Berlin (dapd). Vor dem Hintergrund der seit Mittwoch geltenden Ausweitung der Lkw-Maut auf vierspurige Bundesstraßen ist ein heftiger Finanzierungsstreit entbrannt. Die hitzig geführte Debatte zwischen Automobilclubs und Vertretern der Transport- und Logistikbranche dreht sich um die Frage, wer künftig für den Erhalt der deutschen Autobahnen und Bundesstraßen aufkommen soll. In der Nacht zum Mittwoch hatte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) in Berlin die Mauterfassung auf den neuen Strecken offiziell gestartet. Seither müssen die Betreiber von schweren Lastwagen auf zusätzlich 1.135 Straßenkilometern somit nun ebenfalls für die Nutzung der Straßen zahlen. Der Bund rechnet laut Ramsauer mit Zusatzeinnahme von 100 Millionen Euro pro Jahr. Ramsauer sagte, die Maut-Ausdehnung sei „bares Geld für unsere Straßen“, das direkt dem Straßennetz zugute komme. Die Einnahmen aus den knapp 12.800 Kilometern des Autobahnnetzes, die bisher bereits mautpflichtig waren, liegen bei über 4,5 Milliarden Euro pro Jahr. Umweltverbänden wie dem NABU und Interessensverbänden wie der Allianz Pro Schiene geht die Ausweitung indes nicht weit genug. Sie fordern eine Lkw-Maut für das gesamte deutsche Straßennetz. Nur so können ihrer Ansicht nach mehr Güter auf die Schiene gebracht werden. Als „halbherzig“ kritisierte am Mittwoch auch die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) die Neuregelung. „Die jetzt gewählte Variante ist nichts Halbes und nichts Ganzes“, sagte der EVG-Vorsitzende Alexander Kirchner. „Offenbar hat die Bundesregierung hier nicht die verkehrspolitische, sondern nur die haushaltspolitische Brille aufgesetzt“, sagte der Gewerkschaftler. Kritik kam auch vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW). Die neue Mautpflicht betreffe in erster Linie Zubringerstrecken zu Autobahnen und somit „kaum den von ausländischen Truckern dominierten Transitverkehr“, bemängelte das Institut. Die Abgabe müsse „daher vor allem von deutschen Brummis, also letztlich von den Verbrauchern bezahlt werden“, mahnten die Ökonomen. Für Erhalt und Ausbau der Straßen sind ihrer Ansicht nach aber mindestens 7,5 Milliarden Euro nötig. Diese Finanzierungslücke ließe sich laut den Ökonomen „auch ohne Mauterhöhung schließen“, wenn der Bund die Steuermittel „auch nur ansatzweise“ in den Straßenbau umleitet. Der deutsche Fiskus kassiere durch Mineralöl- und Kfz-Steuer jährlich 42 Milliarden Euro von den Autofahrern. Der Auto Club Europa (ACE) sprach sich am Mittwoch ebenfalls dafür aus, die Finanzierung von Verkehrswegen grundlegend neu zu regeln. Der Club forderte, „das Transportgewerbe stärker an den Kosten der Sanierung zu beteiligen“. Das Speditionsgewerbe profitiert nach Meinung des ACE am meisten vom staatlich bereitgestellten Fernstraßennetz. „Deshalb müssen Lkw-Maut und Lkw-Steuer so angepasst werden, dass damit sämtliche Kosten für den Unterhalt zu decken sind“, forderte ACE-Sprecher Rainer Hillgärtner am Mittwoch in Stuttgart. „Ein Lkw belastet eine Straße zehntausendfach stärker als ein Pkw“, sagte er. Insofern sei es „nur logisch“, auch die Unterhaltskosten so zu verteilen, dass Pkw-Fahrer entlastet würden. Diese Forderung stößt beim Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) auf Ablehnung. Der ACE habe bei seiner Forderung „sicherlich auch nicht daran gedacht, dass derjenige, der exklusiv die Infrastruktur bezahlt, einen Anspruch auf exklusive Nutzung haben müsste“, heißt es in einer Stellungnahme des Branchenverbands. „Wer Straßennutzer auseinander dividiert, schafft genau das Klima, das die Politik braucht, den Straßenverkehr populistisch ohne adäquate Gegenleistungen weiter zur Kasse zu bitten“, sagte BGL-Hauptgeschäftsführer Karlheinz Schmidt. Nutzfahrzeug-Betreiber zahlten schon heute „mehr als 16 Milliarden Euro an Kfz-Steuern, Mineralölsteuern und Mauten ein“. Der Staat gebe für alle Bundesfernstraßen dagegen nur rund fünf Milliarden Euro aus. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
