Braunschweig (dapd). Porsche hat sich im ersten Schadenersatzprozess wegen gescheiterter Aktiengeschäfte während des Übernahmekampfes gegen VW auf ganzer Linie durchgesetzt: Das Landgericht Braunschweig wies Schadenersatzforderungen zweier Aktienspekulanten in Millionenhöhe gegen die Stuttgarter ab. Die Kläger hatten behauptet, Porsche habe sie 2008 mit unrichtigen Pressemitteilungen zu verlustreichen Aktiengeschäften verleitet. Dagegen erklärten die Richter, die umstrittenen Porsche-Mitteilungen seien nicht „grob falsch“ gewesen. Die Kläger wollen das Urteil nicht hinnehmen. Porsche dagegen begrüßte die Entscheidung. Hintergrund des Streits ist die Übernahmeschlacht zwischen Porsche und Volkswagen im Jahr 2008: Damals hatte Porsche mit Krediten und riskanten Aktiendeals ohne Erfolg versucht, den viel größeren Konkurrenten VW zu schlucken. Dabei kam es zu großen Kursbewegungen der VW-Aktie, was Spekulanten anlockte. Einige von ihnen fuhren dabei aber hohe Verluste ein, die sie sich vor Gericht nun zurückholen wollen. Im Kern werfen die Anleger Porsche vor, das Unternehmen habe VW schon früh vollständig übernehmen wollen, diese Pläne aber öffentlich abgestritten. Erst im Herbst 2008 dann habe Porsche die wahren Pläne enthüllt und so die Anleger getäuscht. Diese Sicht wies das Gericht vollständig zurück: Die Porsche-Mitteilungen vom 3. März und 10. März 2008 seien „nicht grob falsch gewesen“, wie die Richter feststellten. Die damalige Mitteilung, „der Aufsichtsrat habe grünes Licht für die Erhöhung der Beteiligung an der Volkswagen AG auf über 50 Prozent gegeben“, sei nicht unrichtig gewesen, sondern habe der Beschlusslage der Porsche Automobil Holding S.E. entsprochen. Die weitere Mitteilung, „eine Fusion sei nicht geplant“, lasse mehrere Interpretationsmöglichkeiten zu und sei daher nicht grob falsch. Auch die Mitteilung vom 10. März mit dem Dementi der Absicht, den VW-Anteil auf 75 Prozent aufzustocken, sei zum Zeitpunkt der Mitteilung nicht falsch oder grob falsch gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe es keinen Beschluss von Porsche gegeben, 75 Prozent von Volkswagen zu übernehmen, sagte das Gericht. In dem einen Fall hatte die Schweizer Firma Mycapital geklagt, die hauptsächlich mit Aktien handelt. Mycapital hatte Leerverkäufe von VW-Aktien getätigt, als Porsche seine Übernahmepläne enthüllte. Beim Schließen dieser Positionen entstanden Verluste von 1,6 Millionen Euro, wie der Geschäftsführer gesagt hatte. Im anderen Fall forderte ein Privatanleger aus Berlin von der Porsche Holding SE (PSE) sowie der Maple-Bank aus Frankfurt am Main 3,1 Millionen Euro Schadenersatz für Verluste aus Aktiengeschäften. Der Kläger warf Porsche vor, nur die aus seiner Sicht falschen Informationen hätten ihn zu riskanten Geschäften verleitet. „Ohne die Mitteilung von Porsche hätte ich das nicht gemacht“, sagte der Kläger Ariel Cukierman, ein Volkswirt und erfahrener Börsenanleger, damals. Dagegen erklärte das Gericht jetzt, der Kläger sei vielmehr dem Rat von Börsenanalysten gefolgt. Seit 2005 hatte Porsche begonnen, über Kredite VW-Aktien aufzukaufen. Im März 2008 erklärte Porsche, bei VW nicht auf 75 Prozent Anteile aufstocken zu wollen. Die VW-Aktie war in dieser Zeit im Wert gestiegen. Cukiermann spekulierte von April bis September 2008 in mehreren Geschäften auf fallende Kurse der VW-Aktie, die Analysten als völlig überteuert beschrieben. Tatsächlich aber stieg der Kurs in einer Zickzacklinie immer weiter. Im Oktober 2008 enthüllte Porsche in einer weiteren Mitteilung, dass der Konzern über Aktien und Optionen schon Zugriff auf fast 75 Prozent von Volkswagen habe. Im Jahr 2009 sollten die 75 Prozent überschritten werden, kündigte Porsche damals an. Cukierman und viele andere