Berlin (dapd). Der frühere Bundesinnenminister und Ex-RAF-Anwalt Otto Schily hat das Bemühen von Michael Buback gewürdigt, den Mord an seinem Vater aufzuklären. „Dass Herr Buback sich müht, die Wahrheit über den Tod seines Vaters zu ergründen, dafür habe ich großes Verständnis und Respekt“, sagte Schily am Freitag der Nachrichtenagentur dapd. Hintergrund ist der Prozess gegen die frühere RAF-Terroristin Verena Becker im Fall des ermordeten früheren Generalbundesanwalts Siegfried Buback. Dieser war von der sogenannten Roten Armee Fraktion im Jahre 1977 erschossen worden. Die Mörder sind bis heute nicht bekannt. Becker wurde allerdings am Freitag wegen Beihilfe zum Buback-Mord zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt. Die vor Gericht geladenen Zeugen aus der ehemaligen RAF-Szene hatten allesamt geschwiegen, als sie nach den Tätern gefragt wurden. Schily, der in den 70er Jahren als Verteidiger in verschiedene RAF-Prozesse involviert war, hält das Schweigen allerdings für rechtmäßig. „Für die Aufarbeitung wäre es sicherlich hilfreich, wenn wir neue Erkenntnisse durch Zeugenaussagen gewännen“, sagte der SPD-Politiker. „Doch wir sollten nicht das Recht aufheben, dass sich niemand vor Gericht selbst belasten muss.“ Schily betonte, es gebe „ein Schweigerecht – und das halte ich für einen rechtsstaatlichen Fortschritt“. Bestimmte rechtsstaatliche Grundsätze, an die die Wahrheitsfindung gebunden sei, dürften keinesfalls aufgegeben werden. „Wenn wir nur ein bisschen daran rütteln, droht die rechtsstaatliche Architektur einzustürzen.“ Die Gesellschaft müsse es „aushalten können, wenn wir bei Gericht nicht alles erfahren, auch wenn dies – wie im Fall Buback – eine sehr schmerzhafte Erfahrung sein kann“, sagte Schily. dapd (Politik/Politik)
Schlecker-Insolvenz könnte die Steuerzahler teuer zu stehen kommen
Frankfurt/Main (dapd). Die Insolvenz der Drogeriekette Schlecker könnte den Staat auf Jahressicht einen weiteren dreistelligen Millionenbetrag kosten. Viele der 25.000 früheren Schlecker-Beschäftigten werden länger auf staatliche Hilfe angewiesen sein, weil die Chancen auf dem Arbeitsmarkt schlecht seien, wie die „Frankfurter Rundschau“ am Freitag berichtete. Der SB-Warenhausbetreiber Real zeigt unterdessen Interesse an der Übernahme von früheren Schlecker-Mitarbeitern. Die Gewerkschaft ver.di will die baden-württembergischen Landesregierung für einen letzten Versuch zur Rettung von Schlecker-Filialen gewinnen. Der „Frankfurter Rundschau“ zufolge teilte die Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion mit, dass im Mai 296.000 Arbeitssuchende mit dem Berufswunsch Verkäufer bei der Bundesagentur für Arbeit geführt worden seien. Die Agentur habe zu diesem Zeitpunkt aber lediglich 27.000 entsprechende Stellen im Angebot gehabt, mehr als zwei Drittel davon in Teilzeit. Finden 10.000 arbeitslos gewordene Menschen ein Jahr lang keinen neuen Job, so würde das die Steuerzahler nach den Angaben der Bundesregierung bis zu 189 Millionen Euro kosten. Bis Mitte Juni hatte die Arbeitsagentur bereits mehr als 130 Millionen Euro an Insolvenzgeld und Sozialabgaben für die ehemaligen Beschäftigten der Ketten Schlecker und des Tochterunternehmens Ihr Platz ausgezahlt. Real-Personalchef Andreas Schrödinger sagte den Zeitungen der Essener WAZ-Gruppe: „Wer bei Schlecker gearbeitet hat, bringt in der Regel gute Voraussetzungen für einen Arbeitsplatz bei Real mit.