Lebensmittelkonzern Unilever reagiert auf Euro-Krise

Lebensmittelkonzern Unilever reagiert auf Euro-Krise Hamburg (dapd). Der Konsumgütergigant Unilever (Rama, Dove) spürt die Verarmung von Millionen Europäern und bringt deshalb Absatzstrategien aus Schwellenländern nach Europa. „Die Armut kehrt nach Europa zurück“, sagte Unilever-Manager Jan Zijderveld der „Financial Times Deutschland“ (Montagausgabe). Unilever setzt deshalb stärker auf Mini-Packungen und neue billige Einsteigermarken, damit das Einkaufsbudget der Konsumenten entlastet wird. Für den Konzern geht die Strategie laut Zijderveld auf, der Absatz steige. „In Indonesien verkaufen wir Einzelpackungen Shampoo für zwei bis drei Cent und verdienen trotzdem ordentliches Geld“, sagte der Unilever-Europa-Chef. „Wir wissen, wie das geht, aber in Europa haben wir es in den Jahren vor der Krise verlernt.“ Bislang hatten Konsumgüterunternehmen eher versucht, Wachstum in den reichen westlichen Märkten durch teurere Öko-Produkte oder Premiummarken zu erreichen – um sich von den günstigen Handelsmarken der Discounter abzuheben. Inzwischen aber verkauft Unilever laut Bericht in Spanien sein Waschmittel Surf in Packungen, die lediglich für fünf Waschgänge reichen. In Griechenland bietet der Konzern heute Kartoffelpüree und Mayonnaise in Kleinpackungen an, während Basisprodukte wie Tee oder Olivenöl unter einer griechischen Preiseinstiegsmarke verkauft werden. „Wenn ein Spanier nur noch durchschnittlich 17 Euro pro Einkauf ausgibt, dann kann ich ihm kein Waschmittel für die Hälfte seines Budgets verkaufen“, sagte der Manager. Die Billigstrategie scheint zu funktionieren: Nachdem die Umsätze des Konzerns in Europa stagnierten oder rückläufig waren, stand 2011 laut „FTD“ ein Plus von 0,7 Prozent in der Bilanz. Im ersten Halbjahr 2012 legten die Erlöse 1,1 Prozent zu, höhere Rohstoffpreise ließen aber den Gewinn niedriger ausfallen. Westeuropa stand im vergangenen Jahr mit insgesamt 12,3 Milliarden Euro Umsatz für gut ein Viertel der Konzernerlöse. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Nahles tituliert Dobrindt als Stammtischkasper

Nahles tituliert Dobrindt als Stammtischkasper Berlin (dapd). Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat nach Auffassung der SPD nun auch in der Euro-Krise die Kontrolle über ihre Regierung verloren. Generalsekretärin Andrea Nahles titulierte ihren CSU-Amtskollegen Alexander Dobrindt am Montag in Berlin als „Stammtischkasper“, dessen „Zündeln am europäischen Haus“ dringend unterbunden werden müsse. Der „milde Tadel“ Merkels reiche hier nicht aus. Die Kanzlerin müsse sich hier ausnahmsweise an Außenminister Guido Westerwelle (FDP) orientieren, der „klare Worte gefunden“ habe. Dobrindt hatte zuvor erneut für einen schnellen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone plädiert. Da die CSU nur noch die Landtagswahl in Bayern im Auge habe, sei für die Bundesregierung ein „verantwortungsvolles Handeln kaum noch möglich“, sagte Nahles. Dies sei für Merkel „eine unbequeme Lage, die ausstrahlt auf ganz Europa“. dapd (Politik/Politik)

