Gegner der Beschneidung von Jungen machen mobil
Berlin (dapd). Unmittelbar nach dem Votum des Bundestages für die Erlaubnis der rituellen Beschneidung von Jungen hagelt es Protest von Experten. Kinderschützer und Kriminalbeamte forderten am Freitag die Aussetzung einer gesetzlichen Regelung für zwei Jahre und einen Runden Tisch. Der Deutsche Richterbund hingegen begrüßte die am Donnerstag beschlossene Resolution des Bundestages. Diese fordert die Regierung zur Vorlage eines Gesetzentwurfes bis Herbst auf. Zuständig ist das Justizministerium, wie eine Sprecherin sagte. Der Bundestag hatte die Regierung am Donnerstag per Resolution mehrheitlich zur Vorlage eines Gesetzes aufgefordert, dass die rituelle Beschneidung von Jungen grundsätzlich straffrei stellt. Damit soll sichergestellt sein, „dass eine medizinisch fachgerechte Beschneidung von Jungen ohne unnötige Schmerzen grundsätzlich zulässig ist.“ Auslöser war ein Urteil des Kölner Landgericht. Es hatte vor gut zwei Monaten die Beschneidung als Körperverletzung gewertet. Das Urteil rief international insbesondere bei Juden und Muslimen heftige Kritik hervor. Die Deutsche Kinderhilfe, der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, der Verband Betroffener sexuellen Kindesmissbrauchs (Mogis), der Bund Deutscher Kriminalbeamter und andere Fachleute legten nun eine Petition vor, mit der die Abgeordneten zum Umdenken aufgefordert werden. „Der Deutsche Bundestag möge beschließen, zunächst für zwei Jahre keine gesetzlichen Schritte zur Legitimation der Beschneidung von Jungen in Deutschland zu ergreifen“, heißt es in der Petition. Ziel sei es, eine Versachlichung der Debatte um die Beschneidung zu erreichen und die Politik dazu zu bewegen, eine Abwägung der Kindesinteressen überhaupt zuzulassen. Es könne nicht Grundlage gesetzgeberischen Handelns sein, eine Beschneidung ausschließlich als religiöses Ritual und damit nur als eine Frage des religiösen Lebens in Deutschland zu betrachten. Außerdem fordern die Petenten den Bundestag zur Einsetzung eines Runden Tisches auf, der mit Religionsvertretern, muslimischen und jüdischen Befürwortern und Gegnern der Beschneidung, Psychologen, Psychoanalytiker, Kinderärzten, Kinderchirurgen, Kinderschützern und Vertretern der Jugendhilfe besetzt sein soll. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünenfraktion, Volker Beck, verteidigte die Bundestagsentscheidung. Jüdisches und muslimisches Leben müsse in Deutschland weiter legal möglich sein, sagte Beck im Deutschlandfunk. Wenn Kinder beschnitten würden, dann müsse dies medizinisch fachlich korrekt und mit möglichst wenig Schmerzen geschehen. „Das gewährleisten wir nicht mehr, wenn wir es verbieten“. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sagte, unter „Berücksichtigung der drei Grundrechte – körperliche Unversehrtheit des Kindes, elterliches Sorgerecht und Religionsfreiheit – bin ich für eine Regelung, die Beschneidung von Jungen nicht zu bestrafen.“ Ein Verbot würde die lange kulturelle und religiöse Tradition jüdischen und muslimischen Lebens missachten und ausgrenzen. Eine Sprecherin von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte, das Ministerium kläre seit der Urteilsverkündung „die damit einhergehenden rechtlichen Fragen“. Nach bisheriger Prüfung sei das Justizministerium für den Gesetzentwurf zuständig. Ziel sei es, den Entwurf bis Herbst vorzulegen. (Die Petition im Internet: http://url.dapd.de/HSauU0 ) dapd (Politik/Politik)
aldeko H. Luttermann GmbH & Co. KG
Mindestlohn-Vorschlag aus Thüringen stößt im Bund auf Skepsis
