Gewerkschaft räumt Neckermann trotz Insolvenz Zukunftschancen ein

Gewerkschaft räumt Neckermann trotz Insolvenz Zukunftschancen ein Frankfurt/Main (dapd). Trotz der beantragten Insolvenz des Versandhändlers Neckermann sieht die Gewerkschaft ver.di Zukunftschancen für viele Beschäftigte. „Insolvenz bedeutet nicht automatisch Kündigung und Verlust des Arbeitsplatzes“, sagte Gewerkschaftssekretär Bernhard Schiederig am Donnerstag in Frankfurt am Main. Am selben Tag wurden zwei vorläufige Insolvenzverwalter bestellt. Michael Frege ist nach Angaben des Frankfurter Amtsgerichts für Neckermann.de zuständig, Joachim Kühne für die Logistik. Die beiden Frankfurter Rechtsanwälte schauten sich nun die Verhältnisse im Unternehmen an und prüften etwa, wie viel Vermögensmasse noch vorhanden sei. Sie hätten vier Wochen Zeit, um ein Gutachten vorzulegen und den Antrag zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Neckermann wollte zunächst keine Stellungnahme zu der Entscheidung abgeben. Ver.di begrüßte die schnelle personelle Entscheidung. Schiederig kündigte an, dem künftigen Insolvenzverwalter vorzuschlagen, ein bereits im April vorgelegtes Fortführungskonzept „objektiv und ernsthaft zu prüfen“. Dieses sieht unter anderem den Erhalt eines eigenständigen Textilsortiments und der Logistiksparte vor. Neckermann hatte am Mittwoch Insolvenzantrag gestellt. Zuvor waren Verhandlungen mit ver.di über einen Sanierungsplan gescheitert. Zwar waren sich Geschäftsführung und Arbeitnehmervertretung einig geworden. Eigentümer Sun Capital hielt das Ergebnis der Verhandlungen allerdings für nicht tragfähig und stellte keine weiteren Mittel für die Finanzierung zur Verfügung. In den Verhandlungen war es um den vom Management beabsichtigten Abbau von 1.380 der rund 2.400 Stellen in Deutschland gegangen. Unmittelbar nach dem Scheitern der Verhandlungen hatte Neckermann angekündigt: „Die Geschäftsführung wird alles daran setzen, das laufende Geschäft auch im vorläufigen Insolvenzverfahren aufrecht zu halten.“ Ver.di hatte sich enttäuscht von der Haltung des Eigentümers Sun Capital gezeigt. Vorwürfe, ver.di habe in den Verhandlungen den Bogen überspannt und trage damit eine Mitschuld an der beantragten Insolvenz, wies Schiederig am Donnerstag zurück. Ohne den in den Verhandlungen angestrebten neuen Sozialplan habe Neckermann für die geplanten Kündigungen etwa 30 Millionen Euro an Abfindungen zu leisten, sagte der Gewerkschaftssekretär. Die Rechtsgrundlage dafür bilde eine Betriebsvereinbarung aus dem Jahr 2005. Durch den neu verhandelten, aber nicht abgenickten Sozialplan hätte sich dieser Anspruch auf knapp neun Millionen Euro reduziert. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Sovello schickt die Hälfte der Belegschaft in eine Transfergesellschaft

Sovello schickt die Hälfte der Belegschaft in eine Transfergesellschaft Thalheim (dapd). Der angeschlagene Solarmodulhersteller Sovello aus Sachsen-Anhalt trennt sich von knapp der Hälfte seiner Mitarbeiter. Sovello könne sich den anstehenden Herausforderungen kurzfristig nur noch mit 495 Beschäftigten stellen, sagte der Vorsitzende der Geschäftsführung, Reiner Beutel. Auf einer Belegschaftsversammlung habe Beutel für die anderen 475 Mitarbeiter den Übergang in eine Transfergesellschaft angekündigt, teilte ein Unternehmenssprecher am Donnerstag in Thalheim mit. Die Solarfirma hatte Mitte Mai im Zuge der Solarkrise wegen Zahlungsunfähigkeit Insolvenz angemeldet. Damals waren noch etwa 1.250 Mitarbeiter für den integrierten Solarmodulhersteller tätig, der