Koalition streitet über Armuts- und Reichtumsbericht
Berlin (dapd). Kaum ist die Empörung über die geplante Zuschussrente ein wenig abgeebbt, sorgt Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) für neuen Zündstoff in der Koalition: Stein des Anstoßes ist ein Passus im Armuts- und Reichtumsbericht der Ministerin, der als Forderung nach Steuererhöhungen ausgelegt wird. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) distanzierten sich am Donnerstag von der Analyse. Der 535-seitige Berichtsentwurf enthält unter anderem einen Prüfauftrag, „ob und wie über die Progression in der Einkommensteuer hinaus privater Reichtum für die nachhaltige Finanzierung öffentlicher Aufgaben herangezogen werden kann“. Von der Leyen hatte ihn Anfang der Woche in die Ressortabstimmung gegeben. Nach ihrem Terminplan soll das Bundeskabinett den Bericht am 14. November beschließen. Merkel sprach sich deutlich gegen zusätzliche Abgaben aus. „Ich halte von Vermögensabgaben nichts“, sagte sie dem Sender Sat.1. Die Kanzlerin erinnerte daran, „dass zehn Prozent der Wohlhabendsten immerhin 55 Prozent der Steuereinnahmen generieren“. Zugleich verwies Merkel darauf, dass der Bericht und seine Maßnahmen würden nun in der Bundesregierung abgestimmt würden- „da ist noch nicht einmal die erste Runde gelaufen“. Arbeitsministerium wehrt sich Kritik Rösler sagte während seiner Fernostreise in Bangkok, er halte neue Umverteilungsvorschläge „ausdrücklich für falsch“. Zuvor hatte das Wirtschaftsministerium in einer Stellungnahme via „Handelsblatt“ klar gemacht, dass der aktuelle Berichtsentwurf „nicht ressortabgestimmt“ sei und daher „auch nicht der Meinung der Bundesregierung“ entspreche. Vor allem „Forderungen nach höheren Steuern für die, die den Sozialstaat finanzieren“, lehne das Ministerium ab. Der FDP-Sozialexperte Heinrich Kolb forderte eine grundlegende Überarbeitung des Entwurfs. „Wir kommen zu anderen Schlüssen als die Bundesarbeitsministerin“, sagte Kolb der „Saarbrücker Zeitung“ (Freitagausgabe). Korrekturbedarf attestierte er vor allem bei den Passagen zum Mindestlohn und zur Bekämpfung der Altersarmut. Das Arbeitsministerium wies die Kritik umgehend zurück. Bei der Prüfaussage gehe es „ausschließlich und allein um das Thema der gesellschaftlichen Verantwortung und des Engagements im Rahmen von freiwilligen Spenden- und Stiftertätigkeiten“. Es gebe im Bericht dagegen „keinerlei Hinweise auf neue Umverteilungen über das Steuersystem“. „Die Prüfaussage in diesen Zusammenhang zu stellen, ist absolut konstruiert. Ableitungen dieser Art nimmt der Bericht an keiner Stelle vor.“ SPD spricht von „Schmierenkomödie“ Der Bundesverband Deutscher Stiftungen attestierte der Ministerin, dass das stifterische Engagement der Vermögenden in Deutschland von vorbildlichen Ausnahmen abgesehen „ausbaufähig“ sei. Laut Bericht engagieren sich Reiche vor allem in Sportvereinen, Berufsverbänden, Heimat- und Bürgervereinen sowie privaten Klubs. Der Generalsekretär des Verbands, Hans Fleisch, forderte die Regierung daher auf, die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Stiftungen weiter zu verbessern. „Ich hoffe, die Bundesregierung macht Ernst mit ihrer Ankündigung, unnötige Bürokratie für Engagementwillige zu verringern“, betonte er. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Hubertus Heil, sprach angesichts der Unstimmigkeiten in der Bundesregierung von einer „Schmierenkomödie“. „Während Frau von der Leyen soziale Ungerechtigkeit beklagt, ohne als zuständige Ministerin tatsächlich etwas zu ändern, will sich der angeschlagene FDP-Vorsitzende in seine Partei als Kämpfer gegen vermeintliche Umverteilung in Szene setzen“, kritisierte Heil. Beiden gehe es nicht um die Sache. dapd (Politik/Politik)
Mehrheit im Bundesrat für Frauenquote scheint sicher
