Berlin/München (dapd). Im Streit um reservierte Plätze im NSU-Prozess gerät jetzt die Türkei in die Kritik. Der CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz rief am Dienstag türkische Politiker zu Mäßigung auf und forderte mehr Vertrauen in den deutschen Rechtsstaat. Der thüringische FDP-Generalsekretär Patrick Kurth wies die Forderung der Türkei zurück, auch türkische Politiker als Prozessbeobachter zuzulassen. Das Oberlandesgericht München reagierte zunächst nicht auf den erheblichen politischen Druck von allen Seiten vom Osterwochenende. Vor dem OLG muss sich ab 17. April die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe verantworten. Daneben angeklagt sind vier mutmaßliche Helfer des Nationalsozialistischen Untergrunds. Dem NSU werden Morde an neun ausländischstämmigen Kleinunternehmern und einer Polizistin angelastet. Für den Prozess wurden nur 50 Journalisten mit festen Plätzen zugelassen. Entscheidend war die Reihenfolge der Anmeldung. Medienvertreter aus der Türkei und Griechenland, woher neun NSU-Opfer stammen, erhielten keine reservierten Plätze. Für Polenz schießt Türkei über das Ziel hinaus Polenz sagte am Dienstag im ZDF: „Ich fand zwar auch, dass die Vergabe der Plätze nicht besonders geschickt und mit viel Fingerspitzengefühl vorgenommen worden ist, weil kein türkisches Medium einen gesicherten Platz bekommen hat.“ Das hätte sicherlich anders geregelt werden können. „Aber daraus jetzt zu folgern, dass der ganze Prozess nicht fair und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen verlaufe, das schießt weit über das Ziel hinaus“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag. „Die Türkei hat allen Grund, auch Vertrauen in den deutschen Rechtsstaat zu setzen, vor allem auch in die deutsche Justiz.“ Über die Osterfeiertage hatte sich die türkische Regierung in den Streit eingeschaltet. Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu telefonierte mit seinem deutschen Kollegen Guido Westerwelle (FDP). Ankara fordert, dass sowohl Vertreter des türkischen Staates als auch der türkischen Medien als Beobachter am NSU-Prozess teilnehmen können. „Gewaltenteilung gilt auch für den NSU-Prozess“ Die Forderung nach türkischen Abgeordneten als Prozessbeobachter wies der thüringische FDP-Generalsekretär Patrick Kurth zurück. „Es gibt kein grundsätzliches Recht für Politiker auf Teilnahme an einem Prozess – das ist auch für deutsche Abgeordnete schwierig“, sagte Kurth der „Mitteldeutschen Zeitung“ (Online). Kurth, der auch dem NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages angehört, fügte hinzu: „Die Gewaltenteilung wird in diesem Land verteidigt und gilt auch für den NSU-Prozess. Gerichte sind unabhängig.“ Abgeordnete kontrollierten die Regierung, nicht die Gerichte. Dies ändere aber nichts daran, dass Gerichtsprozesse höchsten Anforderungen an Transparenz genügen müssten. Live-Übertragung in benachbarten Saal vorgeschlagen Der bayerische SPD-Rechtsexperte Franz Schindler sprach sich für eine Live-Übertragung des NSU-Prozesses in einen benachbarten Gerichtssaal aus. Er sehe hier keine rechtlichen Bedenken, sagte der Schwandorfer Politiker dem Bayerischen Rundfunk. Einzige Bedingung dafür sei aber, dass die Übertragung nur für ein ausgewähltes Publikum, etwa akkreditierte Journalisten, zu sehen sei. Das Oberlandesgericht München lehnt eine Live-Übertragung des Prozesses bisher ab. Für eine erneute Stellungnahme war das Gericht am Dienstag zunächst nicht zu erreichen. dapd (Politik/Politik)
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SPD-Rechtsexperte für Live-Übertragung des NSU-Prozesses
