Richtungsstreit in der Schuldenkrise wird härter

Richtungsstreit in der Schuldenkrise wird härter Berlin (dapd). Unter deutschen Spitzenpolitikern wird der Richtungsstreit in der europäischen Schuldenkrise schärfer. SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte einen radikalen Strategiewechsel hin zu einer Gemeinschaftshaftung für die Schulden aller Euroländer. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle kündigte daraufhin am Montag an, „die Bundestagswahl zu einer Abstimmung über Herrn Gabriels Schuldensozialismus zu machen“. Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) sprach Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ab, eine Vision zu haben. Gabriel warnte vor einem Scheitern des Euro. „Europa steht am Scheideweg“, sagte er. Der Kurs einer gemeinsamen Finanz- und Steuerpolitik mit dem Ziel einer Fiskalunion müsse fortgesetzt werden. „Dann werden wir den Euro zusammenhalten können, und dann kann man auch verantworten, dass man sich gemeinschaftlich gegen die ausufernden Zinsen wehrt.“ Andernfalls, sagte Gabriel, würde die Eurozone auseinanderbrechen und nur noch aus den Staaten bestehen, die eine ähnliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hätten. Für eine Fiskalunion sei allerdings eine Volksabstimmung nötig. Dies schreibe das Grundgesetz vor. Anders als die SPD hegt die Bundesregierung noch keine Pläne für eine europäische Volksabstimmung über eine Wirtschafts- und Währungsunion. „Die Bundeskanzlerin hat mehrfach erklärt, dass wir Schritt für Schritt vorgehen müssen, um den Konstruktionsfehler der Währungsunion, nämlich das Fehlen der politischen Union, wettzumachen“, sagte Regierungssprecher Georg Streiter. Auf dem Weg zu einer Fiskalunion stünden zunächst weitere Reformen wie der Fiskalpakt und die neue Bankenaufsicht an. Für eine Schuldenteilung über Eurobonds oder einen Schuldentilgungsfonds kämpfen unter anderem Frankreichs Staatspräsident François Hollande und Italiens Regierungschef Mario Monti. Dadurch könnte das Auseinanderbrechen der Währungsunion verhindert werden. Zugleich würde der Reformdruck aber sinken. Westerwelle warnt vor Überhitzung der Debatte Die Linke-Vorsitzende Katja Kipping zeigt sich entsetzt über die Forderung des bayerischen Finanzministers Markus Söder (CSU) nach einem Euroaustritt Griechenlands noch in diesem Jahr. Die Aussagen seien „extrem gefährlich“, sagte Kipping. „Man kann ganz klar sagen, dass Markus Söder hier Hand anlegt an den europapolitischen Konsens aller demokratischen Parteien.“ Die Linke erwarte eine Reaktion von Merkel. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) warnte vor einer Überhitzung der Diskussion über die Zukunft Europas. „Der Ton der Debatte ist sehr gefährlich. Wir müssen aufpassen, dass wir Europa nicht zerreden“, sagte Westerwelle. Die Lage in Europa sei ernst, es stehe „zu viel auf dem Spiel“. Kretschmann vermisst Klarheit bei Merkel Doch wegen ihres Zickzackkurses geht Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann hart mit Merkel ins Gericht. „Sie hat eine schwere Aufgabe, ich will da nicht den Besserwisser geben“, sagte der Grünen-Politiker der „Bild“-Zeitung. „Aber Frau Merkel müsste den globalen Zusammenhang einzelner Entscheidungen klarer hervorheben.“ Er sei zwar „nie ein großer Fan von Altkanzler Helmut Kohl“ (CDU) gewesen, „aber er hatte eine klare europapolitische Vision, für die er wie eine Eins gestanden hat – einer seiner großen Verdienste. Diese Klarheit vermisse ich heute.“ Die Konservativen wehren sich erbittert gegen mehr Solidarität. Weil die Europäische Zentralbank (EZB) Krisenstaaten wieder Anleihen abkaufen will, werde ihre Unabhängigkeit „ausgehebelt“, schimpfte der Obmann der Unionsfraktion im Bundestagsfinanzausschuss, Hans Michelbach (CSU). Monti Mangel an Parlamentsverständnis vorgeworfen Auch die harsche Kritik an Italiens Regierungschef Monti riss am Montag nicht ab. Der hatte im „Spiegel“ verlangt, die Regierungen dürften sich von ihren Parlamenten nicht an die kurze Leine legen lassen, um Entscheidungen zur Eurorettung zu treffen. „Die Akzeptanz für den Euro und seine Rettung wird durch nationale Parlamente gestärkt und nicht geschwächt“, sagte SPD-Fraktionsvize Joachim Poß der „Rheinischen Post“. Offensichtlich habe in Italien in den „unsäglichen Berlusconi-Jahren das Parlamentsverständnis gelitten“. © 2012 AP. All rights reserved (Politik/Politik)

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Peer-Michael Preß

Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de

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