Berlin (dapd). Der Kauf einer CD mit Daten von Steuerhinterziehern durch Nordrhein-Westfalen stößt bei anderen SPD-geführten Ländern auf Unterstützung. Mehrere CDU-regierte Länder äußerten sich hingegen in einer dapd-Umfrage am Montag kritisch. Dem Bundesfinanzminister ist der Kauf solcher Daten-CDs ebenfalls ein Dorn im Auge. Wolfgang Schäuble (CDU) hofft, dass der Bundesrat das Steuerabkommen mit der Schweiz absegnet, das der Praxis ein Ende bereiten würde – doch die Sozialdemokraten in den Ländern lehnen ab. Mehrere Medien hatten am Wochenende berichtet, dass NRW für mehrere Millionen Euro erneut eine CD mit Daten deutscher Steuerhinterzieher gekauft habe. Das NRW-Finanzministerium wollte die Berichte weder bestätigen noch dementieren. Schäuble sagte der „Bild“-Zeitung, zufällige CD-Käufe seien nur eine „Behelfskrücke“ und böten „keinen umfassenden Ansatz zur befriedigenden Besteuerung.“ Ein Sprecher des CDU-Politikers warb in Berlin erneut für das geplante Steuerabkommen mit der Schweiz. Damit würden sich CD-Ankäufe erübrigen, sagte er. „Man wäre daher nicht mehr abhängig von irgendwelchen zufälligen Datenfunden“, sagte er. Momentan herrsche dagegen ein „zutiefst unbefriedigender Zustand“. Das Abkommen sieht vor, dass in der Schweiz angelegtes Schwarzgeld deutscher Steuerpflichtiger nachträglich besteuert wird. Künftige Erträge wie Zinsen sollen so besteuert werden wie in Deutschland. Auf den Kauf von Steuersünderdaten würde verzichtet. Der Vertrag muss noch vom Bundesrat gebilligt werden. Die Sozialdemokraten finden die Regelung aber nicht weitgehend genug. NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) sagte der „Bild“-Zeitung, das Abkommen „bietet Steuerhinterziehern weiter scheunentorgroße Schlupflöcher“ und sei nicht zustimmungsfähig. Das Ausmaß des Steuerbetrugs sei riesig. „Der Erfolg unseres Einsatzes gegen notorische Steuerhinterzieher hängt eindeutig davon ab, ob wir alle bisherigen gerichtlich bestätigten Ermittlungsmöglichkeiten weiter ausschöpfen können – auch den Ankauf von Daten-CDs.“ Unterstützung erhielt er aus Rheinland-Pfalz. Das SPD-geführte Finanzministerium hält den Kauf von CDs grundsätzlich für richtig. Wenn ein Staat von einer Straftat Kenntnis erlange, sei er verpflichtet, dem nachzugehen, sagte ein Sprecher. Auch Mecklenburg-Vorpommerns Finanzministerin Heike Polzin (SPD) hält den Erwerb der Daten nach Angaben einer Sprecherin für sinnvoll. Mit dem Datenkauf werde für Steuergerechtigkeit gesorgt. Das baden-württembergische Finanz- und Wirtschaftsministerium bezeichnete den CD-Kauf von Steuer-CDs aus der Schweiz als „sinnvoll und rechtmäßig“. Steuersünder sollten den Ermittlungsdruck spüren, sagte ein Sprecher von Ressortchef Nils Schmid (SPD). Auch die Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen, Frank-Walter Steinmeier und Jürgen Trittin, unterstützen die NRW-Position und kritisierten das geplante Abkommen mit der Schweiz. Dagegen kam aus CDU-geführten Ländern Kritik. Niedersachsen hält den CD-Kauf für falsch. Das Geld, das darüber eingenommen werden könne, sei nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagte ein Sprecher des CDU-geführten Finanzministeriums. Auch Sachsen hält den CD-Kauf für problematisch. Die derzeitige Praxis trage zwar dazu bei, Steueransprüche aus Kapitalanlagen Deutscher in der Schweiz durchzusetzen, die sonst verjähren würden, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums in Dresden. Sie bleibe aber unzureichend und kein dauerhafter Zustand sein. Das CDU-geführte Finanzministerium Hessens empfahl in der Frage der CD-Käufe eine Einzelfallbewertung und plädierte dafür, das Abkommen zu ratifizieren. Das brandenburgische Ressort, geführt von Helmuth Markov (Linke), lehnte sowohl CD-Käufe als auch das Abkommen ab. dapd (Politik/Politik)
