Berlin (dapd). Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat zum Jahreswechsel deutschen Konzernen Versagen bei Großprojekten wie dem Berliner Flughafen oder dem Bahnhofsbau Stuttgart 21 vorgeworfen. „Ich lasse es nicht zu, dass immer nur mit dem Finger auf die Politik gezeigt wird“, sagte Thierse der „Berliner Morgenpost“ (Silvesterausgabe). „Beim Großflughafen sind es die Firmen Bosch und Siemens, die die Brandschutzanlage nicht zum Laufen kriegen.“ Ebenso stelle sich die Lage bei Stuttgart 21 dar, wo die Deutsche Bahn verantwortlich sei. Bei der Elbphilharmonie in Hamburg habe wiederum der größte deutsche Baukonzern Hochtief den „Schlammassel“ verursacht. Die Politiker könnten bei derart großen Projekten zwar die Aufsicht führen, doch seien sie „auf eine peinlich brutale Weise abhängig von den Informationen, die ihnen gegeben werden“. Er wünsche sich, dass die tatsächlich Verantwortlichen benannt und nicht Politiker als „Ersatzschuldige“ an den Pranger gestellt werden, sagte Thierse. dapd (Politik/Politik)
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Steinbrück beklagt zu kleines Kanzlergehalt
Berlin (dapd). SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück wünscht sich ein höheres Gehalt für Bundeskanzler: „Nahezu jeder Sparkassendirektor in Nordrhein-Westfalen verdient mehr als die Kanzlerin.“ Gemessen an der Leistung, der Verantwortung und im Vergleich zu anderen Posten sei der Regierungschef unterbezahlt, klagte der Ex-Finanzminister in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS)“. Für seine Beschwerde erntete der 65-Jährige hauptsächlich Spott – auch aus den eigenen Reihen. Das Monatsgehalt von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beträgt 16.085,91 Euro. Hinzu kommt eine steuerfreie Aufwandsentschädigung von gut 1.000 Euro. SPD-Parteifreunde reagierten befremdet. Altkanzler Gerhard Schröder widersprach Steinbrück sogar ausdrücklich und sagte, Politiker würden angemessen bezahlt. Im übrigen sei er selbst mit dem Kanzlergehalt immer ausgekommen. Dann gab er Steinbrück einen Rat: „Wem die Bezahlung als Politiker zu gering ist, der kann sich ja um einen anderen Beruf bemühen.“ Die CDU im Bundestag stichelte, der Wunsch nach einem Spitzengehalt sollte nicht der Grund sein, Kanzler werden zu wollen. Die Linke urteilte, Steinbrück verhöhne die Wähler. Kurz vor dem Start ins Wahljahr 2013 bietet der Ex-Finanzminister damit erneut Angriffsfläche. Erst vor wenigen Wochen war Steinbrück in die Kritik geraten, weil er mit rund 90 bezahlten Vorträgen bei Firmen und Verbänden über drei Jahre 1,2 Millionen Euro an Honoraren eingestrichen hat – zuzüglich zu seiner Abgeordnetendiät. Steinbrück brach auch eine Lanze für die Mitglieder des Bundestags. Sie arbeiteten fast sieben Tage die Woche, durchschnittlich 12 bis 13 Stunden. Auch sie seien gemessen an ihrer Leistung nicht überbezahlt. „Manche Debatte, die unsere Tugendwächter führen, ist grotesk und schadet dem politischen Engagement.“ „Geld löst bei mir keine erotischen Gefühle aus“ Sein Verhältnis zum Geld bezeichnete Steinbrück als „rein instrumentell“. Es habe Zeiten gegeben, in denen er sehr wenig Geld gehabt habe. „Heute bin ich, jedenfalls aus der Sicht vieler Menschen, ein vermögender Sozialdemokrat. Aber Geld löst bei mir keine erotischen Gefühle aus.“ SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles nahm Steinbrück in Schutz. Der „Bild“-Zeitung (Montagausgabe) sagte sie, er habe etwas ausgesprochen, das schlicht stimme. „Peer Steinbrück geht es um die angemessene Würdigung des wichtigsten Amtes des Staates.