Düsseldorf/Berlin (dapd). Die Deutsche Steuergewerkschaft unterstützt den Ankauf von Steuerdaten-CDs durch das Land Nordrhein-Westfalen. „Wir halten es für einen geeigneten Weg, um Steuerhinterziehern auf die Schliche zu kommen“, sagte der NRW-Vorsitzende der Steuergewerkschaft, Manfred Lehmann, der Nachrichtenagentur dapd in Düsseldorf. Auch der Bundesvorsitzende der Gewerschaft lobte die Praxis. Das Bundesfinanzministerium erneuerte hingegen seine Kritik dran. Der Bund werde CD-Käufe nicht mitfinanzieren. Medienberichten zufolge hat Nordrhein-Westfalen kürzlich erneut zwei CDs mit Daten von deutschen Steuerpflichtigen gekauft, die ihr Geld bei Schweizer Banken verstecken. Die Landesregierung will das weder bestätigen noch dementieren, gibt aber offen zu, schon solche Daten gekauft zu haben und dazu auch weiterhin bereit zu sein. Gewerkschaftschef Lehmann bezeichnete dieses Vorgehen als gerecht, gerade im Sinne der ehrlichen Steuerzahler. Steuerhinterziehung sei müsse mit allen verfügbaren Mitteln verfolgt werden. Dass allein in den vergangenen Wochen über den Kauf von insgesamt vier Daten-CDs in NRW berichtet wurde, bringt Lehmann mit dem umstrittenen deutsch-schweizerischen Steuerabkommen in Verbindung, das Anfang 2013 in Kraft treten soll. Informanten wollten ihre Daten nun noch schnell verkaufen, sagte der Gewerkschafter. „Im Moment erleben wir wohl eine Art Schlussverkaufmentalität, bevor ein möglicher Werteverlust eintritt“. Er hält das Abkommen ähnlich wie die von SPD und Grünen geführten Landesregierungen für unzureichend. „Das ist eine offensichtliche Amnestie für Steuerbetrüger“, sagte er. Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft, die das Personal der Steuerverwaltung vertritt, riet Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), das Abkommen zu beerdigen. Der Vertrag sei politisch tot, sagte Thomas Eigenthaler den Dortmunder „Ruhr Nachrichten“. Zugleich lobte er die CD-Käufe: Diese führten „zu Steuermehreinnahmen, Bußgeldern, Strafen und Hinterziehungszinsen“. Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) betonte im Bayerischen Rundfunk, sein Land gehe bei en CD-Käufen „nicht auf eigene Faust“ vor. Vielmehr werde immer das Bundeszentralamt für Steuern eingeschaltet. Insgesamt habe das Land bisher einen einstelligen Millionenbetrag in Datenkäufe investiert, sagte er im ZDF-„Morgenmagazin“. Die Informationen hätten zu etwa 300 Millionen Euro an Steuereinnahmen geführt, die zwischen Bund und Ländern verteilt worden seien. Das Bundesfinanzministerium will mit den Käufen dennoch nichts zu tun haben. „Es ist doch eine Schnapsidee, zu erwarten, dass sich der Bund an Zahlungen, die er rechtlich für fragwürdig hält, auch noch beteiligt“, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Steffen Kampeter (CDU), der „Financial Times Deutschland“. In früheren Jahren hatte sich der Bund mehrfach finanziell an CD-Käufen beteiligt. Unterstützung für Düsseldorf kam hingegen aus Hamburg. „Sollte es tatsächlich zu einem Ankauf einer weiteren CD durch Nordrhein-Westfalen kommen, wird sich Hamburg auch daran beteiligen“, sagte Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) laut „Hamburger Abendblatt“. Die CD-Käufe setzen Schweizer Banken offenbar unter Druck. Mit dem Ankauf von Daten der Großbank UBS sollen die Steuerfahnder in den Besitz von Unterlagen gekommen, die belegen, wie Schweizer Banken Steuerhinterziehern helfen, ihr Vermögen in Fernost zu verstecken. „Wir haben erstmals eine Papierspur nach Singapur“, sagte ein Insider aus dem Umfeld des Finanzministeriums in Düsseldorf der „Financial Times Deutschland“. Die UBS weist den Verdacht von sich. Sie biete ihren Kunden „keine Unterstützung bei Handlungen, die der Umgehung ihrer Steuerpflichten dienen“, hieß es in einer Stellungnahme der Bank. Auch gebe es seit der Ankündigung des Steuerabkommens „keine Zunahme von Anfragen nach Vermögenstransfers in andere Regionen“. dapd (Politik/Politik)