Daimler montiert Geländewagen künftig auch in Schwellenländern

Daimler montiert Geländewagen künftig auch in Schwellenländern Stuttgart (dapd). Der Autokonzern Daimler produziert verstärkt in Schwellenländern. Die Geländewagen der neuen M- und GL-Klasse sollen künftig auch in Indien, Thailand und Indonesien montiert werden, wie Daimler am Montag in Stuttgart mitteilte. Das Unternehmen erwarte bei den SUV genannten Fahrzeugtypen auch in den aufstrebenden Wachstumsmärkten hohe Zuwachsraten und erweitere daher die lokale Produktion, sagte der Produktionsvorstand Wolfgang Bernhard. „Damit erschließen wir im Rahmen unserer Wachstumsstrategie zusätzliche Potenziale“, sagte Bernhard weiter. Das Werk in Tuscaloosa (USA) produziere die Bausätze für die Fahrzeuge, die dann vor Ort endmontiert werden sollen. Der Startschuss für die lokale Produktion der M-Klasse fällt bereits in diesem Jahr, der für die GL-Klasse folgt dann 2013. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Glühbirnenverbot: Schlafforscher warnt vor Panikmache

Glühbirnenverbot: Schlafforscher warnt vor Panikmache Berlin (dapd). Energiesparlampen können nach Einschätzung des Schlafforschers Dieter Kunz in bestimmten Fällen gesundheitliche Beschwerden hervorrufen. Es müsse unterschieden werden zwischen warm-weißen, kalt- und neutral-weißen Energiesparlampen, sagte der Chefarzt der Abteilung für Schlafmedizin des St. Hedwig-Krankenhauses in Berlin der Nachrichtenagentur dapd. Die abendliche Beleuchtung mit kalt-weißem Licht, das wie das natürliche Tageslicht einen hohen Blauanteil aufweist, könne zu Gesundheitsproblemen führen: „Das fängt mit Schlafstörungen an, geht aber wahrscheinlich noch wesentlich weiter in andere Bereiche der Medizin. Ich würde empfehlen, für die Abend-Beleuchtung den Blauanteil so niedrig wie möglich zu halten.“ Hintergrund sei, dass blaues Licht am Abend oder in der Nacht das Schlafhormon Melatonin unterdrücke. „Im Badezimmer vor dem Schlafengehen sollte also nicht das hellste Licht des Tages leuchten, sondern ein warm-weißes.“ Gleichwohl dürften die Auswirkungen des Glühbirnenverbots nicht überschätzt werden. „Die Panikmache an dieser Stelle ist völlig falsch“, sagte Kunz. Denn egal ob Glühbirne oder Energiesparlampe – die heute übliche Beleuchtung hält der Mediziner ohnehin für höchst problematisch. „Heute leben wir tagsüber mehr oder weniger in biologischer Dunkelheit“, sagte Kunz. Das Tageslicht erreiche eine Stärke von bis zu 100.000 Lux, „und dafür sind wir Menschen gebaut“, betonte der Schlafforscher. „In geschlossenen Räumen haben wir oft nur 100 bis 200 Lux“. Langfristig müssten sich intelligente Lösungen durchsetzen: „Die Zukunft der Beleuchtung wird dahin gehen, dass wir tagsüber in den Räumen versuchen müssen, eine Beleuchtung ähnlich zum Tageslicht draußen zu schaffen. Umgekehrt sollte es nachts wirkliche Dunkelheit geben.“ Kunz befürwortete in diesem Zusammenhang den Einsatz von LED-Lampen. „Die Variation der Farbtemperatur oder des Spektrums ist mit herkömmlichen Beleuchtungsquellen kaum möglich. Mit den neuen LED-Lampen könnte es möglich sein, ein Licht auszustrahlen, das das natürliche Tageslicht in die Räume reinholt“, erklärte Kunz. Am Samstag (1. September) tritt das EU-weite Herstellungs- und Vertriebsverbot von Glühbirnen mit 40- und 25 Watt in Kraft. Die Energiesparlampen stehen auch in der Kritik, weil in den Kompaktleuchtstofflampen Quecksilber enthalten ist. Die LED-Leuchten sind die modernste und sauberste Lösung, derzeit aber noch extrem teuer. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Schäuble und Moscovici wollen Zusammenarbeit in Europa vertiefen

