Berlin (dapd). SPD-Chef Sigmar Gabriel bestimmt mit seinen Vorschlägen zur Bewältigung der Euro-Krise für den Augenblick die Debatte im politischen Sommerloch. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth äußerte Sympathien. Der Bundesverband deutscher Banken sprach sich für eine Debatte um die gemeinsame Schuldenhaftung in Europa aus. Ablehnung kam dagegen von Arbeitgebern und Linkspartei. Gabriel will eine gemeinschaftliche Haftung der Schulden, wenn gleichzeitig eine strenge gemeinsame Haushaltskontrolle sichergestellt ist. Dafür soll ein Verfassungskonvent eine Grundgesetzänderung erarbeiten, über die die Bürger abstimmen müssten. Roth sagte der „Frankfurter Rundschau“: „Ich begrüße es, wenn die SPD sich in ihren Überlegungen immer mehr auf Grüne Positionen zubewegt.“ Zur Rettung des europäischen Projekts sei ein breiter Konsens für ein integriertes, demokratisches und soziales Europa nötig. Roth bekräftigte die Forderung der Grünen nach einem europäischen Konvent und einem Verfassungsplebiszit. Bankenverbandspräsident Andreas Schmitz sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Dienstagausgabe) laut Vorabbericht, der Weg zu einer gemeinsamen Schuldenhaftung müsse gründlich vorbereitet werden. Insofern sei es durchaus richtig, das Thema zu diskutieren. „Dies sollte jedoch ohne populistischen Unterton geschehen“, mahnte Schmitz. Zwingende Voraussetzung für eine größere Haftungsgemeinschaft seien wirksame Kontrollmechanismen, insbesondere der Verzicht auf gewisse nationale Souveränitätsrechte etwa in der Haushaltspolitik. Eine solche weitere politische Integration Europas sei durchaus zu begrüßen. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sagte dagegen der „Passauer Neuen Presse“: „Eine Vergemeinschaftung der Schulden einzelner Staaten darf es nicht geben.“ Der Linkspartei-Vorsitzende Bernd Riexinger bezeichnete Gabriels Vorstoß zur Vergemeinschaftung von Schulden in der Euro-Zone als abenteuerlich. Das Primat der Bankenrettung müsse fallen, forderte Riexinger in der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Dienstagausgabe) laut Vorabbericht. „Wenn eine Bank einem Staat Geld borgt, dann kassiert sie dafür Zinsen. Im Ernstfall muss dann die Bank das Risiko tragen“, sagte Riexinger. Die Bank müsse für Ausfälle haften und nicht der europäische Steuerzahler. Riexingers Stellvertreterin Sahra Wagenknecht verlangte eine Volksabstimmung gegen eine gemeinschaftliche Schuldenhaftung aller Euro-Staaten. „Wenn Vereinigte Staaten von Europa heißt, dass die Arbeitnehmer und Rentner in Deutschland für die Bankschulden von halb Europa haften, dann müssen wir das verhindern“, sagte Wagenknecht der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Eine europäische Einigung muss zwingend die Macht der Banken beschränken.“ Zugleich sprach sich Wagenknecht gegen einen unbegrenzten Aufkauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB) aus. „Sinnvoll wären Direktkredite der EZB an die Staaten, unter der Bedingung strenger Auflagen“, sagte sie. „Dazu müsste die Einführung einer Millionärssteuer, die Auflage von Konjunkturprogrammen und der Verzicht auf Kürzungen zulasten der kleinen Leute gehören.“ dapd (Politik/Politik)
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Aus für Biblis rückt näher
Biblis/Wiesbaden (dapd). Das endgültige Aus für das Atomkraftwerk Biblis in Südhessen rückt ein weiteres Stück näher. Der Betreiberkonzern RWE selbst reichte am Montag den offiziellen Antrag auf Stilllegung und Abbau der beiden Reaktorblöcke A und B ein. Darin entschied sich RWE Power für den vollständigen Abbau des Kraftwerks und gegen den zunächst diskutierten „sicheren Einschluss“ der Atomanlagen. Regierung und Parteien in Hessen reagierten erleichtert. Die für die Genehmigung des Antrags zuständige Umweltministerin Lucia Puttrich (CDU) begrüßte den Antrag in einer ersten Stellungnahme ausdrücklich. Den Abbau anstelle des sicheren Einschlusses hätten in der Vergangenheit sowohl ihr Ressort als auch der Landtag mit breiter Mehrheit gefordert. Puttrich nannte den Rückbauantrag „ein wichtiges Signal für die gesamte Region“. Für die SPD-Fraktion sprach der Energiepolitiker Timon Gremmels von einem