Anleger fühlten sich von Porsche verschaukelt. Porsche wies diese Ansicht im Prozess zurück. Der Kläger habe seine Verluste bereits vor der Mitteilung vom Oktober eingefahren, erklärte das Unternehmen in der Verhandlung. Außerdem könne sich die Strategie von Porsche durchaus ändern, hieß es zur Erklärung der unterschiedlichen Mitteilungen. Die Porsche SE begrüßt die Urteile des Landgerichts Braunschweig und sieht sich in ihrer Rechtsauffassung bestätigt. „Die Porsche SE hält die durch diverse Spekulanten behaupteten Schadensersatzansprüche für unbegründet und die in den USA anhängig gemachten Klagen für unzulässig und unbegründet“, erklärte der Konzern. Dagegen erklärte Klägeranwalt Christoph von Arnim von der Kanzlei FPS, es sei weiter davon auszugehen, „dass Porsche bereits im Februar 2008 entgegen dem Dementi der Pressemitteilung vom 10.03.2008 die Absicht hatte, VW zu übernehmen“. Es sei nicht hinnehmbar, „dass das Ausnutzen von Gesetzesschlupflöchern „praktisch folgenlos bleiben soll“, hieß es. Nach Prüfung der Urteilsbegründung würden die Kläger nun „über die weitere Vorgehensweise entscheiden“, teilte von Arnim mit. Ein weiterer Klägeranwalt hatte schon früher erklärt, er sei bereit, den Prozess auch in weiteren Instanzen zu führen. In Braunschweig sind noch drei ähnliche Schadenersatzprozesse anhängig. In diesen drei Verfahren geht es um Milliardensummen. Sie sollen erst 2013 verhandelt werden. (Aktenzeichen: 5 O 2894/11, 5 O 1110/1) dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Rechtsextremismus-Datei freigeschaltet
Berlin (dapd). Die Rechtsextremismus-Datei von Sicherheitsbehörden und Nachrichtendiensten ist offiziell in Betrieb gegangen. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) schaltete die Datei am Mittwoch in Berlin mit einem Mausklick frei. Er sprach von einem „Meilenstein in der Zusammenarbeit unserer Sicherheitsbehörden“. Nach den Pannen in Zusammenhang mit der rechtsextremen Terrorgruppe NSU soll mit Hilfe der Datei der Informationsaustausch der Behörden verbessert und beschleunigt werden. In das von Ermittlern bundesweit abrufbare Verzeichnis werden nur Rechtsextremisten mit eindeutigem Gewaltbezug aufgenommen. Eine rechtsextreme Gesinnung oder die Mitgliedschaft in der NPD allein reicht nicht aus. Friedrich sagte, Personen und Gruppierungen sowie Regionen könnten in der Datei verknüpft werden: „Wir haben eine sogenannte Analysefähigkeit.“ Auch die Datensicherheit sei gewährleistet: die Daten wurden verschlüsselt, Nutzer und Arbeitsplätze überprüft. Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen sagte, die Datei biete allen „großen praktischen Nutzen“. Eine Person könne schnell identifiziert werden. Auch gebe es rasch Erkenntnisse darüber, bei welcher Behörde Informationen vorliegen. Die Datei sei ein „weiterer Meilenstein bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus“. Der Präsident des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, sagte, nach der Aufdeckung der rechtsterroristischen NSU sei sehr schnell klar gewesen, dass auch der Informationsaustausch auf den Prüfstand muss. Die Bekämpfung des Rechtsterrorismus brauche eine verlässliche gemeinsame Informationsbasis. „Jede Person des rechtsextremistischen Spektrums kann in dieser Datei abgefragt werden.“ Der hessische Innenminister Lorenz Caffier (CDU) sagte, es sei eine „schwere Hypothek“, dass die Sicherheitsbehörden bei der Verfolgung des Rechtsextremismus versagt hätten. Taten wie die der NSU dürften sich in Deutschland nicht wiederholen. Die Sicherheitsbehörden müssten stärker gemacht werden, sagte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz der Länder. Die Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) agierte mehr als ein Jahrzehnt unbehelligt von den Sicherheitsbehörden im Geheimen und ermordete zehn Menschen im ganzen Bundesgebiet. dapd (Politik/Politik)
