Berlin (dapd). Mit Protesten gegen Atomwaffen und ein Übungsgelände der Bundeswehr für den Städtekampf gehen am Montag die Ostermärsche zu Ende. Zu größeren Demonstrationen hat die Friedenskooperative auch in den Städten Hamburg, Frankfurt am Main, Kassel und Nürnberg aufgerufen. Der Ostermarsch Ruhr endet mit einem Friedensfest in Dortmund. Bis einschließlich Sonntag fanden mehr als 60 Veranstaltungen statt. Zentrale Kritikpunkte waren die Auslandseinsätze der Bundeswehr und deren Werbung an Schulen, an Hochschulen und in Arbeitsagenturen. Der Ostermarsch Sachsen-Anhalt wendet sich am Montag gegen das „teuerste Krisengebiet Deutschlands“, das geplante Übungsgelände der Bundeswehr für den Städtekampf in der Colbitz-Letzlinger Heide. Bis 2016 soll dort ein militärisches Ausbildungszentrum für den Städtekampf entstehen. Als Trainingsgelände für Auslandseinsätze wird eine eigens dafür gebaute Stadt – „Schnöggersburg“ – gebaut. Viele Initiativen in Rheinland-Pfalz rufen zur Demonstration am Atomwaffenstandort Büchel in der Eifel auf. „Wir protestieren dort für den Abzug und die Verschrottung der aus dem Kalten Krieg verbliebenen US-Atombomben“, sagte Netzwerk-Geschäftsführer Manfred Stenner. Diese Bomben sollten jetzt ebenso wie die für den Abwurf vorgesehenen Bundeswehr-Flugzeuge aufwendig modernisiert werden. dapd (Politik/Politik)
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Zollitsch warnt vor Abschaffung der Kirchensteuer
Köln (dapd). In der Debatte über die Kirchensteuer warnt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, vor deren Abschaffung. Im „Interview der Woche“ des Deutschlandfunks sagte der Freiburger Erzbischof, der Kirche würden dann Gelder für karitative Aufgaben und die Entwicklungshilfe fehlen. „Wir würden weit mehr den Menschen in der Dritten Welt schaden, würden weit mehr denen schaden, die von der sozialen Fürsorge leben, denn wir müssten uns dann konzentrieren auf das eigene Leben der Kirche“, betonte Zollitsch. Die Diskussion war durch einen Beschluss der sächsischen FDP ausgelöst worden. Sie forderte unter anderem, die Kirchensteuer nicht mehr vom Finanzamt einziehen zu lassen, sondern sie durch ein von den Kirchen selbst organisiertes Beitragssystem zu ersetzen. In der Union und in kirchlichen Gruppen war der Vorstoß auf Widerstand gestoßen. Linke-Fraktionschef Gregor Gysi hatte sich Karfreitag aber aufgeschlossen für einen Systemwechsel gezeigt und auf die Trennung von Staat und Kirche verwiesen. Eigentlich sei die Kirchensteuer keine Steuer, sondern „ein Mitgliedsbeitrag, den die Finanzämter einziehen“, sagte Gysi der Nachrichtenagentur dapd. Für die Kirchen sei das natürlich eine große Erleichterung. „Ich habe da aber auch Bedenken. Vor allem wundere ich mich, dass Parteien und Gewerkschaften nicht sagen, dass sie das auch so haben wollen“, sagte Gysi. dapd (Politik/Politik)
Zollitsch plädiert für stärkere Belastung Vermögender
Köln (dapd). Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, fordert eine stärkere Heranziehung Vermögender zur Finanzierung gesellschaftlicher Aufgaben. Im „Interview der Woche“ des Deutschlandfunks beklagte Zollitsch, „dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht“. Dies sei für die Gesellschaft „fast lebensgefährlich“. Er halte die Forderung für berechtigt, „dass der, der Vermögen hat, sich beteiligt in der Sorge für die, die weniger haben“. Dies verlange einerseits die Solidarität, andererseits aber auch der christliche Glaube. Wer nicht „weitergeben will, wie es möglich ist“, verstoße „gegen die christlichen Grundsätze“. dapd (Politik/Politik)
Lammert will Wahlrecht rasch wieder ändern