Schäuble und Moscovici wollen Zusammenarbeit in Europa vertiefen Berlin (dapd). Die Finanzminister Deutschlands und Frankreichs, Wolfgang Schäuble und Pierre Moscovici, wollen ihre Zusammenarbeit zur Lösung der Eurokrise vertiefen. Nach einem Treffen am Montag in Berlin kündigten die beiden Minister die Gründung eines Arbeitsstabes an. Dieser soll gemeinsame Positionen zum Ausbau der Bankenaufsicht und der Fiskal- und Währungsunion erarbeiten sowie Vorschläge zur Stärkung der Wachstumskräfte in Europa vorlegen. Moscovici sollen die Vorschläge bis Oktober vorliegen. Er nannte das Treffen mit Schäuble ein Zeichen dafür, dass beide Staaten in ihrer Zusammenarbeit nach vorne kommen wollten, in Richtung einer nachhaltigen Lösung. dapd (Politik/Politik)

Griechenland entzweit Koalition: CDU und FDP schimpfen auf CSU

Griechenland entzweit Koalition: CDU und FDP schimpfen auf CSU Berlin (dapd). Es brodelt in der Koalition: Nach seinen verbalen Rundumschlägen gegen Griechenland und die Europäische Zentralbank sieht sich CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt massiver Kritik ausgesetzt. Am zurückhaltendsten war noch Außenminister Guido Westerwelle (FDP), der Dobrindt am Montag als töricht abkanzelte. CSU-Landesgruppenvize Max Straubinger bewertete Dobrindts Äußerungen als „provinzielles Gemeckere“. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Sonntag gemahnt, die Wortwahl in der Euro-Krise genau zu überdenken. Merkel hatte im ARD-Interview auf die „riesigen Einschnitte“, die die Griechen derzeit zu verkraften hätten, hingewiesen. „Meine Bitte: Jeder sollte die Worte sehr wägen“, sagte sie und fügte hinzu: „Wir haben füreinander in Europa Verantwortung.“ Dobrindt hatte zuvor erneut für einen schnellen Austritt des Landes aus der Euro-Zone plädiert. Er hatte „Bild am Sonntag“ gesagt: „Ich sehe Griechenland 2013 außerhalb der Eurozone.“ EZB-Präsident Mario Draghi bedachte er mit der Bezeichnung „Falschmünzer“. Westerwelle sagte, es sei töricht, dem Bericht der Troika aus EU, EZB und Internationalem Währungsfonds über die Fortschritte Athens bei der Umsetzung der Reformen vorzugreifen. „Mit dem Bedienen von Vorurteilen wird man unserer Verantwortung für Europa und den Euro nicht gerecht“, sagte er der „Rheinischen Post“. Der Außenminister hatte bereits am Wochenende vor einem „Griechenland-Mobbing“ gewarnt. Straubinger meinte in der „Passauer Neuen Presse“: „Es ist ein Stück aus Absurdistan zu glauben, dass Griechenland mit der Drachme schneller auf die Füße kommt.“ Mit einer abgewerteten Währung könne sich das Land keine Einfuhren leisten, auch nicht aus Deutschland. Europa-Politiker gehen auf die Barrikaden Empört sind auch die Europa-Politiker der Union. Der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok forderte, Dobrindt solle „endlich aufhören, die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank in Frage zu stellen“, die den Troika-Bericht mit erstellt. Durch seine Angriffe auf Griechenland und die EZB schaffe Dobrindt Unsicherheit und erhöhe so die volkswirtschaftlichen Kosten der Euro-Krise, kritisierte Brok im „Kölner Stadt-Anzeiger“. Der Chef der CSU-Landesgruppe im Europa-Parlament, Markus Ferber, mahnte im Bayerischen Rundfunk, man solle auf den Bericht der Troika warten. „So hatten wir das auch in der CSU besprochen. Und deswegen kann ich alle nur zur Geduld mahnen. Erst mit dem Troika-Bericht haben wir die Fakten auf dem Tisch. Im Vorfeld stochert man nur im Nebel und sollte sich mäßigen.“ Auch der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Rainer Brüderle, äußerte Unmut: „Man muss in der Sache klar sein, darf aber dem europäischen Partner und europäischen Freund Griechenland jetzt auch nicht seine Ehre, sein Selbstwertgefühl völlig wegnehmen“, betonte der FDP-Politiker. Dobrindts Äußerungen seien „rhetorische Lederhose“. Die „verbale Aufrüstung“ sei nicht hilfreich, sagte er im Deutschlandradio Kultur. Opposition feixt Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, warf der Bundesregierung vor, in der Euro-Krise chaotisch und planlos zu agieren. Die Bundesregierung habe keinen Plan, wie es in Europa weitergehen solle. Dobrindt setze dem Ganzen mit seiner „Sprache des Pöbels“ die Krone auf. So werde Deutschland keinen Einfluss gewinnen, sagte der SPD-Politiker im ARD-„Morgenmagazin“. Die Kanzlerin habe einen guten Ruf, aber die schlechteste Regierung in Europa. Die Menschen wollten eine solche Chaostruppe nicht. dapd (Politik/Politik)

