Berlin (dapd). Nach der harschen Kritik an seinen Personalentscheidungen geht Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) in die Offensive. Friedrich rechtfertigte den Rauswurf von Bundespolizeichef Matthias Seeger und lobte dessen designierten Nachfolger Dieter Romann. Am Mittwoch will der Minister die Bundespolizei in Potsdam besuchen. Wie die Nachrichtenagentur dapd am Dienstag aus Behördenkreisen erfuhr, will Friedrich Romann bei einer Mitarbeiterversammlung vorstellen, ihm die Ernennungsurkunde überreichen und eine Rede halten. In Potsdam befindet sich der Hauptsitz der mit rund 40.000 Beamten größten deutschen Polizeibehörde. Friedrich hatte am Montag den bisherigen Präsidenten Seeger von seinen Aufgaben entbunden. Auch dessen Stellvertreter müssen ihre Posten räumen. Friedrich verteidigte sein Vorgehen. Er habe mit Seeger keine „Zusammenarbeitsgrundlage“ mehr gehabt, sagte der Minister dem „Hamburger Abendblatt“ (Mittwochausgabe). Die Bundespolizei sei eine wichtige Säule in der Sicherheitsarchitektur des Landes, „wichtig auch für das Sicherheitsgefühl unserer Bürger“. Die Behörde müsse optimal arbeiten können, „von der Basis bis hin zur Spitze“. Romann werde mit „sehr viel Leidenschaft und sehr viel Kompetenz in Sachen Bundespolizei und mit dem entsprechenden Fingerspitzengefühl“ dazu beitragen, dass die Bundespolizei homogen aufgestellt sei und den Herausforderungen der Zukunft gerecht werden könne. Die „Neue Presse“ (Mittwochausgabe) berichtete unter Berufung auf Regierungskreise, letztlich hätten Verfehlungen von Bundespolizisten im Afghanistan-Einsatz, die Seeger nicht stark genug geahndet habe, bei Friedrich das Fass zum Überlaufen gebracht. Vier Beamte hatten sich demnach im Frühjahr 2009 in Kabul mit einer Totenkopf-Flagge und einer Kalaschnikow fotografieren lassen. Ein Foto von dem Aufzug druckte der „Spiegel“ vor wenigen Wochen. In Misskredit soll Seeger dem Bericht zufolge zudem geraten sein, weil er vergangenes Jahr öffentlich klagte, der Bundespolizei gehe wegen Sparzwängen das Benzin aus. Der Innenminister wird am Mittwoch auch den neuen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, in Berlin ernennen. Maaßen folgt auf Heinz Fromm, der als Konsequenz aus der Akten-Schredder-Affäre beim Verfassungsschutz seinen vorzeitigen Rückzug bekannt gegeben hatte. Sowohl Maaßen als auch Romann waren bisher Spitzenbeamte des Bundesinnenministeriums. Der geschasste Bundespolizei-Präsident Seeger griff den Minister derweil frontal an. „Mein Eindruck ist, dass Friedrich rechtzeitig vor der Bundestagswahl 2013 alle Führungsposten bei den deutschen Sicherheitsbehörden mit Leuten aus dem eigenen Ministerium neu besetzen will. Sie sollen als verlängerter Arm des BMI dienen und nicht zu viel Kritik üben“, sagte Seeger der „Bild“-Zeitung. Auf die Frage, welchen Grund sein Rauswurf gehabt haben könnte, antwortete er: „Ich war vielleicht zu kritisch in manchen Fragen und habe nicht zu allem ,Ja und Amen‘ gesagt.“ Die Personalien waren bereits am Wochenende bekannt geworden, noch ehe der Minister überhaupt mit den betroffenen Beamten gesprochen hatte. Friedrich sagte dazu, die Betroffenen seien am Freitag gebeten worden, am Montag in das Ministerium zu kommen. Dort sollte Seeger die Entscheidung eröffnet werden. „Leider ist es so, dass es vorher an die Medien durchgesickert ist, was ärgerlich ist“, sagte der Minister. Der Vorgang wird weiterhin von Opposition und Polizeigewerkschaften scharf kritisiert. Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, forderte unterdessen die Bundeskanzlerin auf, „diesem unwürdigen Verhalten bestimmter politischer Kreise Einhalt zu gebieten“. Die Personalwechsel dürften auch ein Nachspiel im Bundestag haben. „Ja, die Absetzung von Präsident Seeger und seinen Stellvertretern wird Thema auf der nächsten Innenausschusssitzung sein“, sagte der Obmann der Grünen in dem Gremium, Wolfgang Wieland, der Nachrichtenagentur dapd. Friedrich müsse in der Sitzung „seine Umbauvorstellungen darlegen und erklären, wie er die strukturellen Probleme der Bundespolizei in den Griff kriegen will“. Der Bundestag kommt regulär Mitte September wieder zusammen. Im Parlament wird auch über eine Sondersitzung diskutiert. Die SPD verlangte vom Innenminister klare Aussagen zur Zukunft der Sicherheitsarchitektur des Bundes. „Der Innenminister hat seine Aufgaben nicht im Griff, die völlig unverständliche Entlassung der Polizeispitze ist symptomatisch“, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe. Der Minister müsse nun „ein umfassendes Konzept ausarbeiten, wie die Sicherheitsarchitektur Deutschlands langfristig aussehen soll“. Ganze Bereiche der inneren Sicherheit wie die Cyber-Sicherheit oder der Katastrophenschutz etwa bei Terrorangriffen würden derzeit völlig vernachlässigt. dapd (Politik/Politik)
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Gerichtsgebäude des RAF-Prozesses in Stammheim soll Neubau weichen
Stuttgart (dapd). Baden-Württemberg will das historische Gebäude des Prozesses gegen die erste Generation der Rote Armee Fraktion (RAF) in Stuttgart-Stammheim abreißen. Landesjustizminister Rainer Stickelberger (SPD) sprach sich am Dienstag bei einem Besuch von Generalbundesanwalt Harald Range in Stuttgart dafür aus, das marode Gebäude durch einen Neubau zu ersetzen. Die Finanzierung steht aber noch nicht fest. In dem Gerichtsgebäude wurde unter anderen die erste Generation der RAF-Terroristen abgeurteilt. Im benachbarten Hochsicherheitstrakt saßen zahlreiche RAF-Terroristen ein. Dort nahmen sich 1976 Ulrike Meinhof und ein Jahr später während des sogenannten Deutschen Herbst Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe das Leben. Der siebenstöckige Trakt soll ebenfalls abgerissen werden. Stickelberger sagte zum geplanten Abriss des Gerichtsgebäudes und dem Neubau, der Standort aus den 1970er Jahren genüge nicht mehr den Anforderungen an Sicherheit, Technik und Arbeitsschutz. Die Kosten für einen Neubau mit zwei Gerichtssälen bezifferte er auf 25 Millionen Euro. Angesichts der Haushaltslage des Landes sei dies ein „Kraftakt“. Der SPD-Politiker kündigte Gespräche dazu mit dem Finanzministerium an. Er sprach sich zugleich für eine Beteiligung des Bundes aus, in dessen Zuständigkeit die Staatsschutzverfahren in Stammheim fallen. Der Präsident des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart, Eberhard Stilz, sagte, die Substanz des Gebäudes sei so verrottet, dass sich eine Sanierung nicht mehr lohne. Das Mehrzweckgebäude war Mitte der 1970er Jahre für den RAF-Prozess gegen Baader, Meinhof, Ensslin und Raspe eigens errichtet worden. Der Prozess dauerte von 1975 bis 1977 und schrieb bundesrepublikanische Rechtsgeschichte. Seitdem wurden nach OLG-Angaben über 100 Prozesse dort geführt. Range sagte nach einem Rundgang, „den Eindruck, dass ein Neubau überfällig ist, kann man nur teilen“. Die Arbeitsbedingungen für Richter, Staats- und Rechtsanwälte sowie Justizbedienstete hätten den Stand von vor 40 Jahren. Für eine effektive Strafverfolgung sei ein sicheres Gebäude mit moderner Technologie notwendig. Der Generalbundesanwalt zeigte sich zugleich beeindruckt von der Geschichte, „die mir hier entgegenschlägt“. Er hoffe, dass nicht vergessen werde, wie