Leipzig (dapd). Sollte der nächste Bundestag wegen des neuen Wahlrechts deutlich größer werden, will Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) die Regelungen rasch noch einmal ändern. Er hoffe, dass sich die Zahl der Abgeordneten nicht ausweite, sagte Lammert im Video-Interview der „Leipziger Zeitung“ (Dienstagausgabe). Wenn es aber doch zu einer „spürbaren Vergrößerung“ der Anzahl der Sitze im Bundestag komme, „dann sollten wir gleich zu Beginn der neuen Legislaturperiode noch einmal in Ruhe über das Wahlrecht nachdenken“, forderte der Parlamentspräsident. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Juli 2012 die bisherige Regelung der Sitzverteilung wegen dieser Überhangmandate für verfassungswidrig erklärt. Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei in einem Bundesland durch Direktmandate mehr Sitze gewinnt, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen. Die Parteien waren wegen des Urteils zu einer raschen Neuregelung gezwungen, die bereits für die Wahl am 22. September gilt. Nun führen künftig Überhangmandate für eine Partei automatisch zu Ausgleichsmandaten für die anderen Parteien. Dadurch soll gewährleistet werden, dass das Größenverhältnis zueinander erhalten bleibt. Erwartet wird, dass sich die Zahl der Abgeordneten dadurch vergrößert. Lammert sagte dazu, sein Eindruck sei, dass von den Parteien und Fraktionen ein zahlenmäßig vergrößertes Parlament „eigentlich niemand will“. dapd (Politik/Politik)
Piraten wollen mit Verbraucherschutz und Armutsbekämpfung punkten
Berlin (dapd). Die Piratenpartei will neben ihren klassischen Themen auch mit dem Eintreten für einen besseren Verbraucherschutz und dem Kampf gegen Kinder- und Altersarmut bei den Wählern punkten. Der Parteivorsitzende Bernd Schlömer zeigte sich im Interview mit der Nachrichtenagentur dapd zugleich zuversichtlich, dass den Piraten trotz schlechter Umfragewerte der Einzug in den Bundestag gelingt. Umfragen sehen die Piraten derzeit nur bei zwei bis drei Prozent. Dennoch habe die Partei gute Voraussetzungen für die Bundestagswahl, sagte Schlömer, der 6 bis 6,5 Prozent als Ziel ausgegeben hatte. Die Piraten seien bundesweit bekannt. Sie seien die einzige kleinere Partei, die bundesweit aktiv sowie aufgrund ihrer Aufstellung, Mitgliederzahl und Programmatik in der Lage sei, die Bundestagsparteien herauszufordern. Überzeugen wollen die Piraten die Wähler zunächst mit ihren ursprünglichen Schwerpunkten Bürgerrechte, Transparenz in Verwaltung und Politik, mehr Bürgerbeteiligung mit digitalen Demokratiemodellen sowie die Forderung nach gesellschaftlicher und sozialer Teilhabe. Aber auch den Kampf gegen die Korruption und die Themen Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit will Schlömer voranbringen. „Hier machen alle anderen Parteien zu wenig“, kritisierte er. Bei der Bekämpfung von Kinder- und Altersarmut versagen die Bundestagsparteien. Hier wollen die Piraten laut Schlömer neue Wege beschreiten und Finanzierungsvorschläge im Bundestag machen. Neben Kernwählern hoffen die Piraten, Neu- und Protestwähler zu gewinnen, „die nicht extremistisch oder Euro-skeptisch wählen wollen“, wie Schlömer betonte. Auch gibt es aus seiner Sicht eine Wechselstimmung im Land. Die meisten Menschen seien nicht zufrieden mit der aktuellen Politik und wollten neue Parteien im Bundestag. „Es gibt genügend Potenzial“, betonte der Parteichef. Europawahl 2014 noch bedeutsamer Die Bundestagswahl sieht Schlömer nicht als Scharfrichter für die weitere Existenz seiner Partei an. „Die Bundestagswahl wäre ein schöner Erfolg, auch für die vielen Tausend engagierten Mitglieder in meiner Partei“, sagte Schlömer. Aber für die weitere Etablierung der Piraten im parlamentarischen System sei die Europawahl 2014 von hoher strategischer Bedeutung und „vielleicht bedeutsamer“ als die Bundestagswahl. Für die Piraten wichtige Themen wie Datenschutz und Urheberrecht würden inzwischen auf europäischer Ebene debattiert. Zudem falle dort auch die Fünf-Prozent-Hürde weg, die Schlömer auch für die Bundestagswahl für verzichtbar hält. Für den Fall des Einzugs in den Bundestagswahl wollen sich die Piraten nicht an bestimmtes politisches Lager binden. Die Piraten verstünden sich als „konstruktive Opposition“, setzten auf wechselnde Mehrheiten und eine stärkere Orientierung des einzelnen Abgeordneten am Gewissen. „Es würde keinen Fraktionszwang geben“, sagte Schlömer. dapd (Politik/Politik)