Saarbrücken (dapd). Im Bundesrat scheint eine Mehrheit für die Einführung einer gesetzlichen Frauenquote in Aufsichtsräten sicher. Die von CDU und SPD gemeinsam geführten Regierungen von Sachsen-Anhalt und dem Saarland wollen eine Gesetzesinitiative der Länder Hamburg und Brandenburg unterstützen. Zusammen mit den von SPD, Grünen und Linken geführten Ländern wäre damit eine Mehrheit in der Länderkammer erreicht. Wenn der Bundesrat am Freitag dem Vorhaben zustimmt, muss sich auch der Bundestag mit dem Vorschlag befassen. Der Antrag sieht vor, dass eine feste Quote für Frauen in Aufsichtsräten in zwei Stufen eingeführt wird: Ab 2018 muss ihr Anteil demnach mindestens 20 Prozent betragen, ab 2023 dann mindestens 40 Prozent. Für Sonderfälle ist eine Härtefallklausel vorgesehen. Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) lobte die Initiative. Eine gesetzliche Quote sorgt dafür, dass sich die Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz verändern – beispielsweise durch eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, durch flexiblere Arbeitszeiten oder durch verstärkte Fortbildungsmaßnahmen“, sagte Kramp-Karrenbauer der „Welt“. Nach Angaben einer Regierungssprecherin hatte das Landeskabinett bereits in der vergangenen Woche grünes Licht für die Initiative gegeben. Auch eine Sprecherin der sachsen-anhaltischen Justizministerin Angela Kolb (SPD) bestätigte, dass das Land den Vorstoß in der Länderkammer unterstützen will. Von der Leyens Ministerium erfreut Das Bundesarbeitsministerium begrüßte die Initiative des Bundesrats. „Die Position der Ministerin ist klar: Die Präsenz von Frauen in Führungspositionen muss sich deutlich und mit klaren Zeitzielen verbessern“, sagte ein Sprecher von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) auf dapd-Anfrage. Diese Position sei unverändert. Im Gegensatz zu ihrer Kabinettskollegin, Familienministerin Kristina Schröder (CDU), hatte von der Leyen mehrfach für die Einführung einer festen Frauenquote für Unternehmen geworben. Schröder setzt hingegen auf eine Selbstverpflichtung der Unternehmen, die sogenannte Flexiquote. Diese ist auch Bestandteil des Leitantrags der CDU-Spitze, der auf dem nächsten Parteitag Anfang Dezember verabschiedet werden soll. Auch der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer lehnt eine gesetzliche Frauenquote für Aufsichtsräte weiterhin ab. Seehofer sagte nach einer Klausur der CSU-Fraktion im oberfränkischen Kloster Banz, er sei zwar für „Frauenförderung“. Er halte aber nichts davon, alle Ziele mit Paragrafen zu regeln. Grünen-Chefin Renate Künast wertete die voraussichtliche Zustimmung des Bundesrates zu einer gesetzlichen Frauenquote als klare Niederlage der schwarz-gelben Koalition. „Die Bundesregierung fällt mit verstaubten Gesellschaftsbildern völlig aus der Zeit und muss vom Bundesrat mühsam angetrieben werden“, sagte Künast in Berlin. „Das Saarland beweist: Selbst CDU-Ministerpräsidentinnen fühlen sich von einer CDU-Frauenministerin Schröder nicht mehr vertreten.“ Doch auch bei Zustimmung im Bundesrat sind die Chancen für die Einführung einer gesetzlichen Frauenquote aus Sicht der SPD-Abgeordneten Christel Humme weiterhin schlecht. Sie „würde sich wundern“, wenn der Gesetzentwurf im Plenum verabschiedet würde, sagte die gleichstellungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. Die Entscheidung des Bundestags hänge davon ab, wie die CDU- und FDP-Frauen abstimmen, „die sich mit der Berliner Erklärung aus dem Fenster lehnen“, sagte Humme. dapd (Politik/Politik)
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BASF kauft amerikanischen Saatgutspezialisten
Ludwigshafen (dapd). Der Ludwigshafener Chemiekonzern BASF will den US-amerikanischen Saatgutspezialisten Becker Underwood übernehmen. Man habe mit Norwest Equity Partners (NEP) eine Einigung über den Erwerb von Becker Underwood erzielt, das sich seit 2004 im Portfolio von NEP befinde, teilte BASF am Donnerstag in Ludwigshafen mit. Der Kaufpreis liege bei 1,02 Milliarden Dollar (785 Millionen Euro). Dem Kauf müssten noch die Behörden zustimmen, mit einem Abschluss der Transaktion werde bis Ende des Jahres gerechnet. Das Unternehmen aus Iowa zählt nach Angaben von BASF zu den weltweit führenden Anbietern von Technologien zur Saatgutbehandlung sowie von biologischen Pflanzenschutzprodukten. Becker Underwood produziert demnach an 10 Standorten weltweit und beschäftigt 479 Mitarbeiter. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Studie: Ausbildungsgarantie für alle lohnt sich