München/Schwandorf (dapd). Der SPD-Rechtsexperte Franz Schindler hat sich für eine Live-Übertragung des NSU-Prozesses in einen benachbarten Gerichtssaal ausgesprochen. Er sehe hier keine rechtlichen Bedenken, sagte der Schwandorfer Politiker dem Bayerischen Rundfunk am Dienstag. Einzige Bedingung dafür sei aber, dass die Übertragung nur für ein ausgewähltes Publikum, etwa akkreditierte Journalisten, zu sehen sei. Schindler äußerte Verständnis dafür, dass die Türkei auch für Prozessbeobachter ihrer Regierung garantierte Sitzplätze einfordert. Im umgekehrten Fall würde auch die Bundesrepublik darauf Wert legen, dass offizielle Vertreter Deutschlands an einem solchen Prozess teilnehmen könnten, sagte der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses im Bayerischen Landtag. Das Oberlandesgericht München lehnt eine Live-Übertragung des Prozesses bisher ab. Für eine erneute Stellungnahme war das Gericht am Dienstag zunächst nicht zu erreichen. Vor dem OLG muss sich ab 17. April die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe verantworten. Daneben angeklagt sind vier mutmaßliche Helfer des Nationalsozialistischen Untergrunds. Dem NSU werden Morde an neun ausländischstämmigen Kleinunternehmern und einer Polizistin angelastet. Für den Prozess wurden nur 50 Journalisten mit festen Plätzen zugelassen. Entscheidend war die Reihenfolge der Anmeldung. Medienvertreter aus der Türkei und Griechenland, woher neun NSU-Opfer stammen, erhielten keine reservierten Plätze. dapd (Politik/Politik)
NSU-Prozess: Kurth weist Türkei auf Unabhängigkeit des Gerichts hin
Halle (dapd-lth). Der thüringische FDP-Generalsekretär Patrick Kurth hat die Forderung der Türkei zurückgewiesen, auch türkische Politiker als Beobachter beim NSU-Prozess zuzulassen. „Es gibt kein grundsätzliches Recht für Politiker auf Teilnahme an einem Prozess – das ist auch für deutsche Abgeordnete schwierig“, sagte Kurth der „Mitteldeutschen Zeitung“ (Online-Ausgabe). Kurth, der dem NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages angehört, fügte hinzu: „Die Gewaltenteilung wird in diesem Land verteidigt und gilt auch für den NSU-Prozess. Gerichte sind unabhängig.“ Abgeordnete kontrollierten die Regierung, nicht die Gerichte. Dies ändere aber nichts daran, dass Gerichtsprozesse höchsten Anforderungen an Transparenz genügen müssten. Über die Osterfeiertage hatte sich die türkische Regierung in die Debatte eingeschaltet. Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu telefonierte mit seinem deutschen Kollegen Guido Westerwelle (FDP). Ankara fordert, dass sowohl Vertreter des türkischen Staates als auch der türkischen Medien als Beobachter am NSU-Prozess im Oberlandesgericht München teilnehmen können. Dort muss sich ab 17. April die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe verantworten. Daneben angeklagt sind vier mutmaßliche Helfer des Nationalsozialistischen Untergrunds. Dem NSU werden Morde an neun ausländischstämmigen Kleinunternehmern und einer Polizistin angelastet. Für den Prozess wurden nur 50 Journalisten mit festen Plätzen zugelassen. Entscheidend war die Reihenfolge der Anmeldung. Medienvertreter aus der Türkei und Griechenland, woher neun NSU-Opfer stammen, erhielten keine reservierten Plätze. dapd (Politik/Politik)
Wirtschaft macht wegen Energiewende Druck bei Merkel
Berlin/München (dapd). Die Wirtschaft kritisiert das stümperhafte Vorgehen der Bundesregierung bei der Umsetzung der Energiewende. Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo, warnte an Ostern vor einer weiteren Verunsicherung von Investoren. Der Chef des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW), Mario Ohoven, verlangte eine rasche Senkung der Stromsteuer. Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) lehnte dies als unzureichend ab und warf den Ländern Egoismus vor. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt hatte bereits am Freitag den Verlauf der Energiewende als enttäuschend bezeichnet und eine niedrigere Stromsteuer verlangt. Grillo sagte nun der „Welt am Sonntag“: „Bei der Energiewende muss einiges anders laufen.