Berlin (dapd). Dem traditionsreichen Petersburger Dialog zwischen Berlin und Moskau droht möglicherweise das Aus. Unionsfraktionsvize Andreas Schockenhoff (CDU) sagte dem „Tagesspiegel“ vom Donnerstag, nach dem nächsten Treffen im November werde die deutsche Seite „eine kritische Bilanz ziehen“, ob eine öffentliche Diskussion über politische Fehlentwicklungen in Russland noch möglich sei. Wenn dies nicht mehr gegeben sei, „muss man den Petersburger Dialog einstellen“, sagte der Russland-Koordinator der Bundesregierung. Schockenhoff kündigte an, er selbst werde als neuer Leiter der Arbeitsgruppe Zivilgesellschaft im Petersburger Dialog gegenüber Russland darauf dringen, „dass wir auch offen diskutieren und zu Absprachen kommen“. Ungewöhnlich deutlich kritisierte Schockenhoff den russischen Präsidenten Wladimir Putin. „Putin setzt auf Repression und Konfrontation“, sagte er. Er sehe die eigene Bevölkerung nicht als Partner, sondern als Bedrohung des Staates. Der Petersburger Dialog geht auf eine Initiative Putins und des ehemaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD) zurück. Seinen Namen erhielt das Dialogforum nach dem Ort des ersten Treffens im April 2001 in St. Petersburg. Ziel der Treffen ist ein dauerhafter, offener Meinungsaustausch zwischen Vertretern der Politik, Wirtschaft und Kultur sowie eine verbesserte Zusammenarbeit in allen gesellschaftlichen Bereichen. Der Veranstaltungsort wechselt in der Regel jährlich zwischen Russland und Deutschland. Der 11. Petersburger Dialog fand im vergangenen Jahr in Wolfsburg statt. Koordiniert wird der Petersburger Dialog von je einen Lenkungsausschuss auf deutscher und russischer Seite. Leiter dieser Gremien sind der letzte DDR-Ministerpräsident Lothar de Maizière und der ehemalige russische Vizepremier Viktor Subkow. Beide hatten beim vergangenen Treffen in Wolfsburg ebenfalls Kritik angemeldet. De Maizière regte eine Erneuerung des Petersburger Dialogs an. Es müsse diskutiert werden, ob die Veranstaltung nach zehn Jahren ihres Bestehens „eine neue Form, eine neue Variante“ brauche. Subkow erklärte, die gegenwärtige Aufgabe sei es, „darüber nachzudenken, was uns in den nächsten zehn Jahren erwartet“. ( http://www.petersburger-dialog.de/ ) dapd (Politik/Politik)
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Aufatmen bei der Commerzbank
Frankfurt/Main (dapd). Trotz Krise hat die Commerzbank ihre Kapitalsorgen überwunden und einen Quartalsgewinn erzielt. Zwischen April und Juni sei unter dem Strich ein Gewinn von 275 Millionen Euro geblieben, teilte das zweitgrößte deutsche Geldhaus am Donnerstag in Frankfurt am Main mit. Im Vorjahreszeitraum hatte die Commerzbank 24 Millionen Euro Gewinn erwirtschaftet. Sorgenfrei ist die Bank damit aber noch längst nicht: Die Erträge gingen zurück, auch wegen des niedrigen Zinsniveaus. Einsparungen konnten den Rückgang den Angaben zufolge aber teilweise wettmachen. Die von der europäischen Bankenaufsicht EBA ermittelte Kapitallücke von 5,3 Milliarden Euro konnte die Commerzbank demnach schließen. Statt des ursprünglich angestrebten Puffers von mindestens einer Milliarde Euro habe die Bank Ende Juni das Ziel sogar übertroffen und 2,8 Milliarden Euro mehr Eigenkapital aufgebaut als nötig. „Wir haben uns in den vergangenen sechs Monaten darauf konzentriert, die Kapitalbasis der Bank weiter deutlich zu stärken und Risiken zu reduzieren“, erklärte