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Forderung nach schärferem Blasphemie-Verbot sorgt für Streit
Bamberg/Berlin (dapd). Nach dem Willen des Bamberger Erzbischofs Ludwig Schick soll Gotteslästerung künftig unter Strafe gestellt werden. „Wer die Seele der Gläubigen mit Spott und Hohn verletzt, der muss in die Schranken gewiesen und gegebenenfalls auch bestraft werden“, sagte Schick am Mittwoch in Bamberg. Die Grünen reagierten mit scharfer Kritik. Konkret forderte Schick, nicht nur das Christentum, sondern alle Religionen durch ein „Gesetz gegen die Verspottung religiöser Werte und Gefühle“ zu schützen. Spott und Satire über religiöse Einstellungen stellten eine Verletzung der Menschenwürde dar, argumentierte er. Bislang kann nach dem Strafgesetzbuch die „Beschimpfung von Bekenntnissen“ nur dann unter Strafe gestellt werden, wenn eine Störung des öffentlichen Friedens droht. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestags-Grünen, Volker Beck, warnte hingegen vor einer härteren strafrechtlichen Verfolgung blasphemischer Äußerungen. „Bischof Schick fühlt sich offenbar motiviert, gegen demokratische Freiheitsrechte vorzugehen“, sagte er der Nachrichtenagentur dapd in Berlin. Satire und Ironie müsse einem nicht gefallen, verbieten könne man sie aber nicht, sagte der Grünen-Politiker weiter. „Gläubige brauchen keinen anderen strafrechtlichen Schutz vor Diffamierung, Beschimpfung und Hetze als andere soziale Gruppen“. Respekt vor anderen Religionen und Weltanschauungen müsse gesellschaftlich erstritten, er dürfe nicht strafrechtlich verordnet werden. Für Aufregung hatte jüngst ein Cover des Satiremagazins „Titanic“ gesorgt, das Papst Benedikt XVI. mit einem großen gelben Fleck auf der Soutane zeigte. Schicks Forderung sei allerdings nicht konkret an den Streit um das Cover geknüpft, sondern schließe an eine bereits länger geführte Diskussion an, erklärte ein Sprecher des Bischofs auf Anfrage. dapd (Politik/Politik)
Zentrale Sicherheitsbehörden des Bundes haben neue Chefs
Berlin (dapd). Zwei zentrale Sicherheitsbehörden des Bundes werden von neuen Chefs geführt: Der 50-jährige Dieter Romann ist seit Mittwoch offiziell neuer Präsident der Bundespolizei. Und Hans-Georg Maaßen hat die Führung des Verfassungsschutzes übernommen. Beide Juristen waren bislang Spitzenbeamte im Innenministerium und genießen das Vertrauen von Ressortchef Hans-Peter Friedrich (CSU). Friedrich selbst bleibt wegen der harten Personalentscheidungen weiter in der Kritik. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) stärkte ihm aber nun demonstrativ den Rücken. Friedrich hatte den bisherigen Bundespolizei-Chef Matthias Seeger am Montag in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Dessen zwei Stellvertreter wurden ebenso des Amtes enthoben. Sie erhalten nun neue Aufgaben. Polizeigewerkschaften und Opposition hatten Friedrich deswegen attackiert. Vor allem wurde moniert, dass die Betroffenen die Entscheidung zuerst aus den Medien erfahren hatten. Der Jurist und Terrorexperte Maaßen tritt die Nachfolge von Heinz Fromm an, der als Konsequenz aus der Akten-Schredder-Affäre beim Verfassungsschutz seinen vorzeitigen Rückzug bekanntgegeben hatte. Experten hatten dem Inlandsgeheimdienst zudem schwere Versäumnisse bei der Aufklärung der Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) vorgeworfen, die vor acht Monaten aufgeflogen war. Friedrich sagte am Mittwoch in Potsdam, wo die Bundespolizei ihren Hauptsitz hat, zu Romanns Amtsübernahme: „Ich glaube, dass der neue Präsident mit Leidenschaft, Fingerspitzengefühl und Kompetenz die wichtige Aufgabe für die Bundespolizei wahrnehmen wird.