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Jugenderwerbslosenquote in Deutschland EU-weit am geringsten
Wiesbaden (dapd). Deutschland hat die niedrigste Jugenderwerbslosigkeit in der Europäischen Union (EU). Im Juni waren in der Bundesrepublik 350.000 Menschen im Alter zwischen 15 und 24 Jahren erwerbslos, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Die Quote lag bei 7,9 Prozent und war damit so niedrig wie in keinem anderen EU-Land. Für die gesamte EU lag nach Eurostat-Angaben die entsprechende Quote bei 22,6 Prozent. Mit 5,5 Millionen jungen Erwerbslosen war nahezu jeder vierte junge Mensch in der EU, der arbeiten wollte und konnte, ohne Job. Eine ähnlich niedrige Jugenderwerbslosigkeit wie Deutschland wiesen den Angaben zufolge nur Österreich mit 8,8 Prozent und die Niederlande mit 9,3 Prozent auf. Die mit Abstand höchsten Quoten hatten Griechenland mit 52,8 Prozent und Spanien mit 52,7 Prozent. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Modekette Adler bremst Expansion
Haibach (dapd). Wegen der schwächelnden Konjunktur will die Modekette Adler nicht mehr so schnell wachsen wie zuletzt. In der zweiten Jahreshälfte werde sich das Unternehmen stärker um den Ertrag kümmern und „das Expansionstempo etwas drosseln“, sagte der Vorstandsvorsitzende Lothar Schäfer am Freitag in Haibach bei Aschaffenburg. Der Nettoverlust der Adler Modemärkte hatte sich von 2,9 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2011 auf 7,1 Millionen Euro in den ersten sechs Monaten 2012 erhöht. Das operative Ergebnis fiel von 4,6 Millionen auf 700.000 Euro. Die Umsätze stiegen dagegen um 7,5 Prozent auf 232,6 Millionen Euro. Die Modekette erwartet im zweiten Halbjahr ein besseres Ergebnis. Sie wies darauf hin, dass vier ertragsschwache Märkte geschlossen worden seien. Neben den Anlaufverlusten für neue Märkte hätten die branchenweite Kaufzurückhaltung sowie gestiegene Material- und Personalkosten das Ergebnis verschlechtert, teilte Adler weiter mit. Die Zahl der Neueröffnungen fährt das Unternehmen langsam zurück: Nach 29 im vergangenen Jahr sollen es dieses Jahr 13 sein. Im kommenden Jahr will Adler 10 Märkte eröffnen. Derzeit kommt das Unternehmen auf 166 Modemärkte, davon sind 136 in Deutschland, 28 in Österreich und 2 in Luxemburg. Die Mitarbeiterzahl erhöhte Adler innerhalb eines Jahres um 233 auf 4.289. Die Modekette setzt auf große Verkaufsflächen ab 1.000 Quadratmeter und ist eigenen Erhebungen zufolge Marktführer in der Altersgruppe ab 45 Jahren. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
RWE-Chef treibt Konzernumbau voran
Essen (dapd-nrw). Der neue RWE-Vorstandschef Peter Terium treibt den Umbau des Essener Energieversorgers voran. Das Unternehmen will eine neue Konzernsparte gründen, die für sämtliche Kohle- und Gaskraftwerke von RWE in Deutschland, Großbritannien und in den Niederlanden zuständig sein wird. Einen entsprechenden Beschluss habe der RWE-Vorstand bereits gefasst, berichten die Zeitungen der Essener WAZ-Gruppe unter Berufung auf Konzernkreise. Die neue Sparte, in der rund 18.000 Beschäftigte arbeiten sollen, wird demnach zum Jahreswechsel an den Start gehen. Die bisherigen Aufgaben der Kölner Erzeugungsgesellschaft RWE Power gehen in der neuen Konzerneinheit auf. Ziel sei es, durch die Neugründung mittelfristig Kosten in Höhe von rund 100 Millionen Euro pro Jahr einzusparen. Auch die Pläne für den Stellenabbau bei RWE nehmen demnach konkretere Formen an. Wie aus dem Umfeld des Konzerns verlautete, sollen insgesamt knapp 2.500 Stellen wegfallen. Bereits beschlossen war der Abbau von knapp 8.000 Arbeitsplätzen, der allerdings zur Hälfte über den Verkauf von Firmen erfolgen sollte. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