Vorstandschef Martin Blessing. Mit Erfüllung der EBA-Kapitalanforderungen sei die Bank „gut für die weiterhin schwierigen Marktbedingungen gewappnet“. Unterdessen bestätigte eine Commerzbank-Sprecherin, dass das Institut vorsorglich alle Grundnahrungsmittel aus dem Rohstoff-Fonds ComStage ETF CB Commodity EW Index TR herausgenommen habe. Die Verbraucherorganisation Foodwatch hatte diesen Schritt zuvor bekanntgemacht und als wichtigen Schritt beim Ausstieg aus der Spekulation mit Nahrungsmitteln gelobt. Die Commerzbank-Sprecherin erklärte, ihr Haus habe bereits im November 2011 beschlossen, keine neuen börsennotierten Produkte auf Basis von Grundnahrungsmitteln aufzulegen. Foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode begrüßte die Entscheidung: „Am Handeln der Commerzbank sollten sich andere Häuser ein Beispiel nehmen – allen voran die Deutsche Bank“, sagte er. Foodwatch bemängelt seit geraumer Zeit, dass Spekulationen auf die Preise von Nahrungsmitteln den Hunger in Entwicklungsländern massiv verschärfen. Die neue Doppelspitze der Deutschen Bank habe entgegen der Ankündigung ihres ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Josef Ackermann aber bisher nichts Konkretes unternommen, erklärte Foodwatch. Diesen Vorwurf wollte ein Deutsche-Bank-Sprecher am Donnerstag nicht kommentieren. Das Institut stehe mit Foodwatch in Kontakt und habe bereits früher angekündigt, in diesem Jahr keine neuen börsennotierten Produkte auf Nahrungsmittel aufzulegen, sagte der Sprecher. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Obermann sieht Telekom auf gutem Weg
Bonn (dapd). Telekom-Chef René Obermann sieht Deutschlands größten Telekommunikationskonzern trotz der anhaltenden Eurokrise auf gutem Weg. „Natürlich gibt es weiterhin Herausforderungen für uns, aber gerade im Vergleich mit unseren Wettbewerbern schlagen wir uns sehr ordentlich“, sagte der Vorstandsvorsitzende am Donnerstag in Bonn anlässlich der Präsentation der Quartalszahlen. Ausdrücklich bekräftigte Obermann die Gewinnprognose des Konzerns für das Gesamtjahr: „Wir halten unser Wort.“ Spurlos gingen die wirtschaftlichen Turbulenzen allerdings an dem Konzern nicht vorüber. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres sank der Umsatz um 0,9 Prozent auf 28,8 Milliarden Euro. In Deutschland büßte der Ex-Monopolist vor allem im klassischen Festnetz-Geschäft weiter an Boden ein. Auch die Service-Umsätze im Mobilfunk waren rückläufig. Gleichzeitig meldete der Konzern aber starkes Wachstum bei den mobilen Datenumsätzen und beim konzerneigenen TV-Angebot „Entertain“. Im übrigen Europa litt der Konzern unter der weiteren Eintrübung der wirtschaftlichen Situation in vielen Ländern, hohem Wettbewerbsdruck sowie regulatorischen Eingriffen und musste Rückgänge bei Umsatz und Ergebnis hinnehmen. Auch bei dem Sorgenkind T-Mobile USA ging der Kundenschwund weiter. Doch konnte die amerikanische Mobilfunktochter dank erheblicher Effizienzsteigerungen ihre Profitabilität deutlich verbessern. Außerdem profitierte die Telekom im US-Geschäft durch den schwachen Euro von Währungseffekten. Das Betriebsergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) des Konzerns sank im ersten Halbjahr um 12,4 Prozent auf 2,8 Milliarden Euro. Der Konzernüberschuss erhöhte sich dagegen um 2,9 Prozent auf 852 Millionen Euro. Verantwortlich für den Rückgang des Betriebsergebnisses