Kandt: Polizei ist für den 1. Mai gerüstet
Berlin (dapd). Berlins Polizeipräsident Klaus Kandt sieht seine Behörde für die Veranstaltungen rund um den 1. Mai gerüstet. „Wir haben in Berlin ein gutes, seit Jahren immer weiter verbessertes Konzept für diesen Tag“, sagte Kandt in einem Interview der Nachrichtenagentur dapd. Zwar seien derzeit noch nicht alle erwarteten Veranstaltungen und Aufzüge angemeldet, sagte er. „Der Einsatz wird aber natürlich schon von meinem Stab vorbereitet.“ Die für die einzelnen Bereiche zuständigen Beamten kämen bereits jetzt regelmäßig zusammen. Der Einsatz am 1. Mai gilt als erste große Bewährungsprobe für den Polizeipräsidenten, der vor gut 100 Tagen sein Amt an der Spitze der größten Polizeibehörde Deutschlands angetreten hatte. Völlig neu ist die Aufgabe für ihn aber nicht, denn als Mitglied von Spezialkräften der Polizei hatte er mehrere Jahre selbst an Einsätzen gegen Ausschreitungen am 1. Mai teilgenommen, zeitweise auch in leitender Funktion. Die Demonstrationen im vergangenen Jahr verliefen nach Polizeiangaben weitgehend friedlich. Insgesamt waren in der Walpurgisnacht und am 1. Mai 7.000 Beamte im Einsatz. 124 Polizisten wurden verletzt. Es gab 123 Festnahmen. Bereits seit 1987 war es regelmäßig zu Ausschreitungen gekommen. dapd (Politik/Politik)
Hahn beklagt Belastung der Justiz durch neuen Rundfunkbeitrag
(dapd-hes). Der neue Rundfunkbeitrag belastet offenbar auch die Justiz in erheblichem Maß. Der hessische Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) äußerte in einem Brief an ARD, ZDF und die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) sein Unverständnis über die Ausgestaltung und finanziellen Auswirkungen des Beitrags für die hessische Gerichtsbarkeit, wie die „Bild“-Zeitung (Samstagausgabe) berichtet. So muss nach der Reform der Rundfunkgebühr auch für jeden Richterarbeitsplatz mit Computer an die GEZ gezahlt werden. Hahn spricht von einer Verzehnfachung des Beitrags für die ordentliche Gerichtsbarkeit in Hessen. Habe das Land 2012 noch 5.910 Euro an Rundfunkbeiträgen für Oberlandesgerichte, Landgerichte und Amtsgerichte entrichtet, seien es in diesem Jahr 60.770 Euro. Prozentual noch stärker sei der Anstieg bei den Fachgerichten. Statt 984 Euro im vergangenen Jahr würden 2013 gleich 14.959 Euro für Verwaltungsgerichte, Sozialgerichte, Arbeitsgerichte und Finanzgerichte fällig. Aber auch für die Staatsanwaltschaften habe sich der Betrag versiebenfacht. Insgesamt müsse die hessische Justiz in diesem Jahr 118.877 Euro an Rundfunkbeiträgen zahlen. Hahn kritisierte in dem Schreiben: „Was eigentlich als gerechte Abgabe pro Haushalt gedacht war, entpuppt sich als ein El Dorado für die öffentlichen Rundfunkanstalten.“ Wenn man jeweils als Arbeitnehmer, Kunde im Geschäft und Privatperson zur Kasse gebeten werde, sei das System „schlicht in Schieflage“. dapd (Vermischtes/Politik)
Von Beust: Homo-Ehe würde CDU-Basis nicht vergraulen
