Berlin (dapd). Deutsche Patienten lassen mutmaßliche Behandlungsfehler von Ärzten häufiger durch Gutachter prüfen. Während die Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) vor fünf Jahren noch rund 11.000 Fälle untersuchten, hatten sie vergangenes Jahr 12.686 auf dem Tisch. Das gab der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen am Mittwoch in Berlin bekannt. Durch das neue Patientenrechtegesetz könnte die Zahl der Gutachten weiter ansteigen. Mehr als 4.000 Behandlungsfehler begingen Ärzte nach Erhebungen der MDK nachweislich im vergangenen Jahr. In drei von vier Fällen waren diese Fehler dann auch Ursache für einen gesundheitlichen Schaden, sodass der Patient gute Aussichten auf Schadenersatz hat. Doch auch wenn die MDK immer mehr Fälle überprüfen, sei dies kein Beweis für einen Qualitätsverlust im Gesundheitssektor, stellte Vize-Geschäftsführer Stefan Gronemeyer klar. Seit Jahren liege in jedem dritten untersuchten Fall tatsächlich ein Fehler des Arztes vor – doch Patienten seien nun zunehmend bereit, ihre Rechte durchzusetzen. Die meisten Fehler begingen Ärzte bei der Therapie von Kniegelenks- und Hüftgelenksarthrose. Am häufigsten sahen sich Orthopäden und Chirurgen mit dem Verdacht konfrontiert, bei der Behandlung etwas falsch gemacht zu haben. Zwei Drittel der Vorwürfe richteten sich gegen Krankenhäuser, ein Drittel gegen Ärzte mit eigener Praxis. Mehr als 40 Prozent der Fehler unterlaufen Medizinern nach Angaben der MDK bei therapeutischen Eingriffen, in rund 23 Prozent der Fälle ist die Diagnose falsch. „Nach unserer Erfahrung kommt es bei einer erheblichen Zahl von Behandlungsfehlern zu einer Verkettung von Versäumnissen“, erläuterte Astrid Zobel vom MDK Bayern. Wie viele Kunstfehler insgesamt in Deutschland passierten, lasse sich jedoch nicht sagen. Geschädigte Patienten können sich nämlich auch an Schlichtungskommissionen der Ärztekammern wenden oder den Mediziner direkt verklagen. Die Ärztekammern erreichten 11.100 Fälle im Jahr 2011, in 2.287 bestätigte sich der Fehlerverdacht. Gronemeyer bemängelte, dass bisher nur ein geringer Teil der Geschädigten seine Rechte wahrnähme. „Vielen Patienten ist nicht bekannt, dass sie sich an ihre Krankenkasse wenden können und diese dann oft die MDK beauftragen“, sagte Gronemeyer. Unionspolitiker setzen deshalb Hoffnungen auf das neue Patientenrechtegesetz, das im Herbst vom Bundesrat behandelt werden und dann zum neuen Jahr in Kraft treten soll. Es sieht vor, dass jede Krankenkasse ihre Kunden beim Umgang mit Behandlungsfehlern unterstützen muss. Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Wolfgang Zöller (CSU), erhofft sich dadurch, dass „Fehlerkultur zum festen Bestandteil des Behandlungsgeschehens“ wird. Auch werde es das Verhältnis zwischen Arzt und Patient entkrampfen, weil es den Arzt verpflichte, besser über die Behandlung zu informieren. Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn drang auf eine rasche Umsetzung des Gesetzes: „Denn Patienten fühlen sich in einer solchen Situation oft allein gelassen.“ Dagegen warf die Grünen-Abgeordnete Maria Klein-Schmeink der Regierung vor, keine Erleichterungen für Patienten mit dem neuen Gesetz anzustreben. Sie forderte, die Beweispflicht umzukehren: Nicht Patienten sollten beweisen müssen, dass Ärzte etwas falsch gemacht haben, sondern Ärzte sollten nachweisen, dass nicht ihr Fehler Ursache für einen Schaden sei. dapd (Politik/Politik)
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Kabinett lässt Steuerrecht für Homo-Ehe unverändert