“ Romann war bisher Referatsleiter für Ausländerterrorismus und -extremismus. Zur umstrittenen Abberufung Seegers wiederholte Friedrich, dass es mit ihm keine Grundlagen für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mehr gegeben habe. Friedrich zeigte sich zugleich enttäuscht über die scharfen Proteste gegen seine Personalentscheidung. „Wenn mir schlechter Stil vorgeworfen wird, stört mich das immer. Ich wollte Herrn Seeger persönlich informieren“, sagte er dem „Hamburger Abendblatt“. Friedrich sagte überdies, er lasse einen Umbau der Bundespolizei prüfen. Bis zum Herbst werde die zuletzt vor vier Jahren reformierte Struktur evaluiert. Die Polizeibehörde mit rund 40.000 Mitarbeitern müsse „immer beweglich und modernisierungsfähig“ sein. CDU-Chefin Merkel steht trotz der turbulenten Personalentscheidungen hinter ihrem Innenminister. Merkel habe vollstes Vertrauen in den Ressortchef, erklärte Vizeregierungssprecher Georg Streiter. Friedrich handele in eigener Verantwortung. „Und hat da auch die volle Rückendeckung der Bundeskanzlerin.“ Die Grünen im Bundestag gingen den Minister erneut scharf an. Die Fraktion beantragte eine Sondersitzung des Innenausschusses. Auch die Linke empörte sich. „Friedrichs Polizeiputsch muss schnellstmöglich vor den Innenausschuss. Das Parlament und die Öffentlichkeit haben ein Recht darauf, die Hintergründe der reihenweisen Entlassungen der Spitzen der Sicherheitsbehörden zu erfahren“, erklärten die Abgeordneten Jan Korte und Ulla Jelpke. Auf den neuen Verfassungsschutz-Präsidenten Maaßen warten nun schwere Aufgaben. Im Interview mit der „Bild“-Zeitung versprach er, die Akten-Affäre restlos aufzuklären. „Wir brauchen klare Mechanismen, damit nicht einzelne Mitarbeiter Akten löschen“, sagte er. Als oberstes Gebot für die Neuausrichtung der Behörde nannte der Verfassungsschützer Transparenz. „Für mich ist wichtig, dass die Bürger dem Verfassungsschutz vertrauen. Das Bundesamt ist so wichtig wie die Polizei oder die Feuerwehr. Um dieses Vertrauen zu bekommen, ist Transparenz oberstes Gebot“, sagte Maaßen. Der neue Behördenleiter will auch die Zusammenarbeit zwischen Landesämtern und dem Bundesamt für Verfassungsschutz „deutlich“ ausbauen. Ferner soll der Informationsaustausch mit der Polizei intensiviert werden. Gestärkt werden müsse auch das „Gemeinsame Abwehrzentrum Rechtsextremismus“. dapd (Politik/Politik)
Heftiger Streit um politische Verantwortung für Nürburgring-Pleite
Mainz (dapd). Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) hat sich bei den Rheinland-Pfälzern für die Insolvenz des Nürburgrings entschuldigt. Er trage die Verantwortung für die Pleite der Rennstrecke und wolle besonders die Menschen in der Eifel „um Entschuldigung bitten“, sagte Beck am Mittwoch in einer Sondersitzung des Landtages zur Nürburgring-Pleite in Mainz. Einen Rücktritt lehnte Beck aber erneut ab. Die CDU drohte Beck derweil mit einem Misstrauensvotum. Beck räumte ein, bei Planung, Bau und Finanzierung des Freizeitparks am Nürburgring seien Fehler gemacht worden, dafür trage auch die Politik Verantwortung. „Die politische Gesamtverantwortung liegt bei mir, das ist so und das bleibt so.“ Einen Rücktritt hält der mit 18 Amtsjahren dienstälteste Ministerpräsident Deutschlands aber nicht für nötig: „Ich sehe zu einer solchen Konsequenz keinen Anlass“, betonte er. Er sehe es als seine Aufgabe an, „dieses Land im Auftrag der Wähler zu führen“, Probleme zu lösen und daraus wieder „eine Zukunftsperspektive“ entstehen zu lassen. „Diesen Weg will ich gehen und dafür stehe ich“, sagte der 63-jährige Sozialdemokrat. Beck wies den Vorwurf zurück, die Erlebniswelt am Nürburgring sei sein persönliches Prestigeprojekt gewesen. Wenn in seiner Amtszeit etwas Prestige war, dann sei es um politische Entscheidungen für Bildungsgerechtigkeit gegangen. „Das sind meine Prestigemaßstäbe und nicht irgendein Bauprojekt“, sagte Beck. Die Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Julia Klöckner, kritisierte hingegen, Becks Eingeständnis komme zu spät: „Das tut ihnen mehr als zwei Jahre zu spät leid, und es tut Ihnen viele Millionen Euro zu spät leid“, sagte sie. Trete Beck nicht zurück, wolle die CDU in der nächsten Landtagssitzung ein Misstrauensvotum stellen. Erfolg hätte das aber nur, wenn Abgeordnete von SPD und Grünen gegen Beck stimmen würden. Am Nürburgring sei nicht „einfach mal ein Fehler gemacht“ worden, betonte Klöckner. „Die SPD wollte das ganz große Rad drehen.