernsitz in Detroit. Er ist seit 1990 bei GM. Lyon folgt auf Mark Adams, der zum Designchef der GM-Marken Cadillac und Buick ernannt wurde. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Seehofer verfolgt Bau einer dritten Flughafen-Startbahn weiter
München (dapd). Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) gibt die Pläne für eine dritte Startbahn am Münchner Flughafen trotz des ablehnenden Bürgerentscheids in der Landeshauptstadt nicht auf. Seehofer bekräftigte am Montag, das Projekt sei „von zentraler Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit“ ganz Bayerns. Deshalb werde der Flughafenausbau von der Staatsregierung „für notwendig erachtet und weiterverfolgt“. Seehofer versicherte zugleich, er respektiere das Votum vom Sonntag. Der Bürgerentscheid binde aber lediglich die Stadt München als Gesellschafter des Flughafens. Das bayerische Kabinett werde sich am Dienstag mit dem weiteren Vorgehen befassen. dapd (Politik/Politik)
Verurteilter Hotelier Hilpert ist auf freiem Fuß
Potsdam/Brandenburg/Havel (dapd-lbg). Der wegen Betrugs, Untreue und Steuerhinterziehung verurteilte Hotelier Axel Hilpert ist auf freiem Fuß. Am Montagnachmittag wurde er aus der Justizvollzugsanstalt in Brandenburg/Havel entlassen und von seinem Sohn und einer weiteren Person mit dem Auto abgeholt. Zuvor wurde nach Angaben des Potsdamer Landgerichts eine Kaution von einer halben Million Euro bei der Landesjustizkasse hinterlegt. Hilpert war vergangene Woche zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er die Baukosten für das Resort am Schwielowsee künstlich in die Höhe getrieben und damit eine öffentliche Förderung von rund neun Millionen Euro erschlichen hat. Der Haftbefehl wurde außer Vollzug gesetzt, da Hilpert bereits ein Jahr in Untersuchungshaft saß und zudem herz- und zuckerkrank ist. Er muss sich wöchentlich persönlich bei der Polizei melden und seine Ausweise abgeben. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Mehr Zeit für Athen?
Berlin (dapd). Nach der Parlamentswahl in Griechenland fordert die Bundesregierung von Athen ein klares Bekenntnis zum vereinbarten Sparkurs. Auch Außenminister Guido Westerwelle sagte am Montag, die Reformen müssten ohne Abstriche weitergeführt werden. Der FDP-Politiker signalisierte aber – ebenso wie SPD und Grüne – Bereitschaft, dass die einzelnen Schritte nach dem Stillstand im Wahlkampf zeitlich gestreckt werden könnten. Die Äußerung Westerwelles stieß bei Unions- und FDP-Politikern umgehend auf scharfe Kritik. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gratulierte dem Vorsitzenden der Partei Neue Demokratie, Antonis Samaras, noch am Sonntagabend zum Wahlsieg und betonte, sie gehe davon aus, dass das Land sich an seine europäischen Verpflichtungen halte. Vizekanzler und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) erklärte in Washington: „Es kann keine Rabatte auf Reformen geben.“ Auch Westerwelle betonte, die „Substanz der Reformen ist nicht verhandelbar“. Im Deutschlandfunk fügte er aber hinzu: „Wir sind bereit, darüber zu reden, was den Zeitplan angeht, denn die verlorenen Wochen, die kann man nicht ignorieren, und wir wollen ja nicht, dass die Menschen darunter leiden, die jetzt auch natürlich ein ganz schwieriges Leben haben, weil viele Reformen in der Vergangenheit unterlassen worden sind.“ Der Wirtschaftsrat der CDU lehnte dagegen zeitliche Streckungen von Reformmaßnahmen in Griechenland ab. Das sei Augenwischerei und würde im Ergebnis nur teuer, sagte der Präsident des Wirtschaftsrates, Kurt Lauk, im Deutschlandradio Kultur. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Klaus-Peter Willsch äußerte sich im Interview mit „Handelsblatt Online“ empört. Westerwelle dürfe FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle und der Bundeskanzlerin, „die bisher stets auf strikte Vertragseinhaltung gepocht haben, mit seinem unbegründeten Nachgeben nicht in den Rücken fallen“. Ähnlich äußerte sich der FDP-Finanzexperte Frank Schäffler. Unabhängig vom Wahlausgang müsse der Euro-Club glaubhaft bleiben: „Wenn dies erneut durch eine zeitliche Streckung aufgeweicht wird, dann machen sich die Geldgeber lächerlich.“ Schäffler fügte hinzu: „Griechenland hat die Troika-Maßnahmen nicht umgesetzt, daher darf die nächste Tranche über 31,2 Milliarden Euro Ende Juni nicht bewilligt werden.