Erfurt (dapd). Der frühere Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes, Helmut Roewer, ist sich keiner Schuld am Entstehen der rechten Szene im Freistaat bewusst. „Der Dienst war bei meinem Amtsantritt arbeitsunfähig“, sagte Roewer am Montag vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des Erfurter Landtags. „Es war überhaupt nichts vorhanden.“ Niemand habe eine entsprechende Ausbildung gehabt, „außer ich“. „Einige Mitarbeiter wurden fortgebildet, einige gingen, die Dummen hielten sich im Amt“, sagte Roewer weiter. Auch die Aktenführung sei „nicht in Ordnung“ gewesen. Der Ex-Behördenchef gab keinen Bericht über seine Tätigkeit als Geheimdienstchef ab und antwortete auf die Fragen der Gremiumsmitglieder kurz und knapp. Seine Aussagen wurden von den Gremiumsmitgliedern mit Spannung erwartet. Er war von 1994 bis 2000 Behördenchef. In seiner Amtszeit tauchten 1998 die Mitglieder des späteren Terrortrios, Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, in den Untergrund ab. Roewer war mit seinem Rechtsanwalt Uwe Zeigerer in den Ausschuss gekommen und gab an, nun als Schriftsteller in Weimar tätig zu sein. Er habe Mitte der 1990er Jahre den Geheimdienst im Freistaat nach Vorbild des Bundesamtes für Verfassungsschutz aufgebaut. „Es gab dann drei Bereiche“, sagte Roewer, „Rechtsextremismus, Linksextremismus und Ausländerextremismus“. Der Schwerpunkt der Arbeit des Dienstes habe jedoch auf dem Bereich Rechtsextremismus gelegen. „Rechtsextreme Gewalt gab es jedoch schon bevor ich nach Thüringen kam.“ Vor allem die Gedenkmärsche „Rudolf Heß“ seien dem Verfassungsschutz eine Herausforderung gewesen. Den in den vergangenen Wochen von Polizisten immer wieder vorgebrachte Vorwurf, dass Informationen nur einseitig von der Polizei zum Geheimdienst geflossen seien, wies Roewer zurück. „Ich kann nicht bestätigen, dass der Verfassungsschutz keine Informationen an das Landeskriminalamt gegeben hat.“ Beide Seiten hätten sich ausgetauscht. Auch die Weitergabe von geheimen Informationen an V-Leute durch den Verfassungsschutz schloss Roewer aus. „Ich kann nicht einmal die genaue Anzahl an V-Leuten sagen.“ dapd (Politik/Politik)
Piratenpartei schließt sich ESM-Verfassungsbeschwerde an
Düsseldorf (dapd). Die Piratenpartei unterstützt die Verfassungsbeschwerde des Bürgerrechtsvereins Mehr Demokratie gegen den Rettungsschirm ESM und Fiskalpakt. „Der ESM-Vertrag ist ein klassisches Beispiel für fehlende Beteiligung der Parlamente und damit fehlender Einflussmöglichkeit von Bürgern in diesem Land“, sagte Parteichef Bernd Schlömer dem „Handelsblatt“ (Dienstagausgabe). Die Piratenpartei hat sich bereits in den vergangenen Monaten deutlich gegen Rettungsschirm und Fiskalpakt positioniert, den Gang vor das höchste deutsche Gericht bislang aber gemieden. In der vergangenen Woche sprach sich die Basis der Partei dann für eine Unterstützung der Verfassungsbeschwerde aus und forderte den Parteivorstand dazu auf, die Initiative zu unterstützen Am (morgigen) Dienstag verhandelt das Bundesverfassungsgericht darüber, ob es den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM und den EU-Fiskalpakt für Haushaltsdisziplin vorläufig stoppt oder nicht. Beim Bundesverfassungsgericht sind mittlerweile sechs Eilanträge von Einzelpersonen und Organisationen eingegangen. dapd (Politik/Politik)
Fürstenpaar aus Monaco im Schloss Bellevue
