Union, FDP und SPD über Antrag zu Beschneidung einig

Union, FDP und SPD über Antrag zu Beschneidung einig Berlin (dapd). Union, FDP und SPD haben sich auf einen gemeinsamen Antrag zur Zulässigkeit von rituellen Beschneidung verständigt. Demnach wird die Bundesregierung aufgefordert, einen Gesetzentwurf vorzulegen, „der sicherstellt, dass eine medizinisch fachgerechte Beschneidung von Jungen ohne unnötige Schmerzen grundsätzlich zulässig ist“. Zu berücksichtigen seien dabei die Rechtsgüter des Kindeswohls, der körperlichen Unversehrtheit, der Religionsfreiheit und des Rechts der Eltern auf Erziehung. Das geht aus dem Entwurf für den Antrag hervor, welcher der Nachrichtenagentur dapd vorliegt. Ob die Grünen die Resolution mittragen, soll in der Fraktionssitzung am Donnerstag entschieden werden. Die Linkspartei war an den fraktionsübergreifenden Gesprächen der vier anderen Fraktionen nicht beteiligt. Unklar war noch, ob sich der Bundestag am Donnerstag in seiner Sondersitzung zu den Hilfen für die spanischen Banken mit dem Thema befasst. Das Landgericht Köln hatte die Beschneidung als strafbare Körperverletzung gewertet. Das Urteil löste weltweit bei Juden und Muslimen Proteststürme aus. Die Bundesregierung will nun Rechtsklarheit schaffen. Jüdisches und muslimisches religiöses Leben in Deutschland müsse weiterhin möglich sein, heißt es in dem Antrag weiter. Die Beschneidung von Jungen habe für Juden und Muslime eine zentrale religiöse Bedeutung. Auf der anderen Seite stelle die Beschneidung einen irreversiblen Eingriff in die körperliche Identität des Kindes dar, geben die Abgeordneten zu bedenken. Eine klare Absage erteilten die Abgeordneten der weiblichen Genitalverstümmelung. Diese sei mit der „weltweit sozial akzeptierten“ Beschneidung von Jungen nicht vergleichbar und daher zu verurteilen. dapd (Politik/Politik)

Versandhändler Neckermann ist pleite

Versandhändler Neckermann ist pleite Frankfurt/Main (dapd). Dem angeschlagenen Versandhändler Neckermann droht das Aus. Das Unternehmen stellte am Mittwoch einen Insolvenzantrag. Die Verhandlungen mit der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di über einen Sanierungsplan seien zuvor gescheitert, teilten Neckermann und die Gewerkschaft in Frankfurt am Main mit. Strittig war in den Verhandlungen vor allem ein vom Management beabsichtigter Abbau von 1.380 der rund 2.400 Stellen in Deutschland. „Die Geschäftsführung wird alles daran setzen, das laufende Geschäft auch im vorläufigen Insolvenzverfahren aufrecht zu halten“, hieß es in der Unternehmensmitteilung. „Der Eigentümer des Unternehmens hält das Ergebnis der Verhandlungen für nicht tragfähig und wird keine weiteren Mittel für die Finanzierung zur Verfügung stellen.“ Ver.di zeigte sich enttäuscht. „Wir hatten mit der Geschäftsführung einen tragfähigen Kompromiss erzielt“, sagte Gewerkschaftssekretär Wolfgang Thurner auf dapd-Anfrage. Dabei sei es um drei Punkte gegangen: Abfindungen in Höhe von neun Millionen Euro, eine gut ausgestattete Transfergesellschaft sowie eine Verständigung über Richtlinien darüber, wer gekündigt werde. „Dies sollte heute paraphiert und unterschrieben werden. Es fehlte lediglich die Zustimmung von Sun Capital, dem Eigentümer“, sagte Thurner. Er sei sehr enttäuscht und auch sprachlos. Zudem steige auch etwas Wut auf, „weil man sich Mühe gemacht hat, wochenlang einen Kompromiss zu finden, und dann ist man auf der Zielgeraden und wird durch so ein Foul gestoppt“. Thurner kündigte an, den Insolvenzverwalter zu unterstützen. Dieser solle versuchen, Neckermann zu erhalten, wenn auch mit reduzierter Belegschaft. Er sehe in dem Zusammenhang Chancen, weil ein Insolvenzverwalter befreit sei vom Diktat eines Eigentümers, sagte Thurner. Dabei müssten natürlich Finanzierungsmöglichkeiten eröffnet werden. Thurners Kollege, ver.di-Gewerkschaftssekretär Bernhard Schiederig, äußerte die Hoffnung, Arbeitsplätze im Onlinebereich und der Logistiksparte retten zu können. Im schlimmsten Fall aber bedeute die Insolvenz das Aus für die Logistik in drei Monaten. Für die Mitarbeiter sei die Situation sehr unsicher, da der Insolvenzverwalter noch nicht feststehe. Der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) kritisierte den Insolvenzantrag als „die schlechteste Lösung“. Sun Capital entziehe sich der Verantwortung, die in der sozialen Marktwirtschaft der Belegschaft gegenüber bestehe. „Ein Sozialplan mit Transfergesellschaft wäre für beide Seiten die beste Lösung gewesen“, sagte Feldmann. Neckermann war Ende 2010 komplett vom US-Investor Sun Capital Partners mit Sitz in Florida übernommen worden. Danach wurde das 1950 als Katalogversandhaus gegründete Unternehmen stärker auf den Online-Handel ausgerichtet. Die Umgestaltung vermochte jedoch nicht, die einbrechenden Umsätze aufzufangen. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Neckermann-Pleite zeigt den Niedergang des klassischen Versandhandels