Steuerzahlerbund fordert Politiker-Rückzug aus Flughafenaufsichtsrat
Berlin (dapd). Angesichts der Pannen bei den Großprojekten Hauptstadtflughafen und Nürburgring fordert der Steuerzahlerbund mehr Transparenz und größere Sorgfalt seitens der Politiker in Aufsichtsgremien. Bei der Vorstellung des „Schwarzbuchs 2012“ zur Steuerverschwendung der öffentlichen Hand sagte Steuerzahlerpräsident Reiner Holznagel am Mittwoch in Berlin, der Bürger müsse wissen können, was mit seinem hart erarbeiteten Geld passiere. Holznagel forderte, Haushaltsuntreue als neuen Straftatbestand einzuführen. Zudem sollten die Rechnungshöfe gestärkt werden, damit sie wie Staatsanwaltschaften arbeiten könnten. Das „Schwarzbuch“ verzichtet darauf, eine Gesamtsumme der Verschwendung in den mehr als hundert Beispielen zu nennen. Dies sei nachrangig, sagte Holznagel. Im Mittelpunkt stehe vielmehr die Tatsache, dass an vielen Stellen äußerst sorglos mit Steuergeld umgegangen werde. Milliardensummen oder „gigantische Haftungssummen“ könnten viele Bürger zwar nicht verstehen. Aber „Projekte vor Ort“, für die 10.000 Euro verplempert würden, „bringen die Bürger wirklich in Rage“, sagte Holznagel. Der Steuerzahlerpräsident konnte aber auch Positives berichten. Bestimmte Fälle von Verschwendung gingen mittlerweile zurück: Dazu zählten Politikerreisen und die Benutzung der Flugbereitschaft. Massiv kritisiert das „Schwarzbuch“ die Verantwortlichen des neuen Hauptstadtflughafens Berlin-Brandenburg, dessen Eröffnung vor kurzem zum dritten Mal verschoben wurde und nun für Herbst 2013 angepeilt ist. Der Steuerzahlerbund wirft dem mit hochrangigen Vertretern Berlins, Brandenburgs und des Bundes besetzten Aufsichtsrat „politisches Versagen“ und „blindes Vertrauen“ zum „überforderten Management“ vor. In dem Gremium sitzen unter anderen Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit als Aufsichtsratschef, Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (beide SPD) sowie der Staatssekretär im Bundesverkehrsminister, Rainer Bomba (CDU). Politiker in den Reihen des Aufsichtsrates sollten in der letzten Bauphase durch externe Fachleute und kompetente Fachbeamte ersetzt werden, fordert der Steuerzahlerbund. Er schätzt, dass die Baukosten von mittlerweile 4,3 Milliarden Euro noch weiter steigen werden. Der Flughafen sei ein „Manifest von Fehlplanungen, Missmanagement, unvollständigen Bauplanungen und Kostenüberschreitungen“. Der Steuerzahlerbund sprach sich zudem für den Rücktritt des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) aus. Dieser sei nach dem Debakel um „den völlig überdimensionierten Freizeitpark“ an der Rennstrecke Nürburgring angebracht. Jetzt müsse der Steuerzahler mindestens 254 Millionen Euro tragen. Der Steuerzahlerbund warf Beck ein „kaum zu übertreffendes Maß an Wahrnehmungsstörung“ vor. Beck habe versucht, die EU-Kommission für das Debakel verantwortlich zu machen, die es dem Land verboten habe, „ein Fass ohne Boden“ mit weiteren Steuergeldern zu fördern. Die Bürger rief Holznagel dazu auf, „wachsam zu bleiben“. Er verwies auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Euro-Rettungsschirm ESM mit seinen Vorgaben, dass die deutsche Haftungsobergrenze nicht ohne weiteres überschritten werden dürfe und der Bundestag umfassend über die Vorgänge im ESM informiert werden müsse. „Damit haben die Richter deutlich hervorgehoben, dass in einer Demokratie das staatliche Handeln so transparent wie möglich gemacht werden muss“. dapd (Politik/Politik)
Bundesregierung schickt Diplomaten nach Khartum