“ Das Management sei „nach wie vor nicht so, wie es sein sollte und sein könnte“. Der BDI-Präsident fügte hinzu: „Es tut weh, dass die Politik Investoren verunsichert.“ Er kritisierte: „Entscheidungen werden verzögert und verschleppt. Dadurch bleiben zu viele Fragen offen – etwa die der Bezahlbarkeit und der Kosteneffizienz.“ Es müsse für intelligente Rahmenbedingungen bei der Energiewende gesorgt werden. Ohoven verlangt spürbare Entlastung der Betriebe Ohoven verlangte in einem dapd-Interview, Betriebe und Bürger müssten endlich spürbar entlastet werden. Es stehe „die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland auf dem Spiel“. Er begrüßte zugleich den jüngsten Vorstoß von CSU-Chef Horst Seehofer für eine niedrigere Stromsteuer. „Frau Merkel sollte über ihren parteipolitischen Schatten springen“, mahnte Ohoven. Wenn die SPD für eine Senkung der Stromsteuer eintrete, müsse Merkel als CDU-Chefin nicht automatisch dagegen sein. Kostendruck steigt von Jahr zu Jahr Umweltminister Altmaier beurteilt die Senkung der Stromsteuer allerdings skeptisch. Damit sei das Kostenproblem nicht zu lösen. „Wir haben es mit einer Kostendynamik von zwei bis vier Milliarden Euro jährlich zu tun“, sagte er der „Welt“ (Dienstagausgabe). „Selbst wenn man den Vorschlägen der Bundesländer folgen würde, wäre das Problem gerade mal um ein Jahr verschoben.“ Der CDU-Politiker erinnerte daran, dass die Strompreise in den vergangenen drei Jahren für private Haushalte um etwa 20 Prozent und für Unternehmen um etwa 25 Prozent gestiegen seien. „Je länger wir warten, desto größer wird der Kostendruck werden“, sagte der Bundesumweltminister. Kritik am Egoismus der Länder Altmaier tadelte die Eigennützigkeit der Länder bei der Energiewende. „Die Bundesländer interessieren sich in erster Linie für die Anliegen ihrer eigenen Unternehmen. Erst in zweiter Linie fragen sie, wie das alles zu einem Gesamtkonzept passt“, klagte der Minister. Die Energiewende könne aber nur gelingen, wenn die Länder Abstriche machten. Der letzte Energiegipfel habe aber gezeigt, dass „viele noch nicht so weit sind“. Der bayerische Umweltminister Marcel Huber (CSU) forderte dagegen die Kanzlerin zum Einlenken auf. Er sagte in einem dapd-Interview: „Wir brauchen Sofortmaßnahmen, um die Bürger vor steigenden Strompreisen zu schützen.“ Der Verzicht auf einen Teil der Stromsteuer bedeute „bares Geld für die Verbraucher“. Auch der saarländische Energieminister Heiko Maas (SPD) pochte auf die Senkung der Stromsteuer. Ohne eine direkte finanzielle Entlastung der Bürger sei die öffentliche Akzeptanz der Energiewende gefährdet, sagte Maas in Saarbrücken. Die schwarz-gelbe Bundesregierung müsse ihren Widerstand gegen die von den Ländern geforderte Steuersenkung aufgeben. Nur so sei der Energiekonsens noch vor der Bundestagswahl im Herbst realisierbar. Auch Sozialverbände besorgt Besorgnis herrscht auch bei den Sozialverbänden. Der Präsident des Sozialverbands Deutschland (SoVD), Adolf Bauer, sagte der Nachrichtenagentur dapd: „Für immer mehr Menschen werden die steigenden Energiepreise zur Kostenfalle.“ Notwendig seien verbindliche Sozialtarife für die Bezieher niedriger Einkommen. Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Ulrich Schneider, verlangte spürbare finanzielle Hilfen für Einkommensschwache. Die Energiewende dürfe „nicht zur weiteren Spaltung dieser Gesellschaft in Arm und Reich führen“. dapd (Politik/Politik)
Pharmakonzern Novartis verliert wegweisenden Patentstreit in Indien