waren nach Konzernangaben vor allem höhere planmäßige Abschreibungen bei T-Mobile USA. Der Konzern hatte im vergangenen Jahr bei der Mobilfunktochter zunächst keine Abschreibungen mehr vorgenommen, da er die Sparte verkaufen wollte. Doch waren die Abschreibungen nach dem Scheitern der Verkaufspläne im vierten Quartal auf einen Schlag nachgeholt worden. Im Gesamtjahr werde sich dieser Effekt ausgleichen, erklärte der Konzern. Obermann bekräftige trotz der anhaltenden Eurokrise ausdrücklich die Prognose des Konzerns für das Gesamtjahr. Die Telekom erwartet demnach 2012 ein bereinigtes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von rund 18 Milliarden Euro – knapp unter dem Niveau des Vorjahres. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Schweizer UBS zweifelt an Datendiebstahl
Frankfurt/Main (dapd). Die Schweizer Großbank UBS zweifelt am angeblichen Ankauf von Steuer-CDs mit brisanten Daten ihrer Kunden durch das Land Nordrhein-Westfalen. „UBS liegen keine Erkenntnisse vor, Opfer eines Datendiebstahls zu sein“, teilte die Bank in einer kurzen Erklärung am Donnerstag in Frankfurt am Main mit. Zuvor hatte unter anderem die „Financial Times Deutschland“ berichtet, Nordrhein-Westfalen habe zwei CDs aus der Schweiz erworben, die Kontoverbindungen und Daten der UBS und einer weiteren Bank enthielten. Auf den CDs ist dem Bericht zufolge auch Schulungsmaterial der UBS, mit dem der Bank Beihilfe zur Steuerhinterziehung nachgewiesen werden könne. Die Datenträger sollen von Steuerfahndern aus Wuppertal und Aachen gekauft worden sein. Das Düsseldorfer Finanzministerium hielt sich bedeckt und wollte den Bericht weder bestätigen noch dementieren. Erst Mitte Juli hatten Medien vom Ankauf zweier CDs mit Daten von Steuerhinterziehern durch das Land NRW berichtet. Die Regierungen in Berlin und Bern kritisierten das nordrhein-westfälische Vorgehen. dapd (Politik/Wirtschaft)
Verband: Käufer achten bei Kleidungskauf zunehmend auf Herkunft
Stuttgart (dapd-bwb). Beim Kauf eines Kleidungsstücks achten Verbraucher dem Gesamtverband der deutschen Maschenindustrie zufolge verstärkt auf Produktionsbedingungen. „Es gibt in Deutschland eine wachsende Verbraucherschicht, die wissen will, wo und wie ein Kleidungsstück entstanden ist“, sagte die stellvertretende Geschäftsführerin des Verbands, Silvia Jungbauer, im Interview mit der Nachrichtenagentur dapd in Stuttgart. „Die Verbraucher setzen zunehmend auf Nachhaltigkeit – das ist mehr als nur ein Modetrend und ein Wandel im Wertebewusstsein.“ Einer bedeutenden Anzahl von Käufern sei es wichtig, Produktionsketten nachvollziehen zu können. Vor allem bei Maschenwaren sei dies wichtig, betonte Jungbauer. „Weil wir Produkte herstellen, die eng auf der Haut getragen werden. Da ist sehr viel Emotion drin“, sagte sie. Transparenz sei notwendig, um beim Kunden ein „Wohlgefühl“ zu erzeugen. Teil des Nachhaltigkeitstrends sei der Wunsch, Kleidung von regional ansässigen Firmen zu kaufen. Um sich gegen die starke Importkonkurrenz aus dem Ausland durchzusetzen, stellten deutsche Maschenhersteller – die verstärkt im Südwesten ansässig seien – zunehmend Nischenprodukte her. So habe sich etwa in den vergangenen Jahren der Trend zu Retro-Mode entwickelt. Dabei unterstreiche der traditionelle Look den Wunsch nach Wertigkeit und Solidität. „Es gibt heute bessere Chancen für Newcomer, die Produkte im mittleren bis gehobenen