“ Trotz der vielen Arbeitssuchenden fänden sich in einigen Bereichen nicht genug geeignete Fachkräfte. Vereinzelt habe es schon Anstellungen von ehemaligen Schlecker-Mitarbeitern gegeben. Real beschäftigt in Deutschland rund 45.000 Mitarbeiter an 316 Standorten. Die baden-württembergische ver.di-Landesbezirksleiterin Leni Breymaier sagte der „Stuttgarter Zeitung“, die Gewerkschaft sei mit der Stuttgarter grün-roten Regierung im Gespräch darüber, ob manche Geschäfte mithilfe eines Genossenschaftsmodells weiter betrieben werden können. Dabei soll es um die Filialen gehen, die im vergangenen Jahr einen Jahresumsatz von 500.000 Euro erwirtschaftet haben. Wie Breymaier der Nachrichtenagentur dapd sagte, handelt es sich in Baden-Württemberg um rund 240, im Bund um 600 „Top-Filialen“. Auch die Dorfläden sind im Gespräch. Als mögliche Teilhaber nannte Breymaier die Kommunen, denen jetzt ein Laden fehle. „Ich erwarte von der Landesregierung, dass sie hier hilft, dass sie gegebenenfalls bürgt, damit auch Lieferanten gefunden werden“, sagte sie. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Datev will seinen Umsatz 2012 um fast vier Prozent steigern
Nürnberg (dapd). Die gute Entwicklung am Arbeitsmarkt hat dem Softwaredienstleister Datev 2011 das zehnte Jahr in Folge ein Umsatzwachstum beschert. Von der höheren Beschäftigungsquote profitierten die Programme zur Lohnabrechnung, sagte der Datev-Vorstandsvorsitzende Dieter Kempf auf der Jahrespressekonferenz am Freitag in Nürnberg. Die Erlöse der Genossenschaft, die Software und IT-Dienstleistungen für Anwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sowie Unternehmen, Kommunen und Institutionen anbietet, stiegen im Vergleich zu 2010 um 4,6 Prozent auf 730,8 Millionen Euro und erzielten damit ein stärkeres Wachstum als die Branche (3,1 Prozent). Im ersten Halbjahr setzte sich der Wachstumskurs mit einem Umsatzplus um 3,1 Prozent auf 382,6 Millionen Euro fort. „Wir sind ganz hervorragend ist neue Geschäftsjahr gestartet“, sagte Kempf und erwartet für das Gesamtjahr ein Umsatzwachstum von fast vier Prozent. Das Betriebsergebnis verringerte sich 2011 indes durch Investitionen in Entwicklung und Vertrieb der neuen Produktlinie „Datev pro“, auf die bis März 2012 knapp 32.000 Kanzleien und rund 92.000 Unternehmen umgestiegen sind, um 5,7 Prozent auf 38,3 Millionen Euro, wie Finanzvorstand Michael Leistenschneider erklärte. Diese Umstellung werde das Ergebnis auch im laufenden Jahr noch belasten, betonte er. Vom Betriebsergebnis sollen 30,5 (Vorjahr 32,1) Millionen Euro als genossenschaftliche Rückvergütung an die Mitglieder ausgeschüttet werden. Der verbleibende Jahresüberschuss von 3,4 (3,9) Millionen Euro wird den Rücklagen zugeführt. Datev ist eigenen Angaben nach gemessen am Umsatz das viertgrößte Softwareunternehmen in Deutschland, nach Microsoft Deutschland, SAP und Oracle Deutschland. Die Zahl seiner Mitglieder stieg zum Jahresende 2011 um 15 auf 39.771, der Mitarbeiterbestand um 266 auf 6.110. Im laufenden Jahr sollen insgesamt weitere 340 Beschäftigte neu eingestellt werden. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
NRW-CDU fordert neuen Anlauf für europäische Verfassung
Düsseldorf (dapd). Nach ihrem Debakel bei der Landtagswahl im Mai sucht die nordrhein-westfälische CDU nach neuen Themen. Dazu gehört unter anderem ein klar pro-europäisches Profil. Parteichef Armin Laschet unterstrich dies am Freitag mit der Forderung nach einem erneuten Anlauf für eine europäische Verfassung. „Dieser Prozess muss jetzt beginnen“, sagte der CDU-Politiker in Düsseldorf. Der Kontinent stehe möglicherweise vor einem „Wendepunkt der europäischen Geschichte“, der nur mit weiteren Schritten hin zu einer politischen Union begleitet werden könne. In einer Verfassung solle klar festgehalten werden, „das darf Europa und das darf Europa nicht“. Zudem müsse ein EU-Präsident direkt vom Volk gewählt