“ Im Mai hatte die Bundesregierung erstmals seit zwölf Jahren wieder eine Erhöhung ihrer Bezüge beschlossen. Im Januar klettert das Kanzlerinnengehalt um 200 Euro, weitere Schritte sind im März und August vorgesehen. Ab August beträgt die Vergütung dann genau 17.016,16 Euro, plus 1.000 Aufwandsentschädigung. Viele SPD-Politiker gingen deutlich auf Distanz. Der Bundestagsabgeordnete Dieter Wiefelspütz sagte der „FAS“: „Als Bundeskanzler zu dienen ist eine hoch faszinierende Tätigkeit, die nicht ganz schlecht bezahlt wird.“ Politikergehälter sicherten eine gute bürgerliche Existenz, mehr müsse nicht sein. Zwtl.: „Man macht es nicht, um reich zu werden“ Der Kieler Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Bartels (SPD) sagte dem Blatt, Politiker verdienten tatsächlich nicht übermäßig. „Doch sollten wir uns eher mit den Gehältern im öffentlichen Dienst vergleichen als mit den Spitzengagen in der Wirtschaft.“ Politik mache man nicht, um reich zu werden. Der SPD-Haushaltspolitiker Carsten Schneider (SPD) sagte, es sei zwar richtig, dass für das Gehalt eines Bundeskanzlers Spitzenmanager keinen Finger rühren würden. Kanzler werde man aber, um politisch gestalten zu können. Der schleswig-holsteinische SPD-Vorsitzende Ralf Stegner sagte: „Wir machen das freiwillig und brauchen keine zusätzlichen Anreize für gewählte Ämter.“ „Beschwerden von der Kanzlerin bisher nicht gehört“ Der Parlamentarische Geschäftsführer der Union im Bundestag, Michael Grosse-Brömer (CDU), sagte der „FAS“, Geld könne nicht der Beweggrund sein, das Amt des Kanzlers auszuüben. „Umso erstaunlicher ist die regelmäßige Klage des Herrn Steinbrück über die Kanzlervergütung. Beschwerden darüber hat man von der Bundeskanzlerin selbst bisher jedenfalls nicht gehört.“ Linke-Parteichefin Katja Kipping sagte der Nachrichtenagentur dapd, Steinbrücks Klage verhöhne die Wähler und vertreibe sie von den Urnen. „Wer ernsthaft meint, dass Kanzler mehr als das Siebenfache des Durchschnittslohns verdienen müssen, der hat als Kanzlerkandidat den Beruf verfehlt.“ Einer Umfrage zufolge sieht Steinbrück im Vergleich zu Merkel weiter blass aus. 36 Prozent der Wahlbürger vertrauen der CDU-Chefin mehr als einem möglichen Kanzler Steinbrück (18 Prozent), wie aus einer YouGov-Umfrage im Auftrag der „Bild“-Zeitung hervorgeht. dapd (Politik/Politik)
Weidmann will Euro-Krise nicht abhaken
Berlin (dapd). Mahnende Worte von Deutschlands oberstem Währungshüter: Europa sei in puncto Schuldenkrise noch längst nicht über den Berg, glaubt Bundesbankpräsident Jens Weidmann. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte sich nach Weihnachten noch deutlich optimistischer geäußert, als er sagte, er glaube, „wir haben das Schlimmste hinter uns“. Unterstützung erhält Weidmann von EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen. Er warnte die EU-Staaten am Wochenende davor, ihre Hände zu früh in den Schoß zu legen. Weidmann sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS)“, die Euro-Krise dürfe nicht voreilig abgehakt werden. „Die Ursachen sind noch lange nicht beseitigt“, sagte er. Dass sich jetzt allenthalben Krisenmüdigkeit ausbreite, werde zur Gefahr, „wenn die Politik mit der Krise nichts mehr zu tun haben will und erwartet, dass die Notenbank die Kastanien aus dem Feuer holt“. Der Bundesbankpräsident bestritt, dass die Ankündigung der Europäischen Zentralbank (EZB), notfalls unbegrenzt Staatsanleihen zu kaufen, eine positive Wende für den Euro gebracht habe. Sein Dissens mit EZB-Chef Mario Draghi gelte weiter. „Ich befürchte stabilitätspolitische Risiken und die Gefahr einer Vermischung von Geld- und Fiskalpolitik.“ Die Notenbank könne lediglich Risiken zwischen den Euroländern umverteilen, was eine Art Versicherung sei. „Aber die Versicherung macht das System noch nicht stabiler.