Köln (dapd-nrw). Mehr als 370 Unternehmen werde sich in diesem Jahr auf der Computerspiele-Messe Gamescom in Köln präsentieren. „Auf der auf 140.000 Quadratmeter vergrößerten Ausstellungsfläche erwarten wir rund 300 Premieren und Spieleneuheiten über alle Genres“, sagte die Geschäftsführerin der Koelnmesse, Katharina Hamma, am Donnerstag. Ein besonderer Schwerpunkt liegt 2012 auf dem wachsenden Spielemarkt für mobile Endgeräte wie Smartphones. Das Thema erweitere erstmals das Ausstellungsangebot, hieß es. Auch dem Spielen im Internet werde mit einer größeren Halle Rechnung getragen. Partnerland in diesem Jahr ist mit Südkorea, einer der weltweit größten Spielemärkte. Die Messe startet am 15. August für Fachbesucher. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Polizeigewerkschaft nennt Verfassungschutz-Panne Image-Gau
Berlin (dapd). Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) hat die Vernichtung wichtiger Akten durch den Verfassungsschutz im Fall der Zwickauer Terrorzelle scharf kritisiert. „Dass der Verfassungsschutz jetzt zugegeben hat, Akten vernichtet zu haben, die für das Verfahren von Bedeutung sind, ist ein Image-Gau für die innere Sicherheit in Deutschland“, sagte DPolG-Chef Rainer Wendt am Donnerstag der Nachrichtenagentur dapd. Zugleich warnte Wendt vor einem Vertrauensverlust der Sicherheitsbehörden bei der Bevölkerung. Auf dieses Vertrauen sei die Polizei „angewiesen, wenn wir weiterhin dafür sorgen wollen, dass Deutschland eines der sichersten Länder der Welt bleiben soll“, sagte er und fügte hinzu: „Das wird jetzt eindeutig schwieriger.“ Hintergrund ist die Mordserie des „Nationalsozialistischen Untergrund“. Der Terrorgruppe werden bundesweit zehn Morde zur Last gelegt. dapd (Politik/Politik)
Betreuungsgeld schafft es ins Plenum
Berlin (dapd). Das umstrittene Betreuungsgeld hat seine parlamentarische Premiere geschafft: Der Bundestag beriet am Donnerstag in erster Lesung den Gesetzentwurf der schwarz-gelben Koalition. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder bekannte sich dabei klar zur Einführung der Leistung für Eltern, die ihre ein- und zweijährigen Kinder nicht in die staatlich geförderte Betreuung einer Krippe oder einer Tagesmutter geben. Die Opposition attackierte die Pläne hingegen scharf. Die ursprünglich für Mitte Juni von der Regierung geplante erste Lesung des Gesetzentwurfs war gescheitert, weil zuvor die Beschlussunfähigkeit des Bundestages wegen der geringen Zahl anwesender Abgeordneter festgestellt worden war. Die Opposition hatte den Sitzungsabbruch erzwungen. Knapp zwei Wochen später fand nun die erste Lesung statt. Die zuständige CDU-Ministerin Schröder warb dabei um Zustimmung für das Vorhaben der Koalition, welches besonders von der CSU vorangetrieben wird. „Kitaausbau und Betreuungsgeld gehören zusammen. Wer sein Kind mit einem Jahr in die Krippe gibt, ist nicht herzlos, und wer sein Kind mit einem Jahr noch zuhause betreut, der ist nicht hirnlos“, sagte Schröder unter starkem Applaus der Unionsfraktion. Der von der Opposition geschürte „Generalverdacht“ gegen betreuende Eltern sei „wirklich absurd“, erklärte die Ministerin. Schröder wies auch den Vorwurf zurück, durch das geplante Betreuungsgeld spare der Bund beim Ausbau der Kinderbetreuung. Der Bund zahle seinen Anteil und habe sogar jüngst die finanziellen Hilfen noch mal aufgestockt. Jetzt müssten die Länder schnell ihre Hausaufgaben machen. Die FDP-Familienpolitikerin Miriam Gruß, sagte, es gebe noch „viele Fragezeichen“ bei den Maßgaben des Gesetzentwurfes. Auch dürfe die Leistung nicht zu weiteren Schulden führen. „Auf Schuldenbergen können keine Kinder spielen.