Solarwafer, -zellen und -module unter einem Dach produziert. Seither hätten bereits zahlreiche Beschäftigte den Betrieb von sich aus verlassen, sagte der Sprecher. Sovello setzt unterdessen die Gespräche mit möglichen Investoren fort. „Um wieder wettbewerbsfähig und profitabel wirtschaften zu können, müssen wir die technologischen Stärken mit Unterstützung eines passenden Investors weiter ausbauen“, betonte Beutel. Die Investorenlösung müsse „innerhalb weniger Wochen“ unterzeichnet sein, um rund 500 Arbeitsplätze bei Sovello und die Perspektiven für den Solarstandort Bitterfeld-Wolfen zu erhalten. Derzeit sei aber noch nicht abzusehen, ob zum 1. August die Verhandlungen mit einem Investor erfolgreich abgeschlossen werden können. Die Finanzierung der Transfergesellschaft, die die Mitarbeiter beschäftigen, qualifizieren und vermitteln soll, sei noch nicht abschließend geklärt, erklärte Beutel den Angaben zufolge. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Schallkanone soll Piraten in die Flucht schlagen

Schallkanone soll Piraten in die Flucht schlagen Kassel/Staufenberg (dapd). Ohren zuhalten ist zwecklos. Sofort setzt ein stechender Kopfschmerz ein, die Schädeldecke vibriert und das Sichtfeld verengt sich zu einem schmalen Tunnel. „Freiwillig geht da keiner näher heran“, sagt Diplom-Ingenieur Hans-Karl von Engel. Der technische Leiter des Kasseler Unternehmens Hügin Group International hat die Pfeife mit entwickelt, die den unerträglichen Ton erzeugt. Die Idee: Piraten beim Versuch, ein Schiff zu kapern, sollen von dem Pfeifton in die Flucht geschlagen werden. Das Geräusch erinnert an einen pfeifenden Teekessel – nur ist es sehr viel lauter. Der Ton der sogenannten Herbertzpfeife liege im Eigenfrequenzbereich des menschlichen Ohrs, erklärt Geschäftsführer Lothar Hügin am Donnerstag bei der Präsentation des Geräts im niedersächsischen Staufenberg. Wegen der extremen Lautstärke „hält das kein Mensch aus“, glaubt er. Das Herbertzhorn solle vor dem Mannschaftsschutzraum von Schiffen angebracht werden. Bei einem Piratenangriff erzeuge es einen Schallpegel von bis zu 175 Dezibel. Selbst mit Gehörschutz sei das derart unerträglich, dass Angreifer sofort die Flucht ergriffen. Akustische Abwehrsysteme seien nichts Neues, sagt Hügin. Die Herausforderung bestehe darin, so nah wie möglich an die physikalische Grenze heranzukommen. Diese liege bei rund 192 Dezibel. Bisher erreiche seine Schallkanone rund 175 Dezibel, wobei die Marke von 180 Dezibel durch Verbesserungen am Kompressor noch durchbrochen werden soll. Ein Lastwagenhänger dient als Versuchsraum, der den gepanzerten Schutzraum eines Schiffs simulieren soll. Im Innern pfeifen zwei Abwehrhörner, die ein Kompressor von der Größe eines Kleinbusses mit Druckluft befeuert. Zu den Mutigen, die sich bei der öffentlichen Präsentation der Schallkanone bis an die Heckklappe des Containers wagen, zählt der Leiter der Polizeiflugstaffel Fuldatal, Thomas Nagler. Einen Fuß hinein setzt er nicht. „Unbeschreiblich unangenehm“, schildert er seine Empfindungen. Ein Flugzeugstart erzeuge etwas mehr als 100 Dezibel, sagt Ingenieur Engel. Eine Steigerung um zehn Schalldruckeinheiten bedeute eine gefühlte Verdopplung der Lautstärke, erklärt er – das Herbertzhorn sei entsprechend 14-mal lauter als ein abhebender Urlaubsjet. Seit 2007 sei die Forschungsabteilung des eigentlich auf Brandschutz spezialisierten Unternehmens mit der Entwicklung der Anti-Piratenpfeife befasst, erläutert Hügin. Eine abgemilderte Version werde für die Polizei angeboten – als Ersatz für Wasserwerfer bei Demonstrationen. Ziel sei die internationale Vermarktung beider Schallkanonen. Ob das System zur Sicherung von Schiffen eingesetzt wird, ist aber noch fraglich. Bislang seien akustische Abwehrgeräte nicht zielgenau genug und leicht zu überlisten, sagt ein Sprecher des Verbands Deutscher Reeder auf dapd-Anfrage. Deshalb fänden sie bisher kaum Anwendung. Ähnliches gilt für den Einsatz bei der Polizei. Flugstaffel-Leiter Nagler sagt: „Das wird eine Frage von rechtlichen und taktischen Überlegungen sein, wie und ob dieses System überhaupt eingesetzt werden kann.“ dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Raucher lassen Industriezigaretten im Regal

Raucher lassen Industriezigaretten im Regal Hamburg/New York (dapd). Die Raucher in Europa lassen wegen der Schuldenkrise und hoher Arbeitslosigkeit immer öfter die Markenzigaretten in den Regalen: Im ersten Halbjahr ging der EU-weite Absatz an Industriezigaretten um 5,8 Prozent zurück, wie der größte Tabakkonzern der Welt Philip Morris International am Donnerstag mitteilte. Noch viel deutlicher verzichten die Raucher in den Krisenländern des Südens auf industriell hergestellte Zigaretten: In Griechenland beträgt der Rückgang fast 20 Prozent, in Spanien 10 Prozent und in Frankreich 4 Prozent. Für Deutschland nannte der Hersteller nur einen 1,3 Prozent kleineren Markt im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Deutsche Branchenkreise bestätigten den Trend. Der Konzern führte den EU-weiten Einbruch auf die höheren Arbeitslosenzahlen zurück, die ein „Schlüsselindikator“ für den Absatz von Fabrikzigaretten seien. Allerdings bedeuten die Rückgänge nicht zwangsläufig, dass auch weniger geraucht wird: Philip Morris berichtet gleichzeitig von kräftig steigendem Absatz an Drehtabak. Dazu kommt der unübersehbare Bereich der Schmuggelzigaretten. Philip Morris International hat unterdessen im ersten Halbjahr Umsatz und Gewinn gesteigert. Der Umsatz erhöhte sich um 3,3 Prozent auf 15,6 Milliarden Dollar, der Betriebsgewinn stieg um 4,5 Prozent auf 7 Milliarden Euro, wie der US-Zigarettenhersteller mitteilte. Fallende Absätze in Europa wurden laut Unternehmen durch bessere Verkäufe in Asien sowie dem Nahen Osten und Afrika mehr als ausgeglichen. Zum Konzern gehören Marken wie Marlboro oder L&M, die von 78.000 Mitarbeitern in 56 Fabriken hergestellt werden. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Deutschland steht zu Spanien-Hilfen

Deutschland steht zu Spanien-Hilfen Berlin (dapd). Deutschland wird die milliardenschweren Hilfen zur Rettung der spanischen Banken mittragen. Das wurde am Donnerstag bei der Sondersitzung des Bundestages in Berlin deutlich. Bei aller Kritik kündigten SPD und Grüne an, dem Hilfspaket zuzustimmen. Lediglich die Linksfraktion wollte geschlossen Nein sagen. Zugleich legte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier der Kanzlerin indirekt nahe, angesichts schwindender Unterstützung in den eigenen Reihen die Vertrauensfrage zu stellen. Steinmeier warf der Regierung vor, planlos zu agieren und ständig selbst gesetzte Grenzen zu überschreiten. Auch die Grünen hielten der Regierung einen falschen Kurs in der Euro-Krise vor. In Spanien gebe es keine Staatsschuldenkrise, sondern eine Bankenkrise infolge einer geplatzten Immobilienblase, sagte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin. Für Linksfraktionsvize Sahra Wagenknecht versenkt die Regierung im Zuge der Euro-Rettung Geld „im schwarzen Loch des Finanzmarkts“, ohne den Menschen zu