“ „Konstruktionsfehler der Währungsunion noch nicht beseitigt“ Asmussen räumte zwar ein, dass die Euro-Staaten besser dastünden als vor einem Jahr. „Die Probleme sind aber nicht überwunden. Die Anpassungsprozesse, die Beseitigung der Struktur- und Wettbewerbsprobleme werden noch Jahre dauern“, sagte er den „Stuttgarter Nachrichten“ (Montagausgabe). „Die Konstruktionsfehler der Währungsunion sind noch nicht beseitigt.“ Er sei insgesamt vorsichtig optimistisch. „Aber der Reformeifer in der Eurozone darf nicht nachlassen“, sagte Asmussen. Kritik an der Sparpolitik in der europäischen Schuldenkrise übte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. 90 Prozent dessen, was der Europäische Rat beschlossen habe, ziele auf die Konsolidierung von Staatshaushalten, sagte Steinbrück der „FAS“. Einige Länder müssten dieses und nächstes Jahr fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts einsparen. Die Sparpolitik sei zu hart und führe in die Depression. „Manche Gesellschaften gehen in die Knie. Mit der Konsolidierung ist es wie mit manchen Medikamenten. Die eine Dosis kann Leben retten, die andere ist tödlich“, sagte er. Ein Aus des Euro wäre nach Ansicht des Chefs des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), Thomas Straubhaar, viel kostspieliger als „das jetzige Durchwursteln“ zum Erhalt der Währung. „Andererseits warne ich vor Weltuntergangsszenarien. Kein Land in Europa verschwindet von der Weltkarte, wenn der Euro zerbricht“, sagte Straubhaar dem „Hamburger Abendblatt“ (Wochenendausgabe). Allerdings müssten sich die Euro-Länder dann neu organisieren. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Steinbrück klagt über zu kleines Kanzlergehalt
Berlin (dapd). SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück beklagt, dass ein Bundeskanzler zu wenig verdient. „Nahezu jeder Sparkassendirektor in Nordrhein-Westfalen verdient mehr als die Kanzlerin.“ Gemessen an der Leistung und der Verantwortung und im Verhältnis zu anderen Tätigkeiten werde der deutsche Regierungschef unterbezahlt, kritisierte der frühere Finanzminister in einem Interview der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Steinbrücks SPD-Parteifreunde reagierten befremdet. Altkanzler Gerhard Schröder widersprach ihm ausdrücklich und sagte, Politiker würden angemessen bezahlt und er selbst sei mit dem Kanzlergehalt auch immer ausgekommen. Die CDU im Bundestag stichelte, der Wunsch nach einem Spitzengehalt sollte nicht der Grund sein, Kanzler werden zu wollen. Kurz vor dem Start ins Wahljahr 2013 bietet Steinbrück damit erneut Angriffsfläche für seine politischen Gegner. Erst vor wenigen Wochen war der 65-Jährige in die Kritik geraten, weil er mit rund 90 bezahlten Vorträgen bei Firmen und Verbänden über drei Jahre 1,2 Millionen Euro an Honoraren eingestrichen hat – zuzüglich zu seiner Abgeordnetendiät. Das Monatsgehalt Merkels beträgt aktuell 16.085,91 Euro. Doch hat die Regierung im Mai erstmals seit zwölf Jahren wieder eine Erhöhung ihrer Bezüge beschlossen. Im Januar klettert das Kanzlerinnengehalt daher um 200 Euro, weitere Schritte sind im März und August vorgesehen. Ab August beträgt die Vergütung dann genau 17.016,16 Euro. Obendrauf kommt die steuerfreie „Dienstaufwandsentschädigung“ von gut 1.000 Euro im Monat. Weil Merkel auch Parlamentarierin im Bundestag ist, stockt sich ihr Einkommen zusätzlich um die Hälfte der Abgeordnetenentschädigung auf. Bundesminister verdienen ab August 13.794,70 Euro, Parlamentarische Staatssekretäre 10.573,22 Euro. Steinbrück kritisierte auch die Diskussion über die Bezahlung von Abgeordneten. Mitglieder des Bundestages arbeiteten fast sieben Tage die Woche, durchschnittlich zwölf bis 13 Stunden. Sie seien gemessen an ihrer Leistung nicht überbezahlt. „Manche Debatte, die unsere Tugendwächter