Gütersloh (dapd). Die Bertelsmann-Stiftung setzt sich für eine Ausbildungsgarantie für jeden Schulabgänger ein. Wer auf dem regulären Ausbildungsmarkt keine Lehrstelle finde, solle trotzdem einen qualifizierten Berufsabschluss erwerben können, erklärte die Stiftung am Donnerstag in Gütersloh. Das gehe nicht ohne Investitionen der öffentlichen Hand. So müsse der Staat einer Studie der Stiftung zufolge für jeden, der erst aufgrund der Ausbildungsgarantie eine Ausbildung erhalte, zunächst etwa 11.000 Euro zusätzlich aufwenden, rechnete Bildungsökonom Klaus Klemm vor. Der Staat gewinne durch höhere Einnahmen wie Lohnsteuern und Beiträge zur Arbeitslosenversicherung ebenso wie durch sinkende Ausgaben für Arbeitslosengeld sowie Sozialleistungen im Gegenzug aber 22.000 Euro pro Kopf. Unter dem Strich koste eine solche Ausbildungsgarantie den Staat 1,5 Milliarden Euro pro Jahr. Der deutschen Wirtschaft stünden aber jährlich bis zu 150.000 Fachkräfte zusätzlich zur Verfügung. 2011 begannen der Stiftung zufolge nahezu 300.000 Jugendliche berufsvorbereitende Übergangsmaßnahmen, weil sie zunächst keine Lehrstelle fanden. „Alles prinzipiell hilfreich, aber für viele Jugendliche bedeuten diese Maßnahmen nichts als verlorene Zeit in der Warteschleife, denn: Ein Berufsabschluss kann im heutigen Übergangsbereich nicht erworben werden“, kritisierte das Vorstandsmitglied der Bertelsmann-Stiftung, Jörg Dräger. Der Übergangsbereich verursache jährlich Kosten von etwa 4,3 Milliarden Euro. Dennoch blieben jedes Jahr 150.000 Jugendliche dauerhaft ohne Berufsabschluss und hätten als Ungelernte geringe Aussichten auf dem Arbeitsmarkt. Die Stiftung hat gemeinsam mit neun Bundesländern und der Bundesagentur für Arbeit ein Konzept erarbeitet, wie der Übergangsbereich zwischen Schule und Beruf grundlegend neu gestaltet werden kann. (Die Studie im Internet: http://url.dapd.de/XtsqfE ) dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
morsmedia Fernseh- und Filmproduktion
Daimler dämpft Gewinnerwartungen für Autosparte
Stuttgart (dapd). Der Daimler-Konzern erwartet für seine Autosparte in diesem Jahr ein schwächeres Ergebnis. Daimler-Chef Dieter Zetsche sagte am Donnerstag, schwierige Marktbedingungen in Europa und eine Verschärfung des Wettbewerbs in China würden für das Gesamtjahr „wohl dazu führen, dass wir bei Mercedes Benz Cars unter dem Niveau des Vorjahres liegen werden“. Zetsche sprach im Mercedes-Benz-Werk in Stuttgart-Untertürkheim anlässlich eines Besuchs des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne). Der Politiker forderte die Autobauer zur Herstellung umweltschonender Motoren auf. Zetsche zufolge betrug das Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) in der Sparte Mercedes Benz Cars im vergangenen Jahr rund fünf Milliarden Euro. Wie weit das Ergebnis in diesem Jahr unter dem Vorjahreswert liegen könnte, sagte Zetsche nicht. Der Konzernchef betonte, „wir haben in Europa zunehmend schwierige Marktbedingungen“. Die Entwicklung sei negativer als noch vor kurzem erwartet. Zudem sei es in China, wo es immer noch Wachstum gebe, zu einer „signifikanten Verschärfung der Wettbewerbssituation“ gekommen. Konzern will auf Entwicklung reagieren Auf diese „schwierig werdenden Umfeldbedingungen“ will Daimler mit „einer ganzen Reihe von Maßnahmen“ reagieren, die in dem Programm „fit for leadership“ gebündelt würden. Dieses ist schon beschlossen, wie Zetsche sagte. Details sollen aber erst in den kommenden Wochen bekanntgegeben werden. In seiner Lastwagensparte rechnet der Konzern allerdings weiter mit Wachstum. In Untertürkheim baut Daimler Motoren, Getriebe, Achsen und dazugehörige Komponenten, rund 17.700 Mitarbeiter sind in dem Werk beschäftigt. Kretschmann forderte die Autobauer auf, möglichst umweltschonende Verbrennungsmotoren herzustellen. Alternative Antriebstechniken stünden erst am Beginn ihrer Entwicklung, sagte der Politiker. Kretschmann rechnet mit langer Übergangsphase Für eine umweltschonende Mobilität sei es daher „enorm wichtig, in dieser noch länger andauernden Übergangsphase die konventionellen Antriebe so umweltschonend wie möglich zu produzieren“. Selbst wenn es, wie beabsichtigt, bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf den Straßen gebe, entspreche das nur 2,5 