NRW befeuert Steuerstreit mit der Schweiz
Berlin (dapd-nrw). Nordrhein-Westfalen heizt den Streit über den Umgang mit deutschen Steuerhinterziehern in der Schweiz weiter an. Berichten zufolge kaufte das Land erneut zwei CDs mit Daten von Steuersündern. Die SPD-geführte Regierung in Düsseldorf verteidigt die Praxis und erneuert ihre Kritik an dem geplanten Steuerabkommen mit der Schweiz. Andere SPD-Länder sekundieren. Das Bundesfinanzministerium und Politiker von CDU und FDP reagieren verschnupft. Laut „Financial Times Deutschland“ hat NRW zwei neue Steuerdaten-CDs aus der Schweiz angekauft. Auch die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet von Datenkäufen. Das Land NRW habe für mittlerweile vier CDs neun Millionen Euro bezahlt. Bereits Mitte Juli hatten Medien vom Ankauf zweier CDs berichtet. Die Staatsanwaltschaft Bochum bestätigte am Donnerstag auf dapd-Anfrage einen Bericht des WDR, wonach sie Informationen eines Datenträgers untersucht und auf dessen Basis Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung eingeleitet hat. Das NRW-Finanzministerium will Berichte über Datenkäufe weder bestätigen noch dementieren. Ressortchef Norbert Walter-Borjans (SPD) betonte aber auf Anfrage, das Land werde angebotene Daten immer prüfen und gegebenenfalls „entgegennehmen“. Zudem gingen seit den Berichten über CD-Käufe immer mehr Selbstanzeigen wegen Steuerhinterziehung ein, erklärte das Ministerium auf dapd-Anfrage. Kampeter spricht von rechtlicher Grauzone Das Bundesfinanzministerium kritisierte das Vorgehen. „Wer auf Datendiebstahl setzt, handelt in einer politischen und rechtlichen Grauzone“, sagte der Parlamentarische Staatssekretär Steffen Kampeter (CDU). Er warb für das geplante Steuerabkommen mit der Schweiz, das NRW und andere SPD-geführte Bundesländer als unzureichend ablehnen. Nur damit sei es möglich, „Steueransprüche in der Schweiz gleichmäßig und nachhaltig durchzusetzen“, sagte er. Auch der Finanzexperte der Unionsfraktion, Klaus-Peter Flosbach (CDU), betonte, das Abkommen führe zur Besteuerung aller deutschen Anleger mit Vermögen in der Schweiz. Der „rechtlich fragwürdige Ankauf“ von CDs werde überflüssig, sagte er „Spiegel Online“. Flosbach warf Walter-Borjans vor, „jedes Maß“ verloren zu haben. FDP-Generalsekretär Patrick Döring attackierte die NRW-Behörden ebenfalls. Zwar müsse Steuerflucht unterbunden werden, „aber die rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen schafft mehr Probleme, als sie löst“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Poß findet Schäuble „bockig“ Aus der SPD erhielt Walter-Borjans hingegen breite Unterstützung. Bundestagsfraktionsvize Joachim Poß erklärte, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) müsse „das schlechte Steuerabkommen mit der Schweiz endlich in den Papierkorb werfen“ und dürfe „nicht wie eine bockiges Kind den Ankauf von Steuer-CDs ablehnen“. Baden-Württembergs Finanzminister Nils Schmid (SPD) sagte dem „Handelsblatt“ (Freitagausgabe), er habe „sehr viel Verständnis“ für die CD-Käufe. Sein Parteifreund und Amtskollege aus Rheinland-Pfalz, Carsten Kühl, sagte dem Blatt: „Solange das Steuerabkommen mit der Schweiz noch nicht in Kraft ist, sind Bund und Länder nach wie vor verpflichtet, angebotene CDs mit Daten von Steuerflüchtlingen zu prüfen und bei Werthaltigkeit aufzukaufen.“ Der Vertrag mit dem Nachbarland soll eigentlich Anfang 2013 in Kraft treten. Es kann aber nur mit Zustimmung des Bundesrats ratifiziert werden. Vorgesehen ist, dass in der Schweiz geparktes Schwarzgeld pauschal mit 21 bis 41 Prozent besteuert wird. Künftige Einnahmen aus Geldanlagen, etwa Zinsen, sollen genauso besteuert werden wie hierzulande. Die Kontoinhaber bleiben dabei anonym. Angesichts der andauernden Auseinandersetzung erklärte der Chef der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, das Abkommen sei „politisch tot“. Ohnehin gelte: „Besser kein Abkommen als dieses“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. dapd (Politik/Politik)