wichtigen Schritt, um den Atomausstieg unumkehrbar zu machen und das Kapitel Atomkraft in Hessen zu schließen. Auch der CDU-Abgeordnete Peter Stephan nannte das Vorgehen von RWE einen „guten und richtigen Schritt“. Der Antrag des Energiekonzerns zum Abbau der Reaktoren soll stufenweise bis Ende 2013 vervollständigt werden. Ziel ist am Ende die Entlassung des Kraftwerksgeländes aus dem Geltungsbereich des Atomgesetzes. Da über die Nachnutzung des Geländes noch keine Entscheidung getroffen wurde, wolle sich RWE die Optionen Weiternutzung der Gebäude oder konventioneller Abriss offen halten, teilte das Umweltministerium in Wiesbaden mit. RWE Power wies in seiner Erklärung auf die „Dringlichkeit der Fertigstellung und Inbetriebnahme des Endlagers Konrad“ hin, dessen Verfügbarkeit zur Aufnahme von Abfällen aus der Stilllegung und dem Abbau von Kernkraftwerken notwendig sei. Konzern hält an Verfassungsklage fest Zugleich machte der Kraftwerksbetreiber deutlich, dass er unabhängig von seinem Antrag auf den Abbau von Biblis A und B an der Klage zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der Atomnovelle festhält, die den Ausstieg aus der Kernkraft regelt. Umweltministerin Puttrich versprach, der ganze Genehmigungsprozess zu den Anträgen von RWE werde von ihrem Haus transparent und offen kommuniziert werden. So habe sie den Rückbauantrag bereits den Obleuten der Landtagsfraktion weitergeleitet und auch auf die Internetseite des Ministeriums eingestellt. Auch wolle sie den Umweltausschuss auf seiner nächsten Sitzung informieren. Bestandteil des Verfahrens seien auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung und ein Erörterungstermin, mit dem Mitte 2014 zu rechnen sei. Die Erteilung der Abbaugenehmigung sei Mitte bis Ende 2015 zu erwarten. Danach seien für den tatsächlichen Abbau und die Entlassung der Anlage aus dem Atomgesetz weitere zehn bis 15 Jahre zu veranschlagen. Mit der Verladung der bestrahlten Brennelemente aus Block A in Castor-Behälter Richtung Zwischenlager sei bis etwa Ende 2014, aus Block B etwa 2016 zu rechnen. Um den schnellen Rückbau zu ermöglichen und weil eine Inbetriebnahme des Endlagers Konrad nicht vor 2019 zu erwarten sei, würden aber zusätzliche Lagerkapazitäten für mittel- und schwachaktive Abfälle am Standort Biblis erforderlich. Dafür kündigte Puttrich ein gesondertes Genehmigungsverfahren an. dapd (Politik/Politik)
Bahr verteidigt geplante Änderungen bei der Sterbehilfe
Berlin (dapd). Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) verteidigt die geplanten Änderungen bei der Sterbehilfe. „Es ist ausdrücklich nicht das Ziel, Ärzte zu Sterbehelfern zu machen“, sagte Bahr der „Passauer Neuen Presse“. In der Debatte werde vieles missverstanden. Ziel des Gesetzes sei aber ein rechtlicher Rahmen, „damit die Sterbehilfe eben nicht zum Geschäftsmodell wird“. Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Wolfgang Zöller (CSU), kritisierte hingegen, geplante Ausnahmen erhöhten die Rechtsunsicherheit. In einem Gesetzentwurf von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) geht es darum, gewerbsmäßig organisierte Sterbehilfe unter Strafe zu stellen. Es soll also strafbar sein, Hilfe zum Suizid anzubieten, um damit Gewinne zu machen. Für Aufregung sorgt jedoch eine Passage, wonach enge Angehörige oder Freunde Todkranke straflos dabei unterstützen dürfen, organisierte Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen. Diese Strafbefreiung soll ausnahmsweise auch für Ärzte und Pfleger gelten, wenn sie dem Sterbewilligen persönlich sehr nahe stehen. Zöller will anderes Gesetz Bahr betonte, er teile die Sorge nicht, dass es durch die Neuregelung zu einem Dammbruch komme. „Der Gesetzentwurf hat ein Verbot der gewerbsmäßigen Sterbehilfe zum Ziel. Das wäre ein großer Fortschritt, denn ein solches Verbot hat es bisher nicht gegeben“, sagte der Minister. Zugleich müsse man berücksichtigen, dass es Krebspatienten oder andere Sterbenskranke gebe, die ihre Angehörigen oder ihre Begleiter in Suizid-Überlegungen einbezögen. „Das sollten wir zur Kenntnis nehmen.“ Zöller sprach sich indes gegen Ausnahmeregelungen aus. „Es würde reichen, die gewerbliche Förderung der Selbsttötung unter Strafe zu stellen“, sagte er den Zeitungen der WAZ-Gruppe. Er äußerte die Befürchtung, dass durch das Gesetz der Druck auf die Betroffenen und deren Angehörigen steigen könnte, die Sterbehilfe zu beanspruchen oder zu ermöglichen. „Stattdessen müssten wir in Deutschland wesentlich mehr investieren, damit todkranke Menschen schmerzfrei und in Würde sterben können“, forderte Zöller mit Blick auf die Palliativversorgung, Schmerztherapien und Hospize. dapd (Politik/Politik)