“ Vize-Regierungssprecher Georg Streiter sagte in Berlin: „Es ist jetzt nicht die Zeit für irgendwelche Rabatte.“ Es gelte, was vereinbart worden sei. Zunächst müsse in Athen eine stabile Regierung gebildet werden. „Entscheidend“ sei dann, „dass die Troika sich davon überzeugen kann, dass Griechenland seine Verpflichtungen einhält“. Die vereinbarten Reformen müssten ohne Abstriche umgesetzt werden. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sagte in München, es dürfe nicht einmal der „Hauch eines Anscheins“ entstehen, dass auf den Stabilitätskurs Athens kein Verlass sei. Sonst bleibe nur ein Weg – und zwar, dass Griechenland „raus aus der Euro-Zone“ müsse. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt lehnte inhaltliche und zeitliche Zugeständnisse der EU ebenfalls ab. „Die Eurostaaten sind Griechenland bei den Konditionen für europäische Hilfen bereits weit entgegengekommen“, sagte Hasselfeldt der „Rheinischen Post“. Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, forderte, dass die EU Griechenland nun entgegenkommen und dem Land mehr Zeit für die Rückzahlung der Kredite geben müsse. Bestimmte Raten seien bis Oktober vereinbart, „von denen jeder weiß, dass das Geld nicht da ist“. Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte kürzlich einem Vorschlag von Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker beigepflichtet, die Auflagen für Griechenland zwar beizubehalten, aber deutlich mehr Zeit für die Umsetzung zu geben, um das Land wieder zu stabilisieren. Grünen-Chef Cem Özdemir sagte ebenfalls, es mache Sinn, dem Land „auf der Zeitachse“ entgegenzukommen. Mit der Wahl in Griechenland seien die Probleme dort nicht verschwunden: „Nichts ist gelöst – ganz im Gegenteil.“ Auch Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte, Griechenland habe sich für Europa entschieden. „Das schafft nun Raum und Zeit, damit Griechenland aus der Krise kommt. “ Nun werde es sicherlich auch Gespräche darüber geben, das Land genauso zu behandeln wie Spanien, und den Griechen mehr Zeit zu geben, damit sie ihre Ziele erreichen. dapd (Politik/Politik)
RWE verabschiedet sich von Atomkraft
Essen (dapd). „Atomausstieg 2.0“ beim Energiekonzern RWE: Nach der Energiewende in Deutschland gibt Deutschlands größter Stromproduzent auch alle Pläne für den Neubau von Atomkraftwerken im Ausland auf. Wenige Wochen vor seinem Amtsantritt kündigte der künftige Konzernchef Peter Terium an: „Wir werden nicht mehr in neue Kernkraftwerke investieren.“ Das finanzielle Risiko von Reaktor-Neubauten sei für Deutschlands zweitgrößten Energieversorger „nicht zumutbar“. Der Manager verabschiedet sich damit vom Pro-Atom-Kurs seines Vorgängers Jürgen Großmann. Konkurrent E.on hält sich dagegen die Option zum Neubau von Reaktoren im Ausland ausdrücklich offen. „Wir entscheiden das je nach Markt“, sagte Konzernsprecher Carsten Thomsen-Bendixen der Nachrichtenagentur dapd. Aktuell bereitet der Konzern im finnischen Pyhäjoki mit einheimischen Partnern den Bau eines Kernkraftwerks vor. „Das Projekt geht wie geplant weiter“, sagte der Sprecher. Außerdem ist E.on an drei Kernkraftwerken in Schweden beteiligt. RWE hält lediglich noch eine 30-prozentige Beteiligung am niederländischen Kernkraftwerk Borssele. Statt in Atomkraft will Terium verstärkt in erneuerbare Energien investieren. Dabei kommt auch die bislang von RWE eher kritisch beurteilte Solarenergie zu neuen Ehren. Der Preisverfall bei Solarmodulen sei um ein Vielfaches höher ausgefallen als erwartet, sagte Terium. Vor allem in Südeuropa und Nordafrika würden Investitionen in Sonnenenergie damit attraktiv. Doch auch in Deutschland sei das Unternehmen bereit, zusammen mit Partnern wie etwa den Stadtwerken den Bau von Solarparks voranzutreiben, wenn der Subventionsrahmen stimme. Terium setzt sich damit deutlich von seinem Vorgänger Großmann ab, der einer der profiliertesten Atomkraft-Befürworter in Deutschland war. Bereits Ende März hatten RWE und E.on ihre Pläne aufgegeben, gemeinsam in Großbritannien mit einem Kostenaufwand von bis zu 17 Milliarden Euro fünf bis sechs neue Atomkraftwerke zu bauen. Das eigens dafür gegründete Gemeinschaftsunternehmen Horizon Nuclear Power steht nun zum Verkauf. Zuvor