Berlin (dapd). Adeliger Besuch in Bellevue: Bundespräsident Joachim Gauck und seine Lebensgefährtin Daniela Schadt haben Fürst Albert II. und Charlène von Monaco in Berlin empfangen. Bei seinem ersten Besuch in Deutschland wurde das Paar mit militärischen Ehren begrüßt. In seiner abendlichen Tischrede würdigte Gauck das Engagement des Fürsten für den Umweltschutz. Monaco sei weit mehr „als die Summe seiner Yachthäfen, Immobilien und Geschäftsstraßen“, sagte er laut Redetext. Mit zwei Quadratkilometern Fläche ist das Fürstentum der zweitkleinste Staat der Welt. Vor einem Jahr hatte der 54-jährige Albert die ehemalige Profi-Schwimmerin Charlène Wittstock, eine Südafrikanerin, kirchlich geheiratet. Gauck erinnerte daran, dass Charlènes Urgroßeltern 1861 aus dem kleinen Ort Zerrenthin im heutigen Mecklenburg-Vorpommern nach Südafrika ausgewandert sind. Aus der Region stammt auch Gauck. Der frühere DDR-Bürgerrechtler und Pfarrer nannte es wunderbar, „dass Menschen mit ganz unterschiedlichen Biografien – wie wir – heute frei und fröhlich zusammenkommen können“. Das sei ein Privileg, keine Selbstverständlichkeit. Gauck lobte zudem Albert II., der sich seit Jahren mit großem Einsatz der heimischen Natur widme. Er fördere energieeffizientes Bauen, Elektro-Autos und sogar eine Rallye Monte Carlo für alternativ angetriebene Fahrzeuge. „Wir brauchen Führungspersönlichkeiten wie Sie, Durchlaucht, die diese Art von Motivation in die breite Öffentlichkeit tragen; Menschen, die an die Verantwortung appellieren, den Wandel anstoßen und begleiten“, sagte Gauck laut Redetext. Zuvor hatten im Tagesverlauf außerdem Treffen mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), Außenminister Guido Westerwelle (FDP) und Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) auf dem Programm gestanden. Albert und Charlène sind am Dienstag in Stuttgart zu Gast. dapd (Politik/Politik)
CSU-Vorstand verlangt harten Kurs gegen Euro-Schuldenstaaten
München (dapd-bay). Die CSU pocht auf einen harten Kurs gegen Euro-Schuldenstaaten. Parteichef Horst Seehofer bekam am Montag im CSU-Vorstand Rückendeckung für die Warnung an die Bundesregierung, dass er Hilfen ohne strikte Auflagen nicht mittrage. Für Verärgerung sorgten bei der Sitzung in München Äußerungen aus der Schwesterpartei CDU über die mögliche Einführung sogenannter Euro-Bonds. Seehofer hatte vor einer Woche mit seiner Kritik an den Beschlüssen des jüngsten Brüsseler EU-Gipfels für Wirbel gesorgt. Er bestritt jedoch später eine Drohung mit einem Bruch der Berliner Koalition. Am Montag sagte der bayerische Ministerpräsident, es gebe „beste Übereinstimmung“ mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Bei dem Sechs-Augen-Gespräch mit Merkel und FDP-Chef Philipp Rösler am vergangenen Freitag sei die Stimmung sehr gut gewesen. Über seine angebliche Drohung sei „kein einziger Halbsatz“ ausgetauscht worden. „Die Kanzlerin ist ein Profi“ Seehofer fügte hinzu: „Die Kanzlerin ist ein Profi – und sie stellt nur Fragen zu den Themen, die real in der Welt sind. Mit Fiktionen beschäftigt sich die Kanzlerin nicht.“ Es bleibe aber bei den „harten Bedingungen“ seiner Partei, um eine „Stabilitäts-Union“ sicherzustellen. Die Berliner CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte, die Drohung mit einem Koalitionsbruch sei nur in Seehofers Äußerungen „hineininterpretiert“ worden. Es gebe lediglich eine klare Positionsbestimmung der CSU. Hasselfeldt fügte hinzu: „Das ist nicht nur legitim, sondern das ist auch notwendig.“ Warnung vor „Überforderung Deutschlands“ Der CSU-Vorstand lehnte ein „bedingungsloses Ja zu Brüsseler Beschlüssen“ ab, wie CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt mitteilte. Das Gremium habe hervorgehoben, dass es keine Hilfen für Schuldenstaaten oder für Banken ohne Auflagen geben dürfe. Außerdem müsse eine „Überforderung Deutschlands“ vermieden werden. Dobrindt mahnte, Euro-Bonds müssten „zu jedem Zeitpunkt ausgeschlossen werden“. Deshalb seien einige Äußerungen von Mitgliedern des Bundeskabinetts „missglückt“ gewesen. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte am Wochenende gesagt, dass in Europa „gemeinsame Anleihen“ eine Option sein könnten, wenn es eine vollständige, gemeinsame Fiskalpolitik mit einer wirksamen Schuldenkontrolle gebe. „Die Chefin bestimmt“ Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) sprach von einem „völlig falschen Signal“ von Teilen der Bundesregierung. Es gebe aber eine Person bei der CDU, die über die Stabilität wache – nämlich Merkel. Söder fügte hinzu: „Die Chefin bestimmt dort – das ist wie bei uns.“ dapd (Politik/Politik)
EU segnet Schrumpfkur für BayernLB ab
Brüssel (dapd-bay). Der Streit zwischen den EU-Wettbewerbshütern und den Eignern der BayernLB über den Umbau der Landesbank ist beigelegt. EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia einigte sich am Montag mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer auf einen Restrukturierungsplan für das Kreditinstitut, das 2008 vom Freistaat im Alleingang mit zehn Milliarden Euro vor der Pleite bewahrt worden war. Im Gegenzug muss die BayernLB unter anderem ihre Bilanzsumme halbieren und das Auslandsgeschäft eindampfen. Auch Arbeitsplätze gehen verloren. Das jahrelange Beihilfeverfahren werde voraussichtlich am 25. Juli mit einem formalen Kommissionsbeschluss offiziell zu den Akten gelegt, sagte Almunia. Durch den vereinbarten Umbau solle das Geschäftsmodell der Bank letztlich gestärkt und die BayernLB wieder „ein lebensfähiges, aktives und wettbewerbsfähiges Institut“ werden. Erfreulich sei zudem, dass neben den Interessen der Bank und der öffentlichen Hand auch die der Steuerzahler geschützt worden seien. Seehofer begrüßte, dass die Landesbank nun „wieder in ruhiges, gutes Fahrwasser“ zurückkehren und sich „endlich wieder ihren eigentlichen Aufgaben widmen“ könne. Am Ende eines langen Verfahrens stünden nun klare Regeln, auch wenn die Auflagen hart seien. Die Verhandlungsführung der Kommission bezeichnete der CSU-Vorsitzende als „jederzeit fair“. Die ersten fünf Milliarden Euro sollten bis 2019 an den Staat zurückfließen, die restlichen fünf Milliarden bis 2030. Verzichten werde der Freistaat auf die zweite Tranche definitiv nicht: „Die fordern wir auch ein, aber da müssen wir uns nach der Geschäftsentwicklung der Bank richten.“ Schäuble spricht von „win-win-Situation“ Zuvor hatte das bayerische Kabinett den von der EU verordneten Schrumpfkurs und die Rückzahlung der ersten fünf Milliarden Euro bereits einstimmig gebilligt. Die BayernLB war die letzte deutsche Landesbank, die noch auf eine abschließende Genehmigung der EU-Kommission zu ihren während der Finanzkrise erhaltenen Staatshilfen gewartet hatte. Entsprechend zufrieden reagierte auch Schäuble. Dass Deutschland nunmehr alle Beihilfeverfahren für seine Landesbanken zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht habe, zeige, dass es seine Verpflichtungen auch erfüllte. Das Ergebnis sei eine „win-win-Situation“ für alle Beteiligten, sagte der CDU-Politiker. Die Bank selbst versprach in einer ersten Stellungnahme, den „einvernehmlich festgelegten Abbau von Geschäften“ fortzusetzen, um die weitere Verkleinerung der Bank zu erreichen. Seit Beginn des Umbaus 2009 habe das Kreditinstitut seine Bilanzsumme von einst 420 Milliarden Euro auf aktuell rund 300 Milliarden Euro verringert. Nach Angaben des bayerischen Finanzministers Markus Söder (CSU) soll das Volumen letztlich auf rund 200 Milliarden Euro halbiert werden. Zudem werde sich die Bank künftig wieder auf ihr regionales Kerngeschäft mit mittelständischen Kunden konzentrieren, aus dem riskanten Wertpapierhandel aussteigen und ausländische