Früherer Leibwächter von Osama bin Laden in Bochum aktiv
Bochum/Essen (dapd). Ein ehemaliger Leibwächter des früheren Al-Kaida-Führers Osama bin Laden lebt seit mehreren Jahren in Bochum und rekrutiert dort offenbar junge Muslime für den sogenannten Heiligen Krieg. Wie die Zeitungen der WAZ-Gruppe unter Hinweis auf Dokumente der Bundesanwaltschaft berichten, soll der mutmaßliche Salafist Sami A. mitverantwortlich für die Radikalisierung von zwei Mitgliedern der sogenannten Düsseldorfer Al-Kaida-Zelle sein. Den beiden sowie zwei weiteren Mitangeklagten wird derzeit am Oberlandesgericht Düsseldorf der Prozess gemacht. Ein Sprecher der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe erklärte auf dapd-Anfrage, dass gegen Sami A. wegen der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung ermittelt worden sei. Da sich jedoch nicht mit „hinreichender Sicherheit“ ein Tatverdacht gegen den Salafisten ergeben habe, seien die Ermittlungen im Mai 2007 eingestellt worden. Inwieweit Sami A. möglicherweise für die Radikalisierung anderer Muslime verantwortlich ist, sei nicht Gegenstand der Ermittlungen gewesen. Ex-Leibwächter soll ideologischen Rüstzeug vermittelt haben Nach WAZ-Angaben soll Sami A. dem 21-jährigen Amid C. aus Bochum und dem 28-jährigen Halil S. aus Gelsenkirchen das ideologische Rüstzeug für einen geplanten Bombenanschlag in Deutschland vermittelt haben. In Bochumer Moscheen erteilte der Salafist ihnen religiösen Unterricht. Der Sprecher der Bundesanwaltschaft betonte, Sami A. sei nicht für die Rekrutierung der Düsseldorfer Zelle verantwortlich gewesen. Der Mitangeklagte Abdeladim El-K. habe den Anschlag geplant und seine mutmaßlichen Komplizen rekrutiert. Weitere Einzelheiten nannte der Sprecher mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht. Die Stadt Bochum versuchte bislang vergeblich, Sami A. nach Tunesien abzuschieben. Im März 2011 hob das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen eine Ausweisungsverfügung des Ausländerbüros auf – unter anderm, weil Sami A. mit einer Deutschen verheiratet ist und das Paar drei gemeinsame Kinder hat. Gegen das Urteil legte die Stadt Berufung ein, über die nun das Oberverwaltungsgericht Münster zu entscheiden hat. dapd (Politik/Politik)
Merkel sieht noch keinen Bedarf für Volksabstimmung
Berlin (dapd). Anders als die SPD hegt die Bundesregierung noch keine Pläne für eine europäische Volksabstimmung über eine Wirtschafts- und Währungsunion. „Die Bundeskanzlerin hat mehrfach erklärt, dass wir Schritt für Schritt vorgehen müssen, um den Konstruktionsfehler der Währungsunion, nämlich das Fehlen der politischen Union, wettzumachen“, sagte Regierungssprecher Georg Streiter am Montag in Berlin. Er reagierte damit auf einen Vorstoß von SPD-Chef Sigmar Gabriel. Laut Streiter stehen auf dem Weg zu einer Fiskalunion zunächst weitere Reformen wie der Fiskalpakt und die neue Bankenaufsicht an. Letztlich legte er sich nicht fest, ob es am Ende des Reformprozesses überhaupt eine Volksabstimmung geben werde: „Das liegt noch sehr weit in der Zukunft.“ Anders sieht das der SPD-Vorsitzende Gabriel: Der sagte in Berlin, für eine Fiskalunion sei eine Volksabstimmung zwingend. Dies schreibe das Grundgesetz vor. So müssten die Staaten am Ende des Reformprozesses gemeinsam über Steuersätze und Budgets entscheiden können: „Gemeinsame Verantwortung heißt dann, dass das Europäische Parlament und eine europäische Regierung Verantwortung tragen.“ Gabriel warnte vor einem Scheitern des Euro. „Europa steht am Scheideweg“, sagte er und verlangte, der Kurs einer gemeinsamen Finanz- und Steuerpolitik mit dem Ziel einer Fiskalunion müsse zwingend fortgesetzt werden. „Dann werden wir den Euro zusammenhalten können, und dann kann man auch verantworten, dass man sich gemeinschaftlich gegen die ausufernden Zinsen wehrt.“ Andernfalls, sagte Gabriel, würde die Eurozone auseinanderbrechen und nur noch aus den Staaten bestehen, die eine ähnliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hätten. dapd (Politik/Politik)