Neu-Delhi/Berlin (dapd). Nach einem jahrelangen Rechtsstreit hat Indiens Oberster Gerichtshof am Montag eine Patentklage des Pharmakonzerns Novartis endgültig abgeschmettert und damit ein wegweisendes Urteil sowohl für Medikamentenhersteller als auch für Patienten gefällt. Die Richter der höchsten Instanz verweigerten dem Schweizer Unternehmen den Patentschutz für sein Krebsmittel Glivec, um den Novartis seit 2006 erbittert gekämpft hatte, wie der Konzern und das Gericht am Montag in Neu-Delhi mitteilten. Damit bleibt das Medikament in Indien, einem stark wachsenden und lukrativen Markt für internationale Pharmahersteller, patentfrei. Es darf demnach von einheimischen Firmen kopiert und günstiger als das Original von Novartis als Generikum verkauft werden. Die Schweizer bekommen damit ihre Kosten für Forschung und Entwicklung des Krebsmittels wohl kaum herein. Dagegen wird für Patienten im armen Indien das Medikament erschwinglicher, was die Behörden unterstützen. Schon vor Novartis hatten andere westliche Pharmakonzerne wie Roche oder Bayer im Kampf um Exklusivrechte für Medikamente in Indien juristische Niederlagen kassiert. Die Firmen müssen befürchten, ohne Patentrechte beim rasanten Wachstum des indischen Marktes für Medikamente zu kurz zu kommen. Das Gericht argumentierte im Fall Novartis, der Hauptwirkstoff des Krebsmedikaments sei nicht neu genug. Er sei lediglich eine geringfügig veränderte Version einer schon bekannten Substanz und habe nicht die für ein neues Patent gesetzlich geforderte „erhöhte therapeutische Wirksamkeit“. Das Gesetz soll verhindern, dass Pharmafirmen neue Patente auch für nur minimal veränderte Mittel bekommen. Novartis hielt dagegen, das neue Mittel sei „ein bahnbrechendes Medikament“ mit Patenten in fast 40 anderen Staaten. Indien verletze Vorschriften der Welthandelsorganisation zum Schutz von Patenten. Die Entscheidung des Gerichts nannte Novartis „einen Rückschlag für Patienten“. Sie behindere den medizinischen Fortschritt bei der Bekämpfung von Krankheiten. Innovationen müssten durch Patente anerkannt werden, um Firmen zu Investitionen zu ermuntern, erklärte der Konzern. Dagegen begrüßte die internationale Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen den höchstrichterlichen Spruch, der einer Einschätzung der indischen Patentbehörde von 2006 folgte. Die Entscheidung sei „ein wichtiger Erfolg für Patienten in ärmeren Ländern“ und habe den Zugang zu bezahlbaren Medikamenten vor unternehmerische Profite gestellt, erklärte die Organisation in Berlin. Ein Erfolg von Novartis hätte die Produktion von Generika in Indien stark behindert. Ärzte ohne Grenzen erwartet von dem Urteil aus Indien eine Signalwirkung. „Wir hoffen jetzt, dass möglichst viele ärmere Länder dem indischen Beispiel folgen und entsprechende Klauseln in ihre Patentgesetze aufnehmen“, erklärte die Organisation. dapd (Wirtschaft/Politik)
Altmaier beklagt Egoismus der Länder bei der Energiewende
Berlin/München (dapd). Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) hat die Eigennützigkeit der Länder bei der Energiewende getadelt. „Die Bundesländer interessieren sich in erster Linie für die Anliegen ihrer eigenen Unternehmen. Erst in zweiter Linie fragen sie, wie das alles zu einem Gesamtkonzept passt“, sagte Altmaier der „Welt“ (Dienstagausgabe). Die Bundesländer müssten bereit sein, Abstriche zu machen, sagte Altmaier. Nur dann könne die Energiewende gelingen. Der letzte Energiegipfel habe gezeigt, dass „viele noch nicht so weit sind“. Der Umweltminister rief dazu auf, seinem Vorschlag zur Begrenzung der Strompreise doch noch zuzustimmen. „Wir müssen dringend zu einer Gesamtlösung kommen“, sagte er. „Solange dieser Bundestag arbeitet, werde ich für mein Konzept einer Strompreisbremse kämpfen.“ Eine Senkung der Stromsteuer beurteilte Altmaier skeptisch. Damit sei das Kostenproblem nicht zu lösen. „Wir haben es mit einer Kostendynamik von zwei bis vier Milliarden Euro jährlich zu tun“, sagte er. „Selbst wenn man den Vorschlägen der Bundesländer folgen würde, wäre das Problem gerade mal um ein Jahr verschoben.“ Der CDU-Politiker erinnerte daran, dass die Strompreise in den vergangenen drei Jahren für private Haushalte um etwa 20 Prozent und für Unternehmen um etwa 25 Prozent gestiegen seien. „Je länger wir warten, desto größer wird der Kostendruck werden“, sagte der Bundesumweltminister. dapd (Politik/Politik)