Neckermann-Pleite zeigt den Niedergang des klassischen Versandhandels Hamburg (dapd). Sie waren Unternehmensperlen des deutschen Wirtschaftswunders: Quelle, Neckermann und Otto machten nach dem Krieg den neuen Wohlstand für Millionen Bürger erst fühlbar: Kleider, Kaffeemaschinen, Kinderspielzeug – die sogenannten Universalversender lieferten bis in die letzte Ecke der Bundesrepublik. Am Abend hockte damals gerade abseits der Städte die ganze Familie über den doppeldaumendicken Katalogen und suchte ein neues Geschirrservice aus oder eine neue Küchenuhr. Nach der Insolvenz von Quelle und am Mittwoch Neckermann hält nur noch der Otto-Versand der Internet-Konkurrenz von Amazon oder Zalando stand – wenn auch mit Mühe. Als erstes traf es schon vor drei Jahren das stolze Unternehmen Quelle aus Fürth: Mehrere tausend Mitarbeiter verloren ihren Job, als Quelle Ende 2009 nach langem Siechtum in die Insolvenz ging. Viel zu spät hatten die Manager erkannt, dass ohne das Internet im Versandhandel nichts mehr ging: Quelle hatte vor allem ältere Kunden und war stark im Geschäft mit Küchengeräten (Privileg). Deshalb spürten die Franken erst später als die Konkurrenz den Angriff aus dem Computernetz. Dagegen war der Chef des Haupt-Herausforderers Otto Versand, Michael Otto, schon vor Jahren durch die Geheimlabore im Silicon Valley getingelt und hatte sich die Trends der Zukunft zeigen lassen: Otto investierte daraufhin Millionen in die Internettechnik, etwa indem der Kunde sich Kleidung dreidimensional ansehen konnte. Otto hatte traditionell seine Stärke bei Mode – was sehr viel jüngere Kunden mit Interneterfahrung anlockte als Quelle. Neckermann siechte ebenfalls seit Jahren, erlebte aber 2010 nach der Quelle-Pleite einen Zwischenboom. Das vom legendären Unternehmer Josef Neckermann gegründete Frankfurter Unternehmen kam aber nie wieder richtig auf die Beine. Was Quelle und Neckermann zu spät merkten: Das Internet hatte die Spielregeln im Versandhandel völlig neu festgelegt. Vor mehr als zehn Jahren tauchte mit Amazon eine Macht auf, die alles auf den Kopf stellte, was vorher galt. Zunächst ignorieren die deutschen Distanzhändler die neue Konkurrenz, die ja zunächst nur Bücher, dann auch CDs und DVDs anbot. Doch ehe die Versand-Fürsten in Hamburg, Frankfurt und Fürth sich versahen, gab es bei Amazon auch Mode, Möbel und mehr. Der Trick des von Jeff Bezos gegründeten neuen Unternehmens: Amazon nahm einfach die Angebote anderer Händler in sein Angebot auf und wirkt nur noch als Vermittler – gegen Provision. Dagegen unterhielten die deutschen Versender gigantische Lagerhäuser, in denen viel Kapital gebunden war, das für Investitionen fehlte. Neben Amazon drängten tausende andere Anbieter ins Internet. Plötzlich konnte jeder Händler sich direkt an Millionen Kunden wenden, die bisherigen Kunden der Universalversender konnten in Sekunden Preise vergleichen. Und die waren bei Otto, Quelle und Neckermann eben nicht immer niedrig. Das stellte jüngst auch der letzte Überlebende fest, der Otto-Versand. „Wir werden Preise gezielt senken“, sagte Vorstandsvorsitzender Hans-Otto Schrader vor wenigen Wochen. Vor allem der Newcomer Zalando setzt den Hamburgern zurzeit zu. Zalando steht im Verdacht, mehr auf schnelles Umsatzwachstum denn auf nachhaltige Gewinne zu setzen. Der Otto-Versand hatte im Heimatmarkt 2011/2012 (bis 29. Februar) mit rund 2,1 Milliarden Euro Umsatz kein Wachstum mehr erreicht. Der gesamte deutsche Versandhandel legte dagegen um mehr als zwölf Prozent zu. Ein Jahr früher hatte Otto noch mit einem 17-Prozent-Zuwachs von der Pleite des Konkurrenten Quelle profitiert. Ein Trost für Otto: Die Logistik-Tochterfirma Hermes mit ihren hellblauen Lieferwagen wächst mit Riesenschritten. Sie liefert für jeden Kunden Waren aus, nicht nur für Otto. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Menschenrechtler und Kirche begrüßen Urteil zum Leistungsgesetz