Niebel: Kirgistan ist Vorbild für die Region

Niebel: Kirgistan ist Vorbild für die Region Bishkek (dapd). Reformen in Kirgistan könnten nach Einschätzung von Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel die gesamte Region stärken. „Ich glaube, Kirgistan hat die Chance, als Beispiel zu dienen in einer Region, wo parlamentarische Demokratien noch nicht überall verbreitet sind“, sagte Niebel am Montag nach einem Treffen mit dem kirgisischen Präsidenten Almasbek Atambajew in Bischkek. Der Entwicklungsminister war nach Besuchen in Afghanistan und Tadschikistan am Sonntag in Kirgistan eingetroffen. Niebel äußerte sich optimistisch, dass das Scheitern des Regierungsbündnisses in Kirgistan nicht zu einer Staatskrise führen werde. „Der demokratische Prozess nach dem Auseinanderbrechen der Koalitionsregierung in Kirgistan zeigt, dass es sich hier um eine sich zwar noch entwickelnde, aber doch gefestigte parlamentarische Demokratie handelt, die auch Regierungswechsel friedlich und nach klaren parlamentarischen, demokratischen Regeln umsetzen kann“, erklärte er. dapd (Politik/Politik)

Schäffler ist gegen neue Zugeständnisse für Griechenland

Schäffler ist gegen neue Zugeständnisse für Griechenland Köln (dapd). Griechenland darf nach Ansicht des FDP-Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler kein weiteres Geld mehr erhalten. „Ich glaube, es darf keine weiteren Zugeständnisse geben“, sagte der Politiker am Montag im Deutschlandfunk. Athen habe zahlreiche Maßnahmen nicht umgesetzt. Mit neuen Zugeständnissen werde weder den Griechen noch anderen Nehmerländern in Europa geholfen, die dann möglicherweise ebenfalls weitere Unterstützung einforderten. „Wir kommen auf eine schiefe Ebene, von der wir nicht mehr runter kommen“, warnte der FDP-Finanzexperte. „Wir gehen doch eigentlich in Europa den völlig falschen Weg, weil das Europa nicht eint, sondern zerstören wird“, kritisierte Schäffler. dapd (Politik/Politik)