Unmut in der FDP über die Union
München/Berlin (dapd). In der FDP gibt es Unmut über das Erscheinungsbild der Union. Der bayerische Wirtschaftsminister und FDP-Spitzenkandidat Martin Zeil sagte am Montag in einem dapd-Interview, der Einsatz von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Euro-Schuldenkrise sei zwar zu loben. Er sehe aber „die Kanzlerin sehr wohl in der Verantwortung, endlich wichtige innenpolitische Themen weiter voranzubringen“. Zeil mahnte: „Die CDU wird mittelfristig nicht damit durchkommen, nur auf die Beliebtheit der Kanzlerin zu setzen. Auch konservative Wähler verlangen von einer Bundesregierung, dass sie ihre gesamte Energie nicht nur für die Rettung Europas verwendet.“ Der FDP-Politiker verlangte von der Union unter anderem „mehr Realitätssinn und mehr Wahrhaftigkeit“ in der Rentenpolitik. Er kritisierte: „Auch so schöne Begriffe wie ‚Mütterrente‘ oder ‚Lebensleistungsrente‘ können nicht darüber hinwegtäuschen, dass für solche neuen Umverteilungsversprechungen momentan kein Geld da ist.“ Zudem handele es sich vor allem bei der geplanten Lebensleistungsrente um ein „bürokratisches Monster“. Zeil fügte hinzu, er sei zwar für eine bessere Anerkennung von Kindererziehungszeiten und Pflegezeiten. Dies könne aber „als versicherungsfremde Leistung nur durch alle Steuerzahler finanziert werden“. Auch könne dies nur schrittweise geschehen, „weil angesichts des vorrangigen Schuldenabbaus dafür schlicht und einfach keine zweistelligen Milliardenbeträge zur Verfügung stehen“. Der FDP-Politiker fügte hinzu: „Wäre die Union nicht so auf die Einführung neuer Transferleistungen wie das höchst umstrittene Betreuungsgeld versessen gewesen, könnte man die dafür benötigten Milliarden zum Beispiel für eine bessere Anrechnung der Kindererziehungs- und Pflegezeiten einsetzen.“ Wirtschaft sieht kein solides Finanzierungskonzept Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) forderte von CDU und CSU ebenfalls einen Verzicht auf die Lebensleistungsrente. Auch der Plan für eine verstärkte Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten für Geburten vor 1992 bei der Rente sei falsch, sagte vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt der Nachrichtenagentur dapd. In beiden Fällen fehle ein solides Finanzierungskonzept. Brossardt kritisierte zudem: „Die Pläne verwässern den Zusammenhang zwischen erbrachter Beitragsleistung und der späteren Rentenhöhe.“ Dies führe „zu mehr Ungerechtigkeit im System“. Der vbw-Hauptgeschäftsführer warnte vor „teuren und dem Arbeitsmarkt schadenden Wahlgeschenken“. So dürfe es keine gesetzlichen Mindestlöhne geben. Brossardt mahnte ferner: „Wir können es uns nicht leisten, Reformen auf die lange Bank zu schieben. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, bräuchten wir beispielsweise eine weitere Flexibilisierung auf dem Arbeitsmarkt.“ dapd (Politik/Politik)
Industrie fordert Energiewende aus einem Guss