Menschenrechtler und Kirche begrüßen Urteil zum Leistungsgesetz Göttingen (dapd-nrd). Menschenrechtler, Kirche und Opposition in Niedersachsen haben das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Erhöhung der staatlichen Hilfen für Flüchtlinge ohne dauerhaftes Aufenthaltsrecht begrüßt und gleichzeitig weitere Verbesserungen in der Asylgesetzgebung verlangt. Dazu zählten eine schnellere Bearbeitung der Verfahren und die Aufhebung der sogenannten Residenzpflicht, sodass Asylbewerber ihren Landkreis oder ihr Bundesland endlich ungestraft und ohne Antrag bei den Behörden verlassen dürften, erklärte die Gesellschaft für bedrohte Völker am Mittwoch in Göttingen. Außerdem dürften Asylbewerber nicht mehr in Sammelunterkünften untergebracht und Arbeitsverbote müssten abgeschafft werden. Darüber hinaus sollten den Betroffenen kostenlose Deutschkurse angeboten werden. Erst wenn diese Forderungen erfüllt seien, könne von Respekt vor der Menschenwürde der Asylsuchenden und Flüchtlinge die Rede sein. Der katholische Hildesheimer Bischof Norbert Trelle forderte die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes. Nach Auffassung der Deutsche Bischofskonferenz habe dieses Gesetz „immer eher der Abschreckung“ gedient als der angemessenen Versorgung von Asylbewerbern und Flüchtlingen, sagte Trelle. Er sei „deshalb froh, dass das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber verpflichtet hat, unverzüglich eine deutliche Erhöhung der Leistungen für diese Personengruppen vorzunehmen“. Nach Ansicht der Linken im Landtag zeigt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wie unwürdig Flüchtlinge in Deutschland behandelt würden. Der Richterspruch bedeute auch eine Niederlage für die Landesregierung, die seit Jahren an der Ausgabe von Gutscheinen an Asylbewerber festhalte. Diese Praxis müsse enden, sagte der Abgeordnete Patrick Humke. „Die Flüchtlinge sollen die ihnen zustehenden Leistungen künftig in Bargeld ausgezahlt bekommen.“ dapd (Politik/Politik)