werden. „Ich will, dass die Bürger selbst entscheiden, wer an der Spitze ist“, sagte Laschet. Dass durch eine Verfassung auch Kompetenzen auf die europäische Ebene abgegeben werden müssten, sieht Laschet nicht als Problem an. Die Bürger interessierten sich nicht dafür, wer welche Zuständigkeiten habe, sondern ob etwas funktioniere, sagte der CDU-Politiker. Dazu gehöre unter anderem die Bekämpfung der internationalen Kriminalität, die am wirksamsten von einer europäischen Polizeistelle geleitet werden könne. Vor mehr als zehn Jahren wurde auf EU-Ebene bereits der Versuch einer Verfassung gestartet. 2004 unterzeichneten die Staats- und Regierungschefs der damals 25 EU-Mitgliedsstaaten den von einem Konvent ausgearbeiteten Verfassungsvertrag. Der Ratifizierungsprozess wurde allerdings gestoppt, nachdem es unter anderem in Frankreich und den Niederlanden gescheiterte Referenden gegeben hatte. In der Debatte über die Beschlüsse des EU-Gipfels der vergangenen Woche stellt sich die NRW-CDU hinter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Er könne nicht erkennen, dass Deutschland seine Kernpositionen aufgegeben habe, sagte Laschet. Dazu gehöre weiterhin ein Nein zur Vergemeinschaftung von Schulden. Zwischen den Staats- und Regierungschefs sei zwar hart verhandelt worden, die Gipfelbeschlüsse seien aber gut. Von dem Protest zahlreicher Wirtschaftswissenschaftler gegen die EU-Beschlüsse zur Bankenrettung hält Laschet nicht all zu viel. Zwar handele es sich dabei um einen „wichtigen Diskussionsbeitrag“. Die Haltung der NRW-CDU sei aber deutlich: „Wir brauchen mehr Europa – aber man muss es richtig machen.“ dapd (Politik/Politik)
BMW mit bestem Halbjahr der Geschichte
München (dapd). Dank starker Zuwächse in Asien und Amerika hat BMW in den ersten sechs Monaten 2012 so viele Autos verkauft wie noch nie in einem Halbjahr. Von Januar bis Juni setzte der Hersteller 900.539 Fahrzeuge seiner drei Marken BMW, Mini und Rolls-Royce ab, wie das Unternehmen am Freitag in München mitteilte. Gegenüber dem Vorjahr ist das ein Plus von 8,1 Prozent. Der Konzern liege damit „voll auf Kurs, auch im Gesamtjahr eine neue Bestmarke bei den Auslieferungen zu erzielen“, sagte Vertriebsvorstand Ian Robertson. Er kündigte an, dass BMW in der zweiten Jahreshälfte mit neuen Fahrzeugmodellen für weitere Wachstumsimpulse sorgen werde. BMW schnitt im ersten Halbjahr auch besser ab als der Konkurrent Mercedes-Benz Cars, der sich um 6,5 Prozent auf 708.517 verkaufte Fahrzeuge steigerte. Im Juni erzielte BMW mit 172.516 verkauften Autos ebenfalls einen Rekord. Der vergangene Monat war damit der zweitbeste in der Geschichte des Unternehmens. In Deutschland ging der Absatz im ersten Halbjahr im Gegensatz zum gesamten Automarkt allerdings um 0,6 Prozent auf 148.862 zurück. Branchenweit gab es einen Zuwachs um ein Prozent. Eine Sprecherin begründete dies damit, dass Kunden auf neue Modelle warteten. So kommt im September der neue BMW 3er Touring auf den Markt, auf den in Deutschland rund zwei Drittel der Neuzulassungen der 3er-Reihe entfallen. In Europa verbuchte BMW im ersten Halbjahr ein leichtes Minus von 0,1 Prozent auf 437.066 Auslieferungen. Dafür konnte der Hersteller in den anderen Regionen deutlich zulegen. In Amerika steigerte der Autohersteller seinen Absatz um 8,8 Prozent auf 194.620, in Asien sogar um 25,7 Prozent auf 237.875. Allein auf dem chinesischen Festland steigerte BMW die Zahl der Auslieferungen um 30,7 Prozent auf 158.956. Damit liegt China knapp vor dem traditionell wichtigsten ausländischen Absatzmarkt USA, wo BMW mit 158.563 verkauften Fahrzeugen ein Plus von 10,5 Prozent erzielte. Alle drei Marken des Konzerns