Preissegment anbieten, als noch vor einigen Jahren“, sagte Jungbauer. Die Automobilindustrie und die Medizintechnik sind dem Verband zufolge ebenfalls Wachstumsmärkte für hiesige Hersteller von Maschenwaren. „Das hat große Zukunft in Deutschland“, sagte Jungbauer. Nach der seit Jahrzehnten andauernden Verlagerung von Produktionsstandorten von Textilherstellern ins Ausland hätten sich viele Firmen mittlerweile einen Nischenplatz abseits der Produktion von Massenkonfektionsware erkämpft, betonte Jungbauer. „Das gibt uns Auftrieb“, sagte sie. Strick- und Wirkware würde dabei unter anderem für die Autoinnenausstattung, Kompressionsstrümpfe, Bandagen oder sogar als Bestandteil von künstlichen Organen verwendet. Auch klassische Produkte wie Wäsche oder Strümpfe würden zu modernen Funktionstextilien entwickelt. Der Gesamtverband der deutschen Maschenindustrie vertritt nach eigenen Angaben die Interessen der deutschen Hersteller von Maschenbekleidung, Dessous und Maschenstoffen. Ihm gehören 181 Unternehmen mit rund 20.500 Beschäftigten in Deutschland an. dapd (Vermischtes/Wirtschaft)
Spitzengespräch zu Organspende schon vor Beginn in der Kritik
Berlin (dapd). Die Deutsche Hospiz Stiftung kritisiert das Spitzengespräch von Ärzten und Experten zu möglichen Manipulationen bei der Vergabe von Spenderorganen. Kritische Ärzte und Juristen blieben außen vor, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch. Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP), mit dem die Bundesärztekammer kommende Woche über das Thema reden will, verlangte harte Strafen für kriminelle Tricks bei der Vergabe von Organen für Transplantationen. Der Grünen-Gesundheitsexperte Harald Terpe fordert eine Aussetzung der gerade erst beschlossenen Neuregelung der Organspende. Nach Angaben der Bundesregierung werden zahlreiche Spenderorgane direkt von den Kliniken in „beschleunigten Vermittlungsverfahren“ verteilt. Dieses Verfahren soll eigentlich nur für Organe älterer oder kranker Spender angewendet werden, für die es nur wenige geeignete Empfänger gibt. Es räumt Kliniken jedoch auch die Möglichkeit ein, Herz, Niere oder Leber an den offiziellen Wartelisten vorbei zu vergeben. Über mögliche Tricksereien wollten Ärzte und Experten am Donnerstag in Berlin beraten. Brysch sagte der Hannoverschen „Neuen Presse“: „Warum sich die privaten Akteure im Transplantationssystem heute – zwei Wochen vor der Sitzung beim Bundesgesundheitsminister – treffen, ergibt nur einen Sinn: Die Organisationen wollen sich schon vorab auf eine Linie einigen, um so weiter zu machen wie bisher.“ Er erwarte nicht mehr „als ein bisschen Makulatur“. Brysch will Organverpflanzungen durch eine Bundesbehörde koordinieren lassen. Jeder Patient solle zudem erfahren können, an welcher Stelle der Warteliste er steht, und warum er nach oben oder unten rutscht. Bahr sagte, der Ruf nach staatlicher Organvergabe sei keine Lösung. Laut Gesetz könnten Transplantationszentren seit 1. August unangemeldet überprüft werden. „Wenn es Gesetzeslücken geben sollte, müssen die geschlossen werden“, sagte er der „Bild“-Zeitung. „Nach der Sommerpause lade ich alle Parteien ein, um gemeinsam über Konsequenzen zu beraten und das Vertrauen zurückzugewinnen.