hatte RWE bereits AKW-Projekte in Rumänien und Bulgarien gestoppt. Auch beim Bau neuer Gas- und Kohlekraftwerke tritt Terium auf die Bremse. Auch konventionelle Kraftwerksprojekte werde RWE „in absehbarer Zeit“ nicht in Angriff nehmen, sagte der Manager. Die regulatorischen Rahmenbedingungen dafür seien in Europa zurzeit nicht gegeben. Der Hintergrund: Wegen des Einspeisevorrangs für erneuerbare Energien und gesunkener Großhandelspreise wird der Betrieb konventioneller Kraftwerke für die Energiekonzerne zunehmend unattraktiv. Die RWE-Aktie büßte bis zum Montagnachmittag rund 0,6 Prozent an Wert ein. E.on legte dagegen leicht zu. Terium rückt zum 1. Juli an die Spitze des zweitgrößten deutschen Versorgers. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Ausgang der Griechenland-Wahl sorgt nur für kurzfristige Entspannung
Berlin/Frankfurt/Brüssel (dapd). Trotz des Wahlerfolgs der Euro-Befürworter in Griechenland ist die Schuldenkrise noch lange nicht ausgestanden. Der deutsche Aktienmarkt büßte bis Montagnachmittag seine Gewinne wieder ein. Der Euro fiel ins Minus. Die Rendite zehnjähriger spanischer Staatsanleihen kletterte über die Sieben-Prozent-Marke – und zwar auf 7,053 Prozent. Der Bestand an faulen Krediten bei den spanischen Banken lag im April auf einem neuen Höchststand. Der Deutsche Aktienindex DAX, der am Morgen mit einem Zugewinn von 1,2 Prozent in den Handel startete, lag um 16.00 Uhr bei 6.250 Punkten und damit nur noch 0,3 Prozent im Plus. Auch der Euro konnte nur vorübergehend vom Wahlausgang in Griechenland profitieren. Der Kurs stieg erst um gut einen Cent auf 1,2748 Dollar. Unter dem Eindruck der Nachrichten aus Spanien fiel er dann bis 16.00 Uhr auf 1,2600 Dollar und damit unter den Wert vom vergangenen Freitag, als der Euro mit 1,2627 Dollar gehandelt wurde. Die Griechenland-Krise wird nach Ansicht führender Ökonomen noch länger schwelen. Noch gebe es keine stabile Regierung in Athen, sagte Ifo-Konjunkturchef Kai Carstensen der Nachrichtenagentur dapd. „Anspannung und Turbulenzen an den Finanzmärkten dürften rasch wiederkommen.“ Der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, rechnet trotz des Wahlsiegs der Konservativen mit einem Euro-Austritt Griechenlands. „Eigentlich hat sich nicht viel geändert“, sagte er. Nur der zeitliche Ablauf habe sich etwas verschoben, weil Athen nun kurzfristig auf weitere Hilfen hoffen könne. Auf längere Sicht gebe es aber keine Chance auf eine ausreichende Erholung im Euro. „Ich glaube nicht, dass Griechenland in zwei Jahren noch Mitglied der Währungsunion sein wird“, sagte Krämer. Der Fondsmanager Max Otte hält einen Euro-Austritt des Landes ebenfalls für unvermeidbar. „Ein geordnetes Insolvenzverfahren, das brauchen wir.“ Ein Verbleib der Griechen im Euro nutze nur der Polit-Elite und der Finanz-Oligarchie, sagte der Ökonom, der bereits 2006 die Finanzkrise vorhersagte. Wenn Athen die Drachme einführe, sei nicht mit großen Problemen für den Rest der Welt zu rechnen. Die deutsche Kreditwirtschaft bewertet das Ergebnis der Wahlen dagegen als „gutes Signal“, wie der Präsident des Bankenverbandes, Andreas Schmitz, sagte. Nun komme es darauf an, „möglichst schnell mit einer handlungsfähigen Regierung die dringend erforderlichen Umgestaltungen in Wirtschaft und Staatsverwaltung voranzutreiben“. Eine weitere Hängepartie könnten sich weder Griechenland noch Europa leisten. Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, sagte, Griechenland stehe „ein mühsamer Weg bevor“. Die ökonomischen Probleme des Landes seien in keiner Weise gelöst, sagte der Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), Thomas Straubhaar. Athen müsse die „weiße Fahne hissen“ und die Bereitschaft zeigen, die Probleme gemeinsam mit Brüssel zu lösen. Die EU solle dies dann akzeptieren und im Gegenzug Griechenland die Fristen zur Umsetzung der Sparmaßnahmen verlängern. Oxford-Professor Clemens Fuest, der auch die Bundesregierung berät, mahnte Griechenland zu mehr Anstrengungen. Der Reformprozess müsse unverändert fortgesetzt werden. Er warnte vor einer Aufweichung der Sparauflagen für das Land. Die Politik und die Finanzinstitute machten das Land auf Dauer abhängig, wenn sie die Hilfen großzügiger gestalteten. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)