führen, ist grotesk und schadet dem politischen Engagement“, urteilte er. Sein Verhältnis zum Geld bezeichnete Steinbrück als „rein instrumentell“. Es habe Zeiten gegeben, in denen er sehr wenig Geld gehabt habe. „Heute bin ich, jedenfalls aus der Sicht vieler Menschen, ein vermögender Sozialdemokrat. Aber Geld löst bei mir keine erotischen Gefühle aus“, sagte der SPD-Politiker. Altkanzler Schröder äußerte sich befremdet über Steinbrücks Wunsch nach einem höheren Kanzlergehalt. „Nach meinem Eindruck werden die Politiker in Deutschland angemessen bezahlt“, sagte Schröder der „Bild am Sonntag“. „Ich habe jedenfalls davon immer leben können.“ Dann gab er Steinbrück einen Rat: „Wem die Bezahlung als Politiker zu gering ist, der kann sich ja um einen anderen Beruf bemühen.“ SPD-Chef Sigmar Gabriel hingegen ist mit Steinbrück einer Meinung. Erst Anfang November sagte er in einem Zeitungsinterview: „Dass der deutsche Bundeskanzler weniger verdient als ein Direktor einer mittelgroßen Sparkasse, finde ich nicht angemessen.“ Andere SPD-Politiker gingen indes deutlich auf Distanz. Der Bundestagsabgeordnete Dieter Wiefelspütz sagte der „F.A.S.“: „Als Bundeskanzler zu dienen ist eine hoch faszinierende Tätigkeit, die nicht ganz schlecht bezahlt wird. Wenn wir Politiker uns an den Gehältern in der Wirtschaft orientieren, dann machen wir einen Fehler.“ Politikergehälter sicherten eine gute bürgerliche Existenz, mehr müsse nicht sein. „Man macht es nicht, um reich zu werden“ Der Kieler Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Bartels sagte dem Blatt, es sei manchmal wichtig, darauf hinzuweisen, dass Politiker nicht übermäßig verdienten. „Doch sollten wir uns eher mit den Gehältern im öffentlichen Dienst vergleichen als mit den Spitzengagen in der Wirtschaft“, sagte er. Dann hätten die Gehälter von Spitzenpolitikern eine sehr ordentliche Größe. Ein politisches Spitzenamt wie das des Bundeskanzlers zu bekleiden, sei auch eine Ehre. „Man macht es nicht, um reich zu werden“, sagte Bartels. Der SPD-Haushaltspolitiker Carsten Schneider (SPD) sagte, es sei zwar richtig, dass für das Gehalt eines Bundeskanzlers die Spitzenmanager führender Unternehmen keinen Finger rühren würden. Allerdings bedeute das nicht, dass man das Kanzlergehalt erhöhen müsse. „Das ist die bestbezahlte Tätigkeit in der Bundesregierung mit Pensionsansprüchen, die durchaus angemessen sind“, sagte Schneider der Zeitung. Kanzler werde man, um politisch gestalten zu können – ebenso wie man deswegen Bundestagsabgeordneter werde. Der schleswig-holsteinische SPD-Vorsitzende Ralf Stegner sagte, wenn man das Gehalt des Bundeskanzlers mit dem eines Sparkassenchefs vergleiche, gebe es ein Missverhältnis. Daraus folge aber nicht, dass die Politikergehälter erhöht werden müssten. „Wir machen das freiwillig und brauchen keine zusätzlichen Anreize für gewählte Ämter“, sagte er. „Beschwerden von der Kanzlerin bisher nicht gehört“ Der Parlamentarische Geschäftsführer der Union im Bundestag, Michael Grosse-Brömer (CDU), sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, Geld könne nicht der Beweggrund sein könne, das Amt des Kanzlers auszuüben. „Umso erstaunlicher ist die regelmäßige Klage des Herrn Steinbrück über die Kanzlervergütung. Beschwerden darüber hat man von der Bundeskanzlerin selbst bisher jedenfalls nicht gehört.“ Einer Umfrage zufolge sieht Steinbrück im Vergleich zu Merkel weiter blass aus. 36 Prozent der Wahlbürger vertrauen der CDU-Chefin mehr als einem möglichen Kanzler Steinbrück (18 Prozent), wie aus einer YouGov-Umfrage im Auftrag der „Bild“-Zeitung hervorgeht. Allerdings vertraut mehr als ein Drittel (37 Prozent) keinem von beiden. dapd (Politik/Politik)
CDU und FDP woll Medikamententests in der DDR aufklären