“ SPD-Fraktionsvize Dagmar Ziegler argumentierte, mehr als zwei Drittel der Gesamtbevölkerung lehnten das Betreuungsgeld ab. Sie erklärte mit Blick auf den politischen Druck des bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer: „Wir sind unserem Gewissen verpflichtet und nicht einem bayerischen Ministerpräsidenten.“ Grünen-Fraktionschefin Renate Künast führte an, dass das Betreuungsgeld gesellschaftlich nicht gewollt werde. Es sei ein extrem teurer Versuch, die Koalition aufrecht zu erhalten. Für die Linke kritisierte Familienpolitikerin Diana Golze die geplante Familienleistung scharf: „Streichen sie diesen Gesetzentwurf von der ersten bis zur letzten Zeile.“ Die SPD fuhr kurz vor den Beratungen im Plenum erneut schweres Geschütz gegen das Vorhaben auf. Die CDU-Vorsitzende, Kanzlerin Angela Merkel, stelle „die Koalitionsinteressen vor das Wohl der Kinder. Die ganze Debatte um die Einführung des Betreuungsgeldes ist längst zum Debakel für Schwarz-Gelb geworden“, sagte die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig der Nachrichtenagentur dapd. Sie forderte die Kritiker in der schwarz-gelben Koalition auf, „sich gegen die Erpressungen der CSU zur Wehr zu setzen und diese Fernhalteprämie noch zu verhindern“. Die 1,2 Milliarden Euro, die das Betreuungsgeld verschlinge, müssten in den Ausbau von Kitaplätzen und in die Qualität investiert werden. Die CSU machte hingegen erneut deutlich, dass mit ihr über die geplante Familienleistung nicht mehr zu verhandeln ist. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte dapd, für ihre Partei sei immer klar gewesen: „Wenn der Staat den Ausbau öffentlicher Krippen massiv fördert, ist es nicht nur fair, sondern notwendig, durch ein Betreuungsgeld auch Eltern in ihrer privaten Kinderbetreuung zu unterstützen. Sie zeigte sich bedingt kompromissbereit, mit kleineren Änderungen am Gesetzentwurf den unionsinternen Kritikern entgegenzukommen. Zum weiteren Ablauf sagte die CSU-Politikerin, es sei eine Anhörung im Familienausschuss im September vorgesehen. Ende September solle es dann die zweite und dritte Lesung im Bundestag geben. dapd (Politik/Politik)
Zeitung: EnBW wollte Riesengeschäft mit Geschäftsmann Bykov machen
Karlsruhe/München (dapd). Der drittgrößte deutsche Energieversorger EnBW und der russische Geschäftsmann Andrey Bykov hatten einem aktuellen Zeitungsbericht zufolge weiter reichende Beziehungen miteinander als bisher bekannt. Bykov sei unter dem heutigen EnBW-Vorstandsvorsitzenden Hans-Peter Villis in ein „Riesengeschäft“ eingebunden gewesen, schreibt die „Süddeutsche Zeitung“. Die Zeitung zitiert aus einem Brief von Villis an den damaligen russischen Regierungschef Wladimir Putin, in dem er schreibt, er habe Bykov gebeten, „mit den russischen Regierungsstellen Kontakt aufzunehmen“. Es sei um die Erschließung von Gasfeldern in Sibirien gegangen. Einem Insider zufolge sei es um ein Milliardengeschäft gegangen. Das Blatt schreibt von einem „Geheimplan Boracay“. „Daran ist nichts Geheimes“, sagte ein EnBW-Sprecher der Nachrichtenagentur dapd. Es habe sich um ein ganz normales Prüfverfahren gehandelt. Die Entwicklung von Gasgeschäften sei für den Karlsruher Konzern immer ein Thema gewesen und auch offen kommuniziert worden. In diesem Fall sei der EnBW 2007/08 eine Beteiligungsmöglichkeit an dem russischen Gaskonzern Alrosa angetragen worden. Dies sei geprüft worden, mit dem Ergebnis, das Projekt nicht weiterzuverfolgen. Für die Koordination eines eventuellen Angebotes wäre dem Sprecher zufolge Bykov zuständig gewesen. Die EnBW machte zahlreiche Geschäft mit Bykov-Firmen, die zum Großteil erfüllt wurden. Bykov selbst sagte in einem „Handelsblatt“-Interview, er habe 34 Verträge mit der EnBW über mehr als 200 Millionen Euro abgeschlossen. Ein Viertel sei zur Zeit des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Gerhard Goll und drei Viertel zu den Zeiten des