Berlin (dapd). Das Bundesregierung lehnt eine steuerliche Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften mit der Ehe weiter ab. Der Forderung des Bundesrats, mit dem Jahressteuergesetz 2013 das Ehegattensplitting auch für Homo-Ehen zu ermöglichen, werde nicht nachgekommen, sagte eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums am Mittwoch auf dapd-Anfrage nach der Sitzung des Bundeskabinetts. An der Auffassung der Regierung, dass zunächst ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu dieser Frage abgewartet werden soll, habe sich nichts geändert. Der Bundesrat hatte insgesamt 40 Änderungswünsche zum Jahressteuergesetz 2013 formuliert. Nach Angaben der Sprecherin wurden mit dem Kabinettsbeschluss vom Mittwoch 15 davon zugestimmt. Es handele sich vor allem um redaktionelle und technische Änderungen. Sieben Forderungen des Bundesrats seien zurückgewiesen worden. Die übrigen Wünsche der Länder würden nun ausführlich geprüft. dapd (Politik/Politik)
Bundesjustizministerin will Abmahn-Industrie eindämmen
Berlin (dapd). Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat eine Initiative zur Eindämmung des Abmahn-Missbrauchs im Internet angekündigt. „Einen entsprechenden Gesetzentwurf wollen wir noch in diesem Jahr ins Kabinett einbringen“, sagte sie der „Augsburger Allgemeinen“ (Mittwochausgabe). Nach Ansicht vieler Verbraucherschützer habe sich gerade im Urheberrecht und im Wettbewerbsrecht eine regelrechte „Abmahn-Industrie“ entwickelt. Der Gesetzentwurf solle unter anderem die umstrittene freie Wahl des Gerichtsstandorts für Abmahnanwälte einschränken, erläuterte die Ministerin. Der sogenannte fliegende Gerichtsstand ermöglicht es Abmahn-Anwälten, sich in Streitfällen bundesweit die Gerichte auszusuchen, bei denen sie sich die größten Erfolge ausrechnen. „Wir wollen den fliegenden Gerichtsstand bei Wettbewerbsstreitigkeiten im Internet abschaffen“, kündigte Leutheusser-Schnarrenberger an. dapd (Politik/Politik)
Flugbegleiter streiken am Münchner Flughafen
München (dapd-bay). Mit einem gellenden Pfeifkonzert sind Flugbegleiter der Lufthansa am Dienstagmittag auf dem Münchner Flughafen in einen elfstündigen Streik getreten. Zum Auftakt um 13.00 Uhr versammelten sich rund 100 Beschäftigte vor dem Flight-Operation-Center. Sie kämpfen wie ihre Kollegen in Berlin und Frankfurt am Main für höhere Löhne und gegen den Einsatz von Leiharbeitern. Auf Transparenten wurde der Rücktritt von Lufthansa-Chef Christoph Franz gefordert. An den Flughäfen in München und Nürnberg kam es wegen des Ausstands zu zahlreichen Flugausfällen. Die Kabinenbeschäftigten der Lufthansa am Standort München wollten nach Angaben der Flugbegleitergewerkschaft UFO bis 24.00 Uhr die Arbeit niederlegen. Bereits zuvor waren Beschäftigte in Berlin und Frankfurt in einen achtstündigen Ausstand getreten. Gewerkschaftsangaben zufolge waren im Laufe des Tages rund 800 Flugbegleiter in München zum Dienst eingeteilt. UFO rechnete damit, dass sich wie in Frankfurt und Berlin bis zu 85 Prozent der Kollegen am Streik beteiligen. Der UFO-Vorsitzende Nicoley Baublies sprach von einer „überwältigenden Resonanz“ auf den Streikaufruf. Gleichzeitig kündigte er an, die Aktionen auf weitere Flughäfen auszuweiten, sollte sich die Lufthansa „nicht bewegen“. Auch UFO-Vorstandsmitglied Birgit Weinreich zeigte sich erfreut über die große Resonanz auf den Streikaufruf der Gewerkschaft. „Die Motivation unter den Kollegen ist extrem gut.“ Man erwarte sich ein deutlich verbessertes Angebot von der Lufthansa. Andernfalls werde der Arbeitskampf intensiviert. „Unser nächster Schritt wird ein größerer sein“, sagte Weinreich auf dapd-Anfrage. Wegen der Streiks kam es am Dienstag in München und Nürnberg zu etlichen Stornierungen von Lufthansa-Flügen. Eine Sprecherin der Airline zeigte sich allerdings zuversichtlich, dass während des Streiks des Kabinenpersonals in der Landeshauptstadt immerhin drei Viertel der rund 450 Lufthansa-Starts und -Landungen stattfinden könnten. 60 Prozent der An- und Abflüge werden ihren Angaben zufolge von Regionalpartnern wie Cityline abgewickelt, die von dem Streik nicht betroffen sind. Viele Passagiere hatten sich nach Angaben der Flughafensprecher in München und Nürnberg offenbar auf die Flugausfälle vorbereitet und bereits rechtzeitig umgebucht. Im Internet unter www.munich-airport.de und www.airport-nuernberg.de können sich Reisende über eventuelle Stornierungen ihres Fluges informieren. Zudem hielt die Deutsche Bahn zusätzliche Züge bereit. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Ryanair-Chef vergleicht Flughäfen mit Aldi-Filialen