Beteiligungen verkaufen. Die ersten Raten an den Freistaat in dreistelliger Höhe würden schon 2013 fließen und danach schrittweise steigen. Sparkassen hielten Beihilfeverfahren lange auf Das seit mehr als drei Jahren anhängige Beihilfeverfahren hatte sich lange wegen den bayerischen Sparkassen verzögert. Als frühere 50-Prozent-Anteilseigner der BayernLB sollten sie nach dem Willen der EU und der Staatsregierung nachträglich einen Beitrag für deren Rettung leisten. Kürzlich gaben die Sparkassen hierfür 1,65 Milliarden Euro frei und ebneten damit den Weg für den Abschluss des Verfahrens. Im Gegenzug sind sie künftig wieder stärker an der Bank beteiligt, nachdem ihr Anteil wegen der alleinigen Rettung durch den Freistaat auf weniger als fünf Prozent gesunken war. BayernLB-Chef Gerd Häusler hatte zudem eingeräumt, dass auch ein weiterer „gewisser Stellenabbau“ in der Kernbank notwendig sei. Die Stellenstreichung sei allerdings schon weitgehend abgeschlossen. Vor allem aufgrund des Verkaufs von Beteiligungen werde der Gesamtkonzern nach dem Ende des Umbaus rund 5.000 Mitarbeiter weniger haben. Derzeit sind es nach Angaben der Bank rund 11.000. Trotz der guten Kunde aus Brüssel ließ es sich Seehofer am Ende des Treffens in Brüssel nicht nehmen, Almunia eine Gegenforderung mit auf den Weg zu geben. „Behandeln Sie alle Banken gleich“, diktierte er dem Wettbewerbskommissar mit einem Augenzwinkern. Und der Spanier entgegnete: „Ich verspreche es Ihnen!“ dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Umstrittenes Meldegesetz wird geändert
Berlin (dapd). Nach heftiger Kritik aus Bund und Ländern wird das umstrittene Meldegesetz nachgebessert. Mehrere Länder kündigten am Montag ihr Veto im Bundesrat an. Grund ihrer Empörung sind Mängel beim Datenschutz. Auch die Bundesregierung ist unzufrieden mit der Entscheidung der schwarz-gelben Bundestagsmehrheit, die erst vor eineinhalb Wochen gefallen ist. Die Neuregelung würde es den Meldeämtern erlauben, persönliche Daten von Bürgern an Werbefirmen und Adresshändler weiterzugeben – wenn die Betroffenen nicht von sich aus ausdrücklich widersprechen. Der Bundestag hatte die Novelle am 28. Juni mit den Stimmen von Schwarz-Gelb verabschiedet. Fünf Minuten zuvor war das EM-Halbfinalspiel Deutschland-Italien angepfiffen worden. Nur wenige Abgeordnete saßen im Plenum, die Reden wurden zu Protokoll gegeben. Die jetzt kritisierten Passagen waren erst einen Tag zuvor von der schwarz-gelben Mehrheit im Innenausschuss in den Entwurf eingefügt worden. Das Bundesinnenministerium leistete dabei Formulierungshilfe, wie ein Sprecher der Nachrichtenagentur dapd sagte. „Das ist aber nicht unüblich“, betonte er. Inzwischen wünscht sich die Regierung eine Überarbeitung. Es gebe die Hoffnung, dass Forderungen nach mehr Datenschutz noch in das Gesetz einfließen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte der „Passauer Neuen Presse“, sie halte die ursprünglich vorgesehene Lösung, wonach Bürger in die Weitergabe von Daten explizit einwilligen müssten, für den richtigen Weg. Für die Änderung kann nun der Bundesrat sorgen. Das Gesetz ist zustimmungspflichtig, die Länder können also eine Überarbeitung durchsetzen. Es zeichnet sich bereits eine Mehrheit für Nachbesserungen zugunsten des Datenschutzes ab. Auch unionsgeführte Länder pochen darauf, etwa Bayern, Sachsen und Niedersachsen. Der Bundesrat soll sich im Herbst mit dem Gesetz befassen. Bosbach warnt vor Rückschritt Die Liberalen im Bundestag halten die neue Regelung zwar für einen Fortschritt gegenüber den bisher gültigen Ländergesetzen, reagieren aber auf die breite Kritik. „Die FDP-Bundestagsfraktion war und ist natürlich offen für