Die Leute sind nicht mehr so jeck hinter der Glühbirne her

Die Leute sind nicht mehr so jeck hinter der Glühbirne her Düsseldorf (dapd). Die Geschichte der Glühbirne endet in Deutschland offiziell am 1. September. Danach dürfen die Einzelhändler nur noch ihre vorhandenen Vorräte abverkaufen. Doch so groß im Jahr 2009 der Aufschrei über die Entscheidung der EU-Kommission war, die „klassische“ Glühbirne aus Energiespargründen zu verbieten, so unspektakulär scheint jetzt der Abschied tatsächlich vor sich zu gehen. Eine Umfrage der Nachrichtenagentur dapd bei Baumärkten, Drogeriemarktketten und Supermärkten ergab: Hamsterkäufe finden nicht statt. „Die Leute sind nicht mehr so jeck hinter der Glühbirne her“, sagt Nadine Kayser vom Baumarktriesen Obi. Und auch bei Praktiker, Media Markt, Saturn, Rossmann, Real und Rewe sorgt die Frage nach Vorratskäufen bei 40- und 25-Watt-Birnen nur für Kopfschütteln. „Als die 100-Watt-Birnen verboten wurden, war die Kundenaufregung viel größer. Jetzt ist das kein Thema mehr, wo jemand sagt, ich muss horten“, heißt es etwa bei Rewe. „Die Verkaufszahlen für Glühlampen sind seit Jahren stark rückläufig“, bestätigt auch Osram-Manager Klaus-Günter Vennemann. Doch wären Hamsterkäufe vielleicht auch verfehlt. Denn die Ära des von Thomas Alva Edison erfundenen Leuchtkörpers endet nicht mit einem Knall wie das Leben so mancher Glühbirne, es dürfte eher wirken, als würde das Licht allmählich heruntergedimmt. Denn noch gibt es im Handel große Mengen an Glühbirnen in den Lagern. Praktiker-Sprecher Günter Harald betont: „Wir haben noch gute Vorräte, die reichen auch flächendeckend noch einzige Zeit.“ Sogar 60-Watt-Lampen, die eigentlich schon im vergangenen Jahr unter den EU-Bann fielen, seien noch erhältlich. Auch die Drogeriemarktkette Rossmann hat noch einiges an Glühlampen der Eigenmarke „Rubin“ vorrätig. Im Internet ist die Glühbirnen-Welt noch in Ordnung Andere Einzelhändler haben es eiliger beim Abschied von der Glühbirne. Albrecht von Truchseß von der Supermarktkette Real etwa betont: „In den Zentrallagern haben wir schon keine Vorräte mehr.“ Es werde nur noch abverkauft, was an Beständen in den Märkten vorrätig sei. „Wir gehen davon aus, dass das relativ bald erledigt ist.“ Auch die Elektronikketten Media Markt und Saturn verkaufen nur noch die vorhandenen Restposten. Das gleich gilt für Rewe. Im Internet dagegen ist die Glühbirnen-Welt noch in Ordnung. Bei Online-Händlern wie Amazon kann man auch heute noch die seit Jahren ausgemusterten 100-Watt-Glühbirnen bestellen – bei Bedarf sogar im Zehnerpack. Außerdem haben die Fans der Glühbirne längst eine Gesetzeslücke entdeckt, um auch nach dem EU-Verbot nicht auf die Energiefresser verzichten zu müssen. Denn auch wenn „normale“ Glühbirnen künftig verboten sind, erlaubt sind weiterhin besonders stoßfeste Spezialbirnen, wie sie etwa in Bergwerken gebraucht werden. Und diese sind zunehmend auch im „normalen“ Handel erhältlich. „Wir führen jetzt auch die stoßsicheren Glühbirnen ein, um unseren Kunden eine Alternative zu bieten“, heißt es bei Praktiker. Auch Obi hat sie längst im Sortiment. Für den Lampenkenner Vennemann ist die Aufregung um die stoßfeste Glühlampe allerdings „die größte Ente im Sommerloch“. Der Grund: „Sie ist noch ineffizienter als die klassische Glühbirne und in etwa doppelt so teuer.“ Der Osram-Manager rät deshalb davon ab. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Krise im Kopf