Union findet keinen Umgang mit der Homo-Ehe
Berlin (dapd). Die Forderung von Lesben und Schwulen nach einer vollständigen Gleichstellung der Homo-Ehe stößt in der Union auf teils heftige Vorbehalte und spaltet die schwarz-gelbe Koalition. Angesichts der andauernden Kritik in den eigenen Reihen sah sich Unions-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) am Donnerstag in Berlin gar zu einem Machtwort genötigt. Die Liberalen forderten eine schnelle Gleichstellung und erhielten Beifall von der SPD. Die Lesben und Schwulen in der Union (LSU) forderten von den Verantwortlichen in CDU und CSU Bewegung. Die Union müsse sich „einen Ruck geben und im 21. Jahrhundert ankommen“, sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende Thomas Steins der Nachrichtenagentur dapd. Grosse-Brömer erklärte, CDU und CSU hätten in der laufenden Wahlperiode bereits für wichtige Verbesserungen von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften im Steuerrecht gesorgt. Als Beispiel nannte der CDU-Politiker die Erbschafts- und Grunderwerbssteuer. „Wir alle kennen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und auch die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag“, sagte er. Die sei „unser Kompass für konstruktive Diskussionen nach der Sommerpause in der Fraktion und im Parlament. Ich rate allen, diese abzuwarten.“ CSU-Politikerin Wöhrl wagt sich vor Die Nürnberger CSU-Bundestagsabgeordnete Dagmar Wöhrl warnte in der Tageszeitung „Die Welt“ davor, Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaft gegeneinander auszuspielen. „Ich sehe auch nicht, wie hierdurch die Ehe geschwächt werden sollte“, sagte sie. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stefan Müller, lehnte Änderungen im Steuerrecht hingegen strikt ab. „Ehe und Familien genießen durch das Grundgesetz besonderen Schutz. Sie sind im Kern mehr als es eine Lebenspartnerschaft je sein kann. Deshalb sollte an der Privilegierung nicht gerüttelt werden“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Freitagausgabe). „Ich lehne deshalb die Initiative zur steuerlichen Gleichstellung von homosexuellen Partnerschaften klar ab.“ Es sei nicht nötig, vor einem möglichen Urteil des Bundesverfassungsgerichts gesetzlich initiativ zu werden. Der FDP-Obmann im Finanzausschuss, Daniel Volk, forderte eine schnelle steuerliche Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften und Ehen. „Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sollte seine Blockadehaltung aufgeben“, sagte Volk der Nachrichtenagentur dapd. Der CDU-Politiker müsse „das Heft des Handelns in die Hand nehmen“, anstatt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts abzuwarten. Volk regte eine Regelung im Jahressteuergesetz 2013 an, wie sie auch der Bundesrat verlangt. Die familienpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Miriam Gruß, sagte, sie hoffe, dass sich CDU und CSU angesichts der jüngsten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts in dieser Frage bewegten. Die Initiative von 13 CDU-Abgeordneten für eine steuerliche Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften zeige ja, dass sich hier innerhalb der Union einiges tue, sagte Gruß am Donnerstag im Deutschlandfunk. Deshalb müsse Kanzlerin Angela Merkel (CDU) diese Diskussion „begleiten“. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier erklärte, wenn FDP-Chef Philipp Rösler seine Einschätzung ernst meine, dass Gleichstellung geboten sei, „dann sollte die FDP es nicht bei liberalen Lippenbekenntnissen belassen“. Eine Mehrheit im Bundestag über Fraktionsgrenzen hinweg sei möglich, sagte Steinmeier dem „Tagesspiegel“ (Freitagausgabe). Vergangene Woche hatte das Bundesverfassungsgericht geurteilt, dass Beamte in eingetragenen Lebenspartnerschaften beim Familienzuschlag nicht schlechter behandelt werden dürfen als verheiratete Paare. Experten gehen davon aus, dass Karlsruhe weitere noch bestehende rechtliche Ungleichbehandlungen beider Partnerschaftsformen kippen wird. In 2013 wird ein Urteil zum Ehegattensplitting für Lebenspartner erwartet. dapd (Politik/Politik)