Das Occupy-Zeltlager vor der EZB ist abgebaut
Frankfurt/Main (dapd). Das Occupy-Camp vor der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main existiert nicht mehr. Die Polizei räumte das vor zehn Monaten errichtete Zeltlager am Montag ohne nennenswerte Zwischenfälle. Unmittelbar zuvor hatte das Verwaltungsgericht Frankfurt einen Eilantrag der Aktivisten gegen die Auflösung abgelehnt. Das Protestcamp und die damit einhergehende dauerhafte Besetzung der Grünanlage seien durch das Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht gedeckt, begründete das Gericht seine Entscheidung. Es verwies unter anderem darauf, dass kein gemeinsames Ziel der Personen erkennbar sei, die sich in dem Zeltlager aufhielten, darunter Aktivisten, Ausländer, Obdachlose und Drogenabhängige. Eine Versammlung sei dadurch charakterisiert, dass eine Mehrheit durch einen gemeinsamen Zweck inhaltlich verbunden sei. Zudem bestätigte das Gericht von der Stadt angeführte Gefahren für die öffentliche Sicherheit. Es verwies unter anderem auf die Hygieneprobleme. Die Kapitalismuskritiker von Occupy kündigten an, vor den Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel zu gehen. Gleichwohl zogen bereits am Mittag vor dem Zeltlager Polizisten auf. Sie stellten zunächst die Personalien der Besetzer fest und führten sie anschließend nach und nach auf den benachbarten Willy-Brandt-Platz. Zusammen mit Amtsleiterin Christina Van den Borg waren auch fünf Mitarbeiterinnen des städtischen Jugend- und Sozialamts im Lager unterwegs, um insbesondere den dort vor der EZB campierenden Romafamilien Hilfe und nötigenfalls eine Unterkunft anzubieten. Das Ordnungsamt hatte die Genehmigung für das Camp Ende Juli auslaufen lassen und mit einer Räumung gedroht, sollten die Bewohner nicht freiwillig abziehen. Die Aktivisten waren daraufhin vor Gericht gezogen. Ordnungsdezernent Markus Frank (CDU) sieht sich nun durch das Urteil bestätigt. Den Aktivisten warf er eine „konfrontative Haltung“ vor. Diese habe dazu geführt, dass „eine Räumung der Fläche mit Hilfe der Landespolizei umgehend eingeleitet wurde“. Bis zum Abend, sagte er, sollte die Fläche wieder frei sein, was auch geschah. Occupy soll für Schäden aufkommen Frank betonte, der Occupy-Bewegung Ende vergangener Woche angeboten zu haben, ein symbolisches Zelt auf der Grünfläche zu behalten und weitere drei Zelte sowie einen Infostand auf der befestigten Fläche des Willy-Brandt-Platzes zu gestatten. Anstatt zu räumen, hätten die Aktivisten aber weitere Flächen besetzt und Barrikaden aufgebaut. Vorwürfe, zu schnell geräumt zu haben, wies der Ordnungsdezernent zurück. Ihm sei es darum gegangen, die Fläche schnell freizubekommen. Es sollte verhindert werden, dass noch mehr Barrikaden aufgebaut würden und noch mehr Leute kämen. Die Zustände im Lager seien desolat gewesen, sagte Frank. „Wir werden Einiges zu tun haben, etwa die Rattenplage zu beseitigen.“ Den entstandenen Schaden bezifferte er nicht genau, sprach aber von einer fünfstelligen Summe. Er gehe davon aus, dass Occupy für die Schäden aufkomme. „Wenn ich zwischen den Polizisten und den Mitarbeitern der Stadtreinigung niemanden übersehen habe, ist kein Besetzer mehr auf dem Gelände“, sagte Einsatzleiter Stefan Kaaden kurz nach 18.00 Uhr. Auch vier zunächst auf Bäume gekletterte Aktivisten zogen inzwischen ab. Bis auf Weiteres werde die Grünfläche vor der EZB abgesperrt bleiben, „schon um zu verhindern, dass irgendjemand gleich wieder ein Zelt aufbaut“. Ordnungsamtsleiter Jörg Bannach sagte auf dem Gelände: „Ab Dienstag kann das Grünflächenamt hier übernehmen.“ dapd (Politik/Politik)
Richtungsstreit in der Schuldenkrise wird härter