wichtig Stammheim mit dem RAF-Prozess für die Geschichte der Bundesrepublik sei. Dies müsse dokumentiert werden, eventuell in einer Ecke des Gedenkens, regte Range an. Dort könnte Jugendlichen beispielsweise veranschaulicht werden, was passiere, wenn Gewalt wahllos eingesetzt werde wie damals von der RAF. Range versicherte zugleich, dass die Bundesanwaltschaft den Standort in Stuttgart weiter brauche. Dort würden auch in Zukunft große wichtige Verfahren für die Bundesrepublik geführt. Dass den Mitgliedern des rechtsterroristischen NSU in Stuttgart der Prozess gemacht wird, hält der Generalbundesanwalt aber für eher unwahrscheinlich. Hier lägen die Schwerpunkte aus Gründen der Strafprozessordnung eher in Düsseldorf oder Bayern. dapd (Politik/Politik)
Friedrich rechtfertigt Entlassung von Bundespolizeichef Seeger
Berlin (dapd). Nach der harschen Kritik an seinen Personalentscheidungen geht Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) in die Offensive. Friedrich rechtfertigte den Rauswurf von Bundespolizeichef Matthias Seeger und lobte dessen designierten Nachfolger Dieter Romann. Am Mittwoch will der Minister die Bundespolizei in Potsdam besuchen. Wie die Nachrichtenagentur dapd am Dienstag in Behördenkreisen erfuhr, will Friedrich Romann bei einer Mitarbeiterversammlung vorstellen, ihm die Ernennungsurkunde überreichen und eine Rede halten. In Potsdam befindet sich der Hauptsitz der mit rund 40.000 Beamten größten deutschen Polizeibehörde. Friedrich hatte am Montag den bisherigen Präsidenten Seeger von seinen Aufgaben entbunden. Auch dessen Stellvertreter müssen ihre Posten räumen. Friedrich verteidigte sein Vorgehen. Er habe mit Seeger keine „Zusammenarbeitsgrundlage“ mehr gehabt, sagte der Minister dem „Hamburger Abendblatt“ (Mittwochausgabe). Die Bundespolizei sei eine wichtige Säule in der Sicherheitsarchitektur des Landes, „wichtig auch für das Sicherheitsgefühl unserer Bürger“. Die Behörde müsse optimal arbeiten können, „von der Basis bis hin zu Spitze“. Romann werde mit „sehr viel Leidenschaft und sehr viel Kompetenz in Sachen Bundespolizei und mit dem entsprechenden Fingerspitzengefühl“ dazu beitragen, dass die Bundespolizei homogen aufgestellt sei und den Herausforderungen der Zukunft gerecht werden könne. Der Innenminister wird am Mittwoch auch den neuen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, in Berlin ernennen. Maaßen folgt auf Heinz Fromm, der als Konsequenz aus der Akten-Schredder-Affäre beim Verfassungsschutz seinen vorzeitigen Rückzug bekannt gegeben hatte. Sowohl Maaßen als auch Romann waren bisher Spitzenbeamte des Bundesinnenministeriums. Der geschasste Bundespolizei-Präsident Seeger griff den Minister derweil frontal an. „Mein Eindruck ist, dass Friedrich rechtzeitig vor der Bundestagswahl 2013 alle Führungsposten bei den deutschen Sicherheitsbehörden mit Leuten aus dem eigenen Ministerium neu besetzen will. Sie sollen als verlängerter Arm des BMI dienen und nicht zu viel Kritik üben“, sagte Seeger der „Bild“-Zeitung. Auf die Frage, welchen Grund sein Rauswurf gehabt haben könnte, antwortete er: „Ich war vielleicht zu kritisch in manchen Fragen und habe nicht zu allem ,Ja und Amen‘ gesagt.“ Die Personalien waren bereits am Wochenende bekannt geworden, noch ehe der Minister überhaupt mit den betroffenen Beamten gesprochen hatte. Friedrich sagte dazu, die Betroffenen seien am Freitag gebeten worden, am Montag in das Ministerium zu kommen. Dort sollte Seeger die Entscheidung eröffnet werden. „Leider ist es so, dass es vorher an die Medien durchgesickert ist, was ärgerlich ist“, sagte der Minister. Der Vorgang wird weiterhin von Opposition und Polizeigewerkschaften scharf kritisiert. Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, forderte unterdessen die Bundeskanzlerin auf, „diesem unwürdigen Verhalten bestimmter politischer Kreise Einhalt zu gebieten“. Der Vorsitzende des BDK Verbands Bundespolizei, Thomas Mischke, kritisierte: „Den Leiter einer Behörde mit 40.000 Beschäftigten auf eine derartige Weise zunächst öffentlich zu demontieren, durch Kommunikationsverweigerung zu erniedrigen und dann zu feuern, ist unentschuldbar.“ Die Personalwechsel dürften auch ein Nachspiel im Bundestag haben. „Ja, die Absetzung von Präsident Seeger und seinen Stellvertretern wird Thema auf der nächsten Innenausschusssitzung sein“, sagte der Obmann der Grünen in dem Gremium, Wolfgang Wieland, der Nachrichtenagentur dapd. Friedrich müsse in der Sitzung „seine Umbauvorstellungen darlegen und erklären wie er die strukturellen Probleme der Bundespolizei in den Griff kriegen will“. Der Bundestag kommt regulär Mitte September wieder zusammen. Im Parlament wird auch über eine Sondersitzung diskutiert. Die SPD verlangte vom Innenminister klare Aussagen zur Zukunft der Sicherheitsarchitektur des Bundes. „Der Innenminister hat seine Aufgaben nicht im Griff, die völlig unverständliche Entlassung der Polizeispitze ist symptomatisch“, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe. Der Minister müsse nun „ein umfassendes Konzept ausarbeiten, wie die Sicherheitsarchitektur Deutschlands langfristig aussehen soll“. Ganze Bereiche der inneren Sicherheit wie die Cyber-Sicherheit oder der Katastrophenschutz etwa bei Terrorangriffen würden derzeit völlig vernachlässigt. dapd (Politik/Politik)
Audi strebt neuen Rekord an
Ingolstadt (dapd). Audi ist auf Rekordkurs und gibt sich noch optimistischer als zuletzt. Die VW-Tochter will im Gesamtjahr erstmals mehr als 1,4 Millionen Fahrzeuge der Marke Audi ausliefern, wie der Vorstandsvorsitzende Rupert Stadler in dem am Dienstag veröffentlichten Halbjahresbericht ankündigte. Bisher wollte der Autohersteller die Marke von 1,4 Millionen nur erreichen, aber nicht übertreffen. Im vergangenen Jahr hatte Audi 1,3 Millionen Fahrzeuge mit den vier Ringen verkauft. Im ersten Halbjahr 2012 stieg der Absatz der Marke Audi gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 12,3 Prozent auf 733.237 Fahrzeuge. Das operative Ergebnis erhöhte der Premiumhersteller aus Ingolstadt um 13 Prozent auf 2,88 Milliarden Euro. Der Gewinn nach Steuern legte um mehr als ein Drittel auf 2,27 Milliarden Euro zu. Der Umsatz erhöhte sich um 16 Prozent auf 25,02 Milliarden Euro. Besonders gut verkauften sich in den ersten sechs Monaten der A6, den Audi mehr als 140.000 Mal auslieferte, sowie die SUV-Modelle Q3 (42.051 Einheiten) und Q5 (100.179). Wachstumstreiber in der zweiten Jahreshälfte soll auch der neue A3 werden, der ab Ende August verkauft wird. Von der Marke Lamborghini verkaufte Audi im ersten Halbjahr 1.109 Fahrzeuge. Dies ist ein Plus von 64,5 Prozent. Die im April gekaufte italienische Motorradmarke Ducati wird erst in der zweiten Jahreshälfte der VW-Tochter zugerechnet. Audi konnte in allen Regionen bis auf den Markt Westeuropa, zu dem auch die Schuldenstaaten in Süden des Kontinents zählen, zulegen. Die aktuelle Wirtschaftslage bezeichnete Stadler als „kurvenreich“. Die „anhaltende Unsicherheit an den Finanzmärkten“ münde in eine Zurückhaltung vieler Verbraucher bei größeren Kaufentscheidungen. Der Audi-Chef rechnet dennoch 2012 mit einem weltweit wachsenden Automobilmarkt. In China, wo Audi teilweise Wachstumsraten von mehr als 40 Prozent verzeichnete, werde sich die Konjunktur etwas abkühlen, sagte Stadler. Sein Unternehmen werde das „zu meistern wissen“. Falls sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht weiter eintrüben, rechnet Finanzvorstand Axel Strotbek trotz höherer Aufwendungen in neue Produkte und Technologien mit einem operativen Ergebnis auf dem Niveau des Vorjahres. 2011 lag der operative Gewinn nach Steuern bei 3,7 Milliarden Euro. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Mindestlohndebatte erzürnt Wirtschaftsflügel der Union