Berlin (dapd-bay). Der frühere Hamburger Bürgermeister Ole von Beust (CDU) widerspricht Befürchtungen, die Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften mit der Ehe würde Stammwähler verprellen. „Es gibt nichts Konservativeres als die Ehe“, sagte von Beust der „Berliner Zeitung“ (Samstagausgabe). „Mir hat noch keiner rational begründen können, warum es gegen konservative Prinzipien sein soll, wenn gleichgeschlechtliche Menschen feste Bindungen eingehen und genauso privilegiert werden wie Verheiratete“, betonte er. Die CDU-Spitze übersehe, dass das selbst für die bürgerliche Klientel gar kein Thema sei, argumentierte der ehemalige Hamburger Bürgermeister. Die Ablehnung der Homo-Ehe koste die CDU vor allem in den Großstädten Stimmen. „Wähler in den Großstädten schreckt man mit so einer Politik ab. Für sie ist die Haltung zu dem Thema ein Indiz für die Offenheit einer Partei. Das macht es für viele sehr schwer, die CDU zu wählen“, mahnte von Beust. Er beklagte zugleich, dass die Union erst auf ein Verfassungsgerichtsurteil zur steuerlichen Gleichstellung warten will, das im Frühsommer erwartet wird. Die CDU habe dann die Fragen über Großstadtkompetenz und was eine moderne Partei auszeichnen muss, mitten im Wahlkampf. dapd (Politik/Politik)
Arbeitgeber erwarten wieder 0,7 Prozent Wachstum
Berlin (dapd). Die deutschen Arbeitgeber rechnen für 2013 wie im Vorjahr mit einem Wachstum von 0,7 Prozent für die heimische Wirtschaft. „Nach der Abschwächung im ersten Quartal erwarte ich eine positive Entwicklung“, sagte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt der Zeitung „Die Welt“ laut Vorabbericht vom Freitag. Damit ist Hundt weitaus zuversichtlicher als die fünf Wirtschaftsweisen, die zuletzt ihre Vorhersage auf 0,3 Prozent mehr als halbiert hatten. „Obwohl der Sachverständigenrat seine Prognose reduziert hat, halte ich 2013 ein Wachstum in der Größenordnung des Vorjahres, also von etwa 0,7 Prozent, für erreichbar“, erklärte Hundt. Die Wirtschaftsweisen hatten ihre Prognose gesenkt, weil sie das diesjährige Wachstum in Deutschland durch den unerwarteten Einbruch der Wirtschaft um 0,6 Prozent im Schlussquartal 2012 vorbelastet sehen. Dagegen hatten mehrere Forschungsinstitute ihre Erwartungen kräftig erhöht, weil sie die Schwächephase für bald überwunden halten. Die Bundesregierung geht von 0,4 Prozent Wachstum aus. Hundt zeigte sich optimistisch, dass 2013 die durchschnittliche Zahl der Arbeitslosen unter drei Millionen gehalten werden könne. Voraussetzung sei aber, dass es keine neuen „Auswüchse der Schuldenkrise oder unsinnige Tarifabschlüsse“ gebe. Dabei nannte Hundt die Gewerkschaftsforderung von 5,5 Prozent mehr Lohn in den laufenden Tarifverhandlungen der Metall- und Elektroindustrie „nicht nachvollziehbar und extrem überhöht“. Dennoch glaubt der Arbeitgeberpräsident an eine gute Einigung. „Ich bin zuversichtlich, dass wir zu einer Lösung finden, die zu verantworten sein wird“, sagte Hundt. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
OLG München hält an Zulassungsverfahren für NSU-Prozess fest
München/Berlin (dapd). Türkischen und griechischen Medien soll trotz wachsender Kritik die Berichterstattung vom NSU-Prozess in München nicht gewährleistet werden. Auch nach tagelanger Debatte hält das Oberlandesgericht München (OLG) an seinem Journalisten-Zulassungsverfahren fest. Wie der Bayerische Rundfunk unter Berufung auf Aussagen von OLG-Präsident Karl Huber berichtete, bleibt es bei der Liste, die das Gericht in der Reihenfolge der eingegangenen Anträge erstellt habe. Aus Platzgründen wurde nur den 50 Journalisten, die sich am schnellsten angemeldet hatten, feste Plätze zugesagt. Unter ihnen ist kein türkisches oder griechisches Medium, aus deren Ländern neun der zehn NSU-Opfer stammen. Das internationale Interesse an dem am 17. April beginnenden Prozess gegen die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Helfer des rechtsextremen Terrornetzwerks Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) ist bereits im Vorfeld enorm. Auch eine Videoübertragung der Verhandlung in einen anderen Raum verweigert das OLG, weil es einen daraus entstehenden Revisionsgrund fürchtet. Huber sagte dem Sender