Berlin (dapd). Fünf Tage nach dem Sturm auf die Deutsche Botschaft in Khartum entsendet die Bundesregierung einen Spitzen-Diplomaten zum Wiederaufbau der Auslandsvertretung in die sudanesische Hauptstadt. Der Afrikabeauftragter des Auswärtigen Amtes, Egon Kochanke, solle sich in Khartum zudem „Fragen der Sicherheit“ klären, teilte das Ministerium am Mittwoch in Berlin mit. Wütende Demonstranten hatten am vergangenen Freitag die Botschaft im Sudan gestürmt. Hintergrund waren die Proteste gegen ein islamkritisches Video, das über das Netz verbreitet wurde, sowie Empörung über Mohammed-Karikaturen, die in Deutschland öffentlich gezeigt wurden. dapd (Politik/Politik)
Ex-MAN-Vorstand Weinmann zu Bewährungsstrafe verurteilt
München (dapd). Der wegen Schmiergeldzahlungen angeklagte frühere Vorstand des Nutzfahrzeugherstellers MAN, Anton Weinmann, ist am Mittwoch vor dem Landgericht München zu einer Bewährungsstrafe von zehn Monaten verurteilt worden. Zudem muss er eine Geldauflage von 100.000 Euro an verschiedene gemeinnützige Einrichtungen zahlen. Die Kammer zeigte sich davon überzeugt, dass der 56-Jährige über Jahre Beihilfe zur Bestechung im geschäftlichen Verkehr geleistet hatte. Das Urteil basiert auf einer Absprache aller Verfahrensbeteiligten, in deren Zuge Weinmann einen Teil der Vorwürfe eingeräumt hatte. Über eine Erklärung seines Anwalts Holger Matt gab Weinmann zu, indirekt Beihilfe zu Bestechungszahlungen nach Slowenien geleistet zu haben. Matt sagte, sein Mandant „hat zwar viel, aber aus heutiger Sicht nicht genug getan“, um Korruption zu unterbinden. Der Vorsitzende Richter Hans-Joachim Eckert betonte: „Die Kammer hat großen Respekt vor Ihnen, dass Sie heute diese Erklärung abgegeben haben.“ In seiner Urteilbegründung sagte er zudem, dass man Weinmann lediglich Beihilfe zur Bestechung durch Unterlassung vorwerfen könne: „Vorsätzliches Handeln wirft Ihnen weder die Staatsanwaltschaft, noch die Kammer vor.“ Die Staatsanwaltschaft hatte Weinmann ursprünglich zur Last gelegt, dass er zwischen 2005 und 2007 von Schmiergeldzahlungen nach Belgien und Slowenien gewusst und diese geduldet habe. Weinmann hatte die Vorwürfe zum Prozessauftakt Mitte August jedoch zunächst pauschal zurückgewiesen. Eckert erklärte, man habe ein Geständnis von Weinmann allerdings „zu Beginn der Verhandlung nicht erwarten können“. Auch daher bewerte das Gericht die späte Erklärung als „sehr, sehr positiv“. Staatsanwalt Markus Koppenleitner hatte in seinem Plädoyer die letztlich verhängte Haftstrafe von zehn Monaten auf Bewährung wegen Beihilfe zur Bestechung gefordert. Der Anklagevertreter sagte, Weinmann habe „nichts Konkretes getan, um Korruptionszahlungen nach Slowenien zu unterbinden“. Der Verteidiger Holger Matt stellte keinen konkreten Strafantrag, betonte aber, er persönlich habe weiterhin „erhebliche Zweifel“ an der Schuld seines Mandanten. In seinem Plädoyer legte der Anwalt auch noch einmal dar, dass das Verfahren und das große öffentliche Interesse „emotional extremst belastend“ für Weinmann und seine Familie waren. Im Laufe des Verfahrens hatten mehrere Zeugen bestätigt, dass MAN über Jahre seinen Umsatz durch Bestechungszahlungen ankurbelte und diese über Scheinfirmen abwickelte. Es konnte sich allerdings niemand daran erinnern, ob er Weinmann über diese Vorgänge auch in Kenntnis gesetzt hatte. Richter Eckert betonte „das Gericht hat die Erinnerungslücken der Zeugen sehr kritisch gesehen“, und auch von Weinmann habe er den Eindruck, dieser „hätte schon noch etwas zu erzählen“. Dennoch betonte der Richter zum Ende der Verhandlung noch einmal, er habe Respekt vor Weinmanns Verhalten im Prozess. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Reisebranche sieht noch kaum Auswirkungen durch Proteste gegen Anti-Islam-Video
