Monika Bohmann-Laing über selbstständige Honorarkräfte und Zeitarbeit. (Foto: Bohmann-Laing, Steuern und Controlling)
Monika Bohmann-Laing über selbstständige Honorarkräfte und Zeitarbeit. (Foto: Bohmann-Laing, Steuern und Controlling)

Kein Risiko eingehen bei Zeitarbeit

Durch den Personalmangel scheint der Einsatz selbständiger Honorarkräften oder Leiharbeiter aus der Zeitarbeit geboten. Doch welches Risiko gehen die Pflegeeinrichtungen dabei ein?

Leiharbeiter, also Arbeitnehmerüberlassung durch Firmen im Bereich der Zeitarbeit, und Honorarkräfte sind für den Auftragnehmerin der Regel teurer als festangestellte Arbeitnehmer. Hierbei spielt nicht nur das Honorar eine Rolle; auch interne Kosten müssen berücksichtigt werden: Die Einarbeitung von Leiharbeitskräften bindetdie Stammbelegschaft immer wieder zeitlich und die Kontinuität der Pflege wird ständig unterbrochen. Dies führt zu Qualitätsverlusten, Dokumentationsdefiziten und zu Motivationsverlusten in der Arbeitnehmerschaft.

Alternativen zu Firmen der Zeitarbeit:

• Bilden Sie einen Personalpool, ggf. mit Einrichtungen im Verbund.
• Beschäftigte in Teilzeit könnten verlässlich Stunden aufstocken, dies ist in vielerlei Hinsicht günstiger.

Arbeitnehmerüberlassung ist umsatzsteuerpflichtig. Firmen der Zeitarbeit müssen also zusätzlich zum Stundensatz 19% Umsatzsteuer berechnen. Da erreichen die Kosten pro Stunde schnell 50 Euro und mehr.

Sind da selbständige Honorarkräfte eine günstige Alternative?

Für Pflegeeinrichtungen liegt das Risiko in der Scheinselbständigkeit: Wird festgestellt, dass Auftragnehmer nicht selbständig, sondern angestellt tätig sind, drohen hohe Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen. Die anteiligen Arbeitnehmerbeiträge können auch nur für die letzten drei Monate auf die Honorarkräfte abgewälzt werden. Damit trägt die Einrichtung das Risiko von Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil von gesamt rund 40% auf den Stundensatz der Honorarkräfte zzgl. Säumniszuschlägen von 1%pro Monat.

Wann liegt Scheinselbständigkeit vor?

Mangels eindeutiger gesetzlicher Regelungen ist das Gesamtbild der Verhältnisse entscheidend. Wesentliche Indizien sind Weisungsgebundenheit hinsichtlich Zeit, Dauer, Art und Ort der Leistungsausführung sowie die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers. Da eine gewisse betriebliche Eingliederung für den reibungslosen Ablauf der Pflege unvermeidbar sei, sieht das LGS Schleswig-Holsteinnur eine begrenzte Aussagekraft (LSG 11.5.2017 – L 5 KR 73/15). Bei reinen Dienstleistungen seien auch das Fehlen einer eigenen Betriebsstätte und nur ein geringes Unternehmerrisiko (mangels wesentlicher Investitionen) für das Bundessozialgericht keine wesentlichen Indizien mehr (BSG 31.3.2017 – B 12 R 7/15R).

Für das LSG Schleswig-Holstein hat die Tätigkeit einer selbständigen Pflegekraft für mehrere Auftraggeber sowie eine Vergütung, die deutlich über dem Bruttolohn vergleichbarer sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungen liegt, ein besonderes Gewicht (LSG 24.5.2018 -L 5 BA 16/18). Dies spreche gegen die wirtschaftliche Abhängigkeit der Auftragnehmerin und ermögliche ihr eine angemessene Eigenvorsorge.

Ist dies also ein Freibrief für den Einsatz von Honorarkräften in der Pflege? Die Tendenz der genannten Sozialgerichteist zwar positiv, es sind jedoch immer Einzelfallentscheidungen. Andere Gerichte haben auch gegenteilig geurteilt. Zur Absicherung des Vertragsverhältnisses ist weiterhin das Statusfeststellungsverfahren zu empfehlen.

Tipp:

Führen Sie ein Statusfeststellungsverfahren durch – fehlt dieses, drohen Nachzahlungen und Säumniszuschläge. Das Gesamtbild der Verhältnisse und die gelebte Praxis sind entscheidend. Lassen Sie den Honorarvertrag rechtlich prüfen. Indizien für die Freiberuflichkeit können sein:

• Der Auftragnehmer war zum Abschluss eines Arbeitsvertrags nicht bereit (dokumentieren)
• Der Auftragnehmer hat gleichzeitig mehrere Auftraggeber
• Die Vergütung der Honorarkraft ist wesentlich höher als bei vergleichbaren Arbeitnehmern (z.B. das 2,5fache) und ermöglicht damit die eigene Vorsorge
• Der schriftliche Vertrag sollte für eine abhängige Beschäftigung keine Anhaltspunkte haben (keine Weisungsgebundenheit, keine Lohnfortzahlung bei Urlaub und Krankheit, u.a., Vertretungsmöglichkeit durch Dritte).

www.bohmann-laing.de


Veröffentlicht von

Sascha Brinkdöpke

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