weiter, es sei jedem Journalisten überlassen, jeweils eine Viertelstunde vor Beginn des Prozesses seine Akkreditierung nicht wahrzunehmen und stattdessen wartenden Kollegen zu geben. Damit könnten auch Vertreter türkischer und griechischer Medien die Verhandlung verfolgen. Die Kollegen müssten einen solchen Platztausch aber selber organisieren. Mehrere Medien hatten sich am Mittwoch bereit erklärt, türkischen und griechischen Journalisten ihre festen Plätze für den Prozess zu überlassen. Dies hatte das Gericht aber ebenfalls abgelehnt. Ziel sei ein ordentliches Verfahren ohne Revisionsgründe, hieß es. Neben den 50 festen Plätzen für Medienvertretern gibt es im Saal noch weitere 50 Plätze für Zuschauer. Forderungen nach Videoübertragung der Verhandlungen Ob eine immer lauter geforderte Videoübertragung in einen anderen Raum tatsächlich ein Revisionsgrund wäre, ist auch unter Juristen umstritten. Während diese Lösung für das OLG von Anfang an ausschied, hält etwa der Münchner Strafrechtler Ulrich Schroth eine solche Lösung für zulässig. Entscheidend sei, dass die Gerichtsöffentlichkeit gewahrt werde und nicht die breite Öffentlichkeit den Prozess live verfolgen könne, sagte der Juraprofessor der Ludwig-Maximilians-Universität der Nachrichtenagentur dapd. Auch mehrere frühere Richter am Bundesverfassungsgericht, darunter dessen ehemaliger Vizepräsident Winfried Hassemer, hatten bereits erklärt, dass sie eine solche Übertragung nicht für einen Revisionsgrund hielten. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sprach sich ebenfalls für eine Übertragung aus. Wenn der Gerichtssaal zu wenige Plätze habe und der Prozess zugleich eine besondere Sensibilität erfordere, sollte es den ausländischen Medienvertretern auf diesem Weg ermöglicht werden, der Verhandlung zu folgen, sagte der GdP-Vorsitzende Bernhard Witthaut der dapd. Das Gesetz, wonach eine öffentliche Vorführung von Gerichtsverhandlungen unzulässig sei, sollte „sehr großzügig“ angewendet werden. Özdemir: Gericht muss Kontext des Prozesses beachten Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) sprach sich für eine eindeutige gesetzliche Regelung zu Videoübertragungen aus. Für den NSU-Prozess komme diese aber zu spät. Sie verteidigte die OLG-Entscheidung. „Das Gericht muss mit aller Sorgfalt arbeiten, es muss mit aller Sorgfalt die Prozessregeln einhalten. Es muss ein Urteil fällen, das auch verfahrensrechtlich über alle Zweifel erhaben ist“, sagte sie der „Süddeutschen Zeitung“. Auch Unions-Innenexperte Hans-Peter Uhl (CSU) sprach sich für eine Neuregelung aus. Man müsse einen „Ausweg für kommende Verfahren finden“, sagte er dem WDR. Kauder warnt vor Schauprozess Der Vorsitzende des Rechtsausschusses des Bundestages, Siegfried Kauder (CDU), schloss eine Übertragung ebenfalls aus. Diese hätte „ein bisschen was von Schauprozess und Public Viewing und wäre ein Verstoß gegen die Menschenwürde der Angeklagten“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) entgegnete: „Ich kann weder eine politische Einmischung in die Justiz, noch die Gefahr eines Schauprozesses erkennen.“ Die bayerische Justiz habe sich unabhängig in eine Misere manövriert und solle sich nun genauso unabhängig daraus befreien. Auch der hessische Justizminister Jörg-Uwe Hahn kritisierte die Vergabe der Presseplätze. „Ich glaube, es ist unglücklich gelaufen“, sagte der FDP-Politiker am Donnerstag im Hörfunksender HR-Info und verwies auf das Unverständnis in der Türkei, in Griechenland und anderen Staaten über das Vorgehen des Oberlandesgerichts München. „Man sollte ein anderes Verfahren wählen, das gerichtsfest ist“, fügte Hahn nach Angaben des Rundfunksenders hinzu und sagte: „Dann wird bestimmt dabei herauskommen, dass zwei türkische und ein griechischer Kollege dabei sind.“ dapd (Politik/Politik)