“ Bahr sagte, die Gesetze in Deutschland seien klar formuliert. „Versuche, sie zu umgehen, müssen mit aller Härte bestraft werden“, forderte er. Auch bei der sogenannten schnellen Organvergabe seien die Regeln eindeutig. „Ist ein Organ nicht geeignet für den Empfänger, kann es einem anderen Menschen das Leben retten, anstatt ungenutzt zu bleiben“, sagte Bahr. „Das entscheidet kein Arzt allein, es sind mehrere Kliniken und Eurotransplant eingebunden und alle Empfänger stehen auf der Liste.“ Der Grünen-Gesundheitsexperte Terpe sagte der „Frankfurter Rundschau“: „Die im Herbst in Kraft tretende Neuregelung der Organspende sollte ausgesetzt werden, bis wir den rechtlichen Rahmen für die Organisation der Organspende in Deutschland reformiert haben.“ Die Spendenbereitschaft werde nur dann erhalten bleiben, wenn Missstände künftig ausgeschlossen seien und sichergestellt werde, dass Spenderorgane gerecht verteilt werden. „Es kann beispielsweise nicht sein, dass in Deutschland Vereine und private Stiftungen über die Organisation des Transplantationswesens und die Verteilung der Organe entscheiden“, sagte er. „Denkbar wäre, die Organspende in die Hände einer Anstalt des öffentlichen Rechts zu legen.“ Unions-Fraktionsvize Johannes Singhammer (CSU) plädierte für eine staatliche Aufsicht, beispielsweise durch eine schon bestehende Bundesbehörde. Diese müsse dann dem Parlament regelmäßig berichten, sagte er dem Blatt. (Zum Bahr-Interview: http://url.dapd.de/mHDHV4 ) dapd (Politik/Politik)
Schröder: Länder müssen sich beim Kita-Ausbau sputen
Berlin (dapd). Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) macht den Bundesländern weiter Druck beim Ausbau der Kinderbetreuung. „Die Länder können den Rechtsanspruch zum 1. August 2013 schaffen, wenn sie beim Ausbautempo zulegen“, sagte Schröder der Nachrichtenagentur dapd am Donnerstag in Berlin. Die Ministerin betonte: „Und sie müssen es auch, denn die Eltern verlassen sich darauf.“ Schröder erinnerte die Länder daran, dass mit den 580 Millionen Euro, die der Bund an zusätzlichem Geld für den Kita-Ausbau gebe, 30.000 zusätzliche Plätze gegenüber den Planungen von 2007 gebaut werden. Von den versprochenen Bundeszuschüssen sollen vor allem diejenigen Länder profitieren, deren Bedarf an Kita-Plätzen im Vergleich zu 2007 gestiegen ist. Dem Vernehmen nach sind dies neben Bayern und Rheinland-Pfalz auch Berlin, Brandenburg und Sachsen. In Bremen, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt und Thüringen werden demnach hingegen weniger Plätze gebraucht als noch 2007 angenommen. Schröder verteidigte die von ihr geplante Verteilung der Gelder: „Ich finde es nur natürlich, dass dieses Geld dann auch in den Ländern und Kommunen zur Verfügung steht, wo tatsächlich ein Mehrbedarf gegenüber 2007 vorhanden ist.“ Vom August 2013 an gilt ein Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz für Kinder unter drei Jahren. Derzeit fehlen bundesweit noch rund 160.000 Plätze zum Erreichen der angestrebten 780.000 Plätze. dapd (Politik/Politik)
Unionspolitiker stellen Ehegattensplitting in Frage