Abschreibung auf Air Berlin verderben wichtigster TUI-Tochter Gewinn
London/Hannover (dapd). Die anhaltende Schwäche der Fluggesellschaft Air Berlin hat der wichtigsten TUI-Tochter das Geschäft verdorben: TUI Travel musste 10 Millionen Pfund auf seine 4-prozentige Beteiligung an der taumelnden Air Berlin abschreiben. Außerdem lastete der frühe Ostertermin und der schwache Eurokurs auf dem Ergebnis für die Monate April bis Juni: Der Gewinn fiel um 16 Prozent auf 74 Millionen britische Pfund (94 Millionen Euro). Der Umsatz sank um 2 Prozent auf 3,7 Milliarden Pfund, wie TUI Travel am Donnerstag in London mitteilte. Der Reiseveranstalter bleibt aber positiv gestimmt für das Gesamtjahr, weil im laufenden Sommergeschäft die Nachfrage trotz Wirtschaftskrise stark sei. Probleme hat TUI Travel weiter in Frankreich. Als Ursache für den Rückgang von Umsatz und Gewinn nannte TUI Travel neben Air Berlin unter anderem den frühen Ostertermin, der das Osterreisegeschäft bereits in das vorige Quartal fallen ließ. Für die ersten neun Monate des Geschäftsjahres meldete TUI Travel ein Umsatzwachstum von 2 Prozent auf 9,1 Milliarden Pfund. Der operative Verlust stieg um 20 Millionen Pfund auf 240 Millionen Pfund. Der Verlust ist nicht unüblich, weil im Tourismusgeschäft die Gewinne im Sommer gemacht werden, während im Winter und Frühjahr Verluste wegen Vorleistungen für das Sommergeschäft anfallen. TUI Travel gehört zu 55 Prozent der TUI-Muttergesellschaft, den Rest halten Fonds und andere Investoren. In dem britischen Unternehmen sind alle Reiseveranstalter des TUI-Konzerns zusammengefasst. Für den laufenden Sommer meldete TUI Travel in den meisten Regionen bessere Buchungen als im Vorjahr: Im wichtigsten Markt Deutschland wurde bisher 5 Prozent mehr Umsatz erzielt, in England 4 Prozent mehr und in Skandinavien 8 Prozent mehr. Grund sind höhere Preise und ein höherer Anteil an Luxusreisen, während die reinen Gästezahlen deutlich schwächer stiegen. In Frankreich kommt TUI Travel dagegen nur schwer aus der Krise: Der Absatz für den Sommer fiel um 4 Prozent, die Gästezahl sogar um 6 Prozent. Frankreich steckt in einer Wirtschaftskrise, außerdem haben sich die beliebten Zielgebiete der Franzosen in Nordafrika noch immer nicht vom Einbruch nach den Revolutionen Anfang 2011 erholt. Eine Belastung ist die Beteiligung der TUI an der defizitären Fluggesellschaft Air Berlin: TUI Travel schrieb 10 Millionen Pfund auf die Beteiligung ab. Der Konzern ist mit 4,4 Prozent Anteilen der viertgrößte Aktionär bei Air Berlin. TUI war 2009 bei Air Berlin eingestiegen. Air Berlin steckt tief in den roten Zahlen. Die Muttergesellschaft TUI meldet ihre Ergebnisse für das Quartal nächste Woche. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Ex-Schlecker-Frauen nehmen Filialen jetzt in eigene Regie