Berlin (dapd). Die zum Teil gewaltsamen Proteste in der islamischen Welt gegen das Mohammed-Schmähvideo haben bisher wenig Folgen für die deutschen Reiseveranstalter mit Ziel Ägypten oder Tunesien. „Das hält sich sehr in Grenzen“, sagte der Sprecher des Deutschen Reiseverbands (DRV), Torsten Schäfer, am Mittwoch in Berlin auf dapd-Anfrage. Nur vereinzelt seien bei Reisen in Tunesien Ausflüge in die Hauptstadt Tunis am Tag des muslimischen Freitagsgebets aus Vorsicht abgesagt worden. Auch sei Ägyptens Hauptstadt Kairo weiter im Programm. „Die Urlauber machen ganz woanders Urlaub als in Regierungsvierteln oder an Botschaften“, sagte Schäfer. An den Ferienorten am Roten Meer gebe es keine Demonstrationen. Die Reiseveranstalter beobachteten die Lage in den Ländern und reagierten entsprechend. Es gebe auch keinen Anstieg bei Stornierungen. Bei Kreuzfahrten seien ebenfalls aus Vorsicht Häfen in Ägypten und Tunesien nicht angelaufen worden. „Das war nie brenzlig“, erklärte Schäfer. Bei Thomas Cook/Neckermann ist laut einer Sprecherin vor Ort in Tunesien alles ruhig. „Wir haben auch keine Ausflüge gestrichen“, sagte sie. Auch Europas führender Reisekonzern TUI sieht bislang keine Auswirkungen der Proteste. „Die touristische Musik spielt nicht in Tunis und Kairo,“ sagte TUI-Sprecherin Anja Braun. In Kairo gebe es weiter Ausflüge, in Tunis führten diese nicht ins Stadtzentrum. Die Reiseleiter vor Ort beobachteten die Lage genau, erklärte Braun. Die Sicherheit der Reisenden habe im Zweifel immer Vorrang. Beim Reiseveranstalter FTI aus München gibt es nach Angaben des Unternehmens derzeit keine Ausflüge nach Tunis. In Ägypten seien schon länger Abstecher in den Nord Sinai gestrichen. Anbieter von Kreuzfahrten ändern ihre Routen je nach Situation. So könnte TUI Cruises laut Firmenmitteilung am kommenden Sonntag ein Schiff mit Ziel La Goulette in Tunesien kurzfristig ins italienische Cagliari auf Sardinien umdirigieren, sollte es „nur die geringste Wahrscheinlichkeit geben, dass die Sicherheit unserer Gäste und unserer Crew nicht mehr hundertprozentig gewährleistet ist“. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Arbeitnehmer bekommen mehr Reisespesen
Berlin (dapd). Arbeitnehmer können künftig ihre Reisekosten leichter von der Steuer absetzen und bekommen auch teilweise mehr Geld vom Arbeitgeber erstattet. Vereinfachungen soll es bei den Fahrtkosten und den sogenannten Verpflegungsmehraufwendungen geben sowie bei den Übernachtungskosten und der Besteuerung von Dienstwagen. Dies hat das Bundeskabinett in Berlin am Mittwoch beschlossen. Der Gesetzentwurf beschert dem Staat Mindereinnahmen von rund 290 Millionen Euro jährlich. Reisespesen – juristisch Verpflegungsmehraufwand genannt – sind Zusatzkosten, die anfallen, wenn man auf Dienstreise auswärts essen muss. Dafür gibt es bislang Tagespauschalen in drei Stufen – je nach Dauer der Abwesenheit in Stunden. Zukünftig fällt die niedrigste Pauschale von sechs Euro weg, und zwischen acht und 24 Stunden Abwesenheit greift schon die Pauschale von 12 Euro. Klarere und einheitlichere Regelungen sind auch bei Fahrten zur Arbeitsstätte vorgesehen, wenn mehrere Orte und weiträumige Gebiete abzurechnen sind. Dies gilt sowohl für den Abzug von Werbungskosten als auch die Dienstwagenbesteuerung. Auch die Aufwendungen für eine zusätzliche Unterkunft bei doppelter Haushaltsführung sollen einfacher zu ermitteln sein: Künftig sollen die tatsächlichen Kosten bis zu einem Höchstbetrag von 1.000 Euro im Monat vom Arbeitnehmer angesetzt werden können. Das erspart den Arbeitgebern die derzeit erforderliche Ermittlung der üblichen Vergleichsmiete. dapd (Politik/Politik)
Hartz-IV-Empfänger können 2013 auf acht Euro mehr hoffen