helfen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verteidigte derweil den eingeschlagenen Weg als unbequem, aber richtig. Die Lage im spanischen Bankensektor werde zu einem „Problem der Finanzstabilität der Eurozone“, warnte er. An einer Sanierung des angeschlagenen Bankensektors mit bis zu 100 Milliarden Euro führe kein Weg vorbei. Schließlich gebe es eine „extreme Verunsicherung“ an den Finanzmärkten. Somit sei die Lage im spanischen Bankensektor zu einem „Problem der Finanzstabilität der Eurozone“ geworden. Schäuble lobte zugleich die Reformanstrengungen Madrids. „Spanien ist auf einem guten Weg“, sagte er. „Aber die Erfolge sind durch die Unsicherheit im Bankensektor gefährdet.“ Die Hilfskredite gäben Spanien die Zeit, die für den Erfolg der Reformen gebraucht werde. Der Minister betonte mit Blick auf Diskussionen der vergangenen Tage, dass nicht die Banken direkt das Geld erhielten. Vielmehr bekomme der spanische Staat die Hilfen und hafte auch dafür. Das unterstrich auch CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt, die damit die Bedingungen ihrer Partei für die Milliardenhilfen erfüllt sah. Der Regierungserklärung von Schäuble schloss sich eine engagierte und teils hitzige Debatte an. Darin warf FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle der SPD Verrat an deutschen Interessen vor. Die Sozialdemokraten machten sich mit ihrer Zustimmung zu einer „Schuldenunion“ immer mehr „zum Sprachrohr der französischen Sozialisten“, sagte er. Auch sonst seien sie politische Wackelkandidaten. SPD-Fraktionschef Steinmeier warf der schwarz-gelben Regierung vor, im Kampf gegen die Euro-Krise ohne Plan und zunehmend auch ohne Rückhalt in der eigenen Koalition vorzugehen. „Mit bloßem Schulterzucken ist bisher noch jede rote Linie überschritten worden“, beklagte er. Mit Blick auf zwei verfehlte Kanzlermehrheiten fügte Steinmeier hinzu, es habe früher andere Politiker gegeben, die aus einer fehlenden Mehrheit „andere Konsequenzen gezogen“ hätten als zu schweigen und in die Sommerpause zu gehen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte in der Vergangenheit mehrfach eine Kanzlermehrheit in Fällen der Euro-Rettung als verzichtbar bezeichnet. dapd (Politik/Politik)

NSU-Ausschuss hält Vertuschung beim Verfassungsschutz für erwiesen

NSU-Ausschuss hält Vertuschung beim Verfassungsschutz für erwiesen Berlin (dapd). Der Verfassungsschutz hat nach Erkenntnissen des NSU-Ausschusses versucht, die Vernichtung von Akten zu verschleiern. Dies bestätigten am Donnerstag die Obleute aller Bundestagsfraktionen nach einer Sondersitzung in Berlin. „Es gab eine Vertuschungsaktion“, sagte der Vorsitzende des Ausschusses, Sebastian Edathy (SPD). Unklar sei jedoch weiter, aus welchem Grund der verantwortliche Referatsleiter der Behörde seinerzeit die Vernichtungsaktion anwies, ob es sich um „maximale Schlamperei“ oder eine „gezielte Aktion“ gehandelt habe. Zu dem Fall hatte zuvor der von Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) eingesetzte Sonderermittler Hans-Georg Engelke berichtet. Er habe den „chronologischen Ablauf der Geschehnisse“ inzwischen „gut erfasst“, sagte Engelke vor Journalisten. Zur „Motivlage“ des Referatsleiters könne er hingegen noch nichts sagen. Die betroffenen Akten stammen aus der sogenannten Operation „Rennsteig“ des Verfassungsschutzes zwischen 1997 und 2003. Dabei ging es um den Einsatz von V-Leuten im Umfeld des rechtsextremen Thüringer Heimatschutzes. Dieser Vereinigung gehörten seinerzeit auch die Terroristen des Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt an. Engelke, der Unterabteilungsleiter für Verfassungsschutz im Innenministerium ist, musste zudem zu einer Löschaktion im eigenen Haus Stellung nehmen. Auch hier sieht der Ausschuss noch offene Fragen. Beide Aktenvernichtungen gelten als brisant, weil die jeweilige Aktion stattgefunden hat, noch nachdem der NSU im November 2011 aufgeflogen war. Den Terroristen werden bundesweit zehn Morde zur Last gelegt. Aufgrund der Panne beim Verfassungsschutz kündigte der amtierende Präsident Heinz Fromm inzwischen seinen Rückzug an. Das Innenministerium argumentierte, es habe in dem eigenen beanstandeten Fall eine routinemäßige, rechtmäßige Löschung stattgefunden. Dabei gehe es um insgesamt 126 Akten des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu sogenannten G-10-Maßnahmen (Kontrolle des Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs), von denen sechs einen Bezug zum Rechtsextremismus hätten. Allerdings bestehe hier kein direkter Zusammenhang mit dem NSU, hieß es. Edathy kündigte an, der Ausschuss werde die Sicherheitsbehörden nun per Brief auffordern, einen Aktenvernichtungsstopp bis zum Ende der Untersuchungen zu verhängen. Der FDP-Abgeordnete Hartfrid Wolff sprach mit Blick auf das Innenministerium von „Unregelmäßigkeiten“ und forderte, der Datenschutzbeauftragte des Bundestages solle Löschvorgaben und -praxis prüfen. Grünen-Innenexperte Wolfgang Wieland bezweifelte, ob die geschredderten Abhörakten tatsächlich keinen Bezug zum NSU hätten. Dies müsse erst „ganz genau“ untersucht werden, sagte er. Unions-Obmann Clemens Binninger verlangte, die „Löscherei“ von Akten müsse bis zum Ende der Untersuchung aufhören. Zur Akten-Affäre des Innenministeriums sagte der CDU-Politiker, es handele sich hier um eine „Mischung“ aus organisatorischen Mängeln und einer fehlenden Sensibilität. Grünen-Politiker Christian Ströbele sah nach der Sitzung „genau“ zwei offene Fragen: Wie viele Akten wurden vom Verfassungsschutz Ende 2011 aus anderen Sachbereichen vernichtet? Und: Gibt es auch Abhörprotokolle von Personen, die mit dem Terrortrio Kontakt hatten? Als wisse er bereits mehr, als er verraten wolle, fügte er hinzu: „Ob zumindest eine Person beteiligt war, die eine enge Beziehung zu einer Frau aus diesem Trio gehabt haben soll.“ Bekannt wurde derweil, dass die Freie Universität Berlin (FU) dem designierten Nachfolger von Fromm, Hans-Georg Maaßen, am 11. Juli 2012 eine Honorarprofessur verweigerte. Wie „Spiegel-Online“ berichtete, lehnte eine Mehrheit der Mitglieder des Akademischen Rats die Ernennung mit Verweis auf dessen Haltung im Fall Kurnaz ab. Der Deutsch-Türke saß mehrere Jahre unschuldig im US-Gefangenenlager Guantanamo, ehe Kanzlerin Angela Merkel (CDU) 2006 seine Freilassung erwirkte. Maaßen, der seinerzeit als Beamter des Innenministeriums mit dem Fall befasst war, hatte in einem Untersuchungsausschuss des Bundestages den Umstand als rechtens verteidigt, dass Kurnaz‘ Aufenthaltserlaubnis in Deutschland zwischenzeitlich erloschen war. dapd (Politik/Politik)

Aigner fordert Senkung der Dispozinsen