“ Das Ergebnis sei „in Beton gegossener Wahnsinn“ am Ring, der von „arroganter Selbstüberschätzung“ zeuge. Klöckner hielt an dem Vorwurf der Wählertäuschung fest. Die Regierung habe in all den Sitzungen im Parlament „Märchen und Gute-Nacht-Geschichten“ erzählt, die Besucherzahlen am Nürburgring seien manipuliert worden. Nun lade Beck bei „der bösen EU“ die Schuld für die Pleite ab. Verantwortlich für die Pleite sei nicht die EU, sondern dass „die Becksche Amüsiermeile dauerhaft Verluste und keine Gewinne macht.“ Für den Nürburgring forderte Klöckner nun ein schnelles Umsteuern und eine Rückbesinnung auf den Motorsport. Der Nürburgring mit seiner Erlebniswelt musste Insolvenz anmelden, weil die EU-Kommission sich weigerte, bis Ende Juli über eine Rettungsbeihilfe des Landes in Höhe von 13 Millionen Euro zu entscheiden. Außerdem blieben Pachtzahlungen der mittlerweile gekündigten privaten Betreiber aus. Das Land musste darum für einen 330-Millionen-Euro-Kredit der insolventen staatlichen Nürburgring GmbH einspringen. Insgesamt sind mindestens 486 Millionen Euro Steuergelder in das Projekt geflossen. Beck hatte immer wieder beteuert, dass der Nürburgring die Steuerzahler nicht belasten werde. dapd (Politik/Politik)
Familienzuschlag muss auch Lebenspartnerschaften gezahlt werden
Karlsruhe (dapd). Das Bundesverfassungsgerichts hat die frühere Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnern und Eheleuten beim beamtenrechtlichen Familienzuschlag für grundgesetzwidrig erklärt. Nach der am Mittwoch veröffentlichten Entscheidung können Beamte, deren Antrag zwischen 2001 und 2009 abgewiesen wurde, nun rückwirkend eine Nachzahlung fordern. Die Ungleichbehandlung von Ehen und Lebenspartnerschaften habe gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen, heißt es zur Begründung. Der Grünen-Politiker Volker Beck begrüßte die Entscheidung. Die Grünen hätten schon früher eine rückwirkende Gleichstellung beantragt, sagte Beck. Wie die Grünen forderte auch der FDP-Bundestagsabgeordnete Michael Kauch, Lebenspartnerschaften nun auch bei der Einkommensteuer, also auch im Ehegattensplitting, gleichzustellen. Mit der Entscheidung des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hatte die Beschwerde eines Bundesbeamten aus Hessen Erfolg. Er schloss im Jahr 2002 eine eingetragene Lebenspartnerschaft. Der beamtenrechtliche Familienzuschlag wurde ihm jedoch bis 2009 verweigert. Erst in diesem Jahr war im Bundesbesoldungsgesetz eine Gleichstellung vorgenommen worden. Der Bundesbeamte hielt seine Verfassungsbeschwerde jedoch aufrecht, soweit ihm der Zuschlag in der Vergangenheit verwehrt worden war. Damit hatte er nun Erfolg. In dem Beschluss des Zweiten Senats heißt es, grundsätzlich dürfe der Gesetzgeber die Ehe gegenüber anderen Lebensgemeinschaften begünstigen. Eine Ungleichbehandlung sei aber dann verfassungswidrig, wenn dadurch die Gefahr der Diskriminierung von Minderheiten bestehe. „Dies ist etwa bei Differenzierungen nach der sexuellen Orientierung der Fall“, heißt es in der Entscheidung wörtlich. Ein bloßer Verweis auf das Schutzgebot der Ehe genüge dann nicht. Vielmehr müsse es darüber hinaus gewichtige Sachgründe für die Differenzierung geben. Die seien beim beamtenrechtlichen Familienzuschlag nicht ersichtlich. Denn der Familienzuschlag solle den Mehrbedarf gegenüber dem ledigen Beamten decken. Die Karlsruher Entscheidung könnte für einige Bundesländer Folgen haben. Seit der Föderalismus-Reform ist die Besoldung von Landesbeamten Ländersache. Auch die Länder regelten die Gleichstellung beim Familienzuschlag meist nicht rückwirkend. Laut Volker Beck zahlen bisher nur Hamburg, Brandenburg und Rheinland-Pfalz den Familienzuschlag rückwirkend ab Inkrafttreten der eingetragenen Lebenspartnerschaft ab 1. August 2001. Baden-Württemberg und Sachsen sind bei der Gleichstellung Schlusslicht gewesen. Laut Beck beschloss die neue Stuttgarter Landesregierung die Einbeziehung homosexueller Paare in den beamtenrechtlichen Familienzuschlag erst vor einigen Monaten. (Aktenzeichen: Bundesverfassungsgericht 2 BvR 1397/09) dapd (Politik/Politik)