Berlin (dapd). Hartz-IV-Empfänger können ab Januar 2013 auf acht Euro mehr pro Monat hoffen. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch eine Erhöhung des Regelsatzes auf 382 Euro. Auch die Sätze für Partner und Kinder von Langzeitarbeitslosen sollen angehoben werden. Der Bundesrat muss der Verordnung noch zustimmen. Mit Verweis auf den vierten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung kritisierten Sozialverbände die Anhebung als ungenügend. Die Regelsätze für das Arbeitslosengeld II werden jährlich angepasst, und zwar anhand der Preis- und Lohnentwicklung. Die Preisentwicklung geht dabei zu 70 Prozent, die Lohnentwicklung zu 30 Prozent in den Index ein. Zusätzlich wird die ursprünglich festgesetzte Summe pro Jahr um 0,55 Prozent erhöht. Für 2013 ergibt sich daraus eine Erhöhung um acht Euro. Zum Jahresbeginn soll auch der sogenannte Partnersatz auf 345 Euro steigen. Mehr als 25 Jahre alte Personen, die bei ihren Eltern oder in Wohngemeinschaften leben, sollen künftig 306 Euro (plus 7 Euro) erhalten, die Sätze für Kinder und Jugendliche sollen um 2 bis 5 Euro steigen. Der Sozialverband Deutschland (SoVD) kritisierte die Entscheidung und forderte eine grundlegende Reform des Systems. „Zehn Jahre nach dem Beginn von Hartz IV ist ein klares Signal für einen bedarfsgerechten Regelsatz überfällig“, sagte der Präsident des Verbands, Adolf Bauer, der Nachrichtenagentur dapd. Mit ihrer Entscheidung habe die Regierung „eine große Chance vertan“. Einen Tag nach Bekanntwerden der wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich dürfe es „erst Recht keine Rückkehr zur Tagesordnung geben“. Wie aus dem Armuts- und Reichtumsbericht hervorgeht, besitzen zehn Prozent der deutschen Haushalte mehr als die Hälfte des gesamten Vermögens, während die untere Hälfte gerade einmal über rund ein Prozent des Wohlstands verfügt. „Langzeitarbeitslosigkeit ist eine der gravierendsten Ursachen für Armut in Deutschland und eine große Herausforderung“, heißt es in dem Bericht, der am Dienstag bekannt wurde. Einerseits ging demnach sowohl die Zahl der Langzeitarbeitslosen von 1,73 Millionen Menschen im Jahr 2007 auf 1,06 Millionen im Jahr 2011 zurück als auch die Zahl derjenigen, die auf Grundsicherung angewiesen waren, nämlich von rund 5,3 Millionen Erwachsenen auf nur noch rund 4,6 Millionen. Zugleich stieg allerdings der Anteil sogenannter atypischer Beschäftigungen zwischen 2000 und 2010 von rund 20 Prozent auf 25 Prozent. Der Präsident der Diakonie, Johannes Stockmeier, kritisierte, dass der soziale Ausgleich nach wie vor den Sozialversicherungen vorbehalten bleibe, „in die Menschen mit hohen Einkommen nicht einzahlen“. Es sei unverständlich, dass der Bericht kein Konzept für mehr Steuergerechtigkeit enthalte. „Hohe Einkommen und Vermögen müssen stärker an der Finanzierung des sozialen Ausgleichs beteiligt werden“, verlangte er. Der CSU-Politiker Max Straubinger verwies im rbb-Inforadio darauf, dass dem Bericht zufolge insgesamt große Fortschritte beim Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit gemacht worden seien. Außerdem habe Deutschland die geringste Jugendarbeitslosigkeit in Europa. „Ich sehe das nicht so, dass damit also hier das soziale Gefüge in irgendeiner Weise beeinträchtigt wäre“, sagte Straubinger. Der nordrhein-westfälischen FDP-Vorsitzende Christian Lindner argumentierte, dass die besserverdienende Hälfte der Beschäftigten beinahe das gesamte Aufkommen der Einkommenssteuer erwirtschafte. „Die Kuh, die man melken möchte, darf man nicht schlachten. Ich warne vor Robin-Hood-Schnellschüssen“, sagte Lindner der „Rheinischen Post“. SPD-Fraktionsvize Joachim Poß kritisierte die Äußerungen der Koalitionspolitiker. Dies seien „rückwärtsgewandte Reflexe“ und „Zeichen gesellschaftspolitischer Ignoranz“. Ohne Vermögensteuer könne die Behebung der großen Defizite im Bildungsbereich nicht finanziert und die dauerhafte Einhaltung der Schuldenbremse in den Ländern nicht bewältigt werden. dapd (Politik/Politik)