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Bei den Sicherheitsbehörden dreht sich das Personalkarussell
Berlin (dapd). Abschaffung, Verkleinerung, Zentralisierung: Es gibt zahlreiche Vorschläge zur Reform des Verfassungsschutzes. Bisher steht jedoch lediglich fest, dass nach dem Rückzug von Präsident Heinz Fromm in Kürze ein Nachfolger benannt werden muss. Fromm geht zum Monatsende in Pension. Mit dem hohen Beamten im Innenministerium, Hans-Georg Maaßen, gibt es nun einen ersten, heiß gehandelten Nachfolgekandidaten. Maaßen gilt als ausgewiesener Terrorismusexperte. Ein Sprecher von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) wollte sich am Montag nicht dazu äußern. Dies betraf noch eine weitere Personalie: So wird auch über die Nachfolge von Jörg Ziercke an der Spitze des Bundeskriminalamts spekuliert, der regulär zum Jahresende aus dem Amt scheiden soll. Seit dem Wochenende ist der Büroleiter von Verteidigungsminister Thomas de Maiziere (CDU), Helmut Teichmann, für den Posten im Gespräch. Die Personaldebatte bei den Sicherheitsbehörden ist eine Reaktion auf die Pannenserie der deutschen Sicherheitsbehörden im Fall des Nationalsozialistischen Untergrund (NSU). Die Terrororganisation war im November 2011 aufgeflogen. Ihr werden bundesweit zehn Morde zur Last gelegt. Über ein Jahrzehnt agierten die Neonazis im Untergrund. Per Zufall wurden sie von den Sicherheitsbehörden aufgedeckt. Mit Blick auf die von Friedrich angekündigte Reform des Verfassungsschutzes wenden sich Experten inzwischen gegen vorschnelle Gesetzesänderungen. „Wir brauchen keine neuen Gesetze. Es geht um die Strukturen und die Praxis“, mahnte der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar. Nach Einschätzung von Schaar mangelt es der Behörde nicht an weitreichenden Möglichkeiten und Pflichten für den Informationsaustausch. Vielmehr hätten die Ämter des Verfassungsschutzes ihren „Job nicht gut gemacht – das ist das Problem“, sagte Schaar der „Financial Times Deutschland“. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) appellierte, bei der anstehenden Reform der Sicherheitsbehörden nicht „in Panik zu verfallen“. Nach der Pannenserie des Verfassungsschutzes dürfe „man nicht glauben, dass die deutsche Sicherheitsarchitektur von Grund auf neu aufgebaut werden muss“, sagte der Bundesvorsitzende Rainer Wendt der Nachrichtenagentur dapd. Zugleich plädierte Wendt für eine Stärkung des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Anders als Schaar forderte er jedoch klare Regelungen zur Informationssteuerung. „Es darf künftig nicht mehr so sein, dass ein Landesamt darüber bestimmt, welche Informationen weitergegeben werden“, sagte er. Das Bundesamt müsse – ähnlich dem Bundeskriminalamt – eine „Zentralstellenfunktion“ erhalten – „und sie auch wahrnehmen“. Notwendig ist nach Ansicht von Wendt auch eine Neuordnung der parlamentarischen Geheimdienstkontrolle. „Da muss endlich Sachverstand rein“, sagte der Gewerkschaftschef. Es sei eine „Strukturschwäche“, dass in den Gremien bisher lediglich Abgeordnete und keine Fachleute säßen. In Deutschland gibt es neben dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages 16 Kontrollkommissionen in den jeweiligen Landesparlamenten. Auch die Obfrau der SPD im Untersuchungsausschuss des Bundestages, Eva Högl, forderte in der ARD, der Verfassungsschutz müsse künftig stärker parlamentarisch kontrolliert werden. Linke-Innenexpertin Petra Pau kritisierte gar, es gebe „de facto keine parlamentarische Kontrolle“. Abgeordnete, die eigens damit beauftragt seien, würden „zur Verschwiegenheit vergattert“. Pau wies jedoch die Vorschläge von Wendt als „sachfremd“ zurück. Der Chef der Polizeigewerkschaft wolle „ahnungslose Abgeordnete durch gewiefte Sicherheitsexperten aufwerten“. dapd (Politik/Politik)
Gröhe lehnt Vorverurteilung von Mappus ab