Berlin (dapd). Unter deutschen Spitzenpolitikern wird der Richtungsstreit in der europäischen Schuldenkrise schärfer. SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte einen radikalen Strategiewechsel hin zu einer Gemeinschaftshaftung für die Schulden aller Euroländer. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle kündigte daraufhin am Montag an, „die Bundestagswahl zu einer Abstimmung über Herrn Gabriels Schuldensozialismus zu machen“. Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) sprach Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ab, eine Vision zu haben. Gabriel warnte vor einem Scheitern des Euro. „Europa steht am Scheideweg“, sagte er. Der Kurs einer gemeinsamen Finanz- und Steuerpolitik mit dem Ziel einer Fiskalunion müsse fortgesetzt werden. „Dann werden wir den Euro zusammenhalten können, und dann kann man auch verantworten, dass man sich gemeinschaftlich gegen die ausufernden Zinsen wehrt.“ Andernfalls, sagte Gabriel, würde die Eurozone auseinanderbrechen und nur noch aus den Staaten bestehen, die eine ähnliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hätten. Für eine Fiskalunion sei allerdings eine Volksabstimmung nötig. Dies schreibe das Grundgesetz vor. Anders als die SPD hegt die Bundesregierung noch keine Pläne für eine europäische Volksabstimmung über eine Wirtschafts- und Währungsunion. „Die Bundeskanzlerin hat mehrfach erklärt, dass wir Schritt für Schritt vorgehen müssen, um den Konstruktionsfehler der Währungsunion, nämlich das Fehlen der politischen Union, wettzumachen“, sagte Regierungssprecher Georg Streiter. Auf dem Weg zu einer Fiskalunion stünden zunächst weitere Reformen wie der Fiskalpakt und die neue Bankenaufsicht an. Für eine Schuldenteilung über Eurobonds oder einen Schuldentilgungsfonds kämpfen unter anderem Frankreichs Staatspräsident François Hollande und Italiens Regierungschef Mario Monti. Dadurch könnte das Auseinanderbrechen der Währungsunion verhindert werden. Zugleich würde der Reformdruck aber sinken. Westerwelle warnt vor Überhitzung der Debatte Die Linke-Vorsitzende Katja Kipping zeigt sich entsetzt über die Forderung des bayerischen Finanzministers Markus Söder (CSU) nach einem Euroaustritt Griechenlands noch in diesem Jahr. Die Aussagen seien „extrem gefährlich“, sagte Kipping. „Man kann ganz klar sagen, dass Markus Söder hier Hand anlegt an den europapolitischen Konsens aller demokratischen Parteien.“ Die Linke erwarte eine Reaktion von Merkel. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) warnte vor einer Überhitzung der Diskussion über die Zukunft Europas. „Der Ton der Debatte ist sehr gefährlich. Wir müssen aufpassen, dass wir Europa nicht zerreden“, sagte Westerwelle. Die Lage in Europa sei ernst, es stehe „zu viel auf dem Spiel“. Kretschmann vermisst Klarheit bei Merkel Doch wegen ihres Zickzackkurses geht Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann hart mit Merkel ins Gericht. „Sie hat eine schwere Aufgabe, ich will da nicht den Besserwisser geben“, sagte der Grünen-Politiker der „Bild“-Zeitung. „Aber Frau Merkel müsste den globalen Zusammenhang einzelner Entscheidungen klarer hervorheben.“ Er sei zwar „nie ein großer Fan von Altkanzler Helmut Kohl“ (CDU) gewesen, „aber er hatte eine klare europapolitische Vision, für die er wie eine Eins gestanden hat – einer seiner großen Verdienste. Diese Klarheit vermisse ich heute.“ Die Konservativen wehren sich erbittert gegen mehr Solidarität. Weil die Europäische Zentralbank (EZB) Krisenstaaten wieder Anleihen abkaufen will, werde ihre Unabhängigkeit „ausgehebelt“, schimpfte der Obmann der Unionsfraktion im Bundestagsfinanzausschuss, Hans Michelbach (CSU). Monti Mangel an Parlamentsverständnis vorgeworfen Auch die harsche Kritik an Italiens Regierungschef Monti riss am Montag nicht ab. Der hatte im „Spiegel“ verlangt, die Regierungen dürften sich von ihren Parlamenten nicht an die kurze Leine legen lassen, um Entscheidungen zur Eurorettung zu treffen. „Die Akzeptanz für den Euro und seine Rettung wird durch nationale Parlamente gestärkt und nicht geschwächt“, sagte SPD-Fraktionsvize Joachim Poß der „Rheinischen Post“. Offensichtlich habe in Italien in den „unsäglichen Berlusconi-Jahren das Parlamentsverständnis gelitten“. © 2012 AP. All rights reserved (Politik/Politik)
SPD-Chef Gabriel weist Avancen der Linken zurück