amtierenden EnBW-Chefs Villis und seines Vorgängers Utz Claassen gezahlt worden. Allerdings streiten sich der Energiekonzern und Bykov derzeit in Schiedsgerichtverfahren um vier bestimmte Geschäfte. Bykov wirft der EnBW vor, sie habe mit ihm Scheinverträge abgeschlossen. Hintergrund sind Verträge von EnBW mit Bykov-Firmen, die bei dem Versorger zu Abschreibungen von etwa 130 Millionen Euro geführt hatten. Laut EnBW ging es bei den Verträgen aus den Jahren 2005 bis 2008 unter anderem um die Lieferung und Sicherung von Uran, die Firmen hätten diese Leistungen aber nicht erbracht. Bykov sagt, er sei für Lobbyarbeiten bezahlt worden. Erst vor einer Woche sah das Schweizer Schiedsgericht den Vorwurf Bykovs als nicht glaubwürdig an. Dennoch wies das Gericht die Schadenersatzklage der EnBW Kernkraft GmbH gegen das zur Bykov-Gruppe gehörende Unternehmen Eurepa zur Rückzahlung von zwölf Millionen Euro zurück. Zur Begründung hieß es, in der Auslegung des Vertrages sei eine Pflicht zur Rückzahlung des Darlehens nicht zu erkennen. Bereits im Mai war die Eurepa Suisse SA mit Sitz in Zürich wegen Nichterfüllung eines Vertrags über die Lieferung von Uran zur Zahlung von 24,5 Millionen Euro an die EnBW verurteilt worden. In einem weiteren Verfahren, in dem es um 35,6 Millionen Euro ging, folgte das Gericht jedoch ebenfalls nicht der EnBW-Klage. Damit ist jetzt noch ein weiteres Verfahren anhängig. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Kunden bezahlen in Dresdner Neustadt per Smartphone
Dresden (dapd-lsc). Bewohner und Besucher des Dresdner Stadtteils Neustadt können ab Montag (2. Juli) ohne Portemonnaie einkaufen. Dafür wird in einem Pilotprojekt eine mobile Bezahlvariante per Smartphone bei etwa drei Dutzend Händlern und Gastronomen des Bezirks möglich sein, wie die Organisatoren „Viertel.Dollar“ am Donnerstag in Dresden mitteilten. Es handele sich um das erste händlerübergreifende System zur Bezahlung per Smartphone in Deutschland. Nutzer müssen sich dafür lediglich ein Programm, eine sogenannte App, auf ihr Smartphone laden und das Guthaben eines vorher gekauften Gutscheins darauf übertragen. Bezahlt wird dann im Laden durch Einscannen eines Codes an der Kasse oder die Übertragung eines Funksignals. Der Bezahlvorgang soll dann wie beim Prepaid anonym und ohne Angaben von Kontodaten erfolgen. Die Händler benötigen ihrerseits lediglich ein EC-Karten-Terminal. Dieser muss zusätzlich mit einer unterstützenden Software des Unternehmens Secupay ausgestattet sein, das die technische Umsetzung des Projekts übernommen hat. Möglich ist aber auch ein NFC-Terminal, der die Funksignale übertragen kann. Gleichzeitig unterstützen die Nutzer des Projekts „Viertel.Dollar“ mit ihren bargeldlosen Einkäufen ihren Bezirk. Die Händler entrichten, wie auch bei EC-Karten üblich, eine Provision in Höhe von 2,9 Prozent an den Anbieter des Systems. Davon fließt rund die Hälfte in gemeinnützige Projekte wie etwa Krankenhausclowns oder einen lokalen Fußballverein. Das Pilotprojekt soll vorerst zeitlich unbegrenzt laufen und zukünftig auch auf das dem „Viertel.Dollar“ ähnliche Stadtteil-Projekt „Cottbus-Taler“ in Brandenburg ausgeweitet werden. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Kumpel beerdigen den Saar-Bergbau