Berlin (dapd). Ein Vorstoß aus Thüringen zur Einführung eines Mindestlohns ist im Bund mit Zurückhaltung aufgenommen worden. Der sozialpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Karl Schiewerling, verwies auf den bestehenden Vorschlag seiner Fraktion und bezeichnete diesen als „nicht ergänzungsbedürftig“. „Dieses Modell bedarf derzeit keinerlei Neuauflagen oder Revisionen. Dieses Modell bedarf ausschließlich einer zügigen gesetzlichen Umsetzung“, sagte der CDU-Politiker am Freitag in Berlin. Thüringen will im Herbst einen Gesetzentwurf für die Einführung eines Mindestlohns in den Bundesrat einbringen. Vorgesehen ist eine Kommission aus jeweils sieben Vertretern der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite, die jährlich die Höhe des Mindestlohnes festlegen soll. Ähnliches sieht auch ein Vorschlag der Unionsfraktion vom April dieses Jahres vor, den auch Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) unterstützt. Abweichend vom Unions-Modell plädiert Thüringen allerdings für einen Vorschlag, der für alle Branchen und Regionen gleichermaßen gilt. Da im Bundesrat mit der Unterstützung der SPD-geführten Länder und einiger Länder mit CDU/SPD-Regierungen zu rechnen ist, ist ein positives Votum der Länderkammer durchaus denkbar. Zustimmung signalisierte am Freitag bereits das Saarland. Das Thüringer Modell könne einen wichtigen Beitrag zu mehr sozialer Gerechtigkeit und zur Verhinderung von Dumpinglöhnen leisten, sagte Wirtschaftsminister Heiko Maas (SPD) in Saarbrücken. Aber auch der Bundestag müsste dem Vorstoß zustimmen. Schiewerling setzt jedoch zunächst auf den eigenen Vorschlag. „Zum einen schützt die Lohnuntergrenze nach dem Unions-Modell wirksam vor sozialen Verwerfungen und einem unwürdigen Lohndumping. Zum anderen garantiert dieses Modell auch in der Frage eines Mindestlohns das bewährte Prinzip der Tarifautonomie“, sagte er. Zurückhaltend zu dem Thüringer Vorstoßäußerte sich auch das Bundesarbeitsministerium. „Wir nehmen den Vorschlag zur Kenntnis“, sagte eine Ministeriumssprecherin und verwies darauf, dass sich dieser am Unions-Modell orientiere. Die FDP, die einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn ablehnt, kündigte an, das Thüringer Vorhaben zu bremsen. Der Koalitionsvertrag müsse eingehalten werden, sagte Vize-Fraktionschef Heinrich Kolb der „Frankfurter Rundschau“. In der gemeinsamen Vereinbarung von Union und FDP heißt es: „Einen einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn lehnen wir ab.“ Kolb fügte hinzu: „Ohne Mehrheit im Bundestag geht es nicht.“ Der Vorsitzende des CDU-Sozialflügels, Karl-Josef Laumann, warf der FDP daraufhin Blockade vor. „Es ist traurig, dass die Berliner Koalition im Kampf gegen Dumpinglöhne keine Einigung hinbekommt, weil die FDP mauert“, sagte er der „Frankfurter Rundschau“. Der Vorstoß der Thüringer CDU/SPD-Landesregierung für einen gesetzlichen Mindestlohn in ganz Deutschland sei dagegen zu begrüßen. Schiewerling appellierte an die FDP: „Die Union setzt für die Umsetzung ihres Modells auch beim Koalitionspartner auf die klugen Kräfte, die mit beiden Beinen auf dem Boden der tarif- und wirtschaftpolitischen Realität stehen.“ dapd (Politik/Politik)
K60 – Gitterrost Systeme GmbH & Co. KG
Österreichische MTH-Gruppe übernimmt 109 Filialen von Ihr Platz