Hamburg/Essen/Berlin (dapd). SPD-Chef Sigmar Gabriel will nicht mit den Linken im Bund regieren. „Mit einer Partei, die sich – wie Herr Gysi gesagt hat – in tiefem inneren Hass miteinander verbunden fühlt, kann man nicht ernsthaft Gespräche über Koalitionen führen“, sagte Gabriel am Montag in Berlin und fügte hinzu: „Die Linke ist in großen Schwierigkeiten und versucht, sich durch Koalitionsangebote interessant zu machen.“ Grünen-Chef Cem Özdemir verlangte einen Kurswechsel der Linken als Bedingung für eine Koalition. „Wenn die Linken das Koalitionsangebot ernst meinen, dann müssen sie realistische Konzepte für einen ausgeglichenen Haushalt und zur Schuldenbremse vorlegen“, sagte Özdemir der „Rheinischen Post“ (Dienstagausgabe). Auch die Außenpolitik stehe einer Koalition im Weg: „Isolationismus und Europafeindlichkeit gehen mit den Grünen nicht“, sagte der Parteichef. „Zudem muss die Linkspartei noch klären, wie ihr Verhältnis zur DDR-Vergangenheit ist.“ Die Führungsspitze der Linken hatte zuvor für eine Zusammenarbeit mit der SPD nach der Bundestagswahl 2013 geworben. Wenn die Bedingungen stimmten, wäre ihre Partei „sofort dabei“, sagte die Linke-Vorsitzende Katja Kipping in Berlin. Nur eine Beteiligung der Linken könne garantieren, dass ein Regierungswechsel auch einen echten Kurswechsel bringe. Bisher versuchten SPD und Grüne aber, die Linke zu ignorieren, kritisierte Kipping. Als Bedingungen für eine Regierungsbeteiligung nannte sie den sofortigen Stopp von Waffenexporten, einen verfassungskonformen Hartz-IV-Satz und die Abschaffung von Sanktionen gegen Hartz-IV-Bezieher, eine Reform zur Sicherung einer „armutsfesten Rente“ und die Einführung eines allgemeinen Mindestlohns. „Jetzt liegt der Ball bei SPD und Grünen, ob sie auch Interesse an einem Politikwechsel haben“, sagte Kipping. Sie beklagte, Grüne und Sozialdemokraten versuchten bislang, „die Linke zu ignorieren und rauszuhalten“. Kipping kritisierte dabei vor allem die SPD. Diese müsse sich entscheiden, ob sie mit der Linken Politik machen wolle oder „sich doch bloß um die Vizekanzlerschaft unter CDU-Führung bewirbt“. „Wir sind nicht regierungsgeil“ Die Parteichefin wies zugleich den Eindruck zurück, ihr Werben für Rot-Rot-Grün sei eine Trendwende und stehe im Widerspruch zu den sogenannten Haltelinien des Parteiprogramms. Diese beschreiben, was die Linke als Regierungspartei keinesfalls mittragen will, etwa die „Privatisierung der Daseinsvorsorge und Sozialabbau“. Kipping sagte, sie stehe hinter den Haltelinien, bezeichnete deren Formulierung aber als „sehr defensive Herangehensweise“. Notwendig sei daneben ein „nach vorne gerichtetes Reformprogramm“. Es gehe ihr um eine offensive Umsetzung der Vorgaben aus dem Parteiprogramm. Diese Herangehensweise sei in der Parteivorstandssitzung am Wochenende “ mit viel Interesse und auch Zuspruch“ aufgenommen werden, betonte Kipping. „Wir sind nicht regierungsgeil, aber wir wollen auf jeden Fall einen wirklichen Politikwechsel.“ Kipping bezeichnet Reichensteuer als „Knackpunkt“ Im Gespräch mit den Zeitungen der WAZ-Gruppe schloss Kipping eine Koalition mit der SPD auf Bundesebene ohne Einführung einer Reichensteuer aus. „Für uns wird das ein Knackpunkt“, sagte sie. „Ohne Reichensteuer keine Regierungsbeteiligung.“ Die Bundestagsabgeordnete Halina Wawzyniak, die auch Mitglied im Parteivorstand ist, zeigte sich unzufrieden damit, dass die neuen Vorsitzenden die Koalitionsdebatte zum jetzigen Zeitpunkt anstoßen. Sie finde „Debatten zu Regierungsbeteiligungen im Bund derzeit überflüssig“, schrieb sie im Kurznachrichtendienst Twitter. „Ich finde, wir sagen zunächst was wir wollen und alles andere findet sich. Man muss Sommerlochdebatten nicht mitmachen.“ (Linke-Parteiprogramm: http://url.dapd.de/XD8lXy ; Wawzyniak auf Twitter: http://url.dapd.de/uD6Nwb und http://url.dapd.de/zj8TRV ) dapd (Politik/Politik)
Kritik an Schröders Kita-Plänen