Lebach (dapd). Wehmut, Zorn, Trauer – es ist von allem etwas, was die Stimmung der Bergleute des Nordschachts des Bergwerks Saar derzeit ausmacht. Und immer wieder das Erinnern an das ständige Auf und Ab der vergangenen drei Jahrzehnte. Der Förderturm beim Hoxberg bringt die Förderkörbe bis mehr als 1.700 Meter „unter die Grasnarbe“ – zum wohl tiefsten begehbaren Punkt Europas. Er war Hoffnungssymbol für eine Renaissance der Kohle vor 30 Jahren, daneben die Primsmulde: Symbol für das Ende. Die Erschütterungen, die der Abbau unter dieser Mulde verursachte, waren letztlich der Todesstoß für den Bergbau an der Saar nach 250 Jahren. Am Freitag wird die letzte Kohle gefördert, dann ist Schicht im Schacht. Den Bergleuten Bodo Kunzker und Roland Käufer, beide 46 Jahre alt, werden die Anfeindungen nach der schwersten Erschütterung 2008 ein Leben lang im Gedächtnis bleiben. Bei einem Bäcker habe er keine Brötchen mehr bekommen, sagt Käufer. In Saarwellingen, dem nächsten Ort, seien die Bergleute immer wieder angegriffen worden als diejenigen, die die Schäden verursacht haben. „Das geht einem doch auf die Seele“, sagt Käufer. Man habe sich „schuldig gefühlt“, obwohl man „nur seinem Beruf nachgegangen“ sei, ergänzt Kunzker. Beide hatten, wie auch ihr 44-jähriger Kumpel Jörg Maurer, Anfang der 1980er Jahre im Saar-Bergbau angefangen. Deutschland entdeckte damals als Folge der Ölkrisen seine Kohle wieder. „Bis zu 1.000 Lehrbuben sind damals angefahren“, erinnert sich Maurer. „Geh uff die Grub, unn dann haschde enn sicheren Arbeitsplatz“, habe es damals geheißen. Das war 1983. Sein Vater war Bergmann, seine beiden Söhne haben auch noch „uff de Grub“ ihre Lehre gemacht – als Industriemechaniker. Die Hoffnung auf eine langfristige Bergbauzukunft war schnell dahin. 1997 sei er mit dabei gewesen, als im Streit um die Kohlepolitik der Bundesregierung im Saarland Autobahnen lahmgelegt wurden, in Bonn und Köln die Kumpel machtvoll demonstrierten, berichtet Maurer. Der Kohlekompromiss sei für ihn einer der schönsten Momente gewesen. Aber schon kurz danach „hat man uns nicht mehr in Ruhe gelassen“, sagt Maurer. Von den damals noch drei Gruben blieb zum Schluss das Bergwerk Saar übrig. Es kamen die Querschüsse gegen die Kohlepolitik aus Brüssel. Dann das Beben 2008, „die absolute Katastrophe“, sagt Maurer. Heute ist er mit zuständig für die Verlegung von voraussichtlich 1.400 Saar-Bergleuten vor allem ins nordrhein-westfälische Ibbenbüren. Die haben zwar dann weiter einen Job, aber „da hängen Familien hintendran, Kinder, pflegebedürftige Eltern“. Maurer organisiert auch seinen eigenen Wechsel nach Ibbenbüren mit. Knapp fünf Stunden Fahrt, „wenn ich gut durchkomme“, sagt er. Seine Familie bleibt im Saarland, von seinem Haus aus kann er den Förderturm von Luisenthal sehen, wo er als Lehrling angefangen hat. Etliche dieser Wahrzeichen bleiben wohl erhalten. Aber „Kameradschaft und Zusammenhalt, das muss wachsen, das kann man nicht so weitergeben.“ Kunzker und Käufer werden nicht mehr wechseln müssen. Sie haben, wie viele andere, in den vergangenen Monaten Überstunden und Wochenendschichten gemacht und damit Zeitkontingente aufgebaut, um dann mit Anpassungsgeld in den Vorruhestand zu gehen. Vorher werden sie unter Tage noch aufräumen, Maschinen und vor allem das ölhaltige Material rausholen, „damit nichts ins Grundwasser kommt“. Anschließend will er sich einen 400-Euro-Job suchen, sagt Kunzker. Dann macht sich der Kumpel doch noch Luft über die anstehenden Feierlichkeiten zum Ende des Bergbaus an der Saar: „Jetzt kommen sie alle und wollen was von uns.“ Das hätte ein paar Jahre früher kommen müssen, „dann würden die Leute heute anders drüber denken“. Und Käufer ist sich sicher: In ein paar Jahren würden die Menschen „bereuen, dass sie die Kohle dicht gemacht haben“. Auf die Frage nach den Gefühlen, kurz bevor das Förderband die letzte Kohle am Tageslicht abschüttet, herrscht erstmal sekundenlang Schweigen. Man könne nicht einfach zuschließen, dafür habe der Bergmann „zu viel Herz“, sagen sie. Und Kunzker bekennt: „Man kommt sich dann vor, als würde man auf die eigene Beerdigung gehen.“ dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Regierung will superschnellen Börsenhandel einschränken