Berlin (dapd). Die Lesben und Schwulen in der Union (LSU) und die Senioren-Union stellen das Ehegattensplitting zur Disposition. Die Union müsse sich „einen Ruck geben und im 21. Jahrhundert ankommen“, sagte Thomas Steins, der stellvertretende Bundesvorsitzende der LSU, am Mittwoch der Nachrichtenagentur dapd. Zumindest was das Steuerrecht betreffe, hätten die Konservativen in der Union keine inhaltlichen Argumente gegen die Gleichstellung, schließlich seien „die Mehrausgaben für das Homo-Splitting“ lediglich „Peanuts“. Unabhängig von der Gleichstellungsdebatte stellte Steins das Konzept des Ehegattensplittings allgemein in Frage. Es spreche einiges dafür, dieses durch das sogenannte Familiensplitting zu ersetzen. Die Argumentation, dass die Ehe die Grundlage für Familien sei, treffe empirisch nicht zu, sodass eine Fokussierung auf eine gezielte Familienförderung eine „sinnvolle Sache“ sei. Auch die Senioren-Union in Nordrhein-Westfalen rückte vom Ehegattensplitting ab. „Wir sollten darüber nachdenken, das Ehegattensplitting ganz abzuschaffen und die Steuermehreinnahmen in Höhe von rund 15 Milliarden Euro jährlich auf die Familienförderung zu konzentrieren“, sagte der Landesvorsitzende der Senioren-Union in Nordrhein-Westfalen, Leonhard Kuckart, der „Bild“-Zeitung (Onlineausgabe). dapd (Politik/Politik)
Auf Herz und Nieren geprüft
Berlin (dapd). Das Vergabeverfahren für Spenderorgane soll angesichts möglicher Tricksereien durch Ärzte und Kliniken grundlegend überprüft werden. Experten verlangen eine stärkere Kontrolle bei der Auswahl der Empfänger. Aus Sicht von Linkspartei und Grünen sollte sich der Staat dieser Aufgabe annehmen. Die CDU warnt dagegen vor Schnellschüssen. Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery hat zu einem Spitzengespräch am Donnerstag (9. August) eingeladen, um das Thema zu besprechen. Nach Angaben der Bundesregierung werden zahlreiche Spenderorgane direkt von den Kliniken in „beschleunigten Vermittlungsverfahren“ verteilt. Dieses Verfahren soll eigentlich nur für Organe älterer oder kranker Spender angewendet werden, für die es nur wenige geeignete Empfänger gibt. Es räumt Kliniken jedoch auch die Möglichkeit ein, Herz, Niere oder Leber abseits der eigentlichen Reihenfolge auf den Wartelisten zu vergeben. Diese Praxis soll nun bei einem Spitzentreffen von Vertretern der Ärztekammer, der Deutschen Stiftung Organtransplantation und zahlreichen anderen Experten kritisch überprüft werden. Kommende Woche hat die Ärztekammer Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) eingeladen. „Wir wollen das Vier-Augen-Prinzip einführen, bei dem ein unabhängiger Arzt feststellen muss, wie krank der Empfänger wirklich ist, damit die Liste nicht mehr gefälscht werden kann“, kündigte Ärztepräsident Montgomery in der „Bild“-Zeitung an. Eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums sagte, Bahr suche bei dem Thema auch das Gespräch mit allen politischen Parteien. Für den 27. August hat der Minister zahlreiche Gesundheitsexperten zudem zu einem Gespräch über die jüngst bekannt gewordenen Vorfälle an den Transplantationszentren in Göttingen und Regensburg eingeladen. Ein Oberarzt, der an den Universitätskliniken beider Städte gearbeitet hat, soll Krankenakten manipuliert haben, um Patienten auf der Warteliste für Spenderorgane ganz vorn zu platzieren. Experten verlangen unabhängige Kontrolle Verfassungsrechtler und Ethikratmitglied Wolfram Höfling sieht sich durch die Vorfälle in seiner Kritik an der jetzigen Regelung bestätigt. „Bei der gesetzlichen Regelung der Organspende ist auf eine wirksame Kontrolle weitgehend verzichtet worden“, sagte er der „Berliner Zeitung“. Ärzte dürften sich nicht selbst kontrollieren. Deshalb sei es unverfroren, wenn nun ausgerechnet die Bundesärztekammer mehr Rechte für sich einfordere, monierte er. Charité-Direktor Ulrich Frei schlug unterdessen