Blaue Karte soll ausländische Fachkräfte nach Deutschland locken
Berlin (dapd). Ausländische Fachkräfte können künftig leichter nach Deutschland einwandern. Ab sofort wird die „Blaue Karte EU“ eingeführt, ein spezieller Aufenthaltstitel für Hochqualifizierte. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) betonte, die sogenannte Blue Card steigere die Attraktivität des Arbeitsstandorts Deutschland. Auch ein Sprecher des Arbeitsministeriums sprach von einem „ersten wichtigen Schritt“ im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Die Bundesregierung geht davon aus, dass bis Jahr 2025 mehr als drei Millionen Fachkräfte in Deutschland fehlen werden. Auf diese Herausforderung will sie mit einer Doppelstrategie reagieren: Zum einen sollen vor allem Frauen verstärkt für den Arbeitsmarkt gewonnen werden, aber auch Jugendliche. Gleichzeitig sollen mehr ausländische Arbeitskräfte nach Deutschland gelockt werden. Ein Baustein hierfür ist auch die Blue Card für diejenigen Ausländer, die einen Hochschulabschluss oder eine vergleichbare Qualifikation besitzen. Sie müssen zudem ein Arbeitsverhältnis nachweisen, das ihnen ein Bruttogehalt von mindestens 44.800 Euro einbringt. Damit wird die bisherige Gehaltsschwelle von 66.000 Euro deutlich gesenkt. Für Mangelberufe ist die Gehaltsgrenze noch niedriger: Für Naturwissenschaftler, Mathematiker, Ingenieure, Ärzte und IT-Fachkräfte beträgt sie knapp 35.000 Euro pro Jahr. Besteht ein Arbeitsvertrag nach drei Jahren fort, erhalten die Inhaber der „Blue Card“ eine unbefristete Niederlassungserlaubnis, bei guten Deutschkenntnissen bereits nach zwei Jahren. Ausländer, die einen Hochschulabschluss haben und eigenständig ihren Lebensunterhalt sichern können, dürfen sechs Monate lang auf Arbeitsplatzsuche gehen. Ausländische Absolventen deutscher Hochschulen dürfen künftig 18 statt bisher 12 Monate nach einer Beschäftigung suchen. Rösler betonte, mit der „Blue Card“ werde der Einstieg in ein transparentes, an den Notwendigkeiten des Arbeitsmarktes ausgerichtetes Aufenthaltsrecht geschaffen. „Damit steigt die Attraktivität des Standortes Deutschland für qualifizierte Zuwanderer spürbar“, betonte Rösler. Qualifizierte Fachkräfte seien die wichtigste Quelle für Wachstum und Wohlstand. Aufgrund der demografischen Entwicklung sei Deutschland „immer stärker auch auf ausländische Fachkräfte angewiesen“. Ein Sprecher von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) begrüßte, dass es die „Blaue Karte“ nun gebe. Für ausländische Arbeitskräfte werde es künftig leichter, nach Deutschland und Europa zu kommen. Um dem Fachkräftemangel etwas entgegen zu setzen, müssten nicht nur die ungenutzten Potenziale im Inland genutzt werden, sondern auch die aus dem Ausland. Zurückhaltend äußerte sich der Direktor des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn, Klaus F. Zimmermann. Um zumindest den gegenwärtigen Stand von 44 Millionen Erwerbsfähigen dauerhaft zu sichern, sei nicht nur eine längere Lebensarbeitszeit sowie eine höhere Beschäftigungsquote von Frauen erforderlich, sondern auch eine aktive Zuwanderungssteuerung. Ziel müsse es sein, jedes Jahr zwischen 300.000 und 400.000 Fachkräfte aus dem Gesundheits- und Pflegebereich, Ingenieure und Dienstleister anzuwerben. Die „Blue Card“ sei zu kompliziert und daher nur schwer vermittelbar. (Mehr Informationen: www.integrationsbeauftragte.de ) dapd (Politik/Politik)
Zustimmung zur Koalition wächst