Düsseldorf (dapd). Der Chef der Billigfluglinie Ryanair, Michael O’Leary, spricht sich für abgespeckte Flughäfen aus. Sie „sollten so sein wie Aldi und Lidl, sich auf das Wesentliche konzentrieren“, sagte O’Leary dem „Handelsblatt“ (Dienstagausgabe). Nach seinen Vorstellungen sollen die Passagiere selbst die Koffer mit ins Flugzeug nehmen. „Wir könnten die Abteilungen loswerden, die sich um verlorenes Gepäck kümmert, zudem die ganzen Transportbänder.“ O’Leary will auch an anderen Stellen sparen. „Derzeit versuchen wir jemanden zu finden, der Tee und Kaffee an Bord sponsert“, sagte er der Wirtschaftszeitung. Ryanair würde dann das Logo auf den Trinkbecher drucken, versprach der Chef der Billigfluggesellschaft. Aber umsonst will er Tee und Kaffee auch dann nicht anbieten. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Zulieferer Mahle geht von Produktionsrückgängen aus
Stuttgart (dapd). Der Stuttgarter Kolbenhersteller Mahle bereitet sich nach einem erfolgreichen ersten Halbjahr auf eine schwierigere zweite Jahreshälfte vor. Der Vorsitzende der Geschäftsführung, Heinz Junker, sagte am Montag in Stuttgart, er gehe davon aus, „dass bei unseren Kunden ein Produktionsrückgang zu verzeichnen sein wird“. Insbesondere der europäische Fahrzeugmarkt werde Prognosen zufolge einbrechen. Aber auch Wachstumsmärkte wie China oder Indien würden ihr Tempo merklich drosseln. In den ersten sechs Monaten 2012 erzielte der Zulieferer einen Umsatz von 3,21 Milliarden Euro, das entspricht einer Steigerung von 7,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Das Ergebnis teilte das Unternehmen nicht mit. Es habe sich aber ebenfalls positiv entwickelt, hieß es. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Bericht: Karstadt will Gastronomie-Mitarbeiter in Tochterfirma auslagern
Hamburg (dapd). Der Essener Kaufhauskonzern Karstadt muss offenbar weiter sparen. Wie das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtet, will sich das Unternehmen von rund 1.400 Gastronomie-Beschäftigten trennen – um sie gleich wieder zu schlechteren Bedingungen einzustellen. Ende vergangener Woche sei den Betroffenen in einem elfseitigen Schreiben mitgeteilt worden, dass sie künftig bei der Le Buffet Restaurant GmbH angestellt würden, einer hundertprozentigen Tochterfirma des Konzerns. Karstadt wolle sich „künftig noch intensiver auf die eigentliche Kernkompetenz des Unternehmens“ konzentrieren, heißt es in dem Schreiben. Laut „Spiegel“ erhofft sich der Konzern durch die neue Struktur Einsparungen in Höhe von etwa 2,7 Millionen Euro, weil die Mitarbeiter von Le Buffet nicht nach dem Karstadt-Haustarif, sondern nach den deutlich niedrigeren Tarifen der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gastätten entlohnt werden. Karstadt äußerte sich zu dem Vorgang nicht. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Rösler stellt sich hinter Europäische Zentralbank
Berlin (dapd). Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) stärkt der Europäischen Zentralbank den Rücken. Die EZB beschränke „sich auf ihr Mandat, die Geldwertstabilität zu sichern“, sagte der FDP-Chef der „Berliner Zeitung“ (Freitagausgabe). Sie halte sich auch an das Gründungsversprechen bei der Einführung des Euro, es werde „keine Haftung für die Schulden anderer übernommen“. Rösler stellte sich damit indirekt gegen Bundesbankchef Jens Weidmann, der kritisiert hatte, dass die EZB Anleihen gefährdeter Staaten aufkauft. Persönlich bescheinigte er Weidmann jedoch, er sei ein „hervorragender Bundesbankpräsident“. Der Wirtschaftsminister lobte die Politik mehrerer Euro-Länder, die unter den Druck der Finanzmärkte geraten sind. Portugal, Spanien und Italien zeigten, dass der eingeschlagene Weg von Haushaltskonsolidierung und Reformpolitik in der aktuellen Krise zielführend sei: „Wenn sich alle an die Regeln halten, kann es gelingen, dass der Euro am Ende zu einer der stabilsten Währungen der Welt wird.“ dapd (Politik/Politik)