Aigner fordert Senkung der Dispozinsen Berlin (dapd). Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) hat Banken und Sparkassen zur Senkung der Zinsen auf Dispokredite aufgefordert. Sie legte am Donnerstag in Berlin eine Studie vor, derzufolge die Kreditinstitute teils weit überhöhte Zinsen verlangen, anstatt ihre günstigeren Refinanzierungsbedingungen weiterzugeben. Verbraucherverbände und SPD plädierten für eine gesetzliche Zinsdeckelung. Im Bundesrat will Baden-Württemberg dazu initiativ werden. Die Kreditwirtschaft lehnt das ab. Aigner kündigte für den Herbst ein Spitzengespräch an: „Wollen die Banken den Kredit bei ihren Kunden nicht verspielen, müssen sie runter von überhöhten Dispozinsen.“ Laut Studie könnten die Geldhäuser schon mit Zinssätzen von zehn Prozent „profitabel arbeiten“. Verlangt würden derzeit aber teils mehr als 14 Prozent. 80 Prozent der Bürger halten nach einer ebenfalls von Aigner in Auftrag gegebenen Forsa-Umfrage das Dispozinsniveau für zu hoch. Etwa jeder vierte Verbraucher hat in diesem Jahr schon sein Girokonto überzogen. Jeder Dritte fühlt sich von seiner Bank über die Dispozinsen nicht gut informiert; nicht einmal jeder Zweite kennt die Höhe seines Dispozinses. Nach der Studie des Instituts für Finanzdienstleistungen und des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung verfügen über 80 Prozent der Haushalte in Deutschland über einen Dispokredit-Rahmen. Jeder sechste Haushalt nimmt diesen regelmäßig in Anspruch. Nach früheren Untersuchungen der Stiftung Warentest schwanken die Dispozinsen bei Banken und Sparkassen in Deutschland zwischen 6 und 14,75 Prozent, der Durchschnitt liegt bei 11 bis 12 Prozent. Die Autoren der Studie ziehen die Begründungen der Geldhäuser für die hohen Zinsen in Zweifel: Weder habe sich der Bearbeitungs- und Verwaltungsaufwand in den vergangenen Jahren erhöht, noch seien die Ausfallquoten mit im Schnitt höchstens 0,3 Prozent auffallend hoch. Es liege nahe, dass die Erträge „zur Quersubventionierung anderer Leistungen oder zur Gewinnsteigerung verwendet werden“. Die SPD will den Banken per Gesetz eine Zinsobergrenze für Dispokredite auferlegen, wie Parteichef Sigmar Gabriel der „Bild“-Zeitung (Freitagausgabe) sagte. Das grün-rot regierte Baden-Württemberg kündigte eine Bundesratsinitiative an. Der saarländische Linken-Fraktionschef Oskar Lafontaine sprach von „Wucherzinsen“ und forderte, der Jahreszinssatz für Überziehungskredite dürfe höchstens fünf Prozentpunkte über dem Basiszins der Europäischen Zentralbank von derzeit 0,75 Prozent liegen. Der Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Gerd Billen, verlangte ebenfalls „eine gesetzliche Deckelung des Zinssatzes“. Er erklärte, Transparenz allein werde nicht ausreichen. „Die wenigsten Verbraucher würden ihre Hausbank wechseln, weil die Dispozinsen zu hoch sind. So bleibt den Verbrauchern oftmals gar nichts anderes übrig, als den überhöhten Zinssatz ihrer Bank zu schlucken.“ Die CSU-Ministerin äußerte sich kritisch zu den Gesetzesinitiativen: Eine Deckelung „hätte das Risiko, dass es unterm Strich für alle Kunden teurer wird – weil auch bisher günstige Banken die Obergrenze voll ausschöpfen würden und sich teure Banken das entgangene Geld über Gebührenerhöhungen wieder hereinholen“. Ein Gesetz lehnten auch die Zentralverbände der deutschen Kreditwirtschaft ab. Sie erklärten sich aber „bereit, den konstruktiven Dialog fortzuführen“. Im Übrigen verwiesen sie darauf, dass sich die Höhe der Dispozinsen durch das höhere Ausfallrisiko erkläre und der laufende Aufwand, „sie vorzuhalten und zu überwachen“, höher sei als bei anderen Krediten. (Studie und Forsa-Umfrage im Internet: www.bmelv.de/dispo ) dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Siemens liefert 300 riesige Windturbinen nach Großbritannien