Köln (dapd). Gut ein Jahr vor der Bundestagswahl können Union und FDP mit steigenden Zustimmungswerten punkten. Im neuen ARD-„Deutschlandtrend“ legen Union und FDP zu, während SPD und Grüne an Boden verlieren. Top-Werte kann Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für sich verbuchen. Die Union legt einen Prozentpunkt zu und käme auf 36 Prozent, wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre. Die FDP gewinnt ebenfalls einen Punkt und wäre mit fünf Prozent wieder im Parlament vertreten. Auf der anderen Seite verliert die SPD zwei Punkte und erreicht 28 Prozent. Die Grünen sinken um einen Punkt auf 13 Prozent. Die Linke verliert ebenfalls einen Punkt und kommt auf 6 Prozent, während sich die Piratenpartei um einen Punkt auf 8 Prozent steigert. 40 Prozent der Deutschen sind mit der Arbeit der schwarz-gelben Koalition zufrieden. Das sind nach ARD-Angaben fünf Prozentpunkte mehr als noch um Juni. Mit 59 Prozent überwiegt hier jedoch der Anteil der unzufriedenen Bürger. Mit der Arbeit der CDU sind 45 Prozent der Befragten zufrieden, bei der CSU sind es nur 26 Prozent und bei der FDP gar nur 12 Prozent. Mit der Arbeit von Bundeskanzlerin Merkel sind 68 Prozent zufrieden, zufrieden. Das ist laut ARD der beste Wert für die Kanzlerin seit Dezember 2009. Mit einer Zustimmung von 64 Prozent folgt Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), dahinter liegt Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) mit 60 Prozent. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier belegt mit 55 Prozent Zustimmung Rang vier. Platz fünf teilen sich mit jeweils 52 Prozent Zustimmung der SPD-Politiker Peer Steinbrück und NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Am Ende der Rangliste steht unverändert FDP-Chef Philipp Rösler, mit dessen Wirken nur 16 Prozent der Deutschen zufrieden sind. Maßgeblich für die guten Werte von Merkel und Schäuble dürfte ihr Agieren in der Eurokrise sein. 70 Prozent der Deutschen finden, dass das Thema bei Merkel in guten Händen liegt, 67 Prozent denken dies über den Finanzminister. Bei CSU-Chef Horst Seehofer glauben das nur 32 Prozent, bei Rösler gar nur 11 Prozent. Besser steht hier der frühere Finanzminister Steinbrück da, dem 50 Prozent bescheinigen, das Eurothema läge bei ihm in guten Händen. Von Steinmeier sagen dies 46 Prozent, von SPD-Chef Gabriel hingegen nur 29 Prozent. Die Sorge, dass sich die Eurokrise ausweitet, ist weiterhin verbreitet. 84 Prozent der Deutschen denken, dass der schlimmste Teil der Euro- und Schuldenkrise erst noch kommt. 76 Prozent sind der Ansicht, ein Zerbrechen des Euro wäre für die deutsche Wirtschaft schwer zu verkraften. Immerhin haben 64 Prozent der Befragten die Hoffnung, dass der Euro die Krise überstehen und in einigen Jahren noch existieren wird. Für die Sonntagsfrage wurden am Montag und Dienstag 1.504 Bürger befragt. Die anderen Antworten beruhen auf der Befragung von 1.004 Bürgern. dapd (Politik/Politik)
Haribo muss büßen
Bonn (dapd). Millionenstrafe für Haribo: Der Bonner Gummibärchen-Hersteller und seine verantwortlichen Mitarbeiter müssen wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens Geldbußen in Höhe von rund 2,4 Millionen Euro zahlen. Das Unternehmen habe sich jahrelang mit anderen Süßwarenherstellern über den Verlauf der Verkaufsverhandlungen mit dem Einzelhandel ausgetauscht und damit den Wettbewerb beeinträchtigt, berichtete das Bundeskartellamt am Mittwoch. Nach den Ermittlungen des Kartellamts hatten sich hochrangige Vertriebsmitarbeiter der Unternehmen in den Jahren 2006 und 2007 dazu regelmäßig in einem informellen Gesprächskreis getroffen. Dabei sei es auch um die Rabattforderungen des Einzelhandels und die geplanten Reaktionen darauf gegangen. Ein derartiger Informationsaustausch sei kartellrechtlich unzulässig betonte der Präsident des Bundeskartellamtes Andreas Mundt. „Der Wettbewerb wird durch solche Verhaltensweisen beeinträchtigt, auch wenn es sich wie ihr im Falle von Haribo nicht um klassische Hardcore-Abprachen über Preise, Gebiete, Kunden oder Quoten handelt.