Deutschland schafft Antipiraten-TÜV

Deutschland schafft Antipiraten-TÜV Berlin (dapd). Deutschland stellt den Schutz seiner knapp 500 Handelsschiffe gegen Piratenangriffe auf eine neue gesetzliche Grundlage: Ab Mitte kommenden Jahres können Reeder ihre Schiffe unter deutscher Flagge nur durch bewaffnete private Sicherheitsfirmen schützen lassen, wenn diese eine deutsche Zulassung haben. Das beschloss das Bundeskabinett am Mittwoch in Berlin. Damit müssen sich alle in- und ausländischen Schutzfirmen eine deutsche Lizenz besorgen, die pro Unternehmen zwischen 8.000 und 16.000 Euro kostet und für zwei Jahre gilt. Mit der regelmäßigen Überprüfung soll gewährleistet werden, dass „keine Desperados“ und „keine Söldnertruppen“ zum Schutz deutscher Schiffe eingesetzt werden, sagte der Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft, Hans-Joachim Otto (FDP). Derzeit fahren 492 Hochseeschiffe unter deutscher Flagge, deren Zahl soll nun wieder steigen. Nicht wenige Reeder hatten in der Vergangenheit die Ausflaggung auch damit begründet, dass das deutsche Recht einen effektiven Schutz ihrer Schiffe behindere. Der Verband Deutscher Reeder (VDR) begrüßte daher die Entscheidung. „Unsere Reeder brauchen klare Bedingungen, um die Seeleute effektiv vor der weiter andauernden Bedrohung durch Piraterie schützen zu können“, sagte Verbandspräsident Michael Behrendt, der auch die wichtigste deutsche Reederei Hapag-Lloyd leitet. Denn einer Umfrage der Unternehmensberatung PWC zufolge war jedes dritte deutsche Schifffahrtsunternehmen schon von Piraterie betroffen. 58 Prozent der Reeder haben laut der Studie Sicherheitsdienste an Bord. Zuständig für die Zulassung wird das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) in Kooperation mit der Bundespolizei sein. Die Hansestadt Hamburg wird dabei als zentrale Waffenbehörde fungieren. Allerdings sollen nur leichte Waffen zugelassen werden, schwere Waffen sowie Waffen, die unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fallen, werden den Angaben zufolge nicht genehmigt. In erster Linie sollen die Sicherheitsleute die Schiffe bewachen und nur im Notfall verteidigen. Otto begründete den Vorstoß der Bundesregierung mit den zunehmenden Gefahren durch Piraterie. Zwar sei die Zahl der Attacken im ersten Halbjahr gerade im „Hochrisikogebiet“ vor der Ostküste Afrikas um mehr als die Hälfte gegenüber dem Vergleichzeitraum 2011 gesunken. Doch entstehe auf der anderen Seite vor der westafrikanischen Küste eine neue Gefahrenquelle. Hier gingen Piraten mit deutlich größerer Brutalität vor und nähmen auf die Besatzung keine Rücksicht mehr, sagte der Staatssekretär. „Der Gesetzentwurf bringt mehr Sicherheit für Reeder und Mannschaft“, betonte Otto. Geändert wird das Gewerberecht, um firmenbezogene Zulassungen zu ermöglichen, sowie das Waffenrecht. Nicht angetastet wird indes das Seemannsrecht. Otto betonte, damit bleibt die oberste Gewalt auf einem Schiff auch weiterhin in jeder Situation beim Kapitän. dapd (Politik/Politik)