Berlin (dapd). CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe lehnt in der EnBW-Affäre Vorverurteilungen des früheren baden-württembergischen Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) ab. Es gelte nun, die parlamentarischen und gerichtlichen Verfahren abzuwarten, sagte Gröhe am Montag nach einer Sitzung der Parteiführung in Berlin. „Da sind Vorverurteilungen fehl am Platz.“ Wegen des EnBW-Ankaufs 2010 ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen Mappus, zwei weitere frühere CDU-Kabinettsmitglieder und den damals beratenden Banker Dirk Notheis wegen Untreue und Beihilfe zur Untreue. Gröhe räumte ein, dies sei „keine einfache Situation“ für den CDU-Landesverband. Er habe aber „volles Vertrauen“, dass Baden-Württembergs Christdemokraten damit „verantwortungsbewusst“ umgehen. Die Thema habe in der Sitzung der CDU-Bundesspitze „keine Rolle gespielt“, sagte Gröhe weiter. CDU-Landespolitiker waren in den vergangenen Tagen auf Distanz zu Mappus gegangen. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) hatte den Ex-Regierungschef am Wochenende hingegen in Schutz genommen. dapd (Politik/Politik)
Böhrnsen sieht Bayerns Klageandrohung zu Finanzausgleich gelassen
Bremen (dapd). Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) reagiert gelassen auf Bayerns Ankündigung einer Klage gegen den Länderfinanzausgleich. Der SPD-Politiker bezeichnete den Vorstoß seines Amtskollegen Horst Seehofer (CSU) am Montag als einen „durchsichtigen Beitrag zum bayerischen Landtagswahlkampf, aber keinen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland“. Den bis 2019 geltenden Länderfinanzausgleich hätten alle Landesregierungen und -parlamente beschlossen. Seehofer müsse klar sein, dass das Bundesverfassungsgericht keinen neuen Länderfinanzausgleich beschließen könne. „In Karlsruhe gibt es kein neues Gesetz, sondern höchstens einen Auftrag an die Beteiligten, miteinander zu reden. Das müssen wir für die Zeit nach 2019 aber sowieso“, sagte Böhrnsen. dapd (Politik/Politik)
Anleger beklagen schlechte Bankberatung
Hamburg (dapd). Viele Anleger sind mit der Bankberatung unzufrieden: Mehr als jeder Zweite (56 Prozent) hat nach eigenen Angaben schlechte Erfahrungen mit Beratern gemacht, nur elf Prozent waren mit deren Empfehlungen zufrieden. Das geht aus dem „Aktionärskompass“ der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) hervor, für den die Universität Leipzig und die Essener Hochschule für Ökonomie und Management insgesamt 940 erfahrene Privatanleger befragte. Auffällig ist zudem, dass sich immer weniger Anleger bei ihren Entscheidungen auf den Rat der Berater verlassen. 94 Prozent treffen die Auswahl für Anlageprodukte selbst. Lediglich 20 Prozent greifen dazu auch auf die Bankberatung zurück, weitere 7,5 Prozent nehmen den Rat eines Vermögensverwalters in Anspruch (Mehrfachnennungen möglich). Aus Sicht vieler Anleger sei die Beratung oft nicht bedarfsgerecht, heißt es beim DSW. Außerdem verfügten die Bankberater vielfach nicht über ausreichendes Know-how bei Finanzprodukten. „Der Trend geht zum Do-it-yourself-Anlegen“, sagt DSW-Geschäftsführer Marc Tüngler. „Externe Berater spielen eine zunehmend kleiner werdende Rolle.“ Als Informationsquelle nutzen Anleger insbesondere Zeitschriften, TV-Angebote und das Internet. Nur rund jeder Fünfte nutzt hingegen die Informationsangebote der Banken. Gravierende Mängel bei der Bankberatung belegt auch eine Studie des Deutschen Instituts für Service-Qualität. Dazu ließen sich Testkunden bundesweit bei zwölf Banken und Sparkassen 120-mal zum Thema Geldanlage beraten. Bei jedem zweiten Institut erhielten die Kunden kein Beratungsprotokoll, obwohl das seit 2010 gesetzlich vorgeschrieben ist. Sobald jedoch ein Protokoll erstellt wurde, fiel die Beratung meist umfassender aus. Schlecht war der Studie zufolge oft auch die Bedarfsanalyse bezüglich der