Frankfurt/Main (dapd). Die Bundesregierung hat grundsätzliche Regeln für den superschnellen Computerhandel an der Börse erarbeitet. Vorgesehen sind eine Zulassungspflicht für Hochfrequenzhändler, eine Überwachung durch die Finanzaufsicht BaFin und eine mögliche Mindesthaltedauer zur Entschleunigung der Geschäfte. Eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums bestätigte am Donnerstag die Existenz eines Eckpunktepapiers, über das die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet hatte. Das Bundesfinanzministerium hält automatisch ablaufende Handelsprogramme, die von Computern gesteuert werden, für gefährlich. „Um den Gefahren des Hochfrequenzhandels wirksam zu begegnen, ist eine umfassende Transparenz sicherzustellen“, heißt es in dem Eckpunktepapier. Das Ministerium denkt zudem an eine Mindesthaltedauer für Order von zum Beispiel 0,5 Sekunden. Für den Hochfrequenzhandel, der oft in Millisekunden abläuft, wäre das schon viel Zeit. Auf eine Überarbeitung der europäischen Finanzmarktrichtlinie Mifid will das Ministerium bei der Regulierung der umstrittenen Börsengeschäfte nicht warten. Der elektronische Handel mit Finanzprodukten habe zunehmend an Bedeutung gewonnen und ermögliche neue Formen des Missbrauchs, die es zu verhindern gelte. Für den Hochfrequenzhandel werden algorithmische Programme eingesetzt, die in sehr kurzen Abständen Kaufs- und Verkaufsorder platzieren. Zum Teil geht es dabei nur darum, Kurse in eine bestimmte Richtung zu lenken, mit längerfristiger Anlage hat dieser Handel nichts zu tun. Mittlerweile macht der Umsatz des schnellen Computerhandels einen beträchtlichen Teil der gesamten Börsengeschäfte aus. Die Auswirkungen sind umstritten. Das Finanzministerium befürchtet laut dem Eckpunktepapier, dass das Handelssystem durch ein sehr hohes Orderaufkommen überlastet werden könnte. „Daneben besteht das Risiko, dass algorithmische Handelssysteme auf andere Marktereignisse überreagieren, was die Volatilität verschärfen kann.“ In der Vergangenheit gab es bereits aufsehenerregende Kursausschläge an den Börsen, für die der Hochfrequenzhandel verantwortlich gemacht wurde. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Abbau der Arbeitslosigkeit schwächt sich ab
Nürnberg (dapd). Die Konjunkturdelle schlägt sich allmählich auch auf den Arbeitsmarkt nieder. Die Zahl der Menschen ohne Job sank im Juni im Vergleich zum Vormonat zwar um 46.000 auf 2,809 Millionen, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Donnerstag in Nürnberg mitteilte. Der Rückgang fiel damit aber weniger als halb so hoch aus wie im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre. Die Arbeitslosenquote verringerte sich um 0,1 Punkte auf 6,6 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr nahm die Zahl der Arbeitslosen um 84.000 ab. „Auf dem Arbeitsmarkt gibt es Anzeichen für eine schwächere Entwicklung“, sagte der BA-Vorstandsvorsitzende Frank-Jürgen Weise. „Wir beobachten eine nachlassende Dynamik“. So stieg die Arbeitslosigkeit bereinigt um saisonale Effekte im Vergleich zum Vormonat um 7.000, die Zahl der Bezieher von Arbeitslosengeld I erhöhte sich im Jahresvergleich um 26.000 auf 768.000. Zudem lag die Zahl der Arbeitslosen in Nordrhein-Westfalen, dem Saarland und in Rheinland-Pfalz im Juni über dem Vorjahreswert. Während die Arbeitskräftenachfrage laut Weise ihren Höhepunkt sichtbar überschritten hat, setzt die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ihren Aufwärtstrend fort. Nach BA-Hochrechnungen lag die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im April bei 28,88 Millionen und damit um 666.000 über dem Vorjahr. Ferner nahm die Erwerbstätigkeit im Mai im Vergleich zum Vorjahr um 561.000 auf 41,58 Millionen zu. Neue Jobs wurden in allen Branchen und allen Bundesländern geschaffen, vor allem in den wirtschaftlichen