Siemens liefert 300 riesige Windturbinen nach Großbritannien Erlangen (dapd). Siemens profitiert erneut vom Bau großer Windparks vor der Küste Großbritanniens und hat sich einen milliardenschweren Auftrag gesichert. Der Technologiekonzern wird an das dänische Unternehmen Dong Energy insgesamt 300 Windturbinen mit einer Leistung von 1.800 Megawatt liefern, wie Siemens am Donnerstag in Erlangen mitteilte. Dabei kommen die mit einer Länge von 75 Metern größten Rotorblätter der Welt zum Einsatz. Nach Branchenkreisen ist der Auftrag rund 2,5 Milliarden Euro wert. Dong Energy und Siemens unterzeichneten ein entsprechendes Rahmenabkommen. Die neuen getriebelosen 6-Megawatt-Turbinen werden zwischen 2014 und 2017 installiert. Die Leistung einer solchen Turbine reicht dem Konzern zufolge aus, um rund 6.000 Haushalte mit Strom zu versorgen. Der Rotor hat einen Durchmesser von 154 Metern und überstreicht rund 18.600 Quadratmeter oder die Fläche von etwa zweieinhalb Fußballfeldern. Siemens konzipierte sie für große Offshore-Projekte, unter anderem auch für die „Round 3“ in Großbritannien. Bis 2020 sollen dabei Offshore-Windkraftwerke mit einer Leistung von 18 Gigawatt entstehen, die dann rund 18 Prozent des britischen Strombedarfs decken könnten. Dong Energy will bis Ende des Jahres zwei der neuen 6-Megawatt-Windturbinen von Siemens im britischen Offshore-Windpark Gunfleet Sands installieren und testen. Mit Windturbinen setzte Siemens im Geschäftsjahr 2011 rund 30 Milliarden Euro um. Der Vorstandsvorsitzende des Energie-Sektors vom Siemens, Michael Süß, sagte, Offshore-Windenergie habe „großes Potential“. Der Wind wehe auf dem Meer stärker und stetiger als an Land, so dass die Energieausbeute um rund 40 Prozent höher liege. Der Vorstandsvorsitzende der Dong Energy, Carsten Krogsgaard Thomsen, erklärte, Dong Energy wolle im Bereich Offshore-Wind weiter expandieren und seine Position als Weltmarktführer stärken. Siemens und Dong Energy errichteten bereits 1991 den weltweit ersten Offshore-Windpark Vindeby in Dänemark. 13 Projekte mit 930 Windturbinen folgten. Zurzeit arbeiten die beiden Unternehmen gemeinsam an den Offshore-Windkraftwerken Lincs, London Array und West of Duddon Sands in Großbritannien, am Anholt-Projekt in Dänemark sowie an Borkum Riffgrund 1 in Deutschland. Diese fünf Projekte haben eine Leistung von rund zwei Gigawatt. Analyst Markus Friebel von Independent Research bewertete den Auftrag als positiv für Siemens. Allerdings müsse man die Umsetzung des Projektes im Blick behalten. Wegen Verzögerungen bei Offshore-Projekten in der Nordsee musste Siemens im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 481 Millionen Euro abschreiben und die Gewinnprognose reduzieren. Dabei geht es um die Anbindung der Plattformen an das Stromnetz. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Nokia schlittert tiefer in die Existenzkrise

Nokia schlittert tiefer in die Existenzkrise Espoo (dapd). Der Mobilfunkkonzern Nokia rutscht immer tiefer in die Existenzkrise. Allein von April bis Juni häufte der ehemalige Handy-Weltmarktführer unter dem Strich ein Minus von 1,4 Milliarden Euro und damit fast viermal soviel Verlust wie im Vorjahresquartal an, wie der Konzern am Donnerstag im finnischen Espoo mitteilte. Vor allem wegen des schwer angeschlagenen Handygeschäfts brach der Gesamtumsatz des Konzerns im zweiten Quartal im Jahresvergleich um 19 Prozent auf gut 7,5 Milliarden Euro ein. Gerade im entscheidenden Geschäft mit Smartphones schaffen die Finnen den Anschluss an die Konkurrenz von Apple und Samsung einfach nicht. Zwar verkauften sich Nokias Flaggschiff-Modelle der Lumia-Serie, auf denen Microsofts Betriebssystem Windows Phone 7 läuft, besser, wie Konzernchef Stephen Elop