Lebens- und Finanzsituation der Kunden. Daher empfahlen die Berater ihren Kunden oft auch nur Standardprodukte, die häufig nicht den Erfordernissen entsprachen. Aktien und Aktienfonds sind bei den Anlegern eindeutig die gefragtesten Produkte. Allerdings ist weniger als die Hälfte (46 Prozent) der Aktienanleger mit den Informationen der Unternehmen zufrieden, an denen sie Beteiligungen halten. So wünschen sich 80 Prozent, dass sie die gleichen Informationen wie institutionelle Investoren und Analysten bekommen. Und das ist durchaus gerechtfertigt, wie Tüngler betont. „In Zeiten des High-Speed-Handels kann selbst ein winziger Informationsvorsprung entscheidend sein“, erläutert der Experte. Kurzfristige Gewinne stehen für die meisten Aktiensparer nicht im Vordergrund, immerhin halten mehr als 80 Prozent ihre Beteiligungen über mehrere Jahre. Bei der Frage, welche Erfahrungen sie mit ihrer Aktienanlage gemacht haben, ergibt sich ein gemischtes Bild: 40 Prozent bezeichnen sie als gut, 42 Prozent als mittelmäßig, und rund 18 Prozent der Aktienanleger haben schlechte Erfahrungen gemacht. In Deutschland ist die Zahl der Aktionäre seit dem Jahr 2000 von 6,2 Millionen auf aktuell rund 3,9 Millionen gesunken. Und die brauchen nach Berechnungen des Deutschen Aktieninstituts (DAI) immer mehr Geduld. Die Anlagezeiträume, die eine ansehnliche Rendite versprechen, haben sich in jüngster Vergangenheit von 10 auf 15 Jahre verlängert. Wer beispielsweise 2001 in DAX-Werte anlegte, erzielte bis Ende 2011 eine jährliche Rendite von lediglich 1,3 Prozent. Bei denjenigen, die bereits 1996 anlegten, waren es hingegen fast fünf Prozent. „Mit den größeren Marktschwankungen erlangen dementsprechend Ein- und Ausstiegszeitpunkt immer mehr an Bedeutung“, sagt DAI-Geschäftsführer Rüdiger von Rosen. Grundsätzlich sollten Aktiensparer aber langfristig planen und nicht vergebens auf den besten Zeitpunkt der Anlageentscheidung warten, betont der Experte. Als Substanzwerte würden insbesondere Dividendenpapiere Krisen relativ gut überstehen. Und Aktiensparer hätten auch künftig gute Chancen, nach Abzug der Inflationsrate mehr als den Kapitalerhalt zu erzielen, sagt Rosen. ( http://www.dai.de/ ; http://www.disq.de/servicemagazin.php ; http://www.dsw-info.de/ ) dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Rheinland-Pfalz sieht Klage gegen Länderfinanzausgleich gelassen
Mainz (dapd). Das rheinland-pfälzische Finanzministerium sieht der angekündigten Klage von Bayern gegen den Länderfinanzausgleich gelassen entgegen. Die bestehende Regelung sei bis 2019 gültig, sagte ein Ministeriumssprecher am Montag auf dapd-Anfrage. Gegen geltende Abmachungen vorzugehen, sei ein „populistischer Akt“. Hinzu komme, dass Bayern ursprünglich gemeinsam mit Hessen und Baden-Württemberg gegen den Länderfinanzausgleich klagen wollte, nun jedoch allein dastehe. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte angekündigt, er wolle am Dienstag dem bayerischen Kabinett einen Vorschlag zum weiteren Vorgehen machen. Dabei geht es offenbar um eine Klage gegen den Länderfinanzausgleich. dapd (Politik/Politik)
Niedersachsen will von Süd-Ländern Ende der Blockade bei Schulferien
Osnabrück (dapd-bay). Niedersachsen hat Bayern und Baden-Württemberg aufgefordert, ihre „Blockadehaltung“ bei der Regelung der Sommerferien aufzugeben und sich in das unter den anderen Bundesländern übliche Rotationsverfahren einzureihen. In der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ nannte es Wirtschafts- und Verkehrsminister Jörg Bode (FDP) überholt, dass die süddeutschen Länder traditionell als letzte in die Sommerferien gehen und eine Beteiligung an dem Rotationsprinzip verweigern. Als „aus der Zeit gefallen“ wertete er das Hauptargument der Süd-Länder für einen konstant späten Ferienbeginn, dass Jugendliche bei der Erntezeit helfen sollten. Laut Bode hat sich das Rotationsprinzip grundsätzlich bewährt, etwa um Ferienstaus zu vermeiden. Außerdem sei es für den Tourismus wichtig, dass die Hauptherkunftsländer der Urlauber möglichst wenige Überschneidungen hätten. „Eine gleichmäßige Auslastung in den Ferienregionen würde Anbieter und Gäste gleichermaßen glücklich machen – ohne Überfüllung, Staus und Warteschlangen vor den Restaurants“, sagte Bode, der auch stellvertretender Ministerpräsident Niedersachsens ist. dapd (Politik/Politik)