legten im ersten Halbjahr zu: BMW um 8,3 Prozent auf 747.064, Mini um 7,0 Prozent auf 151.875 und Rolls-Royce um 0,5 Prozent auf 1.600. Motorräder der Marke BMW dagegen verkauften sich im Vergleich zum Vorjahr schlechter: Die Auslieferungen gingen um 2,3 Prozent auf 59.189 zurück. Eine Sprecherin begründete dies mit einer allgemein schwächeren Nachfrage. Die kleinere Motorradmarke des Hauses, Husqvarna, verbesserte sich um 48,3 Prozent auf 5.235. Die BMW-Aktie war schwächster Wert im DAX. Sie verlor bis zum Nachmittag mehr als drei Prozent auf 57,18 Euro. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Bundesrat billigt Warnschussarrest für jugendliche Straftäter
Berlin (dapd). Kriminelle Jugendliche sollen künftig mit einem „Warnschussarrest“ von weiteren Straftaten abgeschreckt werden. Der Bundesrat billigte am Freitag ein Gesetz, das den Richtern die Möglichkeit gibt, neben einer zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe zusätzlich bis zu vier Wochen Jugendarrest zu verhängen. Das Gesetz hat aber eine Vorlaufzeit. Der Warnschussarrest kann somit erst sechs Monate nach Verkündung des Gesetzes verhängt werden. Mit der neuen Regelung wird auch das Höchstmaß der Jugendstrafe bei Mord für Heranwachsende zwischen 18 bis 21 Jahren heraufgesetzt: Falls eine besondere Schwere der Tat festgestellt wird, können sie zu maximal 15 statt bisher 10 Jahren Haft verurteilt werden. (Informationen des Bundesjustizministeriums zum Warnschussarrest: http://url.dapd.de/h47GPI ) dapd (Politik/Politik)
Urteil über neues Wahlrecht fällt am 25. Juli
Karlsruhe (dapd). Das Bundesverfassungsgericht will am 25. Juli sein Urteil über das neue Wahlrecht verkünden. Den Termin gab das Gericht am Freitag bekannt. Das Wahlrecht war Ende 2011 geändert worden, nachdem das Bundesverfassungsgericht 2008 Teile für verfassungswidrig erklärt hatte. Aus Sicht der Beschwerdeführer wurden die früheren Mängel aber nicht beseitigt. Das neue Wahlrecht soll eigentlich bei der Bundestagswahl 2013 greifen. SPD und Grüne argumentierten bei der mündlichen Verhandlung am 5. Juni, das neue Gesetz beseitige bei Bundestagswahlen weder die umstrittenen Überhangmandate noch das sogenannte negative Stimmgewicht. Das negative Stimmgewicht ist ein paradoxer Effekt, bei dem der Gewinn von Zweitstimmen für eine Partei bei dieser Partei zu einem Sitzverlust im Bundestag führen kann – die Stimmen erhalten dann ein negatives Gewicht. Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate erzielt, als ihr nach dem Zweitstimmenanteil Sitze zustehen. dapd (Politik/Politik)
Kritik aus FDP und SPD an Kauders Elterngeld-Vorstoß
Berlin (dapd). Unions-Fraktionschef Volker Kauder bekommt für seine Forderung nach einer Überprüfung des Elterngeldes Widerspruch aus der FDP. „Seine Skepsis gegenüber dem Elterngeld hält Volker Kauder nicht davon ab, dennoch die Einführung des Betreuungsgeldes als familienpolitische Leistung mit unbekannten Nebenwirkungen zu fordern“, kritisierte der nordrhein-westfälische FDP-Landes- und Fraktionsvorsitzende Christian Lindner laut „Spiegel Online“ am Freitag. Lindner forderte, im Interesse der Familien und ihrer Planung sollte jetzt erst einmal rasch die im Koalitionsvertrag verankerte Wirkungsuntersuchung der familienpolitischen Leistungen vorgelegt werden, „bevor etwas abgeschafft oder neu eingeführt wird.“ Die SPD forderte von der Union Klarheit vor der Bundestagswahl. Kauders „nebulöse Ankündigung“ könne nur als Signal verstanden werden, dass das Elterngeld zur Disposition stehe, sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Er fügte hinzu, wenn Kauder das Elterngeld streichen und das Betreuungsgeld einführen wolle, zeige dies, dass die Union die Bedürfnisse junger Familien nicht verstanden habe. dapd (Politik/Politik)