Dienstleistungen wie Unternehmensberatungen und Anwaltskanzleien, im verarbeitenden Gewerbe sowie im Gesundheits- und Sozialwesen. In der Zeitarbeit und im öffentlichen Dienst lag die Zahl der Beschäftigten indes unter dem Vorjahreswert. Die Diskrepanz zwischen geringerem Rückgang der Arbeitslosigkeit und gleichzeitig deutlich gestiegener sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung erklärte der BA-Chef zum einen mit dem Zustrom aus der sogenannten Stillen Reserve. Dazu gehören etwa Frauen, die nach der Babypause zurück ins Arbeitsleben kommen. Zum anderen spiegle sich darin auch die Zuwanderung im Rahmen der Arbeitnehmerfreizügigkeit und aus den krisengebeutelten EU-Ländern wider. Laut BA-Vorstandsmitglied Raimund Becker nahmen im April 110.000 Zuwanderer mehr als im Vorjahr eine sozialversicherungspflichtige Arbeitsstelle in Deutschland an. Etwa 26.000 davon kamen aus Spanien, Griechenland, Portugal und Italien. Obwohl der Abbau der Arbeitslosigkeit im Juni nicht mehr so kräftig wie in den Vorjahren ausfiel, will der BA-Chef noch nicht von einer Trendwende sprechen. „Wir erwarten aus heutiger Erkenntnis nicht, dass sich das Blatt wendet in 2012“, sagte er. Gegen eine Verschlechterung sprächen derzeit der Auftragseingang, die gute Bauwirtschaft und der gute Binnenkonsum. Gefahren sieht Weise wegen der hohen Staatsverschuldung im Euroraum im kommenden Jahr auf den Arbeitsmarkt zukommen. „Da ist die Frage, wie können wir darauf reagieren, und welche Risiken realisieren sich“, sagte er. Der schwächere Rückgang der Arbeitslosigkeit wirkte sich im Juni auch auf die Finanzen der Behörde aus: Die Einnahmen lagen knapp 200 Millionen Euro unter den Planzahlen, die Ausgaben fielen allerdings ebenfalls um etwa 1,1 Milliarden Euro geringer aus als vorgesehen. Unter dem Strich blieb ein Überschuss von 1,7 Milliarden Euro und damit ein Plus um fast eine Milliarde Euro gegenüber dem Soll. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Aktiengesellschaften müssen laut Urteil häufiger informieren
Luxemburg (dapd). Der Europäische Gerichtshof (EuGH) nimmt Aktiengesellschaften bei der Information von Aktionären stärker in die Pflicht: Sie müssen auch Zwischenschritte zu einer börsenrelevanten Entscheidung veröffentlichen, wie das Gericht am Donnerstag in Luxemburg mitteilte. Der Bundesgerichtshof hatte den EuGH eingeschaltet und darum gebeten, den Begriff „Insider-Information“ näher zu bestimmen. Diese zeichnet sich bei Unternehmen am Finanzmarkt laut EU-Richtlinie dadurch aus, dass sie eine präzise und nicht öffentlich bekannte Information ist, die geeignet ist, bei Bekanntwerden den Aktienkurs zu beeinflussen. Laut EU-Richtlinie müssen Unternehmen am Finanzmarkt solche Informationen so bald wie möglich mitteilen. Insider-Geschäfte sind demnach verboten. Dem aktuellen Urteil zufolge können auch Zwischenschritte präzise Informationen und damit mitteilungspflichtig sein. Hintergrund ist der Wechsel an der Daimler-Führungsspitze im Jahr 2005. Ein Musterkläger ist der Ansicht, dass das vorzeitige Ausscheiden von Jürgen Schrempp, der vom heutigen Vorstandsvorsitzenden Dieter Zetsche ersetzt wurde, früher hätte bekanntgegeben werden müssen. Der Autohersteller hatte die Personalie per Ad-hoc-Mitteilung veröffentlicht, woraufhin der Daimler-Kurs in die Höhe ging. Der Kläger hatte seine Aktien vorher verkauft und macht jetzt Schadenersatz geltend. „Wir gehen davon aus, dass wir rechtzeitig informiert haben“, sagte eine Daimler-Sprecherin. Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hatte am 22. April 2009 in einem Musterverfahren entschieden, dass Daimler im Juli 2005 den Rücktritt Schrempps rechtzeitig bekanntgegeben hatte. Mit diesem Urteil wies das OLG Schadenersatzforderungen von Kleinaktionären wegen entgangener Kursgewinne zurück. Der Musterkläger legte dagegen Beschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) ein. Nach dem EuGH-Urteil muss der Bundesgerichtshof jetzt in dem Einzelfall entscheiden. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Arbeitsgericht: Schlecker muss Mitarbeiterin weiterbeschäftigen