Streit über Haftung bei direkter Hilfe für Banken
Berlin/Brüssel (dapd). Die europäischen Pläne zur finanziellen Unterstützung maroder Banken sorgen für Unstimmigkeiten. Die Geister scheiden sich an der Frage, ob ein Staat für Hilfen haftet, die aus dem neuen Rettungsschirm ESM direkt an seine Geldinstitute fließen. Der künftige ESM-Chef Klaus Regling sagte der „Welt am Sonntag“, die jeweiligen Staaten müssten keineswegs für die Geldspritzen gerade stehen. Finanzminister Wolfgang Schäuble hingegen hatte stets erklärt, Deutschland gehe von einer staatlichen Haftung aus. Hintergrund sind die Beschlüsse des jüngsten EU-Gipfels in Brüssel. Die Staats- und Regierungschefs hatten sich darauf verständigt, dass die EU-Kommission Anfang September den Vorschlag für eine zentralisierte Bankenaufsicht unter Einbeziehung der Europäischen Zentralbank (EZB) für die Eurozone vorlegt. Sobald die Aufsicht steht, sollen Banken direkt den neuen Schirm ESM anzapfen können. Regling erklärte, wenn es eine wirkliche Bankenaufsicht durch die EZB gebe, „dann besteht die Möglichkeit, dass wir Kredite direkt an Banken geben und sie nicht wie heute über die Regierung leiten. Dann ist das Land raus aus der Haftung“. Dieser Meinung sind auch Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker und Währungskommissar Olli Rehn. Schäuble hat sich hingegen mehrfach gegenteilig geäußert. EFSF-Sprecher Christof Roche wies allerdings den Eindruck zurück, Regling – derzeit Chef des temporären Rettungsschirms EFSF – habe Schäuble widersprochen. Regling sei in dem Interview nicht zu den Ansichten Schäubles befragt worden, sagte er auf dapd-Anfrage. SPD-Fraktionsvize Jochim Poß verlangte eine eindeutige Aussage der Bundesregierung. „Schäuble muss umgehend Klarheit schaffen, ob es im Falle der direkten Bankenhilfe zukünftig bei der staatlichen Haftung bleibt oder nicht“, sagte er der Nachrichtenagentur dapd in Berlin. Der Widerspruch zwischen Schäubles Äußerungen einerseits und den Aussagen Reglings, Junckers und Rehns andererseits „belastet schon die anstehenden Entscheidungen im Bundestag“, warnte der Sozialdemokrat mit Blick auf die Sondersitzung am Donnerstag. Auch CSU-Chef Horst Seehofer verlangte eine klare Aussage noch vor der Abstimmung über die Hilfe für Spaniens Banken. Er empfehle Zustimmung, wenn von der Bundesregierung klargestellt werde, dass für diese Hilfe der „spanische Staat haftet und nicht eine einzelne Bank“, sagte er im ARD-„Sommerinterview“, das am Sonntagabend ausgestrahlt werden sollte. Aus Diplomatenkreisen in Brüssel verlautete, es seien noch keine Details besprochen worden. So sei offen, ob der ESM bei einer Rekapitalisierung von Banken einen Teil der Anteile übernehme, der spanische Staat aber ebenfalls einen Teil. Damit würde Madrid mit eigenem Geld mithaften, jedoch nicht für die ESM-Anteile. Unionsfraktionschef Volker Kauder sagte für die Sondersitzung des Bundestages eine eigene schwarz-gelbe Mehrheit, aber keine Kanzlermehrheit voraus. „Es geht nicht um die Wahl eines Kanzlers. Wir werden die erforderliche Mehrheit bringen“, sagte der CDU-Politiker der „Welt am Sonntag“. Die Opposition sieht die Frage der Kanzlermehrheit wie üblich ganz anders. „Alles andere als die Kanzlermehrheit ist eine Niederlage und ein Zeichen für die Erosion der Macht der Kanzlerin“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann. „Wenn Volker Kauder die Kanzlermehrheit als Ziel aufgibt, ist das eine Kapitulationserklärung.“ Ähnlich äußerte sich Oppermanns Amtskollege bei den Grünen, Volker Beck. Die Führung der Unionsfraktion sei sich bei der Hilfe für Spanien nicht der Unterstützung in den eigenen Reihen sicher. Deshalb senke Kauder mit Absicht die Erwartungen an das Abstimmungsverhalten der Koalition. „Die Koalition ist europapolitisch nicht mehr gestaltungsfähig“ resümierte Beck. dapd (Politik/Politik)