Berlin (dapd). Union und FDP wollen den Berichten über Medikamententests an DDR-Bürgern nachgehen. Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Bergner (CDU), forderte Konsequenzen, falls westdeutsche Pharmaunternehmen tatsächlich Arzneimittel an ahnungslosen DDR-Patienten ausprobiert haben sollten. Thüringens FDP-Generalsekretär Patrick Kurth sagte, die Meldungen zeigten, dass die Machenschaften des SED-Regimes nicht nur Ostdeutschland beträfen. Medienberichten zufolge haben westdeutsche Pharmaunternehmen in den 1980er Jahren Medikamente an offenbar ahnungslosen DDR-Bürgern getestet und dafür hohe Summen an die DDR gezahlt. Bergner sagte der „Mitteldeutschen Zeitung“ aus Halle: „Das kann auch heute noch Konsequenzen haben – im Sinne von Entschädigung, möglicherweise sogar von strafrechtlicher Verfolgung.“ Experimente ohne Einwilligung der Betroffenen seien ein Skandal. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Fälle, die jetzt Aufregung verursachen, im Einklang mit dem westdeutschen Recht gewesen sind“, sagte er. Bergner plädierte gleichwohl für eine differenzierte Aufarbeitung. So seien viele Ärzte in der DDR froh gewesen, wenn sie überhaupt Medikamente bekommen hätten. Auch könne man die westdeutsche Pharmaindustrie nicht über einen Kamm scheren. Kurth forderte einen schärferen Blick auf die Rolle der alten Bundesrepublik in dem Skandal. „Der Vorwurf geht ins Mark unseres gesellschaftlichen Gewissens und weckt beschämende Erinnerungen an die dunkelste Zeit der deutschen Geschichte im Nationalsozialismus“, sagte der Sprecher für Aufbau Ost der FDP-Bundestagsfraktion. Sollten die Vorwürfe zutreffen, dürfe es nicht bei einer gewichtigen Würdigung der Opfer bleiben. Daher wolle er sich für eine parlamentarische Behandlung der Vorfälle einsetzen. Der Vorsitzende der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft, Rainer Wagner, sagte der „Mitteldeutschen Zeitung“: „Hier kommt westliche Profitgier zusammen mit kommunistischer Skrupellosigkeit. Die Vorgänge müssen lückenlos aufgeklärt und die Opfer entschädigt werden.“ Eine Entschuldigung sei das Mindeste. dapd (Politik/Politik)
Kretschmann weist Ramsauer Mitschuld an Fluglärm- Debakel zu
Zürich/Stuttgart (dapd-bwb). Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) macht für das Scheitern des deutsch-schweizerischen Fluglärm-Staatsvertrags besonders den Bundesverkehrsminister verantwortlich. „Der zuständige Bundesminister Peter Ramsauer (CSU) trägt eine große Verantwortung für das Debakel“, sagte Kretschmann dem Schweizerischen „Tages-Anzeiger“. Allerdings hätten die Verhandlungsführer auf beiden Seiten „ihren Job nicht wirklich gut gemacht“. Kretschmann nannte es einen Fehler, dass die Eidgenossenschaft nur mit der Bundesrepublik Deutschland verhandelt habe, aber nicht mit dem betroffenen Bundesland Baden-Württemberg. „Ich bin sicher: Hätten wir direkt mit den Kantonen auf der anderen Seite der Grenze verhandelt, hätten wir es hingekriegt“, sagte er. Wichtige Dinge habe er als Ministerpräsident des stark betroffenen Bundeslands Baden-Württemberg aus der Zeitung erfahren. Den Vertrag hatten Ramsauer und seine schweizerische Kollegin Doris Leuthard am 4. September paraphiert. Das ausgehandelte Werk wird in Baden-Württemberg von allen Parteien abgelehnt. Sie kritisieren, dass der Vertrag eine Interpretation zulässt, wonach keine Verkehrsentlastung garantiert werden muss, sondern im Gegenteil sogar eine Mehrbelastung zulässig ist. Ramsauer sagte daraufhin zu, die noch ausstehende Ratifizierung für Nachverhandlungen nutzen zu wollen. Vertrag ist „ungenügend“ Kretschmann betonte, er habe den Vertrag zuerst begrüßt, gleichzeitig habe er aber immer gesagt, das Kleingedruckte