“ Ausgelöst worden waren die Ermittlungen durch den Schokoriegel-Hersteller Mars, der die Wettbewerbshüter über den gegenseitigen Informationsaustausch der Markenartikler informiert hatte. Mars profitierte deshalb von der Kronzeugenregelung und ging straffrei aus. Die Ermittlungen gegen die beiden anderen Süßwarenhersteller dauern noch an, wie die Wettbewerbsbehörde mitteilte. Bei der Bußgeldfestsetzung sei berücksichtigt worden, dass Haribo bei der Aufklärung mit dem Bundeskartellamt kooperiert habe, erklärte die Behörde. Haribo selbst betonte, dass es sich um „einen minder schweren Verstoß gegen das Kartellrecht“ gehandelt habe. Dies spiegele sich auch in der vergleichsweise geringen Geldbuße. Das Unternehmen habe inzwischen die Schulung seiner Mitarbeiter intensiviert, sagte ein Sprecher. Dazu würden auch externe Anwälte eingesetzt. Das Verfahren sei mit einer einvernehmlichen Regelung beendet worden, betonten beide Seiten. Der Bußgeldbescheid ist allerdings noch nicht rechtskräftig. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Mythos Nürburgring bringt König Kurt in Bedrängnis
Mainz (dapd-rps). Er schüttelt Tausende Hände pro Woche, kennt viele beim Vornamen und gilt als volksnah: Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) wird in dem südwestlichen Bundesland gerne „König Kurt“ genannt. Meist schwingt dabei großer Respekt mit, doch immer mehr bringt den 63-Jährigen eine andere Legende in Bedrängnis: Die Pleite des Nürburgrings kostet den Steuerzahler wahrscheinlich mehrere hundert Millionen Euro. Die Schuld daran gibt die Opposition Beck und wirft ihm vor, seine Bodenhaftung verloren zu haben. Der letzte große sozialdemokratische Landesfürst ist nach 18 Dienstjahren als Regierungschef ins Wanken geraten. Die legendäre Rennstrecke in der Eifel wurde zum Felsbrocken, der Kurt Beck um den Hals hängt. Von windigen Finanzjongleuren, die das versprochene Geld nicht beibrachten, über Geschäftspartner, die Millionen abschöpften, bis hin zu einer Achterbahn, die nie funktionierte – der Freizeitpark am Nürburgring, eigentlich als Infrastrukturprojekt für die einkommensschwache Eifel geplant, kam einfach nicht aus den Negativschlagzeilen. Am Ende bleiben vermutlich marode Immobilien, die mit 486 Millionen Euro subventioniert wurden, und eine Insolvenz der staatlichen Nürburgring GmbH. Das alles brachte Beck ins Fadenkreuz der Kritik. Dabei hat der Sohn eines Maurermeisters aus Steinfeld ganz im Süden der Pfalz viele Erfolge vorzuweisen. Als Rudolph Scharping (SPD) nach Bonn ging, wurde Beck im Oktober 1994 Ministerpräsident. Er etablierte moderne Wirtschaftszweige, baute Universitäten aus, machte Kindergärten kostenlos und stellte früh die Weichen für Ganztagsschulen. Doch all das wird überschattet vom Nürburgring. Kritiker argwöhnen, dass Beck in der Zeit der SPD-Alleinregierung von 2006 bis 2011 dem Gigantismus verfallen sei. Beck selbst entschuldigte sich am Mittwoch in einer Sondersitzung des Landtags für die Misere in der Eifel. Er trage die Verantwortung für die Pleite der Rennstrecke und wolle besonders die Menschen in der Eifel „um Entschuldigung bitten“. Ein Grund für einen Rücktritt ist das für Beck derzeit nicht. Den Gegenwind kann er aber kaum ignorieren: Die Opposition aus CDU und FDP fordert seinen Rücktritt, spricht von „Mauschelei“ und „Vertuschung“. Scharfe Attacken vom politischen Gegner lassen Beck kalt, dazu ist er lange genug im Geschäft. Sensibel aber reagiert der gelernte Elektriker auf Intrigen aus der eigenen Partei – das Trauma vom Schwielowsee sitzt tief. Im September 2008 hatte Beck den Posten als Bundesvorsitzender der SPD hingeworfen, nachdem es Querelen um die Ernennung des Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier gab. Beck wurde von seinen Genossen in Berlin demontiert, es fehlte ihm an einer