Griesheim/Berlin (dapd). Die neu aufgeflammte Mindestlohndebatte stößt dem Wirtschaftsflügel der Union übel auf. Der Vorsitzende der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung (MIT), Josef Schlarmann (CDU), kritisierte am Dienstag die eigene Partei in scharfer Form. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) lobte hingegen den Vorstoß der thüringischen Landesregierung zur Einführung eines bundesweiten Mindestlohns. Thüringen will im Herbst einen Gesetzentwurf für die Einführung eines Mindestlohns in den Bundesrat einbringen. Vorgesehen ist eine Kommission aus jeweils sieben Vertretern der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite, die jährlich die Höhe des Mindestlohnes festlegen soll. Ähnliches sieht ein Vorschlag der Unionsfraktion vom April vor, den auch Ministerin von der Leyen unterstützt. Abweichend vom Unionsmodell plädiert Thüringen allerdings für einen Vorschlag, der für alle Branchen und Regionen gleichermaßen gilt. Von der Leyen begrüßte die Bundesratsinitiative. „Ich sehe mit Interesse, dass weite Teile des thüringischen Konzeptes quasi identisch sind mit dem Konzept der Union“, sagte die stellvertretende CDU-Vorsitzende in Berlin. Es gebe aber einige Komponenten, die anders gestaltet seien. „Im Grundsatz halte ich es für richtig, dass wir in Deutschland eine Lohnuntergrenze einführen“, betonte von der Leyen. Im vergangenen Herbst hatte sich der Leipziger CDU-Parteitag mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, eine allgemeine verbindliche Lohnuntergrenze in den Bereichen einzuführen, in denen ein tarifvertraglich festgelegter Lohn nicht existiert. MIT-Chef Schlarmann warf der Union Konturlosigkeit vor. Die Union sei „kaum noch fähig, Standpunkte zu vertreten“, sagte Schlarmann dem „Handelsblatt“ (Mittwochausgabe) mit Blick auf SPD-Forderungen nach einem Mindestlohn und einem höheren Spitzensteuersatz. „Wenn die SPD ein Thema setzt, bauen wir keine eigene Position mehr auf – wir laufen nur noch hinterher und passen uns an“, beklagte der CDU-Politiker. Der SPD sei es „jetzt schon auf zwei zentralen politischen Feldern gelungen, unsere Front auseinanderzubrechen“. Die Partei verliere ihr Gesicht, warnte er. Es sei „die Verantwortung aller, dafür zu sorgen, dass wir nicht immer mehr zu einer unentschlossenen, ziellosen und lethargischen Partei werden“, sagte Schlarmann und betonte: „Das ist ein Warnruf.“ Thüringens Ministerpräsidentin Lieberknecht verteidigte ihren Vorstoß. Sie bezeichnete es als „ethisch-moralische Verantwortung“, dass Menschen auch von ihrem Lohn leben können. „Wenn man den Mindestlohn nach Himmelsrichtungen festlegen würde, hätte man sofort wieder eine Ost-West-Debatte. Und ich finde das nach mehr als 20 Jahren deutscher Einheit nicht akzeptabel“, sagte Lieberknecht der Nachrichtenagentur dapd im thüringischen Griesheim. Zugleich wies die CDU-Politikerin die Kritik zurück, Mindestlöhne könnten Arbeitsplätze kosten. Es gebe „keine volkswirtschaftliche Begründung dafür“. Lieberknecht plädierte dafür, Schritt für Schritt vorzugehen. Erst müsse der Bundesrat über die thüringische Initiative befinden, dann müsse man auf Bundesregierung und Bundestag zugehen. dapd (Politik/Politik)