SPD: Stimmen für Anhebung des Rentenniveaus
München (dapd). In der Debatte um ein neues Rentenkonzept der Bundes-SPD melden sich nun auch die einflussreichen Sozialdemokraten aus Nordrhein-Westfalen zu Wort. Arbeitsminister Guntram Schneider sprach sich in der „Süddeutschen Zeitung“ (Freitagausgabe) klar dafür aus, zum Schutz vor Altersarmut frühere Reformen zu korrigieren und das gesetzliche Rentenniveau in den nächsten Jahrzehnten nicht so stark abzusenken wie bislang vorgesehen. „Die SPD wäre gut beraten, wenn sie das Rentenniveau nicht unter 50 Prozent fallen ließe“, sagte Schneider. Die Kosten sollten, wenn möglich, aus Steuermitteln getragen werden. Nach den Entscheidungen der einstigen rot-grünen Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder wird das Niveau der Altersruhegelder bis 2030 schrittweise auf 43 Prozent sinken. Schneider sagte, die Hoffnung, künftige Versorgungslücken bei beschäftigten mit Hilfe der Riester-Renten zu schließen, hätten sich nicht erfüllt. Gerade Kleinverdiener, die eine Riester-Rente benötigen, könnten sie sich nicht leisten. dapd (Politik/Politik)
Reeder fordern Staatshilfen bei Schiffskrediten
Hamburg (dapd). Die deutschen Reeder fordern nach dem Ausstieg wichtiger Banken Hilfe der Bundesregierung bei der Schiffsfinanzierung. „Der Verband Deutscher Reeder hält es für erforderlich, dass die KfW als staatseigene Bank für die Schifffahrt eintritt“, sagte VDR-Präsident Michael Behrendt am Donnerstag in Hamburg. Nach seinen Angaben ziehen sich immer mehr Geschäftsbanken aus der Finanzierung von Schiffen zurück und bringen so vor allem kleine und mittelständische Reedereien in Gefahr. Andere Finanzierungsquellen seien zurzeit nicht zu sehen. Der Verbandschef betonte, es handele sich bei der geforderten Hilfe „um die temporäre Überbrückung der aktuellen Krise“. Er sprach von zwei bis vier Jahren der Hilfe. Seit dreieinhalb Jahren steckt die zersplitterte deutsche Schifffahrtsbranche in der Krise. Weltweit gibt es zu viele Containerschiffe, deshalb sind die Charterraten ins Bodenlose gefallen und oft nicht auskömmlich. Wenn ein Reeder in dieser Lage einen Anschlusskredit braucht, winken viele Banken laut VDR ab Viele Reedereien sind nur Mini-Betriebe: Die Hälfte hat nur ein oder zwei Schiffe, wie die Beratungsgesellschaft PwC feststellte, die Branche spricht von sogenannten Kapitänsreedern, die oft in der Provinz ihre Betriebe haben, etwa an der Unterelbe oder im Emsland. Auf der anderen Seite des Spektrums stehen Giganten wie Hapag-Lloyd oder Hamburg Süd mit mehr als jeweils 100 Schiffen. Laut VDR sind die Großen nicht bedroht. Behrendt sagte, die Lage habe sich über den Sommer verschärft, weil die Banken wegen höherer Eigenkapitalanforderungen neue Kreditgeschäfte ablehnten. Zuletzt hatte die Commerzbank ihren Ausstieg aus der Schiffsfinanzierung erklärt. Auch die HSH Nordbank fährt ihre Kreditvergabe für Schiffe kräftig zurück. Behrendt sagte, spätestens bis 2015 werde sich die Lage entspannen, weil dann kaum noch neue Schiffe abgeliefert würden. Weil bis dahin viele alte Frachter abgewrackt würden, rechne er mit besseren Charterraten. Die rund 400 deutschen Reeder haben insgesamt etwa 3.800 Schiffe in internationaler Fahrt. Die Branche erhält bereits 60 Millionen Euro pro Jahr von der Bundesregierung zur Förderung deutscher Offiziere an Bord. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)