dürfe dem Grossgedruckten nicht widersprechen. Flugrouten und Flughöhen seien wichtige konkrete Fragen, die geklärt werden müssen. „Da ist der Vertrag ungenügend. Er regelt diese Dinge nicht genau. Und wenn zwei Seiten einen Vertrag so unterschiedlich auslegen wie Deutschland und die Schweiz, spricht es nicht für dessen Qualität“, sagte er. FDP-Landesvorsitzende Birgit Homburger kritisierte Kretschmann dafür, dass er die Verantwortung für das Scheitern des Vertrags von sich weise. Der Ministerpräsident solle öffentlich zugeben, dass die grün-rote Landesregierung bei den Verhandlungen beteiligt gewesen sei und daher eine Mitverantwortung für das Debakel trage. „Die Verhandlungsdelegation bestand aus Bund, Land Baden-Württemberg und Vertretern der Landkreise“, erklärte sie am Samstag. Dass Kretschmann wichtige Dinge erst aus der Zeitung erfahren haben wolle, werfe die Frage auf, warum die regierungsinternen Informationskanäle nicht funktionierten. dapd (Politik/Politik)
Altkanzler Schröder will weiter für Nord Stream arbeiten
Berlin (dapd). Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) will trotz der Fertigstellung der Ostseepipeline weiter für die Nord Stream AG arbeiten. In einem Interview mit „Bild am Sonntag“ sagte Schröder laut Vorabbericht zur Dauer seines Engagements für das Unternehmen, bei dem der russische Energieriese Gazprom die Aktienmehrheit hält: „So lange, wie das notwendig ist. Wir denken darüber nach, eine Leitung drei und vier zu bauen.“ Schröder wehrte sich gegen Kritik, mit seinem Engagement deutschen Interessen geschadet zu haben. „Ich habe ganz im Gegenteil deutschen Interessen sehr gedient. Denn eine sichere Energieversorgung ist im allerhöchsten Interesse dieses Landes, gerade wenn man eine Energiewende will“, sagte er. „Gas ist nun einmal die einzige saubere fossile Energiequelle.“ Der Altkanzler verteidigte den Import von russischem Erdgas nach Deutschland und verwies auf mangelnde Alternativen. „Deutschland ist auf Gaslieferungen angewiesen, wenn wir die Energiewende schaffen und die Klimapolitik nicht abschaffen wollen“, sagte er. „Gas bekommen wir nur von solchen Ländern, die über entsprechende Vorkommen verfügen. In erster Linie ist das Russland. Wem das nicht gefällt, kann sich an den Iran wenden.“ Die Abhängigkeit sei zudem gegenseitig. Rund 50 Prozent der russischen Steuereinnahmen stammten aus Rohstoffexporten wie Erdgas. Darauf könne das Land nicht verzichten. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Florian Pronold sieht wachsende Chancen für Machtwechsel in Bayern
München (dapd-bay). Bayerns SPD-Chef Florian Pronold sieht zum Beginn des Wahljahres 2013 steigende Chancen für einen Machtwechsel im Freistaat. Zwar müsse die SPD noch deutlich stärker werden, sagte Pronold in einem Interview der Nachrichtenagentur dapd. Dies könne aber durchaus gelingen. Er rechne sowohl im Freistaat als auch im Bund mit einem spannenden Kopf-an-Kopf-Rennen. Pronold fügte hinzu: „Wir kriegen bereits Zuspruch aus der gesamten Bevölkerung – weit über die SPD hinaus. Das macht richtig Spaß.“ Pronold mahnte zugleich: „Wir werden das Spiel nur gewinnen, wenn wir nicht aufs eigene Tor schießen, sondern den Ball in Richtung gegnerischen Strafraum treiben.“ Mit den Grünen und den Freien Wählern sieht der bayerische SPD-Chef eine inhaltliche Übereinstimmung von mehr als 80 Prozent. Deshalb könne ein solches Dreierbündnis gut funktionieren, wenn es die notwendige Mehrheit bekomme. Pronold äußerte sich allerdings kritisch zu „rechtspopulistischen Tendenzen“ des Freie-Wähler-Vorsitzenden Hubert Aiwanger in der Europa-Politik. Der SPD-Landeschef mahnte: „Hubert Aiwanger muss aufpassen, dass er das Spektrum der demokratischen Parteien nicht verlässt. Sonst gerät er in Gefahr, als Koalitionspartner nicht mehr infrage zu kommen.