Friedrich tritt vor Mitarbeiter der Bundespolizei
Berlin (dapd-lbg). Nach der harschen Kritik an seinen Personalentscheidungen besucht Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) am Mittwoch die Bundespolizei in Potsdam. Wie die Nachrichtenagentur dapd am Dienstag in Behördenkreisen erfuhr, will Friedrich den neuen Präsidenten der Behörde, Dieter Romann, im Rahmen einer Mitarbeiterversammlung vorstellen und ihm die Ernennungsurkunde überreichen. Der Minister werde auch eine Rede halten, hieß es. Die Grünen wollen Friedrich nun im Bundestag anhören. In Potsdam befindet sich der Hauptsitz der mit rund 40.000 Beamten größten deutschen Polizeibehörde. Friedrich hatte am Montag den bisherigen Präsidenten Matthias Seeger von seinen Aufgaben entbunden. Auch dessen Stellvertreter müssen ihre Posten räumen. Der Fall dürfte ein Nachspiel im Bundestag haben. „Ja, die Absetzung von Präsident Seeger und seinen Stellvertretern wird Thema auf der nächsten Innenausschusssitzung sein“, sagte der Obmann der Grünen in dem Gremium, Wolfgang Wieland, am Dienstag der Nachrichtenagentur dapd. Friedrich müsse in der Sitzung „seine Umbauvorstellungen darlegen und erklären wie er die strukturellen Probleme der Bundespolizei in den Griff kriegen will“. Der Bundestag kommt regulär Mitte September wieder zusammen. Im Parlament wird auch über eine Sondersitzung diskutiert. Der Innenminister wird am Mittwoch auch den neuen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, in Berlin ernennen. Maaßen folgt auf Heinz Fromm, der als Konsequenz aus der Akten-Schredder-Affäre beim Verfassungsschutz seinen vorzeitigen Rückzug bekannt gegeben hatte. Sowohl Maaßen als auch Romann waren bisher Spitzenbeamte des Bundesinnenministeriums. Der geschasste Bundespolizei-Präsident Seeger griff den Minister derweil frontal an. „Mein Eindruck ist, dass Friedrich rechtzeitig vor der Bundestagswahl 2013 alle Führungsposten bei den deutschen Sicherheitsbehörden mit Leuten aus dem eigenen Ministerium neu besetzen will. Sie sollen als verlängerter Arm des BMI dienen und nicht zu viel Kritik üben“, sagte Seeger der „Bild“-Zeitung. Auf die Frage, welchen Grund sein Rauswurf gehabt haben könnte, antwortete er: „Ich war vielleicht zu kritisch in manchen Fragen und habe nicht zu allem ,Ja und Amen‘ gesagt.“ Die Personalien waren bereits am Wochenende bekannt geworden, noch ehe der Minister überhaupt mit den betroffenen Beamten gesprochen hatte. Dies wird weiterhin von Opposition und Polizeigewerkschaften scharf kritisiert. Aber auch in Führungskreisen der Union bemängelt man das Vorgehen hinter vorgehaltener Hand. Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, forderte unterdessen die Bundeskanzlerin auf, „diesem unwürdigen Verhalten bestimmter politischer Kreise Einhalt zu gebieten“. Der Vorsitzende des BDK Verbands Bundespolizei, Thomas Mischke, kritisierte: „Den Leiter einer Behörde mit 40.000 Beschäftigten auf eine derartige Weise zunächst öffentlich zu demontieren, durch Kommunikationsverweigerung zu erniedrigen und dann zu feuern, ist unentschuldbar.“ Die SPD verlangte vom Innenminister klare Aussagen zur Zukunft der Sicherheitsarchitektur des Bundes. „Der Innenminister hat seine Aufgaben nicht im Griff, die völlig unverständliche Entlassung der Polizeispitze ist symptomatisch“, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe. Der Minister müsse nun „ein umfassendes Konzept ausarbeiten, wie die Sicherheitsarchitektur Deutschlands langfristig aussehen soll“. Ganze Bereiche der inneren Sicherheit wie die Cyber-Sicherheit oder der Katastrophenschutz etwa bei Terrorangriffen würden derzeit völlig vernachlässigt. dapd (Politik/Politik)