weitere Verbesserungen“, sagte die innenpolitische Sprecherin Gisela Piltz. CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl erklärte dagegen, es handele sich um eine „vernünftige und ausgewogene Lösung“. Der Vorsitzende des Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), warnte die Länder. Ließen sie das Gesetz im Bundesrat scheitern, „haben wir keinen besseren Datenschutz, sondern gegenüber der bisherigen Rechtslage einen schlechteren“, sagte er „Spiegel Online“. Bosbach zeigte zugleich Verständnis für die Kritik an der Änderung im Gesetzestext. „Dass kritisch hinterfragt wird, warum aus der Einwilligungslösung eine Widerspruchslösung wurde, halte ich für nachvollziehbar“, sagte er. Hierfür müsse das Parlament noch eine „überzeugende Begründung“ finden. Nach Ansicht des Deutschen Dialogmarketing Verbands (DDV) sind die Sorgen wegen des neuen Gesetzes weitgehend unbegründet. Der Branchenverband, der unter anderem Adresshändler vertritt, erklärte, eine „massenweise Beauskunftung von Meldedaten zu Werbezwecken“ sei wegen zu hoher Gebühren „in der Praxis nicht zu erwarten“. dapd (Politik/Politik)
Umfrage: Großes Vertrauen in Bundesverfassungsgericht
Berlin (dapd). Das Bundesverfassungsgericht genießt in Deutschland ein relativ großes Vertrauen. Das ergab eine Umfrage von „Zeit Online“, in der nach dem Vertrauen der Bürger zu mehreren Institutionen gefragt wurde. Insgesamt sprachen 40 Prozent der Befragten von „eher großem“ oder „sehr großem“ Vertrauen zum Karlsruher Gericht, das am Dienstag über die Klagen gegen den Euro-Rettungsschirm ESM und den europäischen Fiskalpakt beraten wird. Bessere Werte bekam nur der Bundespräsident: Insgesamt 42 Prozent gaben an, „eher großes“ oder „sehr großes“ Vertrauen zu ihm zu haben. Schlecht abgeschnitten haben dagegen die Bundesregierung, der Bundestag und der Verfassungsschutz, wobei die Regierung am wenigsten Vertrauen genießt. 48 Prozent der Befragten gaben an, ihr entweder „eher weniger“ oder „überhaupt nicht“ zu vertrauen. Auch der Bundestag kommt auf wenig erbauliche Werte. 42 Prozent der Befragten vertrauen ihm „eher weniger“ oder „überhaupt nicht“. Zum Bundesverfassungsschutz haben insgesamt 47 Prozent der Befragten „eher weniger“ oder „überhaupt kein Vertrauen“. Im Auftrag von „Zeit Online“ befragte das Markt- und Meinungsforschungsinstitut „YouGov“ vom 4. bis 6. Juli insgesamt 1.046 Personen. dapd (Politik/Politik)
Meldegesetz stößt in Thüringen auf erhebliche Kritik
Erfurt (dapd-lth). Die umstrittenen Neuregelungen des Bundesmeldegesetzes stoßen in Thüringen auf teils scharfe Kritik. „Ich werde mich gegen eine Zustimmung des Kabinetts aussprechen“, sagte Justizminister Holger Poppenhäger (SPD) am Montag in Erfurt der Nachrichtenagentur dapd. Auch Innenminister Jörg Geibert (CDU) sieht noch „Klärungsbedarf“. Die Chefin der Staatskanzlei, Marion Walsmann (CDU), sieht nach Angaben eines Sprechers ebenfalls Gesprächsbedarf. Wie Thüringen im Bundesrat abstimmen werde, sei jedoch noch nicht klar. Die kürzlich durch den Bundestag beschlossenen Neuregelungen würden es Einwohnermeldeämtern erlauben, persönliche Daten von Bürgern an Firmen und Adresshändler weiterzugeben. Das Parlament hatte die „Fortentwicklung des Meldewesens“ am 28. Juni mit den Stimmen von Schwarz-Gelb verabschiedet. Grüne und Linkspartei wollen das Gesetz nun im Bundesrat stoppen. Einige Länder haben ihre Unterstützung dafür zugesagt. Innenminister pocht auf Datenschutz Justizminister Poppenhäger dringt darauf, dass auch der Freistaat das Gesetz ablehnt. Er kritisiert, dass Bürger über die Verwendung ihrer Daten verfügen können müssen. Alles andere widerspreche der Philosophie des Datenschutzes. „Ein solches Gesetz wäre der Rückfall in Zeiten, die ich mit dem Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts eigentlich für überwunden hielt.