“ Pronold verwies darauf, dass die SPD klare Positionen in der Europa-Politik vertrete. „Und noch klarer sind wir in der Positionierung, was rechtsradikale Parteien angeht“, sagte er. „Ich sehe die Freien Wähler zwar nicht auf den Weg dahin. Aber es muss auch die Freien Wähler nachdenklich machen, wenn bei ihren schlecht besuchten Demonstrationen in München ein signifikanter Anteil der dort Demonstrierenden der NPD angehört.“ Pronold hält „Übergangsregierung der Fairness“ für möglich Bei einem Auseinanderbrechen der schwarz-gelben Koalition in München hält Pronold die Bildung einer „Übergangsregierung der Fairness“ für möglich. Die FDP werde sich in diesem Fall einer Zusammenarbeit mit der jetzigen Opposition wohl nicht verweigern. Er fügte hinzu: „Wenn man von der CSU dauernd Fußtritte bekommt, dann nimmt die Freundlichkeit gegenüber dem großen Koalitionspartner ab.“ Pronold verwies darauf, dass aus der CSU wegen des Streits mit der FDP über die Studiengebühren bereits die Drohung mit einem Koalitionsbruch kam. Er traue dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer zu, in der Hoffnung auf eine absolute Mehrheit die für den September geplante Landtagswahl vorziehen zu wollen. Dann brauche Seehofer auch nicht mehr „panische Angst“ vor einer zu großen zeitlichen Nähe der Bundestagswahl zu haben. dapd (Politik/Politik)
Wissing gegen NPD-Verbotsverfahren
Mainz (dapd). Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Volker Wissing, lehnt das von den Bundesländern angestrebte NPD-Verbotsverfahren ab. Er gehe nicht davon aus, dass sich die Bundesregierung und der Bundestag dem Antrag anschließen, sagte Wissing der Nachrichtenagentur dapd in Mainz. „Ein solches Verfahren anzustoßen, das einen ungewissen Ausgang hat, ist nicht verantwortbar“, fügte er hinzu. Rechtsextreme Parteien müssten politisch bekämpft werden. Wissing sagte, „dass manche dieses NPD-Verbotsverfahren vor sich hertragen, um von den Versäumnissen in den Ländern abzulenken, die es bei rechtsextremistischen Straftaten gab“. dapd (Politik/Politik)
Europapolitiker Friedrich unterstützt Sparprogramm für die EU
Gunzenhausen (dapd). Der frühere Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Ingo Friedrich (CSU), unterstützt die Forderung der Berliner CSU-Landesgruppe nach einem Sparprogramm für die EU. Zwar ließen sich vermutlich nicht alle Forderungen direkt umsetzen, sagte Friedrich in einem dapd-Interview am Donnerstag in Gunzenhausen. „Aber ohne konkrete Zielsetzung erreicht man eben gar nichts.“ Um die Zahl der EU-Kommissare deutlich zu reduzieren, schlug der Schatzmeister der Europäischen Volkspartei (EVP) vor, die Zahl der Ressorts zu halbieren. Dies bringe „eine deutliche Verschlankung und Effizienzsteigerung“. Nötig dafür sei aber ein einstimmiger Beschluss aller EU-Länder, die aktuell je einen Kommissar ernennen dürfen. Um die Zahl der Posten beizubehalten, könnten die Länder künftig die Ressortleiter und deren Stellvertreter stellen, schlug Friedrich vor. Einsparungen bei den Beamtengehältern scheitern nach Einschätzung des CSU-Politikers dagegen an den Gewerkschaften. Diese pochten auf „althergebrachten Rechtspositionen“ und wollten sich nicht der „Realität der Wirtschaftsentwicklung“ anpassen. Noch wichtiger findet Friedrich allerdings die Forderung der CSU, dass Deutsch dem Englischen und Französischen als Verfahrenssprache gleichgestellt wird. Und „in der Priorität ganz oben steht für mich die Direktwahl der Abgeordneten“. Nur dadurch lasse sich das „ewige Manko“ abschaffen, dass die Wähler ihre Europaabgeordneten nicht kennen. Friedrich war 30 Jahre lang im Europaparlament. dapd (Politik/Politik)