Wirtschaftsministerium bestreitet Erleichterung für Rüstungsexporte
Berlin (dapd). Das Bundeswirtschaftsministerium hat Medienberichten widersprochen, wonach die Bundesregierung der deutschen Industrie durch eine Gesetzesreform den Rüstungsexport erleichtern will. „Die Darstellung ist falsch“, sagte eine Sprecherin des Ministeriums am Sonntag der Nachrichtenagentur dapd zu einem entsprechenden Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“. Durch die jetzt vorgelegte Novelle des Außenwirtschaftsrechts (AWR) würden die Regelungen über den Export von Rüstungsgütern „ausdrücklich nicht berührt“. Ziel der Neuregelung sei lediglich, „das Außenwirtschaftsrecht zu entschlacken“. Die beiden Referentenentwürfe, aus denen das Magazin zitiert habe, beträfen aber nicht den Export von Rüstungsgütern. Hier bleibe es bei den „bewährten Grundsätzen“ des AWR, „wonach die Ausfuhr von Rüstungsgütern im jeweiligen Einzelfall unter sorgfältiger Abwägung vor allem der außen-, sicherheits- und menschenrechtspolitischen Argumente geprüft“ werde. „Der Spiegel“ hatte zuvor berichtet, die geplante Gesetzesänderung ziele darauf ab, Sondervorschriften aufzuheben, die deutsche Rüstungsexporteure gegenüber europäischen Konkurrenten benachteiligten. Die neuen Bestimmungen sollen nach Informationen des Magazins in erster Linie Exporte in „Drittländer“ außerhalb der EU strikt regeln. Für Rüstungsgeschäfte zwischen EU-Staaten solle dagegen künftig teilweise ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren gelten. Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) bestritt gegenüber dem Magazin „Focus“ dagegen jegliche Absicht, die Richtlinien für Waffenexporte zu lockern. Er glaube zudem nicht, „dass man durch den Verzicht auf jede Form von Rüstungsexport Deutschland die Welt sichererer machen würde“. Kritik an den angeblichen Plänen des FDP-geführten Wirtschaftsministeriums kam dagegen aus anderen Teilen der Union: „Waffen sind kein Gut wie jedes andere“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), „Spiegel online“ am Sonntag. „Aus guten Gründen sollte unsere Rüstungsexport-Politik restriktiv bleiben“, mahnte er. Mit Blick auf die Debatte um mögliche Panzerlieferungen nach Saudi-Arabien warf Polenz der Bundesregierung vor, falsche Akzente zu setzen. Nötig sei nun „nicht die Vereinfachung von Rüstungsexportregeln, sondern eine transparentere Praxis von Waffenlieferungen in Spannungsgebiete“. Auch bei den Grünen finden die angeblichen Reformpläne keine Freunde. Die Initiativen der Bundesregierung gingen „in die falsche Richtung“, erklärte Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck am Sonntag in Berlin. „Wir brauchen dringend rechtlich verbindlichere Regelungen, mehr Transparenz und eine verbesserte Kontrolle durch das Parlament“, forderte Beck. Das Auslandsgeschäft mit Panzern, Waffen, Flugzeugen und anderen Rüstungsgütern ist umstritten, aber zugleich ein bedeutender Wirtschaftsfaktor: Laut dem jüngsten Rüstungsexportbericht der Bundesregierung wurden 2010 Ausfuhrgenehmigungen für militärische Güter im Wert von 4,7 Milliarden Euro erteilt. dapd (Politik/Politik)
BASF will Führung bei Batteriematerialien übernehmen