vor, die Entscheidung darüber, wer im Schnellverfahren ein Organ bekommt, solle immer auch von Experten an einem anderen Zentrum überprüft werden. Wenn die Handelnden sich untereinander noch stärker als bisher kontrollierten, dann könne das hilfreich sein, um verloren gegangenes Vertrauen zurück zu gewinnen, sagte Frei der „Berliner Morgenpost“. Oppositionsparteien fordern mehr Staatsaufsicht Die Fraktionschefin der Grünen, Renate Künast, sagte, es gehe nicht um problematische Einzelfälle, sondern das ganze System Organspende in Deutschland kranke. Die Manipulationsmöglichkeiten seien zu groß und die Transparenz zu gering. Sie forderte: „Die Bundesregierung muss sich nun schnellstens ihrer Verantwortung stellen und für mehr staatliche Kontrolle bei der Organspende sorgen.“ Linkenvorsitzender Bernd Riexinger sagte den Zeitungen der WAZ-Gruppe: „Erstens müssen wir die Vergabe von Spenderorganen unter staatliche Aufsicht stellen.“ Dafür müssten die Gesundheitsämter mehr Personal und Kompetenzen bekommen. „Zweitens muss regelmäßig ein Organspendereport veröffentlicht werden, damit sichergestellt wird, dass der Erhalt eines Spenderorgans nicht vom Geldbeutel abhängt“, sagte Riexinger weiter. Drittens brauche man härtere Kontrollen für die Organspende und schärfere Strafen bei Missbrauch. CDU warnt vor voreiligen Forderungen Der Obmann der Union im Gesundheitsausschuss, Rolf Koschorrek (CDU), warnte dagegen vor derartigen Schritten. „Ich kann mir nicht vorstellen, was staatliche Institutionen hier besser kontrollieren könnten als die derzeitigen Kontrolleure“, sagte er zur Nachrichtenagentur dapd. „Mit Schnellschüssen erreichen wir hier gar nichts“, fügte er hinzu. Das derzeitige Vergabesystem habe sich in der Vergangenheit bewährt. Der Anstieg beschleunigter Vermittlungsverfahren habe im Übrigen nicht per se etwas mit krimineller Energie zu tun, sondern könne auch als positive Entwicklung dafür verstanden werden, dass sich in diesem Bereich etwas bewege. Auch der hessische Sozialminister Stefan Grüttner (CDU) warnte vor voreiligen Gesetzesänderungen. Zunächst müsse geprüft werden, ob und an welcher Stelle Fehler gemacht wurden, sagte Grüttner in Wiesbaden. „Sollte sich dabei herausstellen, dass diesen mit einer Gesetzesänderung begegnet werden kann, müssen wir diese angehen.“ dapd (Politik/Politik)
Union wegen Homo-Ehe unter Druck
Berlin (dapd). Die Unionspitze stemmt sich gegen die weitere Gleichstellung von Schwulen und Lesben und gerät deshalb unter Druck. Führende FDP-Politiker, darunter Parteichef Philipp Rösler, fordern, homosexuelle Lebenspartnerschaften steuerrechtlich so zu behandeln wie die Ehe und verweisen auf das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Auch die Opposition drängelt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will aber keine Gesetzesänderung. Erst einmal werde nun abgewartet, sagt Vize-Regierungssprecher Georg Streiter. Das Bundesverfassungsgericht erklärte es am Mittwoch für grundgesetzwidrig, dass eingetragene Lebenspartnerschaften in der Vergangenheit nicht wie Ehepaare von der Grunderwerbsteuer befreit worden sind. Zwar müssen homosexuelle Paare seit Dezember 2010 keine Grunderwerbsteuer mehr bezahlen, wenn sie untereinander Immobilien übertragen. Die Neuregelung galt aber nicht rückwirkend. Nach Ansicht der Richter hätte die Gleichstellung sofort mit Schaffung der eingetragenen