Berlin (dapd). Die deutsche Industrie wirft der Bundesregierung Missmanagement bei der Energiewende vor. „Wir haben zu viele Köche, die im Brei herumrühren“, sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo, der „Welt am Sonntag“. In einem Unternehmen hätte es längst eine einheitliche Projektleitung gegeben. Aber auch in der Politik sei so etwas möglich. Das zeige das Beispiel der Treuhandanstalt für die Transformation der ostdeutschen Wirtschaft nach der Wiedervereinigung. „Das war sicher nicht alles erfolgreich, aber das Management lag in einer Hand“, erklärte Grillo. Derzeit würden bei der Energiewende nach der politisch beschlossenen Abkehr von der Atomkraft Entscheidungen verzögert und verschleppt. „Letztlich gibt es doch 17 Energiewenden: eine auf Bundesebene und 16 in den jeweiligen Bundesländern“, sagte Grillo. „So kann das nicht funktionieren.“ Zu viele Fragen blieben offen, etwa die der Bezahlbarkeit und Kosteneffizienz. „Eine Energiewende aus einem Guss ist eine große Chance für die deutsche Industrie“, sagte Grillo. Denn nach Berechnungen des BDI würden dadurch bis 2030 Investitionen in der Größenordnung von 350 Milliarden Euro angeschoben, sei es für die Erzeugung der Energie oder für die notwendigen Netze und Speicher. „Das sind 200 Milliarden Euro mehr als ohne Energiewende“, erklärte der Verbandschef. Grillo warnte zugleich davor, die Entlastungen bei den Stromkosten für die energieintensiven Branchen zurückzunehmen. „Das ist ein Spiel mit dem Feuer“, sagte er. Die energieintensive Industrie sei bereits an der Grenze der Belastbarkeit angekommen, ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit sei „höchst gefährdet“. Während Grillo mit der Politik zur Energiewende haderte, lobte er die Haltung der schwarz-gelben Regierung in der Eurokrise. „Die Positionen der Bundesregierung sind nicht bequem, aber sie bringen Europa voran“, sagte er. „Deshalb muss die Kanzlerin in der Sache hart bleiben.“ Der Erhalt des Euro sei wichtig. „Die Rückkehr zur D-Mark wäre ein echtes Problem für unsere Wettbewerbsfähigkeit“, erklärte der BDI-Chef. „Dann ließe sich die hohe Beschäftigung in Deutschland nicht einmal ansatzweise aufrechterhalten.“ dapd (Politik/Politik)
Sozialverbände fordern verstärkten Kampf gegen Armut
Berlin (dapd). Der Ruf aus den Sozialverbänden nach einem verstärkten Kampf gegen die Armut in Deutschland wird lauter. Die VdK-Präsidentin Ulrike Mascher kritisierte am Montag, das Armutsrisiko steige bereits seit Jahren. Es gerieten auch „immer mehr Rentner in Not“. Der Präsident des Sozialverbands Deutschland (SoVD), Adolf Bauer, sagte der Nachrichtenagentur dapd: „Jahrelanger Sozialabbau und fehlende Reformen für mehr Verteilungsgerechtigkeit haben in Deutschland tiefe Spuren hinterlassen.“ Die Angst vor Armut reiche inzwischen bis in die Mittelschicht. Die sei für eines der wohlhabendsten Länder der Welt ein regelrechtes Armutszeugnis. Bauer verlangte ein „umfassendes Programm gegen soziale Ausgrenzung und für mehr Verteilungsgerechtigkeit“. Er äußerte sich zugleich besorgt über den Verlauf der Energiewende: „Für immer mehr Menschen werden die steigenden Energiepreise zur Kostenfalle.“ Dies könne „im schlimmsten Fall eine Stromsperre nach sich ziehen, die dann die Betroffenen von der übrigen Gesellschaft abkapselt“. Bauer forderte deshalb verbindliche Sozialtarife für die Bezieher niedriger Einkommen. Sollte dies nicht reichen, müsse auch über einen Energiekostenzuschuss nachgedacht werden. Mascher verweist auf drohende Altersarmut Mascher verwies insbesondere auf „die drohende Altersarmut in Deutschland“. Sie kritisierte in einem dapd-Interview: „Niedriglöhne, unterbrochene Erwerbsbiografien und vorzeitiger Rentenbeginn wegen Krankheit oder Arbeitslosigkeit sowie die Dämpfungsfaktoren in der Rentenformel lassen die Altersrenten seit Jahren schrumpfen.“ Die VdK-Präsidentin forderte ferner von der Bundesregierung ein rasches Handeln bei den sogenannten Mütterrenten. Es müsse für eine verstärkte Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten für Geburten vor 1992 gesorgt werden. Mascher mahnte: „Gerade ältere Mütter, die heute in Rente sind, sind häufig von Altersarmut betroffen. Sie hatten jedoch oft keine Chance, sich aus eigener Kraft eine höhere Rente zu erwirtschaften, weil es kaum Kinderbetreuungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten für Mütter gab.“ Ein wichtiges Thema der Zukunft seien für die Politik zudem die Herausforderungen der Pflege.“ Pflegebedürftigkeit dürfe „nicht länger ein finanzieller Schrecken des Alters sein“. Deshalb müsse „endlich eine echte Pflegereform auf die Schienen gesetzt werden“, verlangte Mascher. dapd (Politik/Politik)