TUI-Aktie setzt zu Höhenflug an
Hannover (dapd). Die Aktie des Tourismusriesen TUI hebt nach der Ankündigung des Chefwechsels ab: Am Dienstag führte das Papier die Gewinnerliste des Index der mittelgroßen Werte MDAX an und notierte über drei Prozent im Plus, während der Gesamtmarkt im Minus lag. Schon am Vortag war die Aktie nach der Ankündigung kräftig gestiegen. Unterdessen lehnte der Konzern Kommentare zu Zeitungsberichten ab, wonach der Aufsichtsrat die Zentrale in Hannover mit der Übertragung zusätzlicher Aufgaben stärken wolle. TUI hatte am Montag mitgeteilt, dass der Vorstandsvorsitzende Michael Frenzel nach dann 19 Jahren an der Spitze im Februar 2013 vorzeitig zurücktritt. Nachfolger wird der Deutschlandchef des Mobilfunkkonzerns Vodafone, Friedrich Joussen. Der Jurist Frenzel hatte im Januar 1994 den Vorsitz des Vorstandes des damaligen Mischkonzerns Preussag übernommen. Unter seiner Führung wandelte sich der Konzern in wenigen Jahren zum größten Touristikunternehmen Europas. Die „Hannoversche Allgemeine“ berichtete unterdessen, die TUI-Konzernzentrale in Hannover solle gestärkt werden. Zurzeit werden dort nur Beteiligungen verwaltet, während das tatsächliche Touristikgeschäft in London gemanagt wird. Der Aufsichtsrat setze sich für ein starkes Tourismusgeschäft in Hannover unter Führung der AG ein, schreibt die Zeitung. Ein Konzernsprecher lehnte jeden Kommentar dazu ab. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Europäischer Betriebsrat verklagt HP
Böblingen (dapd). Die Massenentlassungen beim US-Computerkonzern Hewlett-Packard führen in Europa zu einem Rechtsstreit. Der europäische Betriebsrat fühlt sich unzureichend informiert und will Klage einreichen. „Nach unseren Informationen hat es seit der Ankündigung des Stellenabbaus drei Sitzungen des Betriebsrats mit dem europäischen Management gegeben“, sagte dagegen ein Sprecher der deutschen Gesellschaft mit Sitz in Böblingen bei Stuttgart am Dienstag der Nachrichtenagentur dapd. „Die Informationen sind auf europäischer Ebene zur Verfügung gestellt worden“, fügte er hinzu. Die internationalen Gewerkschaftsdachverbände Uni Global Union und industriALL warfen HP in einer Mitteilung vom Montag vor, das Unternehmen habe entgegen den Ankündigungen bereits mit dem Stellenabbau in Spanien begonnen und gegenüber dem Betriebsrat nicht einmal die grundlegenden Informationspflichten erfüllt. Das Gremium habe daraufhin die bisherige Betriebsvereinbarung mit HP aufgekündigt und wolle das Unternehmen nun vor einem belgischen Gericht verklagen. Der Vorsitzende des Betriebsrates, Udo Verzagt, war am Dienstag zunächst nicht zu erreichen. HP hatte im Mai eine Umstrukturierung angekündigt und will dazu weltweit 24.000 Stellen streichen. In Europa sollen 8.000 wegfallen. Für die einzelnen Landesgesellschaften wurden bislang keine Zahlen genannt. Dem Sprecher von HP Deutschland zufolge müssten die einzelnen Geschäftsbereiche zunächst ihre Planungen vorstellen, da es bei Projekten auch zu Überschneidungen zwischen den einzelnen Bereichen oder Ländern kommen könne. Sobald der Prozess abgeschlossen sei, würden Gespräche mit dem deutschen Betriebsrat aufgenommen. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Grüne wollen Friedrich vor Innenausschuss zitieren