Lebenspartnerschaft im August 2001 erfolgen müssen. Das Urteil kommt mitten in eine Debatte, die 13 CDU-Abgeordnete ausgelöst hatten. Sie fordern, die Lebenspartnerschaft im Steuerrecht der Ehe gleichzustellen, sodass homosexuelle Paare vom Ehegattensplitting profitieren können. Laut Bundesfinanzministerium würde dies den Staat jährlich etwa 30 Millionen Euro kosten. Justizministerin hat keine Bedenken Mit Verweis auf das Karlsruher Urteil machten FDP-Politiker und Vertreter der Opposition am Mittwoch ihre Unterstützung für die Initiative deutlich. Ein Sprecher von Bundeswirtschaftsminister Rösler sagte, die Entscheidung sei ein eindeutiges Indiz dafür, dass die steuerliche Gleichstellung geboten sei. Dem widersprach allerdings FDP-Finanzexperte Hermann-Otto Solms. Der Sprecher von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), Anders Mertzlufft, sagte, das Urteil entspreche der Linie des Gerichts, wonach nur ein „hinreichend gewichtiger Sachgrund“ die Ungleichbehandlung von Ehe und Lebenspartnerschaft erlaube. Die Ministerin habe keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die steuerliche Gleichstellung. Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Volker Beck, sagte, wer das Urteil zur Grunderwerbsteuer lese, „kann sich an fünf Fingern ausrechnen, wie das Bundesverfassungsgericht über das Einkommenssteuerrecht für Eingetragene Lebenspartner denkt“. Die Ungleichbehandlung sei klar verfassungswidrig. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier kündigte in der „Rheinischen Post“ einen fraktionsübergreifenden Antrag im Bundestag zur steuerlichen Gleichstellung an. Die zuständige Linke-Politikerin Barbara Höll sagte dem Vorhaben ihre Unterstützung zu. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle wies den Vorstoß zurück. Es gebe in der Koalition die Regel, „nicht mit wechselnden Mehrheiten zu operieren“, sagte er dem „Hamburger Abendblatt“ (Donnerstagausgabe). Er betonte zugleich, seine Partei wolle schon lange auf Benachteiligungen homosexueller Paare abbauen. Bundesrat will schnelle Reform Auch der Bundesrat verlangt eine Regelung und will diese im Jahressteuergesetz 2013 verankern. Derzeit läuft die Ressortabstimmung über die Entgegnung der Bundesregierung auf die Forderung. Das Wirtschaftsministerium hat nach Angaben des Sprechers ebenso wie alle anderen FDP-geführten Ministerien Bedenken dagegen angemeldet, die Forderung der Länder abzulehnen. Streiter wies die Forderung nach einer schnellen Gesetzesänderung aber zurück. Er verwies auf ein ausstehendes Urteil aus Karlsruhe zum Ehegattensplitting für Lebenspartner, das 2013 fallen soll. Erst danach werde über das weitere Vorgehen entschieden. Schäuble hält laut seiner Sprecherin Marianne Kothé die steuerliche Gleichstellung derzeit nicht für geboten. Auch CSU-Chef Horst Seehofer winkte ab. „Wir haben großen Respekt vor gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften“, sagte er der „Welt“. „Aber Ehe und Familie sollten privilegiert bleiben.“ Ähnlich argumentierten die katholischen Bischöfe. Aufgrund der „besonderen Bedeutung der Ehe“ sei es sinnvoll, dass der Staat diese besonders fördere, sagte der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst, Vorsitzender der Familien-Kommission der Deutschen Bischofskonferenz, der „Bild“-Zeitung (Donnerstagausgabe). (Aktenzeichen: Bundesverfassungsgericht 1 BvL 16/11) dapd (Politik/Politik)