Wirtschaft verstärkt Druck auf Merkel bei Energiewende
Berlin/München (dapd). Die Kritik aus der Wirtschaft an dem Vorgehen der Bundesregierung bei der Energiewende wird heftiger. Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo, warnte an Ostern vor einer weiteren Verunsicherung von Investoren. Der Chef des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW), Mario Ohoven, verlangte eine rasche Senkung der Stromsteuer. Auch die CSU verstärkte den Druck auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Besorgnis herrscht zudem bei den Sozialverbänden. Der Präsident des Sozialverbands Deutschland (SoVD), Adolf Bauer, sagte der Nachrichtenagentur dapd: „Für immer mehr Menschen werden die steigenden Energiepreise zur Kostenfalle.“ Notwendig seien verbindliche Sozialtarife für die Bezieher niedriger Einkommen. Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Ulrich Schneider, verlangte spürbare finanzielle Hilfen für Einkommensschwache. Die Energiewende dürfe „nicht zur weiteren Spaltung dieser Gesellschaft in Arm und Reich führen“. Schneider warnte: „Wer dies außer Acht lässt, gefährdet das gesamte Projekt.“ Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt hatte bereits am Freitag den Verlauf der Energiewende als enttäuschend bezeichnet und eine niedrigere Stromsteuer verlangt. Grillo sagte nun der Zeitung „Welt am Sonntag“: „Bei der Energiewende muss einiges anders laufen.“ Das Management sei „nach wie vor nicht so, wie es sein sollte und sein könnte“. Der BDI-Präsident fügte hinzu: „Es tut weh, dass die Politik Investoren verunsichert.“ Er kritisierte: „Entscheidungen werden verzögert und verschleppt. Dadurch bleiben zu viele Fragen offen – etwa die der Bezahlbarkeit und der Kosteneffizienz.“ Es müsse für intelligente Rahmenbedingungen bei der Energiewende gesorgt werden. Ohoven verlangt spürbare Entlastung der Betriebe Ohoven verlangte in einem dapd-Interview, Betriebe und Bürger müssten endlich spürbar entlastet werden. Es stehe „die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland auf dem Spiel“. Er begrüßte zugleich den jüngsten Vorstoß von CSU-Chef Horst Seehofer für eine niedrigere Stromsteuer. Ohoven mahnte: „Frau Merkel sollte über ihren parteipolitischen Schatten springen.“ Wenn die SPD für eine Senkung der Stromsteuer eintrete, müsse Merkel als CDU-Chefin nicht automatisch dagegen sein. Auch Bayerns Umweltminister Marcel Huber (CSU) forderte die Kanzlerin zum Einlenken auf. Er sagte in einem dapd-Interview: „Wir brauchen Sofortmaßnahmen, um die Bürger vor steigenden Strompreisen zu schützen.“ Der Verzicht auf einen Teil der Stromsteuer bedeute „bares Geld für die Verbraucher“. Michelbach warnt vor „Konjunkturrisiko“ Der Vorsitzende der Mittelstands-Union der CSU, Hans Michelbach, warnte: „Die Energiepreise dürfen nicht zum Konjunkturrisiko werden.“ Notwendig sei deshalb eine vorübergehende Senkung der Stromsteuer. Michelbach, der auch Vizechef der CDU/CSU-Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung ist, fügte in einem dapd-Interview hinzu: „Das ist angesichts der schändlichen rot-rot-grünen Blockade im Bundesrat nach derzeitigem Stand das einzige Mittel, um den Preisauftrieb bei Strom kurzfristig zu dämpfen.“ Auch der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), Bertram Brossardt, forderte ein schnelles Vorgehen gegen den Anstieg der Strompreise. Noch immer fehle es an konkreten Maßnahmen, um die Kostenspirale zu stoppen. dapd (Wirtschaft/Politik)