Berlin (dapd). Scharfe Kritik an Familienministerin Kristina Schröder (CDU): Mit ihren Plänen zur Förderung säumiger Kommunen beim Kita-Ausbau hat die Ministerin vor allem die ostdeutschen Länder gegen sich aufgebracht. Vertreter Berlins, Sachsen-Anhalts und Mecklenburg-Vorpommerns beklagten am Montag Ungerechtigkeiten und warfen Schröder vor, Untätigkeit zu belohnen. Die Ministerin bekräftigte indes ihr Vorhaben. Ab August 2013 gibt es einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr. Nach Angaben Schröders fehlen bis dahin noch 160.000 Kita-Plätze. Schröder sagte, dass der Bund 580 Millionen Euro für die Schaffung von 30.000 Kita-Plätzen zur Verfügung stellen werde. Von den versprochenen Bundeszuschüssen sollen vor allem diejenigen Länder profitieren, deren Bedarf an Kita-Plätzen im Vergleich zu 2007 gestiegen ist. Dem Vernehmen nach sind dies nicht – wie berichtet – vorrangig westdeutsche Länder, sondern neben Bayern und Rheinland-Pfalz auch Berlin, Brandenburg und Sachsen. In Bremen, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt und Thüringen werden demnach hingegen weniger Plätze gebraucht als noch 2007 angenommen. Ost-West-Tauziehen In Ostdeutschland stieß Schröders Vorgehen auf Kritik. Sachsen-Anhalts Sozialminister Norbert Bischoff (SPD) monierte, mit ihren Plänen würde die CDU-Politikerin diejenigen Länder strafen, die in den vergangenen Jahren mit großem Engagement und jeder Menge Landesgeld die Kinderbetreuung auf einen modernen Stand gebracht und gehalten hätten. „Schröder sonnt sich in und mit unseren Betreuungszahlen und vergoldet den anderen Ländern ihr Nichtstun“, klagte er. Die Berliner Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) nannte es „inakzeptabel“, dass die Ministerin Mittel wegen eines großen Nachholbedarfs vorrangig an Länder vergeben wolle, die sich bisher zu wenig um den Ausbau gekümmert haben. Schröder lasse die Gelder damit zu einer „Passivitätsprämie“ verkommen. Auch aus der eigenen Partei bekam Schröder Widerspruch. Der mecklenburgische CDU-Bundestagsabgeordnete Eckhardt Rehberg kritisierte, für ihre Äußerungen gebe es „keine erkennbare Grundlage“. Der Nachholbedarf in den alten Bundesländern sei zwar „nachvollziehbar und akzeptabel“, sagte Rehberg. „Die Untätigkeit einiger westdeutscher Länder“ dürfe allerdings nicht dazu führen, „dass Bedarfe im Osten nun ignoriert werden“. Hamburgs Familiensenator Detlef Scheele (SPD) sprach von einem Versuch, „die neuen und die alten Bundesländer gegeneinander auszuspielen“. Städtebund will mehr Geld für Kita-Ausbau Der Deutsche Städte- und Gemeindebund bezeichnete den Ansatz Schröders hingegen als nicht „ganz falsch“. Es gebe aber insgesamt einen „starken Rückstand“, sagte Präsident Roland Schäfer in Berlin und forderte insgesamt mehr Geld vom Bund. Der Spitzenverband legte am Montag unter dem Begriff „Agenda 2020“ einen Forderungskatalog vor, um Städte und Gemeinden zu stärken und die Sozialsysteme zu stabilisieren. Teil dieser Agenda ist auch ein Aktionsprogramm Kinderbetreuung. Schröder wertete die Anregungen als Bestätigung. Die Vorschläge entsprächen „passgenau“ ihren „zentralen Maßnahmen für den Endspurt hin zum Kita-Rechtsanspruch“. Nun müssten die Länder noch einmal deutlich Tempo machen. „Aber sie können es schaffen“, betonte sie. Mit 580 Millionen Euro finanziere der Bund „praktisch alleine“ 30.000 zusätzliche Betreuungsplätze gegenüber den Planungen von 2007. Für ein neues Bundesprogramm zur Festanstellung von Tagespflegern stünden bis Ende 2014 Fördermittel in Höhe von 10 Millionen Euro bereit. „Riesiges Potenzial“ gebe es zudem bei den Betriebs-Kitas. Deshalb erhielten Unternehmen mit einem entsprechenden Angebot in den ersten zwei Jahren einen Zuschuss von 6.000 Euro pro Platz und Jahr. Der baden-württembergische Staatssekretär im Kultusministerium, Frank Mentrup, forderte von Schröder eine schnelle Klärung, wie die zusätzlichen Mittel verteilt werden sollten. Der Bund dürfe die Kommunen nicht im Regen stehen lassen, sagte er auf dapd-Anfrage. dapd (Politik/Politik)
Zweifel am Ausstieg von Drygalla-Freund aus der rechten Szene