Ludwigshafen (dapd). Der Chemiekonzern BASF will Elektroautos zum Durchbruch verhelfen. „Wir glauben, wir können einen entscheidenden Beitrag leisten“, sagte der Vizepräsident des Bereichs Batterieforschung und Elektrochemie, Andreas Fischer, in Ludwigshafen. Die Batterie sei eine „kleine chemische Fabrik“ und dafür besitze der weltgrößte Chemiekonzern die nötige Kompetenz. Ziel der BASF ist es, in den kommenden Jahren zum führenden Anbieter von Materialien und Komponenten für Batterien zu werden. Den Gesamtmarkt schätzt BASF bis 2020 auf mehr als 20 Milliarden Euro, das Umsatzpotenzial für den Konzern liege dann bei mehr als 500 Millionen Euro. BASF hat für das Ziel die Arbeit an Batteriematerialien in den vergangenen Monaten von nahezu Null auf Hundert gefahren. Zum Jahresbeginn gründete der Konzern die neue Geschäftseinheit Battery Materials. Dann folgten Akquisitionen in atemberaubender Schnelle. Im Januar übernahm BASF beispielsweise für 50 Millionen Dollar (etwa 39,1 Millionen Euro) Anteile an dem US-amerikanischen Weltmarktführer in der Entwicklung von Lithium-Schwefel-Batterien, Sion Power. Im April kaufte das Unternehmen das Elektrolyt-Geschäft von Merck und das US-Unternehmen Novolyte Technologies. „In den letzten Monaten haben wir unser Portfolio durch Übernahmen und Kooperationen für sämtliche modernen und zukünftigen Generationen von Technologien für Kathodenmaterialien plus Elektrolyten ergänzt“, sagte der Leiter von Battery Materials, Ralf Meixner. „Wir wollten einen mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Betrag investieren bis 2016.“ Davon sei rund die Hälfte bereits investiert. Bei den Investitionen will sich die BASF jetzt weniger um Zukäufe kümmern und mehr eigene Kapazitäten hochziehen. „Natürlich würden wir interessante Möglichkeiten nicht ausschlagen“, sagte Meixner, das sei aber nicht der Schwerpunkt. „Wir fühlen uns mit dem jetzigem Portfolio gut positioniert“, sagte er aber. Die BASF wolle zudem nicht Batteriezellen selbst bauen, sondern lediglich die Materialien dafür liefern, versicherte Meixner. „Unsere Kunden sind die Zell- und Batteriehersteller.“ Fischer sieht noch viel Forschungsarbeit vor sich. Bei den heute üblichen Lithium-Ionen-Batterien sei fast das erreicht, was technisch möglich ist. „Daher arbeiten wir mit Hochdruck an der nächsten Generation von Lithium-Ionen-Batterien mit höherer Energiedichte. Darüber hinaus ist dann die Lithium-Schwefel-Technologie diejenige unter den ganz neuen Technologien, die am ehesten das Potenzial hat, in absehbarer Zeit zur Marktreife zu gelangen“, sagte er. Die Energiedichte der Lithium-Schwefel-Technologie sei drei Mal höher als die heutiger Batterien, womit Elektroautos deutlich weiter fahren könnten als heute. Meixner und Fischer rechnen mit einer Marktreife in den kommenden zehn Jahren. Das könnte ein Ansatz sein, um die Probleme von Elektroautos zu lösen. Denn die Reichweite liegt heute gerade mal bei etwa 150 Kilometern. „Die meisten Verbraucher fühlen sich damit nicht wohl“, weiß Meixner. Zudem sind Stromer noch immer recht teuer. Ein weiteres Problem ist die Sicherheit. In China war im Frühjahr ein Elektroauto des Daimler-Partners BYD in Flammen aufgegangen. Beim Volt von General Motors, der nahezu baugleich mit dem Opel Ampera ist, hatten Batterien nach Unfallversuchen angefangen zu brennen. Offenbar war Kühlflüssigkeit ausgelaufen und hatte zu einem Kurzschluss geführt. „Wir forschen auch daran“, sagte Meixner zum Thema Sicherheit. Es sei ein Zusammenspiel vieler Faktoren, etwa des Materials, des Designs oder der Sicherung des Batteriepacks. Nach Ansicht Meixners könnten auch weitere Anreize beim Durchbruch von Elektroautos helfen. Von staatlicher Seite sei eine Unterstützung beim Aufbau der Ladestruktur wünschenswert. „Mit einer besseren Ladestruktur wird das auch für breitere Schichten attraktiv“, sagte er. Direkte Subventionen lehnte Meixner dagegen ab. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)