Berlin (dapd). Nach den umstrittenen Personalentscheidungen bei der Bundespolizei wollen die Grünen Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) vor den Innenausschuss des Bundestags zitieren. Dies bestätigte am Dienstag der Obmann der Grünen in dem Gremium, Wolfgang Wieland, der Nachrichtenagentur dapd in Berlin. „Ja, die Absetzung von Präsident Seeger und seinen Stellvertretern wird Thema auf der nächsten Innenausschusssitzung sein“, sagte Wieland. Friedrich müsse in der Sitzung „seine Umbauvorstellungen darlegen und erklären wie er die strukturellen Probleme der Bundespolizei in den Griff kriegen will“. Seeger war am Montag in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden. Der Bundestag tagt regulär erst in der Woche ab dem 10. September wieder. dapd (Politik/Politik)
Metro schreibt weiter rote Zahlen
Düsseldorf (dapd). Preissenkungen in Deutschland und das boomende Asiengeschäft sorgen beim Handelsriesen Metro trotz Finanzkrise wieder für Wachstum. Doch die Rückkehr zum Wachstum nach den Umsatzeinbußen des Vorjahres ist teuer erkauft. Denn die Preisoffensive und hohe Aufwendungen für den Konzernumbau sorgten auch im zweiten Quartal für rote Zahlen beim Düsseldorfer Handelsriesen. Konzernchef Olaf Koch zeigte sich bei der Präsentation der Quartalszahlen dennoch zufrieden. „Wir haben trotz Gegenwind Fahrt aufgenommen“, sagte er am Dienstag in Düsseldorf. Der Konzern habe seine Wettbewerbsfähigkeit gesteigert und die notwendigen Maßnahmen ergriffen, um auch in einem harten Umfeld wieder wachsen zu können. „Wir wollen uns Marktanteile holen“, kündigte Koch an. Für das Gesamtjahr rechnet der Konzern trotz des schwierigen Starts weiterhin mit einem Umsatzplus und einem Ebit vor Sonderfaktoren „auf Vorjahresniveau“. Insgesamt hat der Handelsriese nach Angaben des Vorstandsvorsitzenden in den ersten sechs Monaten rund 120 Millionen Euro investiert, um seine Preise wettbewerbsfähiger zu machen. Davon profitierten insbesondere die zuletzt schwächelnden Elektronikmarktketten Media Markt und Saturn. Durch die Preissenkungen und durch den Rückenwind der Fußball-Europameisterschaft konnte die Sparte ihren Umsatz im zweiten Quartal in Deutschland um 11,5 Prozent steigern. Außerdem profitierte sie vom Ausbau des lange Zeit vernachlässigten Online-Geschäfts. Das Ergebnis der Sparte blieb allerdings tiefrot. Die übrigen Sparten – der Metro-Großhandel, die Warenhaustochter Kaufhof und die Supermarktkette Real – schrieben im zweiten Quartal schwarze Zahlen. Insgesamt steigerte der Handelsriese seinen Umsatz im zweiten Quartal um 1,8 Prozent auf 15,8 Milliarden Euro. Überdurchschnittlich fielen die Zuwächse vor allem in den Boomregionen Asiens mit seinem Umsatzplus von 34,4 Prozent aus. Das operative Ergebnis (Ebit vor Sonderfaktoren) verbesserte sich um 2,5 Prozent auf 314 Millionen Euro. Doch musste der Konzern unter dem Strich einen Verlust von 28 Millionen Euro ausweisen. Im ersten Halbjahr summierte sich damit der Verlust auf 110 Millionen Euro. Neben den Preissenkungen belasteten vor allem Wertberichtigungen in Höhe von 172 Millionen Euro im Zusammenhang mit dem Verkauf der britischen Großhandelssparte die Bilanz. Hinzu kamen Rückstellungen für Restrukturierungen in Höhe von 68 Millionen Euro. Koch sieht allerdings noch einen weiten Weg vor dem Konzern. „Wir sind angetreten, um die Metro nachhaltig umzubauen“, betonte er. Den ersten Schritt müssten weitere folgen. Dazu werde die Metro ihre Initiativen zu Kostensenkungen konsequent fortsetzen. Der Konzern hatte bereits in den vergangenen Wochen den Abbau von mehr als 1.000 Arbeitsplätzen angekündigt. An der Börse kamen die Ankündigungen des Metro-Chefs gut an. Die Aktie des Handelskonzerns gewann zeitweise mehr als vier Prozent an Wert. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)