London/Schwerin (dapd-lmv). Trotz des Austritts des vormaligen NPD-Landtagskandidaten Michael Fischer aus der Partei zweifeln Experten, ob der Lebensgefährte der Olympia-Teilnehmerin Nadja Drygalla dem Rechtsextremismus tatsächlich abgeschworen hat. Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) zeigte sich am Montag erfreut, dass sich die 23-jährige Ruderin unmissverständlich von rechtsextremem Gedankengut distanziert habe. Zugleich mahnte der Minister mehr Zurückhaltung in der Debatte an. Drygalla war vergangene Woche von den Olympischen Spielen in London abgereist, nachdem bekannt geworden war, dass ihr Freund der rechtsextremen Szene angehört und aktives NPD-Mitglied war. Aus der rechtsextremen Partei ist Fischer Ende Mai ausgetreten, wie Mecklenburg-Vorpommerns Vize-Landeschef David Petereit am Montag mitteilte, ohne aber weitere Details zu nennen. NPD-Austritt ist noch keine Distanzierung An der Darstellung auch von Drygalla, wonach sich ihr Freund vom Rechtsextremismus gelöst hat, haben Experten aber Zweifel. Die Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, Anetta Kahane, hält die Version für eine „Legende“. „Er ist nicht mehr Mitglied in der NPD, aber das ist keine Distanzierung“, sagte Kahane der Nachrichtenagentur dapd. Es sei häufig „blöde Trickserei“ von Neonazis, symbolisch aus der NPD auszutreten, sagte Kahane. Zugleich betonte sie, ein Ausstieg aus der Szene sei nicht grundsätzlich unmöglich. Dennoch gab Kahane zu bedenken: „Es ist ja eine ganze Lebensweise, die da dranhängt – weswegen ich auch sehr skeptisch bin, dass die junge Frau damit nichts zu tun hatte“, sagte sie mit Blick auf Drygalla. Die in Mecklenburg-Vorpommern aktive Internetplattform „Endstation Rechts“ bestätigte zwar, dass Fischer seit mehreren Wochen nicht mehr öffentlich in Erscheinung getreten sei. Ein Redakteur der Plattform betonte aber im dapd-Gespräch, alle Indizien sprächen gegen einen Ausstieg aus der Szene. So sei Drygallas Lebensgefährte noch am 1. Mai bei einer Demonstration als Fotograf aufgetreten und habe Gegendemonstranten fotografiert. Zudem sei auf der Internetseite Mupinfo, die von Petereit betrieben wird, am 16. Juni der letzte Blogeintrag unter dem Namen Michael Fischer veröffentlicht worden. Unter einem anderen Artikel mit diesem Namen sei sogar ein Foto Fischers abgebildet. Ein nachdenklicher Minister Der Fall Drygalla wird in den kommenden Tagen und Wochen auch die Politik beschäftigten. Der Sportausschuss des Bundestages soll sich im September damit befassen, wie die Ausschussvorsitzende Dagmar Freitag (SPD) ankündigte. Scharfe Kritik richtete sie an die Adresse der Sportverbände. Rückblickend stellten sich klare Fragen nach den Kommunikationsstrukturen im deutschen Spitzensportsystem, sagte die SPD-Politikerin im ZDF-„Morgenmagazin“. So hätte jemand merken müssen, dass Drygalla ihren Job verloren habe. Über die Umstände, warum die Sportlerin im Herbst 2011 aus dem Polizeidienst und damit aus der Sportförderung ausschied, will Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) am Dienstag das Landeskabinett informieren. Verteidigungsminister de Maizière zeigte sich am Montag in London nachdenklich und warf kritische Fragen auf. „Wo liegen eigentlich die Grenzen? Steht es uns als Öffentlichkeit wirklich zu, den Freundeskreis von Sportlerinnen und Sportlern zu screenen und zu gucken, was da los ist? Müssen wir von ihnen verlangen, offenzulegen, mit wem sie befreundet sind, was sie denken?“ Wenn der Fall Drygalla Anlass sei, etwas behutsamer mit dem Privatleben von Sportlern umzugehen, sagte de Maiziere, „wäre das eine gute Mahnung“. Der Deutsche Journalistenverband (DJV) wies Kritik an den Medien zurück. „Wenn Sportverbände und das für den Sport zuständige Bundesinnenministerium die deutschen Olympioniken als Vorbilder präsentieren, müssen kritische Fragen erlaubt sein“, sagte der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken in Berlin. Das schließe das Privatleben der Sportler in solchen Fällen mit ein, in denen menschenverachtendes und extremistisches Gedankengut eine Rolle spielt. Aus Sicht von Verteidigungsminister de Maizière muss die sportliche Karriere von Drygalla noch nicht zu Ende sein. Wenn es von Drygalla einen Antrag auf Aufnahme in die Sportfördergruppe der Bundeswehr gäbe, würde man ihn prüfen. „Aber in Ruhe. Und nicht in der Atmosphäre der letzten Tage“, fügte der CDU-Politiker hinzu. Ein solcher Antrag lag zum 1. September schon vor. Er wurde aber am 2. August vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) zurückgezogen, wie ein Ministeriumssprecher in Berlin sagte. dapd (Politik/Politik)