“ Die Bürger müssten der Weitergabe ihrer Daten zu Werbezwecken wirksam widersprechen können, sagte Innenminister Geibert. „Das Recht auf informelle Selbstbestimmung hat Vorrang vor den Informationsinteressen einzelner Unternehmen.“ Der Datenschutz für Bürger müsse gewährleistet werden. Die Linke-Fraktion forderte von der Landesregierung eine Ablehnung des umstrittenen Gesetzes im Bundesrat. Dieser Schritt sei ein „absolutes Muss“, sagte die justizpolitische Sprecherin der Fraktion, Sabine Berninger. Ein entsprechender Entschließungsantrag soll im kommenden Landtagsplenum zur Abstimmung gestellt werden. Meldebehörden würden zum Datenbasar für die Wirtschaft Bei den Neuregelungen im Meldegesetz habe sich der Bundestag zum „Gesetzeshandlanger von mehr oder weniger dubiosen Wirtschaftsinteressen“ gemacht, sagte Berninger weiter. „Mehr entmündigender Lobbyismus geht wohl kaum.“ Auch Grünen-Fraktionsvorsitzende Anja Siegesmund forderte die Landesregierung auf, das Gesetz abzulehnen. Meldebehörden würden „zum reinen Datenbasar für die Wirtschaft degradiert“. Bürgern würde per Gesetz die Kontrolle über die eigenen Daten genommen. Das sei ein Offenbarungseid für die bürgerlichen Parteien, die sich selbst gern als Hüter der Bürgerrechte sehen. Der Innenexperte der Thüringer FDP-Landtagsfraktion, Dirk Bergner, hält eine Vereinheitlichung des Melderechts für „grundsätzlich erstrebenswert“. Demnach seien bereits die Widerspruchsmöglichkeiten für Datenweitergabe der Bürger im aktuellen Thüringer Meldegesetz nicht zufriedenstellend. dapd (Politik/Politik)
Roewer: Geheimdienst war Anfang der 1990er Jahre arbeitsunfähig
Erfurt (dapd). Nach Angaben des früheren Präsidenten des Thüringer Verfassungsschutzes, Helmut Roewer, war der Dienst bei seinem Amtsantritt arbeitsunfähig. „Es war überhaupt nichts vorhanden“ sagte Roewer am Montag vor dem NSU-Untersuchungsausschuss im Erfurter Landtag. Niemand habe eine entsprechende Ausbildung gehabt, „außer ich“. „Einige Mitarbeiter wurden fortgebildet, einige gingen, die Dummen hielten sich im Amt“, sagte Roewer weiter. Roewer gab keinen Bericht über seine Tätigkeit als Geheimdienstchef ab und antwortete auf die Fragen der Gremiumsmitglieder kurz und knapp. Seine Aussagen wurden von den Gremiumsmitgliedern mit Spannung erwartet. Er war von 1994 bis 2000 Behördenchef. Während seiner Amtszeit tauchten 1998 die Mitglieder des späteren Terrortrios, Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, in den Untergrund ab. Roewer war mit seinem Rechtsanwalt Uwe Zeigerer in den Ausschuss gekommen und gab an, nun als Schriftsteller in Weimar tätig zu sein. dapd (Politik/Politik)
EU segnet Schrumpfkur für BayernLB ab
Brüssel (dapd). Der Streit zwischen den EU-Wettbewerbshütern und den Eignern der BayernLB über den Umbau der Landesbank ist beigelegt. EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia einigte sich am Montag mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer auf einen Restrukturierungsplan für das Kreditinstitut, dass 2008 vom Freistaat im Alleingang mit zehn Milliarden Euro vor der Pleite bewahrt wurde. Im Gegenzug muss die BayernLB unter anderem ihre Bilanzsumme halbieren und das Auslandsgeschäft eindampfen. Auch Arbeitsplätze gehen verloren. Das jahrelange Beihilfeverfahren werde voraussichtlich am 25. Juli mit einem formalen Kommissionsbeschluss offiziell zu den Akten gelegt, sagte Almunia. Durch den vereinbarten Umbau solle das Geschäftsmodell der Bank letztlich gestärkt und die BayernLB wieder „ein lebensfähiges, aktives