Prozent aller Fahrzeuge, gab Kretschmann zu bedenken. Bei dem Besuch sprach Kretschmann auch mit dem Untertürkheimer Betriebsratsvorsitzenden Wolfgang Nieke. „Ziel des Betriebsrats ist es, dass die Automobilregion Stuttgart in den nächsten Jahren zum Zentrum für die Entwicklung und Produktion neuer Antriebskonzepte wird“, betonte Nieke. Dabei werde auf die Unterstützung der Landesregierung gesetzt. Zetsche zufolge werden in diesem Jahr rund zwei Milliarden Euro in die Pkw-Werke in Untertürkheim, Sindelfingen und Rastatt investiert. Rund 900 Millionen Euro fließen den Angaben nach in das Untertürkheimer Werk, auch für die Ausweitung der Produktion von umweltschonenden Motoren. In dem Werk wird unter anderem ein neuer Vierzylinder-Ottomotor hergestellt, dessen Energieverbrauch geringer sein soll als bei Vorgängermodellen. Neben Stuttgart sollen die Motoren ab 2013 auch in China und ab 2014 in den USA hergestellt werden. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
CDU-Politiker kritisieren Streit um NSU-Absprachen als müßig
Berlin (dapd-bln). Berliner CDU-Politiker haben den Streit zwischen hauptstädtischen Behörden und der Bundesanwaltschaft über die Deutung interner Absprachen zur NSU-Affäre kritisiert. Die Diskussion habe sich in eine „kontraproduktive Richtung“ entwickelt, sagten am Donnerstag die Innen- und Verfassungsschutzexperten Robbin Juhnke und Stefan Lenz. Zugleich bemängelten die Grünen die Berliner Akten zur NSU-Affäre als lückenhaft. Erst in der vergangenen Woche wurde bekannt, dass ein mutmaßlicher NSU-Helfer mehr als ein Jahrzehnt Informant der Berliner Polizei war und ab 2002 zumindest indirekte Hinweise auf den Aufenthaltsort des Terror-Trios gegeben hat. Er soll für seine Dienste nach dapd-Informationen insgesamt 3.000 Euro erhalten haben. Innensenator Frank Henkel (CDU) wusste von der Verbindung seit März und ließ die Bundesanwaltschaft, nicht jedoch den Untersuchungsausschuss des Bundestags und das Abgeordnetenhaus unterrichten. Ihm wird deshalb Vertuschung vorgeworfen. Henkel beruft sich dagegen auf Absprachen mit der Bundesanwaltschaft als ermittelnder Behörde, die seine Darstellung allerdings zurückweist. Es sei „müßig“, über das Bestehen einer Vereinbarung zwischen der Bundesanwaltschaft und der Berliner Polizei zu diskutieren, betonten die CDU-Politiker. Sie bezeichneten es als „üblich“, dass jede Informationsweitergabe durch die Polizei als Ermittlungsbehörde in einem Strafverfahren auch mit der zuständigen Staatsanwaltschaft, im konkreten Fall dem Generalbundesanwalt, abzustimmen sei. Späte Unterrichtung des Ausschusses Zu keinem Zeitpunkt habe außer Frage gestanden, dass die Informationen über die V-Person und die über sie gewonnenen Erkenntnisse an den Untersuchungsausschuss des Bundestages weitergegeben werden sollten, sagten Juhnke und Lenz weiter. Sie verwiesen darauf, dass sich die Bundesanwaltschaft nach dem Treffen mit der Berliner Polizeivizepräsidentin Margarete Koppers vom 20. März 2012 entschieden habe, den Ermittlungsbeauftragten des Untersuchungsausschusses erst am 24. Juli zu unterrichten. Letztendlich gehe es aber nicht darum, „wie der angebliche Widerspruch der Aussagen aufzulösen ist, sondern es geht um die Aufklärung der Vorgänge der Vergangenheit“, betonten die CDU-Abgeordneten. Man müsse sich „den wesentlichen Fragen stellen und die Diskussion endlich wieder vom Kopf auf die Füße stellen“. Das sei man den Opfern der rechtsextremen Terrorgruppe NSU schuldig, die bundesweit zehn Menschen getötet haben soll. Aufzeichnungen nachliefern Der Grünen-Abgeordnete Benedikt Lux monierte, dass es über die Treffen des Landeskriminalamtes (LKA) mit dem mutmaßlichen NSU-Unterstützer zwar „Gesprächsvermerke“, aber „keine vollständigen ungefilterten Informationen“ gebe. Damit sei eine Aufklärung der Vorgänge nicht möglich, sagte er der Nachrichtenagentur dapd. Lux hatte wie Abgeordnete anderer Fraktionen von seinem Recht auf Akteneinsicht Gebrauch gemacht, das den Landesparlamentariern jetzt gewährt wurde. Er forderte das LKA auf, zu prüfen, ob noch weitere Unterlagen vorhanden seien und sie gegebenenfalls nachzuliefern. dapd (Politik/Politik)
Ohne Leitungsbau keine Energiewende!