sagte. Weil aber Geräte auf Basis der älteren Symbian-Plattform zugleich immer schlechter liefen, brach der Smartphone-Absatz dennoch dramatisch ein. So verkaufte Nokia im zweiten Quartal nur noch 10,2 Millionen Oberklasse-Handys und damit 39 Prozent weniger als im Vorjahr. Der Umsatz mit den prestige- und gewinnträchtigen Geräten sank um 43 Prozent auf 1,5 Milliarden Euro. Insgesamt erlöste die Handy-Sparte mit 4 Milliarden Euro mehr als ein Viertel weniger als noch im Vorjahresquartal. Im laufenden Geschäft verlor sie 365 Millionen Euro, die operative Marge lag damit bei minus 9,1 Prozent. Im April hatte Elop noch angekündigt, dass er lediglich mit minus drei Prozent rechne. Am Donnerstag hieß es nun, Nokia erwarte eine ähnliche Marge auch für das dritte Quartal – mit Ausschlägen von bis zu vier Prozentpunkten nach oben oder unten. Zugleich hält Nokia an seinem rigiden Sparprogramm fest, um die Kosten in den Griff zu bekommen. So streichen die Finnen derzeit in einer zweiten großen Welle weltweit 10.000 Stellen, nachdem zuvor bereits 14.000 Jobs weggefallen waren. „Wir führen das Sparprogramm unter Hochdruck aus“, sagte Elop. „Wir stecken Mitten in unserer Umwandlung. Und wir haben keine Angst, harte Entscheidungen zu fällen.“ Zugleich hoffe er auf Rückenwind durch die angekündigten neuen Betriebssysteme Windows 8 für Computer und Tablets sowie Windows Phone 8 für Smartphones, sagte der Nokia-Chef. Dabei würden etwa die Werbekampagnen des Partners Microsoft für seine neuen Systeme auch auf Nokias Lumia-Reihe abstrahlen. Allerdings erwarte er vor der Einführung auch einen negativen Einfluss auf den Absatz der alten Lumia-Modelle, räumte Elop ein. Trotz der hohen Verluste verfügt Nokia aber mit Reserven von 4,2 Milliarden Euro über mehr Bargeld als von Analysten zuvor erwartet worden war. Auch der Konzernumsatz war mit einem Plus von drei Prozent gegenüber dem ersten Quartal etwas stabiler als angenommen. Das reichte den Märkten für eine fast schon euphorische Reaktion. An der Börse in Helsinki schoss der Kurs der Nokia-Aktie nach Vorlage der Quartalsbilanz um knapp 17 Prozent nach oben und pendelte dort bis gegen 16.00 Uhr (Ortszeit) um die Marke von 1,60 Euro. (Nokia-Quartalsbericht: http://url.dapd.de/9liWZY ) dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Forderungen gegen Schlecker überschreiten die Milliarden-Schwelle

Forderungen gegen Schlecker überschreiten die Milliarden-Schwelle Ehingen (dapd). Die Forderungen der Gläubiger gegen die insolvente Drogeriemarktkette Schlecker sind deutlich höher als zunächst gedacht. Die Forderungssumme beläuft sich auf über 1,07 Milliarden Euro, wie Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz am Donnerstag nach einem Prüftermin durch das Amtsgericht Ulm mitteilte. Insgesamt hätten 22.738 Gläubiger ihre Ansprüche geltend gemacht. Als größte Posten seien Verbindlichkeiten aus Warenlieferungen und dem Personalbereich aufgeführt. Geiwitz ging bislang von Forderungen zwischen 500 Millionen Euro und einer Milliarde aus. Zuletzt kursierte die Zahl von 750 Millionen Euro. Gänzlich unklar ist allerdings noch, wie viel Insolvenzmasse zur Verfügung steht, aus der die Forderungen dann bedient werden können. Derzeit prüft Geiwitz beispielsweise, ob es innerhalb der Familie Schlecker zu Vermögensübertragungen kam, die rückgängig gemacht werden können. Zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart gerade, ob es im Zuge der Insolvenz zu strafrechtlich relevanten Taten kam. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)