Stuttgart (dapd). Dorfladen statt Drogerie: Etwa 35 ehemalige Schlecker-Mitarbeiterinnen wollen einige Läden in einem Genossenschaftsmodell weiterführen. „Wir haben in Baden-Württemberg eine ganze Reihe von Standorten identifiziert, die für eine Fortführung infrage kommen“, sagte der Landesfachbereichsleiter Handel von ver.di, Bernhard Franke, am Donnerstag der Nachrichtenagentur dapd. Schon in den nächsten Wochen soll es mit den ersten fünf Läden losgehen. „Es muss relativ schnell gehen, weil sich die Kundenströme ändern können, wenn die Filialen über viele Monate leer stehen“, sagte Franke. Zudem sollten die Frauen so schnell wie möglich wieder in Lohn und Brot kommen. Infrage kämen zum einen Filialen, die noch unter dem Namen Schlecker einen hohen Umsatz hatten. „Alleine in Baden-Württemberg gibt es über 100 Standorte, die einen Jahresumsatz von über 500.000 Euro gemacht haben“, sagte Franke. Die zweite Möglichkeit seien kleinere Standorte, die Dorfladencharakter haben und eine Stellung als Alleinversorger im ländlichen Raum einnehmen sollen. Die Läden werden Mini-Supermärkte Am genauen Konzept werde noch gearbeitet. Es gehe aber vom klassischen Drogeriemarktkonzept weg und eher in Richtung Mini-Supermärkte. Unterstützung holten sich ver.di und die Frauen dabei vom Unternehmensberater Wolfgang Gröll, der auf Dorfläden spezialisiert ist. Den „Stuttgarter Nachrichten“ sagte Gröll über seine Vorstellungen vom Angebot, man müsse sich das wie ein menschliches Skelett vorstellen. „Alle Menschen tragen zwar das gleiche Knochengerüst in sich und trotzdem sieht jeder Mensch anders aus.“ Das heiße, dass jeder Dorfladen Produkte anbieten werde, die vor Ort gebraucht werden und zum Teil aus der Region kommen. Gröll ist derzeit mit seinem Team in der Region unterwegs und prüft die Standorte. Dabei schaut er beispielsweise auf die Höhe der Miete oder die Konkurrenz in der Umgebung. „Wir haben in einer ersten Charge zehn Orte abgefahren“, sagte der Unternehmensberater der Nachrichtenagentur dapd. Insgesamt wolle er sich 30 bis 40 Standorte anschauen. Läden brauchen Ware im Wert von 50.000 Euro Ver.di, die evangelische Betriebsseelsorge und die Linke unterstützen die Frauen finanziell und übernehmen die Kosten für die Standortanalysen, die allein mit jeweils 3.000 Euro zu Buche schlagen. Ein durchschnittlicher Laden brauche zudem Ware im Wert von 50.000 Euro, sagte Franke. Unterstützung erhofft er sich auch vom Land. „Wir wollen auf das Wirtschaftsministerium zugehen und um Unterstützung bitten“, kündigte er an. Auch einzelne Gemeinden boten schon Hilfe an. „Ich wäre bereit, die Schlecker-Verkäuferinnen für zwei bis drei Jahre bei der Stadt anzustellen“, sagte der Bürgermeister von Eppelheim bei Heidelberg, Dieter Mörlein, den „Stuttgarter Nachrichten“. Notfalls könne er sich sogar vorstellen, vorerst die Ladenmiete für die ehemalige Schlecker-Filiale im Zentrum von Eppelheim zu übernehmen. Die Drogeriekette mit einstmals über 8.000 Filialen hatte im Januar Insolvenz angemeldet. Ein Investor ließ sich nicht finden. In der Folge verloren bundesweit über 27.000 Beschäftigte, überwiegend Frauen, ihren Job. Bei der Bundesagentur für Arbeit meldeten sich nach Auskunft eines Sprechers bislang knapp 16.000 ehemalige Beschäftigte arbeitslos. 4.600 von ihnen seien in einen neuen Job vermittelt worden. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Joachim Gauck ist Rostocker Ehrenbürger
Rostock (dapd). Bundespräsident Joachim Gauck ist Ehrenbürger seiner Heimatstadt Rostock. In einer bewegenden Zeremonie erhielt der 72-Jährige am Donnerstag vor etwa 800 Gästen in der Marienkirche die Ehrenurkunde, anschließend trug er sich in das riesige, in Leder und Leinen gebundene Ehrenbuch der Stadt ein. In seiner Dankesrede wandte sich Gauck an Weggefährten, Freunde und Einwohner: „Indem ich geehrt werde, werden auch sie mitgeehrt. Ich könnte hier nicht stehen ohne sie.“ Seine tiefe Rührung drückte er mit dem Satz aus: „Vor ihnen steht ein dankbarer Joachim Gauck.“ Zuvor hatte Wegbegleiter Christoph Kleemann in einer Laudatio an Gaucks Wirken in und für Rostock erinnert. Kleemann war nach der Wende für kurze Zeit Oberbürgermeister in Rostock, später leitete er dort die Außenstelle der Stasi-Behörde. Bürgerschaftspräsidentin Karina Jens begründete die Entscheidung der Stadt, Gauck zum Ehrenbürger zu ernennen, mit den Worten: „Sie zeigen der Welt das freie, das mutige, das demokratische Gesicht der Stadt Rostock.“ Gauck ist in Rostock geboren, hat dort Theologie studiert und arbeitete bis zur Wende als Pastor. Mit seiner Ernennung zum Ehrenbürger folgte die Stadt mehreren Anträgen von Einwohnern. Rostock hat erst drei Ehrenbürger seit der Wende. dapd (Politik/Politik)