Heilbronn/Ehingen (dapd). Eine gekündigte Schlecker-Mitarbeiterin hat als erste in Baden-Württemberg erfolgreich auf Wiedereinstellung geklagt und könnte damit einen für das insolvente Unternehmen teuren Prozess losgetreten haben. Das Arbeitsgericht Heilbronn hat festgestellt, „dass diese Kündigung sozialwidrig und damit unwirksam ist und den Beklagten verurteilt, die Klägerin weiterzubeschäftigen“, wie das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg am Donnerstag mitteilte. Das Urteil erging schon vor einer Woche. Einem Gerichtssprecher zufolge hat das Urteil eine gewisse Signalwirkung, weil sich andere Gerichte daran orientieren könnten. Alleine in Baden-Württemberg sind 629 Kündigungsschutzklagen anhängig, deutschlandweit sind es mehr als 4.500. Dem Heilbronner Gericht zufolge war die Sozialauswahl grob fehlerhaft. Der Beklagte – Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz – habe keine vollständige Auskunft über seine subjektiven Erwägungen zur Sozialauswahl gegeben. Zudem habe die Klägerin eine vergleichbare Arbeitnehmerin genannt, die bei Zugrundelegung des von Geiwitz behaupteten Punkteschemas weit weniger Sozialpunkte aufweise als die Klägerin. Diesem Punkt sei Geiwitz nicht entgegengetreten. Geklagt hatte eine langjährige Leiterin einer Schlecker-Filiale. Sie war bei der ersten Kündigungswelle der insolventen Drogeriekette am 28. März zum 30. Juni betriebsbedingt gekündigt worden. Sie wird zwar nie mehr bei der insolventen Drogeriemarktkette verkaufen können, weil die letzten Filialen am Mittwoch endgültig dicht machten. Doch sie hat damit ihren Anspruch auf die volle Vergütung seit März gesichert. Sollten sich andere Gerichte dem Urteilsspruch anschließen, wird es teuer für Schlecker. Geiwitz hatte die anhängigen Kündigungsschutzklagen als einen Grund dafür genannt, warum die Suche nach einem Investor für Schlecker scheiterte. Das Risiko betrage mindestens 100 Millionen Euro. Ob die Kläger ihr Geld jemals sehen, ist jedoch fraglich. Geiwitz selbst geht davon aus, dass am Ende 800 Millionen Euro den Gläubigern zur Verfügung stehen. Am Donnerstag sagte er in einem Interview mit der „Stuttgarter Zeitung“, „es ist in der Tat so, dass bei einer Betriebsstilllegung in dieser Dimension sehr hohe Masseverbindlichkeiten zu bezahlen sind und es aus heutiger Sicht überhaupt noch nicht abschätzbar ist, ob es zu einer Quotenzahlung kommt oder nicht.“ Aus der würden dann auch die Beschäftigten bedient. Geiwitz glaubt nach wie vor, dass Schlecker mithilfe eines Investors hätte gerettet werden können. „Ohne die Kündigungsschutzklagen, das heißt mit einer Transfergesellschaft, hätte das Unternehmen vermutlich auch mit Verlust und mit den angebotenen Beiträgen von ver.di verkauft werden können“, sagte er in dem Interview. Geiwitz hatte verzweifelt versucht, die gekündigten Schlecker-Mitarbeiter in Transfergesellschaften unterzubringen, um solche Klagen zu vermeiden. Diese waren aber am Widerstand der FDP gescheitert. „Ich glaube, dass es keinen einzelnen Schuldigen gibt“, sagte Geiwitz. So kamen noch andere Punkte zum endgültigen Aus der einstmals größten deutschen Drogeriekette hinzu: ver.di wollte nicht dem Lohnverzicht zustimmen, den Geiwitz forderte. Zudem machte das Unternehmen weiter laufende Verluste, weil nötige Schritte in der Vergangenheit ausblieben, um das defizitäre Geschäft wieder profitabel zu machen. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)