Krise im Kopf Brüssel (dapd). Mit Schaudern denkt Jörg Krämer an den Sommertag zurück, der sein Berufsleben auf den Kopf stellte. „Als die Geldmarktsätze auseinanderflogen, dachten wir erst an einen Datenfehler im System“, erinnert sich der Chefvolkswirt der Commerzbank an jenen 9. August 2007, als die US-Hypothekenkrise endgültig nach Europa rüberschwappte. „Aber als die Europäische Zentralbank kurz darauf Milliarden in den Markt pumpte, wusste ich: Die Krise hat begonnen.“ Für Krämer und andere Ökonomen brachen turbulente Zeiten los, die ihnen die Fehlbarkeit ihrer eigenen Prognosen vor Augen führten. „Danach war nichts mehr wie vorher“, blickt der Bankenexperte Hans-Peter Burghof heute zurück. Die Finanzkrise verschärfte sich rasant, riss erst die Investmentbank Lehman, dann ganze Volkswirtschaften und schließlich auch den Euro in ihren Strudel. Inzwischen können und wollen viele Normalbürger den täglichen Hiobsbotschaften nicht mehr folgen. Politiker sind überfordert, auch Fachjournalisten stoßen an ihre Grenzen. In solchen Krisenzeiten sind Experten gefragt, die den komplexen Informationsfluss verdauen, analysieren und einordnen – Männer wie Krämer und Burghof. „Ich habe kaum noch Tage ohne Medienanfrage“, seufzt Burghof, während vor seiner Bürotür schon das nächste Fernsehteam wartet. Es klingt, als wisse er nicht so recht, ob er sich darüber nun freuen oder ärgern soll. Vor EU-Gipfeln klingelt sein Telefon besonders häufig, 20 Anfragen pro Woche sind dann keine Ausnahme. Burghof versucht, sie alle zu beantworten. „Medien müssen immer gleich behandelt werden“, sagt der Professor für Bankwirtschaft an der Universität Hohenheim. „Deshalb habe ich selbst für das Leipziger Studentenradio noch in der größten Hektik ein Ohr.“ Von solch hehren Ansprüchen hat sich Guntram Wolff längst verabschiedet. „Wir haben eine Rangliste von Medien“, verrät der Vizedirektor des Brüsseler Thinktanks Bruegel, ein viel gefragter Experte für Wirtschafts- und Währungsfragen. „Wenn das ‚Wall Street Journal‘ oder die ‚New York Times‘ anrufen, nehmen wir das eher entgegen als bei Regionalzeitungen.“ In besonders geschäftigen Wochen hätten „nur Premiummedien“ eine Chance, für den Rest bleibe keine Zeit. Denn die eigene Forschung müsse im Zweifelsfall Priorität haben, „sonst wird man in die Krise hineingesogen“. Fünf schmerzhafte Fehlprognosen Jörg Krämer wird häufig auch von Kundenberatern aus dem eigenen Haus um Rat gefragt. „Wie wird das Anleihenkaufprogramm der EZB aussehen? Wie urteilt das Verfassungsgericht zum ESM? Wie sieht die Währungsunion in fünf Jahren aus? Antworten darauf kann man nicht in Büchern finden.“ Nach nächtlichen Gipfelmarathons pflügt er schon mal morgens um 6.00 Uhr mit seinem Team durch die Abschlussdokumente, um Kundenunternehmen bis 8.00 Uhr eine Analyse zu liefern. Ständig neue Reports erstellen, das muss seit Beginn der Krise auch Heiner Flassbeck – für die Vereinten Nationen. Überfordert fühle er sich als Chefvolkswirt der UN-Organisation für Welthandel und Entwicklung nie, weil er von der immer schneller rotierenden Nachrichtenspirale vieles als unwichtig ausblende. „Ich bin ja kein Berichterstatter, sondern Analytiker. Und mein ökonomisches Raster hat sich seit den neunziger Jahren nicht verändert.