Ermittler durchsuchen Schleckers Villa und Firmensitz

Ermittler durchsuchen Schleckers Villa und Firmensitz Stuttgart/Ehingen (dapd). Die Pleite der Drogeriekette Schlecker hat nun auch die Justiz auf den Plan gerufen. Wegen des Verdachts auf „Bankrott, Untreue und Insolvenzverschleppung“ durchsuchten am Mittwoch mehr als 160 Ermittler von Polizei und Staatsanwaltschaft Wohnungen und Geschäftsräume in mehreren Bundesländern, wie Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt (LKA) in Stuttgart mitteilten. Darunter waren auch die Privatvilla von Firmengründer Anton Schlecker und der Firmensitz im schwäbischen Ehingen. Bei den Razzien stellten die Beamten umfangreiches Beweismaterial sicher, vor allem schriftliche Unterlagen und Datenträger, wie ein LKA-Sprecher auf dapd-Anfrage sagte. Polizei und Staatsanwaltschaft waren mit drei Transportern vor der Zentrale der Drogeriekette vorgefahren. Die Aktion dort dauerte am Nachmittag noch an, die Wohnungsdurchsuchungen waren dagegen laut LKA abgeschlossen. Insgesamt ermitteln die Behörden nach eigenen Angaben gegen 14 Personen. Zur Frage ob auch der Schlecker-Pariarch selbst zu den Verdächtigten gehört, war die Staatsanwaltschaft in Stuttgart bis zum Nachmittag nicht zu erreichen. Medienberichten zufolge wird auch gegen Anton Schlecker ermittelt. Der Insolvenzverwalter der Drogeriekette, Arndt Geiwitz, war bereits vorab über die Ermittlungen informiert worden, wie ein Sprecher auf dapd-Anfrage sagte. Sie seien „Teil der Gesamtaufklärung“ und deshalb bei einer Insolvenz dieser Größenordnung nicht ungewöhnlich. Der Insolvenzverwalter werde die Ermittlungen „nach allen Kräften unterstützen“. Durchsucht wurden nach Angaben der Ermittler neben der Schlecker-Villa und dem Firmensitz zwei weitere Firmenobjekte im Alb-Donau-Kreis und eines im Raum Osnabrück. Dort hat die Schlecker-Tochter Ihr Platz ihren Sitz. Zwölf der durchsuchten Wohnungen liegen den Behörden zufolge in Baden-Württemberg, zehn davon im Raum Ulm und dem Alb-Donau-Kreis, eine im Kreis Ludwigsburg und eine im Zollernalbkreis. Je eine Privatwohnung wurde demnach in Berlin, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen durchsucht. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Krise belastet das Geschäft mit Cabriodächern

Krise belastet das Geschäft mit Cabriodächern München (dapd). Der Autozulieferer Webasto spürt den schrumpfenden Cabriomarkt. Die Umsätze in diesem Geschäftsbereich gingen deutlich zurück, sagte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Holger Engelmann am Mittwoch in München. In Zeiten der Krise sparten die Menschen an Luxusgütern wie Cabrios. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres konnte der weltgrößte Hersteller von Schiebe- und Cabriodächern seinen Umsatz noch um neun Prozent auf 1,2 Milliarden Euro steigern, wie der Vorstandsvorsitzende Franz-Josef Kortüm mitteilte. Wegen massiver Investitionen in neue Werke und Technologien ging das Vorsteuerergebnis allerdings um ein Viertel auf 61 Millionen Euro zurück. Im weiteren Jahresverlauf rechnet der Vorstandschef nicht mit einer weiteren Umsatzsteigerung. Der 62-jährige Kortüm kündigte an, zum 1. Januar 2013 die Führung des Familienunternehmens an seinen bisherigen Stellvertreter Holger Engelmann zu übergeben. Kortüm soll dann im Laufe des nächsten Jahres in den Aufsichtsrat wechseln. Seit 18 Jahren arbeitet er in der Führung des Autozulieferers und ist seit 1999 Vorstandsvorsitzender. Der 47-jährige Engelmann kam im April 2007 als Finanzvorstand zu Webasto. Seit August 2008 verantwortet er das Geschäft mit Dachsystemen, das 80 Prozent des Umsatzes ausmacht. Engelmann steht aufgrund der Absatzkrise vor allem in Südeuropa und der Kaufzurückhaltung bei Cabrios vor einer schwierigen Aufgabe. „Es wird rumpelig in den nächsten Jahren“, sagte er. Asien sei kein Cabriomarkt, in Europa und Nordamerika gehe der Absatz zurück. Mit einer neuen Struktur will das Unternehmen aus Stockdorf bei München künftig leichter mit anderen Firmen kooperieren können. So ist aus der AG eine SE geworden, und die beiden Geschäftsbereiche Dachsysteme und Heizungen wurden in zwei eigene Gesellschaften aufgeteilt. Miteigentümer Werner Baier übertrug den Großteil seiner 50-prozentigen Beteiligung an seine beiden Töchter. Diese halten nun jeweils 24,5 Prozent. Gerhard Mey hält die anderen 50 Prozent. Trotz Krise investiert Webasto in diesem Jahr 140 Millionen Euro. In China baut das Unternehmen vier neue Werke. Damit erhöht sich die Zahl der Standorte im größten Einzelmarkt des Autozulieferers auf zehn. Diese hohen Investitionen seien notwendig, um den Auftragsbestand in Höhe von 8,5 Milliarden Euro bewältigen zu können, sagte Engelmann. Die Zahl der weltweiten Mitarbeiter erhöhte Webasto in den ersten sechs Monaten des Jahres um 600 auf erstmals über 10.000. Die größten Kunden sind Volkswagen, Renault-Nissan und Hyundai. Im vergangenen Jahr steigerte Webasto seinen Umsatz gegenüber 2010 um 13 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro. Mit Dachsystemen setzte das Unternehmen 1,8 Milliarden Euro um, mit Heizungen 500 Millionen Euro. Das Vorsteuerergebnis erhöhte sich um 6,5 Prozent auf 150 Millionen Euro. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Von der Leyen verzichtet auf Gesetz zur Zeitarbeit