Hausmacht in der SPD-Zentrale. Beck zog sich zerknirscht nach Mainz zurück. „Das System Beck ist das System Rheinland-Pfalz, wir gehen hier etwas gepflegter miteinander um“, sagte damals Landtagspräsident Joachim Mertes (SPD). Doch das System bekam in den vergangenen Wochen Risse: Immer wieder wurde die Nachfolgedebatte hoch gekocht und SPD-interne Absprachen durchgestochen. Schließlich hatte Beck erklärt, dass es seine letzte Wahlperiode sei. Er wolle aber bis 2016 regieren, wenn es seine Gesundheit zulasse. Den Diskussionen um Kronprinzen und einen vorzeitigen Rückzug machte er einige Wochen vor der Nürburgring-Pleite selbst ein Ende, als er ankündigte, im November wieder als Landesvorsitzender der SPD zu kandidieren. Doch mit dem Nürburgring kam die zweite große Niederlage des Kurt Beck. Anders als am Schwielowsee funktioniert das „System“ jedoch bisher. Jüngsten Umfragen zufolge bleibt trotz aller Skandale die Wählergunst bei Beck und die Mehrheit der Rheinland-Pfälzer spricht sich gegen einen Rücktritt aus. Auch der grüne Koalitionspartner steht geschlossen hinter dem politischen Alphatier. Bitter für die CDU: Trotz der Turbulenzen überzeugt die Landesvorsitzende Julia Klöckner die Menschen wenig – im Vergleich zur Landtagswahl im vergangenen Jahr konnte die Union nicht zulegen. Rheinland-Pfalz will seinen König nicht stürzen – jedenfalls jetzt noch nicht. dapd (Politik/Politik)
Preiserhöhungen sorgen für Rekordquartal bei Henkel
Düsseldorf (dapd). Kräftige Preiserhöhungen sorgen beim Düsseldorfer Markenartikler Henkel (Persil, Fa, Loctite) derzeit für üppige Gewinne. Das vergangene Geschäftsquartal sei für den Waschmittel-, Kosmetik- und Klebstoff-Hersteller das beste in der Unternehmensgeschichte gewesen, sagte Konzernchef Kasper Rorsted am Mittwoch in Düsseldorf. „In einem herausfordernden Marktumfeld ist es uns gelungen, mit starken Marken und Innovationen höhere Preise durchzusetzen sowie weiter Marktanteile zu gewinnen“, betonte der Manager. Das Unternehmen steigerte seinen Umsatz zwischen April und Juni um 6,4 Prozent auf 4,2 Milliarden Euro. Rund 90 Prozent des organischen Wachstums waren dabei nach Unternehmensangaben auf Preiserhöhungen zurückzuführen, nur rund ein Zehntel auf Absatzsteigerungen. Noch stärker als die Umsätze stiegen deshalb die Gewinne. Das betriebliche Ergebnis (Ebit) verbesserte sich um 8,5 Prozent auf 583 Millionen Euro. Der Quartalsüberschuss des Konzerns erhöhte sich um 9,9 Prozent auf 412 Millionen Euro. Um Einmaleffekte bereinigt, lag der Konzerngewinn nach Unternehmensangaben sogar um 22,4 Prozent über dem Vorjahreswert. Angesichts der positiven Entwicklung hob Rorsted die Gewinnprognose an. Henkel erwarte für das Gesamtjahr nun eine Steigerung des bereinigten Ergebnisses je Vorzugsaktie um „rund 15 Prozent“. Bislang war der Konzern von einem Plus von „mindestens zehn Prozent“ ausgegangen. Vor allem in den Wachstumsregionen Afrika/Nahost und Lateinamerika, aber auch in Russland und der Türkei verzeichnete Henkel zweistellige Wachstumsraten. Der Umsatzanteil der Boomregionen am Konzernumsatz sei damit weiter auf 43 Prozent gestiegen, hieß es. Dagegen litt das Geschäft in Südeuropa unter den Auswirkungen der Finanzkrise. Rorsted betonte, der Konzern erwarte dort auch keine schnelle Trendwende. „Wir gehen davon aus, dass das länger dauert.“ In den kommenden Jahren rechne er in Südeuropa nicht mit Umsatzsteigerungen, sondern eher mit einem moderaten Rückgang. Henkel antworte auf die Entwicklung mit Kosteneinsparungen und entwickle neue Produkte für das niedrige Preissegment, wo die Nachfrage derzeit noch am größten sei. Mit den guten Zahlen des zweiten Quartals sei Henkel dem Erreichen der Ziele für das Gesamtjahr 2012 einen wichtigen Schritt näher gekommen, sagte Rorsted. Er kündigte an, der Konzern werde im November einen Einblick in seine weitere Zukunftsstrategie geben. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)