NPD-Pressefest: In Vorpommern wächst der Widerstand gegen Neonazis
Pasewalk (dapd). In Vorpommern wächst nach Einschätzung des Rechtsextremismus-Experten Günther Hoffmann der Widerstand gegen die NDP. Mit dem im Juli gegründeten Aktionsbündnis Vorpommern gegen das am Samstag geplante NPD-Pressefest der „Deutschen Stimme“ in Viereck seien zum ersten Mal ein starkes Netzwerk und eine neue Qualität des demokratischen Widerstandes entstanden, sagte der Vertreter des Informationsdienstes NENA (Neonazis in Mecklenburg-Vorpommern) am Donnerstag in Pasewalk. „Die Initiatoren haben jetzt erstmals die Chance, den in rechten Kreisen herrschenden Mythos einer nationalen Leuchtturmregion zu zerstören“, sagte Hoffmann. Bislang gelte Vorpommern als sogenannte Modellregion der deutschen Naziszene. Mit fünf größeren Immobilien verfügten die Rechten über eines der dichtesten Netze von Einrichtungen für Schulungen und Konzerte in Deutschland. Die Veranstalter des finanziell desolaten neonazistischen Verlags „Deutsche Stimme“ seien aber äußerst überrascht, dass sich die Zivilgesellschaft in der Region jetzt so breit gegen Rechtsextremismus aufstelle, sagte Hoffmann. „Das neue Bündnis gebe den Leuten vor Ort erstmals das Gefühl, nicht mehr allein zu stehen in ihrem Kampf gegen demokratiefeindliche Handlungen.“ Bürgermeister hält Maß schon lange überschritten Das Maß rechtsextremistischer Umtriebe sei schon lange überschritten, sagte Pasewalks Bürgermeister Rainer Dambach (parteilos). Es sei wichtig, dass sich in der Region jetzt endlich etwas bewege und den Nazis ein breiter Widerstand entgegen gestellt werde. Der Sprecher des Aktionsbündnisses, Benno Plassmann, rechnet zur geplanten Menschenkette und dem anschließenden Volksfest am Samstag mit mindestens 1.500 Demonstranten, darunter auch Gästen aus Polen. Das Bündnis mit inzwischen 75 Organisationen werde seine Arbeit auch nach den Protesten fortsetzen und vor allem Probleme mit Neonazis in den Dörfern der Region aufgreifen, kündigte er an. Anzeige gegen Initiatoren rechter Plakataktion Unterdessen erstattete der Landkreis Vorpommern-Greifswald eine Anzeige gegen unbekannte Täter, die in der Region Plakate des Aktionsbündnisses verunstalteten und Gegenplakate mit den Aufschriften „Landkreis Vorpommern-Greifswald – ein Ort für Nazis“ und „National befreite Zone“ verteilten. Ein solches Plakat sei unter anderem an der Kreisverwaltung geklebt worden, sagte ein Landkreissprecher. Nach Einschätzung des Verfassungsschutzes Mecklenburg-Vorpommern sind zum Pressefest weit über 1.000 Teilnehmer aus der rechten Szene zu erwarten. Durch die Einbindung rechtsextremistischer Bands und Liedermacher, darunter der Gruppe „Die Lunikoff Verschwörung“, würden auch jüngere Angehörige des subkulturellen Rechtsextremismus mobilisiert, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Unterdessen haben in dem kleinen Dorf Viereck nordöstlich von Pasewalk die Vorbereitungen für das umstrittene Pressefest begonnen. Das für die Veranstaltung angemietete Privatgelände eines Landwirtschaftshofes wurde inzwischen weiträumig abgesperrt und mit Sichtblenden verhüllt. Das ursprünglich für drei Tage angemeldete Fest findet nun nur noch am Samstag in Großzelten statt, nachdem Unbekannte einen dafür vorgesehenen ehemaligen Schweinestall in Brand gesteckt hatten. Nach Angaben von Plassmann hatten sich viele Hotels und Pensionen der Region geweigert, Festteilnehmer aufzunehmen. dapd (Politik/Politik)