Zollberatung auf dem Handy
Berlin/München (dapd). Die deutschen Vorschriften zur Einfuhr von Alkohol, Zigaretten und Souvenirs lassen sich jetzt auf dem Handy gespeichert mit in den Urlaub nehmen. Der Zoll und das Bundesfinanzministerium präsentierten dazu am Freitag ein Programm, das auf Smartphones installiert werden kann. Die kostenlose Anwendung „Zoll und Reise“ gibt einen Überblick über verbotene Mitbringsel – etwa geschützte Pflanzen oder Tiere – und die Freigrenzen für Alkohol, Zigaretten und andere Produkte. Urlauber könnten mit der Applikation „schnell und einfach herauszufinden, welche Waren bei der Einreise nach Deutschland erlaubt sind und von welchen sie lieber die Finger lassen sollten“, lobte der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Werner Gatzer, bei der Vorstellung am Münchner Flughafen. (Informationen des Zolls zur App: http://url.dapd.de/nYRUFE ) dapd (Politik/Wirtschaft)
Bauern rechnen mit Ernteeinbußen durch Mäuseplage
Berlin (dapd). Feld- und Wühlmäuse machen den Bauern in einigen Regionen Deutschlands zunehmend zu schaffen. Vor allem in Teilen Thüringens und Sachsen-Anhalts sowie in Rheinland-Pfalz erwarten die Bauernverbände in diesem Jahr Ernteausfälle durch die Nager, wie eine dapd-Umfrage ergab. Im Süden Sachsen-Anhalts und im Thüringer Becken habe der Befall durch Feldmäuse ein katastrophales Ausmaß angenommen, erklärten die Landesbauernverbände. Ersten Schätzungen zufolge betragen die Verluste auf einigen Flächen in Sachsen-Anhalt bis zu 50 Prozent. Im Durchschnitt müssten betroffene Landwirte rund zehn Prozent ihrer Erträge abschreiben. Besonders geschädigt wurden Winterweizen und Gerste. „Es gibt teilweise erhebliche Ernteverluste“, sagte auch der Sprecher der rheinland-pfälzischen Landwirtschaftskammer, Frieder Zimmermann, in Bad Kreuznach. In Bayern wird in diesem Jahr ebenfalls mit einem Anstieg der Mäusepopulation gerechnet. Grund ist nach Angaben eines Experten der bayerischen Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft der milde und trockene Winter mit guten Lebensbedingungen für die Mäuse. In Baden-Württemberg rechnen die Bauern für 2012 anders als noch im vergangenen Jahr nicht mit bedeutenden Schäden durch Mäuse. Vereinzelt war es 2011 zu Ernteverlusten bei Getreide und Raps gekommen. In Sachsen, Niedersachsen, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg erwarten die Landwirte und Behörden nach derzeitigem Stand keine bedeutenden Einbußen. Ein Antrag des Thüringer Bauernverbands auf eine Sondergenehmigung für den großflächigen Einsatz von Giftködern wurde den Angaben zufolge vom Bundesamt für Verbraucherschutz aus Artenschutz-Gründen abgelehnt. Diese Art der Mäusebekämpfung war 2008 verboten worden, nachdem Bauern in Sachsen-Anhalt das Mittel unsachgemäß eingesetzt hatten. Der Naturschutzbund (NABU) macht Landwirte und Politik für die Mäuseplage in einzelnen Regionen mitverantwortlich. Wo es zu einer rasanten Vermehrung der Nager komme, liege das auch an Fehlern der Landwirte, sagte NABU-Referent Julian Heiermann der Nachrichtenagentur dapd. „Das Problem ist wenigstens in Teilen hausgemacht.“ Monokulturen und das Fehlen von Brut- und Rückzugsräumen für Greifvögel hätten die Verbreitung der Mäuse begünstigt. Die landwirtschaftlichen Flächen in Deutschland müssten wieder verstärkt zu Lebensräumen umgewandelt werden: „Wir müssen weg von den riesigen Monokulturen und die industrialisierte Produktion herunterfahren, um natürliche Regelmechanismen zu fördern.“ dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)