und wettbewerbsfähiges Institut“ werden. Erfreulich sei zudem, dass neben den Interessen der Bank und der öffentlichen Hand auch die der Steuerzahler geschützt worden seien. Seehofer begrüßte, dass die Landesbank nun „wieder in ruhiges, gutes Fahrwasser“ zurückkehren und sich „endlich wieder ihren eigentlichen Aufgaben widmen“ könne. Am Ende eines langen Verfahrens stünden nun klare Regeln, auch wenn die Auflagen hart seien. Die Verhandlungsführung der Kommission bezeichnete der CSU-Vorsitzende als „jederzeit fair“. Die ersten fünf Milliarden Euro sollten bis 2019 an den Staat zurückfließen, die restlichen fünf Milliarden bis 2030. Verzichten werde der Freistaat auf die zweite Tranche definitiv nicht: „Die fordern wir auch ein, aber da müssen wir uns nach der Geschäftsentwicklung der Bank richten.“ Schäuble spricht von „win-win-Situation“ Zuvor hatte das bayerische Kabinett den von der EU verordneten Schrumpfkurs und die Rückzahlung der ersten fünf Milliarden Euro bereits einstimmig gebilligt. Die BayernLB war die letzte deutsche Landesbank, die noch auf eine abschließende Genehmigung der EU-Kommission zu ihren während der Finanzkrise erhaltenen Staatshilfen gewartet hatte. Entsprechend zufrieden reagierte auch Schäuble. Dass Deutschland nunmehr alle Beihilfeverfahren für seine Landesbanken zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht habe, zeige, dass es seine Verpflichtungen auch erfüllte. Das Ergebnis sei eine „win-win-Situation“ für alle Beteiligten, sagte der CDU-Politiker. Die Bank selbst versprach in einer ersten Stellungnahme, den „einvernehmlich festgelegten Abbau von Geschäften“ fortzusetzen, um die weitere Verkleinerung der Bank zu erreichen. Seit Beginn des Umbaus 2009 habe das Kreditinstitut seine Bilanzsumme von einst 420 Milliarden Euro auf aktuell rund 300 Milliarden Euro verringert. Nach Angaben des bayerischen Finanzministers Markus Söder (CSU) soll das Volumen letztlich auf rund 200 Milliarden Euro halbiert werden. Zudem werde sich die Bank künftig wieder auf ihr regionales Kerngeschäft mit mittelständischen Kunden konzentrieren, aus dem riskanten Wertpapierhandel aussteigen und ausländische Beteiligungen verkaufen. Die ersten Raten an den Freistaat in dreistelliger Höhe würden schon 2013 fließen und danach schrittweise steigen. Sparkassen hielten Beihilfeverfahren lange auf Das seit mehr als drei Jahren anhängige Beihilfeverfahren hatte sich lange wegen den bayerischen Sparkassen verzögert. Als frühere 50-Prozent-Anteilseigner der BayernLB sollten sie nach dem Willen der EU und der Staatsregierung nachträglich einen Beitrag für deren Rettung leisten. Kürzlich gaben die Sparkassen hierfür 1,65 Milliarden Euro frei und ebneten damit den Weg für den Abschluss des Verfahrens. Im Gegenzug sind sie künftig wieder stärker an der Bank beteiligt, nachdem ihr Anteil wegen der alleinigen Rettung durch den Freistaat auf weniger als fünf Prozent gesunken war. BayernLB-Chef Gerd Häusler hatte zudem eingeräumt, dass auch ein weiterer „gewisser Stellenabbau“ in der Kernbank notwendig sei. Die Stellenstreichung sei allerdings schon weitgehend abgeschlossen. Vor allem aufgrund des Verkaufs von Beteiligungen werde der Gesamtkonzern nach dem Ende des Umbaus rund 5.000 Mitarbeiter weniger haben. Derzeit sind es nach Angaben der Bank rund 11.000. Trotz der guten Kunde aus Brüssel ließ es sich Seehofer am Ende des Treffens in Brüssel nicht nehmen, Almunia eine Gegenforderung mit auf den Weg zu geben. „Behandeln Sie alle Banken gleich“, diktierte er dem Wettbewerbskommissar mit einem Augenzwinkern. Und der Spanier entgegnete: „Ich verspreche es Ihnen!“ dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)