Einsatz von Antibiotika bei Tieren soll reduziert werden
Berlin (dapd). Mit einer Novelle des Arzneimittelgesetzes will das Bundeskabinett den Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung reduzieren. Die am Mittwoch vom Kabinett verabschiedete Gesetzesänderung soll unter anderem schärfere Kontrollen und eine bessere Dokumentation des Einsatzes von Antibiotika in der Tierhaltung ermöglichen, teilte das Bundeslandwirtschaftsministerium mit. Hintergrund der Änderung ist die Sorge vor einer wachsenden Anzahl an Antibiotikaresistenzen durch zu häufigen und unsachgemäßen Einsatz der Medikamente etwa bei Masttieren. Durch solche Resistenzen können Antibiotika bei erkrankten Menschen oder Tieren ihre Wirkung verlieren. „Wir müssen alles daran setzen, dem übermäßigen Einsatz von Tierarzneimitteln Einhalt zu gebieten“, sagte Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU). Um dieses Ziel zu erreichen, soll künftig vor allem eine statistische Vergleichbarkeit des Antibiotikaeinsatzes in den einzelnen Betrieben ermöglicht werden. Zu diesem Zweck soll eine einheitliche behördliche Datenbank geschaffen werden. Einem übertriebenen Antibiotikaeinsatz sollen die Behörden dann direkt einen Riegel vorschieben können: Reduziert ein Betrieb die Gaben nicht, obwohl er über den Vergleichswerten liegt, können die Ämter eingreifen. Die Kontrolleure sollen die Halter beispielsweise auch zur besseren Gesundheitsvorsorge für die Tiere verpflichten können, wenn auf diesem Wege Medikamentengaben vermieden werden können. Darüber hinaus soll es möglich werden, den Einsatz von für den Menschen besonders bedeutenden Antibiotikasorten bei Tieren einzuschränken. Bereits seit längerem verboten ist es, Tieren Antibiotika als leistungsfördernden Futterzusatz zu verabreichen. Nicht enthalten ist in dem Gesetzentwurf ein klares Reduktionsziel für die Menge der verabreichten Antibiotika. „Starre Zielvorgaben bringen nichts und gehen am eigentlichen Problem vorbei“, argumentierte Aigner. So gebe es niedrig dosierte Antibiotika mit sehr hohem Wirkungsgrad – wer „nur auf die Menge“ blicke, verkenne das Problem. In Kraft treten soll die Novelle voraussichtlich im Frühjahr 2013. Zuvor muss der Gesetzentwurf Bundestag und Bundesrat passieren. dapd (Politik/Politik)
Schick verlangt ein Blasphemie-Verbot als Schutz für die Christen
Bamberg (dapd). Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick hat seine Forderung nach einem gesetzlichen Blasphemie-Verbot bekräftigt. Gerade Christen bedürften des Schutzes durch eine solche Regelung, sagte Schick am Mittwoch der Nachrichtenagentur dapd in Bamberg. Mit Blick auf die teils gewalttätigen Proteste von Muslimen gegen den islamfeindlichen Film „Die Unschuld der Muslime“ erklärte der Geistliche, Christen würden „niemals“ aus Protest gegen Blasphemie gewalttätig werden und die öffentliche Ordnung stören. „Besonders deshalb müssen sie von den Gesellschaften und den Staaten geschützt werden.“ Zugleich sprach sich Schick gegen die von Rechtspopulisten angekündigte öffentliche Vorführung des umstrittenen Films aus. Der Zweck liege lediglich darin, gläubige Muslime zu provozieren. Der Erzbischof betonte, die Debatte könne aber nicht nur juristisch geführt werden – er forderte zu „gesellschaftlichem Dialog“ und „interreligiösen Gesprächen“ auf. Schick hatte bereits im August ein Blasphemie-Verbot gefordert. Kurz zuvor hatte damals ein Cover des Satiremagazins „Titanic“ für Aufregung gesorgt, das Papst Benedikt XVI. mit einem großen gelben Fleck auf der Soutane zeigte. dapd (Politik/Politik)