Von der Leyen verzichtet auf Gesetz zur Zeitarbeit Berlin (dapd). Nach den jüngsten Tarifabschlüssen in der Zeitarbeitsbranche wird es vorerst kein Gesetz zur Gleichstellung von Zeitarbeitern und Stammbeschäftigten geben. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen sagte am Mittwoch, tarifliche Lösungen hätten aus ihrer Sicht „Vorfahrt“ vor einer gesetzlichen Regelung. Bis zum Herbst will die CDU-Politikerin weiteren Branchen Zeit geben, selbst etwas für die Angleichung der Löhne zu tun. Nur wenn die Arbeitgeber nicht selbst aktiv werden, will die Ressortchefin eingreifen. Auch eine gesetzliche „Höchstverleihdauer“ für Zeitarbeiter lehnte sie ab. Einer aktuellen Studie zufolge verdienen Zeitarbeiter in Deutschland ein Drittel bis die Hälfte weniger als fest angestellte Arbeitnehmer gleicher Qualifikation. Einige Industriezweige haben angefangen, gegen diese Ungleichheit anzugehen: In den vergangenen Monaten vereinbarten mehrere Branchen – Stahl, Metall/Elektro und Chemie -, die Löhne der Leiharbeiter an die der Stammbelegschaft heranzuführen oder komplett anzugleichen. Von der Leyen sagte dem „Handelsblatt“, sie habe „großen Respekt“ vor diesen Entscheidungen. Und ebenso begrüße sie, dass Ähnliches jetzt in anderen Branchen wie Gesundheit, Druck, Logistik und Verkehr vorbereitet werde. Am Montagabend hatte sich von der Leyen mit Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt und dem Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, zusammengesetzt, um die Entwicklungen in der Zeitarbeit zu bewerten. Im November wollen sich die drei erneut treffen, wie eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums ankündigte. Bis dahin hätten weitere Branchen die Möglichkeit, etwas an der Bezahlung ihrer Zeitarbeiter zu ändern. Geschehe dies nicht, werde von der Leyen über weitere Schritte nachdenken. Bislang sei die Ministerin jedoch optimistisch, dass weitere Branchen dem Beispiel der Stahl-, Metall- und Chemieindustrie folgen. dapd (Politik/Politik)

Bundesregierung stellt die Energiewende nicht in Frage

Bundesregierung stellt die Energiewende nicht in Frage Berlin (dapd). Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist dem Eindruck entgegengetreten, dass die schwarz-gelbe Koalition von ihren energiepolitischen Zielen abrückt. „Die Energiewende steht in keiner Weise zur Debatte“, betonte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Der Atomausstieg sei „beschlossen und unumkehrbar“. Die Energiewende sei „richtig, eine Herausforderung für Deutschland und eine große Chance“. Jüngst hatten Umweltminister Peter Altmaier (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) den Zeitplan dafür in Frage gestellt. Beide Ressortchefs hätten einen „nüchternen, realistischen Blick auf das, was schon geschafft ist“, sagte Seibert dazu. Die Bundesregierung arbeite „entschlossen“ an den energiepolitischen Zielen, die sie sich gesetzt habe. dapd (Politik/Politik)