“ Auch Krämer zählt auf seinen „inneren Kompass grundlegender Überzeugungen“. Und weil der alleine nicht ausreicht, steht ihm bei der Commerzbank ein Krisenteam mit zwölf Volkswirten, acht Zins- und acht Divisenexperten zur Seite. Aber Hand aufs Herz: Ist es überhaupt möglich, alle Krisenstränge stets im Auge zu behalten? „Das können wir“, versichert Krämer. „Wir sind eigentlich immer im Bilde“, sagt auch Bruegel-Forscher Guntram Wolff. „Das ist weder möglich noch nötig“, entgegnet der Fondsmanager Max Otte. Er suche lieber gezielt nach Lücken in den Argumente der Anderen. Der Wormser BWL-Professor, bekannt geworden durch sein 2006 erschienenes Buch „Der Crash kommt“, genießt sein Image als Krisenprophet. Sich selbst nennt er lieber einen „Seher, der die Gegenwart deutet“. Otte hat ja einen Fond zu vermarkten. Aller Umsicht zum Trotz, vor Fehlschlägen sind auch Ökonomen nicht gefeit. Flassbeck etwa gibt zu, die Subprime-Blase in den USA seinerzeit gehörig unterschätzt zu haben. Wolff ärgert sich im Nachhinein über sein Urteil zur spanischen Bankenrettung, das angesichts der Marktreaktion wohl zu überschwänglich gewesen sei. Bei Burghof ging die Vorhersage in die Hose, dass die Krise den deutschen Arbeitsmarkt 2008 schwer belasten würde. Und Jörg Krämer grämt sich ob seiner verfehlten Konjunkturprognose aus dem Jahr 2007, als er das Wachstum unterschätzte. Als Ökonom habe ihm das „weh getan“, sagt er. Fünf goldrichtige Vorhersagen Otte wiederum verrät nach langem Zögern, dass er „hin- und hergerissen ist wegen dieses Aufrufs, den ich unter Zeitdruck unterschrieben habe“. Er meint den Protestbrief von Hans-Werner Sinn und mehr als 200 anderen Ökonomen gegen die jüngsten EU-Gipfelbeschlüsse. „Später habe ich mich gefragt, ob das richtig war, weil die Beschlüsse eigentlich ganz geschickt formuliert wurden.“ Guntram Wolff jedenfalls ist der Aufruf ziemlich übel aufgestoßen, er fand ihn „in Teilen populistisch. Danach habe ich sofort E-Mails an ein paar alte Studienfreunde und Mit-Unterzeichner geschrieben und sie gefragt: Wie konntet ihr das unterschreiben!?“ Aber auch in der Krise gibt es Glücksmomente. So hat Flassbeck das Euro-Chaos nach eigenem Wissen „als Einziger“ schon vor 15 Jahren vorhergesagt. Otte machte Kasse mit seiner Crash-Prognose in Buchform. Wolff ist stolz, noch vor der Politik für eine Banken- und Fiskalunion plädiert zu haben. Und Krämer schreibt sich auf die Fahne, bereits im Februar 2010 erkannt zu haben, „dass die Währungsunion zu einer Transferunion mutiert“. Nur Burghof will sich keines persönlichen Meisterstücks rühmen, „weil die Krise menschlich, moralisch und wirtschaftlich eine Katastrophe ist“. In einem sind sie sich aber einig: Langsam ist es wahrlich genug mit dem Stress. Nach fünf Jahren Dauerkrise und mehrfachen Anhörungen im Bundestag stellt nicht nur Flassbeck Abnutzungserscheinungen bei sich fest. „Ein gewisser Ermüdungseffekt ist schon da“, räumt er ein. „Ich werde resignativer und zynischer angesichts der Unfähigkeit der Politik, unsere dringenden Probleme zu lösen.“ Egal wie viel Expertise angeboten werde, am Ende spiegele sich nur ein Bruchteil davon in politischen Entscheidungen wider. Flassbecks Fazit: „Da reden Sie gegen Mauern an.“ So oder so ähnlich sprechen auch seine Kollegen über ihr nagendes „Gefühl des Vergeblichen“. Der ewige Ausnahmezustand, er zehrt nicht nur an der Substanz. Irgendwann kann auch die wissenschaftliche Vogelperspektive verloren gehen. Guntram Wolff etwa vermisst die Zeit zum Innehalten, zum Abstand nehmen vom Hamsterrad der permanenten Krise. Andererseits ist er wie andere Ökonomen froh, das überhaupt miterleben zu dürfen: „Vor allem die letzten zwei Jahre hatten historische Dimensionen und werden sicher noch in künftigen Geschichtsbüchern diskutiert.“ Und dann, ohne es zu merken, wagt er doch wieder eine Prognose: „Glauben Sie mir: Die nächsten Monate werden noch historischer.“ (* Die vielleicht bekanntesten deutschen Ökonomen, der Wirtschaftsweise Peter Bofinger und Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn, wollten sich auf dapd-Anfrage nicht zu ihren Krisenerfahrungen äußern. Beide arbeiten gerade hoch konzentriert an neuen Büchern, die demnächst erscheinen sollen. Was sie deshalb brauchen, ist das, was sie sonst kaum haben. Bofinger fasst es in drei Worten zusammen: „Zeit zum Innehalten.“) © 2012 AP. All rights reserved (Politik/Politik)