Bonn (dapd). „Ohne Leitungsbau keine Energiewende!“ So kurz und knapp brachte der Präsident der Bundesnetzagentur, Jochen Homann, am Donnerstag sein Anliegen auf den Punkt. Die Aufsichtsbehörde hatte zum ersten Informationstag über den Entwurf des Netzentwicklungsplans 2012 nach Bonn eingeladen. Es geht um den geplanten Bau von 3.800 Kilometer neuer Stromtrassen in Deutschland. Doch nur rund 150 Bürger, Kommunalvertreter und Vertreter von Umweltverbänden waren gekommen. Gut sieben Stunden lang präsentieren die Experten der Netzagentur ausgerechnet im Rheinischen Landesmuseum für Archäologie, Kunst- und Kulturgeschichte die Zukunftspläne für die deutschen Stromautobahnen. Sie berichteten über Prognosen für die künftige Versorgungslandschaft und die Probleme bei der Ermittlung des damit verbundenen Netzausbaubedarfs. Sie informierten über die Auswirkungen elektromagnetischer Felder auf die Gesundheit und den Einfluss von Freileitungen auf Vögel. Sie stellten sich den Fragen der Anwesenden. Mit der Informationsoffensive will Homann die Bürger für einen Dialog über den Ausbau des Stromnetzes gewinnen. Es gebe bei der Planung der neuen Stromtrassen mehr Möglichkeiten zur Bürgerbeteiligung als je zuvor, betonte der Behördenchef auf der Veranstaltung. Homann hofft, durch die frühzeitige Beteiligung aller Betroffenen den Widerstand gegen die neuen Leitungen dämpfen zu können. Schließlich ist der Zeitrahmen eng gesteckt. Wenn 2022 die letzten Kernkraftwerke vom Netz gehen, müssen die Stromtrassen fertig sein. Eine große Herausforderung – gemessen an den bisherigen Genehmigungs- und Bauzeiten von Hochspannungstrassen in Deutschland. Die Nagelprobe kommt später Noch allerdings befindet sich die Planung in einem frühen Stadium. Genaue Trassen sind noch nicht festgelegt. Und es lässt sich noch nicht einmal sagen, welche Wohngebiete oder welche Naturschutzgebiete von den neuen Höchstspannungsleitungen unmittelbar betroffen sein werden. Wohl auch deshalb hielt sich das Interesse an der Pilotveranstaltung in Grenzen. Doch das heißt nicht, dass es keine Kritik an den Ausbauplänen gibt. Umweltverbände haben die Planungen der Netzbetreiber bereits als überdimensioniert kritisiert. Und auch unter den Zuhörern in Bonn regte sich Widerspruch. Für Rolf und Gabriele Gassmann aus Bonn etwa verhindern die vier geplanten großen Nord-Süd-Stromtrassen eine Dezentralisierung der Energiewirtschaft und dienen damit vor allem den Interessen der großen Stromkonzerne. Sven Schwardmann von der Bürgerinitiative pro Erdkabel NRW sieht Schwachstellen im Beteiligungsverfahren. Für einen Laien sei kaum zu durchschauen, ob die Ausbaupläne angemessen seien. Die Datenberge überforderten den normalen Bürger. Doch das dürfte nur der Anfang der Proteste sein. Die Nagelprobe für die Akzeptanz komme, wenn der genaue Verlauf der Leitungen festgelegt werde, sagt Homann. „Am Ende wird es auch Entscheidungen geben müssen, die nicht jeden zufriedenstellen.“ dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)