Karlsruhe verschafft Asylbewerbern mehr Geld

Karlsruhe verschafft Asylbewerbern mehr Geld Karlsruhe/Berlin (dapd-nrw). Asylbewerber in Deutschland bekommen ab sofort deutlich mehr Geld vom Staat. Die bisherigen Sätze reichen für ein menschenwürdiges Leben nicht aus, wie das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch entscheiden hat. Das Karlsruher Gericht ordnete mit sofortiger Wirkung an, dass die Geldleistungen an das Hartz-IV-Niveau angeglichen werden. Davon profitieren rund 130.000 Menschen in Deutschland: Neben Asylsuchenden auch Kriegsflüchtlinge und geduldete Ausländer. Asylbewerber bekommen zurzeit nur 224 Euro pro Monat, also etwa 40 Prozent weniger als Hartz-IV-Bezieher mit dem Regelsatz von 374 Euro. Gerichtsvizepräsident Ferdinand Kirchhof sagte, die Geldleistung für Flüchtlinge sei offensichtlich unzureichend, weil sie seit 1993 trotz einer etwa 30-prozentigen Preissteigerung nicht angehoben wurde. Die Regelsätze in dem nun beanstandeten Asylbewerberleistungsgesetz seien „nicht nachvollziehbar berechnet“ und „nicht realitätsgerecht“. Das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum sei verletzt. Dies sei „ein Menschenrecht“, das Deutschen und Ausländern gleichermaßen zustehe. Der Gesetzgeber muss nun unverzüglich eine Neuregelung erlassen. Bis dahin hat das Bundesverfassungsgericht eine Übergangsregelung in Kraft gesetzt, die ab sofort gilt. Demnach erhält ein alleinlebender Erwachsener statt 224 nun 336 Euro und ein Jugendlicher zwischen 15 und 18 Jahren 260 statt bisher 200 Euro. Die Erhöhung gilt auch rückwirkend ab 2011, wenn Bescheide noch nicht bestandskräftig festgesetzt sind. Die Bundesregierung will nun „unverzüglich“ eine verfassungskonforme Neuregelung erarbeiten. „Dabei werden wir auch den Anspruch auf Bildung und Teilhabe für Kinder und Jugendliche umsetzen“, teilte das Bundessozialministerium mit. Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl begrüßte das Urteil. „Das Gericht beendet ein jahrelanges Unrecht. Flüchtlinge sind keine Menschen zweiter Klasse“, erklärte Geschäftsführer Günter Burkhardt. Er forderte, nun das Asylbewerberleistungsgesetz komplett abzuschaffen. „Die entwürdigende Praxis, Asylsuchende mit Lebensmittelpaketen und anderen Sachleistungen abzuspeisen, muss beendet werden.“ Das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) begrüßte das Urteil als „richtungsweisende Korrektur“. Grünen-Politiker Volker Beck sprach von einem „guten Urteil zur Stärkung der Menschenrechte in Deutschland“. Die SPD-Sozialexpertin Anette Kramme sagte, das Gericht habe ein „weises Urteil“ gefällt. FDP-Innenexperte Hartfrid Wolff begrüßte es, dass Asylbewerber mehr Geld bekommen sollen. „Gleichzeitig müssen wir auch über eine Arbeitserlaubnis für Asylbewerber in Deutschland nachdenken. Das wäre menschenwürdiger und würde auch die Staatskasse entlasten“, gab Wolff zu bedenken. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Stephan Articus sagte, Asylbewerber erhielten nun höhere Geldleistungen, „soweit der Bedarf nicht, wie im Gesetz vorgesehen, vorrangig durch Sachleistungen abgedeckt wird“. Eine Anhebung der Leistungen sei angesichts der jahrelang gestiegenen Lebenshaltungskosten „überfällig“. Einige Länder wie beispielsweise Bayern setzen bislang weitgehend auf Sachleistungen, andere wie etwa Hamburg oder Berlin auf reine Geldleistungen. Der Städtetag erwartet für die Kommunen nun einen deutlichen Kostenanstieg. Der Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe im Bundestag, Tom Koenigs, erklärte, das Urteil zeige erneut die „eklatanten Mängel der deutschen Flüchtlingspolitik“ auf. Menschenrechte von Asylbewerbern „auf Gesundheit, Bildung, soziale Sicherheit und gesellschaftliche Teilhabe“ sein verletzt worden. Das Verfassungsgericht urteilte über Vorlagen des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen. dapd (Politik/Politik)