Osnabrück/Ehingen (dapd). Die österreichische MTH-Gruppe übernimmt wie angekündigt 109 Filialen der insolventen Schlecker-Tochter Ihr Platz. Ein entsprechender Vertrag sei am Freitag unterzeichnet worden, teilte Insolvenzverwalter Werner Schneider am Freitag mit. MTH will sie zu MäcGeiz-Geschäften umwandeln. Die Gruppe des österreichischen Industriellen und Politikers Josef Taus hatte den Discounter 2010 aus der Insolvenz übernommen. Allen Mitarbeitern der übernommenen Ihr-Platz-Filialen sollen Verträge angeboten werden, hieß es. Am Mittwoch war bekannt geworden, dass die Drogeriemarktkette Rossmann 104 Filialen des insolventen Konkurrenten aufkauft. Damit verbleiben noch knapp 280 Filialen, für die die Käufer-Suche nach Angaben des Insolvenzverwalters weitergeht. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
BUL LüCo + Zinggrebe GmbH & Co. KG
Behörden verzichten auf Aktenlöschungen zum Thema Rechtsextremismus
Berlin (dapd). In den Sicherheitsbehörden werden nach Angaben des Innenministeriums überhaupt keine Akten mit Bezug zum Rechtsextremismus mehr gelöscht. Dies sagte ein Ministeriumssprecher am Freitag in Berlin. So gibt es nach seinem Worten seit dem 14. November 2011 im Bundesinnenministerium einen „Vernichtungsstopp“. Mitte Dezember 2011 sei dann auch im Bundeskriminalamt (BKA) angeordnet worden, auf Löschungen zu verzichten. Beim Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) gelte diese Anordnung erst seit Anfang Juli. Der Sprecher sagte, die Anordnung sei sehr weitreichend und betreffe alle Akten zum Rechtsextremismus. Er begründete dies mit dem umfassenden Informationsbedürfnis des Untersuchungsausschusses im Bundestag zum Rechtsterrorismus. Im November vergangenen Jahres war die rechtsextremistische Terrorzelle NSU aufgeflogen, weshalb den einschlägigen Akten eine besondere Bedeutung zukommt. Der Sprecher räumte allerdings ein, dass es beim Verfassungsschutz im Dezember 2011 sowie im April und Mai 2012 noch Löschungen von Akten gegeben habe. Allerdings handele es sich lediglich um Anlagen, nicht um die eigentlichen Fallakten. Die Anlagen seien im Übrigen inzwischen teilweise wiederhergestellt worden. Somit gebe es keinen Datenverlust. Nach Darstellung des Sprechers sind die Aktenlöschungen in den Sicherheitsbehörden Routine und folgen konkreten gesetzlichen Vorgaben. Die noch im Dezember 2011 vom Verfassungsschutz gelöschten Akten basierten demzufolge auf einem Erlass von 2005. Die Akten aus sogenannten G-10-Maßnahmen (Kontrolle des Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs) würden fünf Jahre aufbewahrt und müssten dann gelöscht werden. Es gebe derzeit einen „gewaltigen Rückstand an Löschungen“. Nun gelte jedoch der Erlass, keine Akten mehr zu löschen. Bei den Anfang Dezember gelöschten Anlagen zu Akten gab es nach Angaben des Sprechers insoweit einen NSU-Bezug, als sich die Akten auf Personen bezogen, die mit den Beschuldigen zu tun hatten. Es habe aber keinen Bezug gegeben zu Straftaten der NSU. Die im November 2011 veranlassten Löschungen hätten keinen NSU-Bezug gehabt. dapd (Politik/Politik)
Deutsche Urlauber fliegen verregnetem Sommer davon
Hamburg (dapd). Der endlose deutsche Regensommer lässt die Urlauber in Scharen ans Mittelmeer fliehen: In einer Umfrage der Nachrichtenagentur dapd berichteten alle großen Reiseveranstalter von kräftig gestiegenen Buchungszahlen in den vergangenen Tagen. Alltours, TUI und Thomas Cook müssen zusätzliche Flugzeuge chartern, um den plötzlichen Touristenstrom nach Süden zu bringen. Den Unternehmen winken unerwartete Millionengewinne. „Die Leute haben die Nase voll vom schlechten Wetter“, sagte Stefan Suska vom Veranstalter Alltours. Bei seinem Arbeitgeber zogen die Buchungen wegen des Regens um mehr als zehn Prozent an. Alltours besorgte sich kurzfristig fünf zusätzliche Flugzeuge. „Hotelbetten gibt es genug, die Engstelle sind die Flugzeuge“, sagte er. Auch beim Marktführer TUI aus Hannover brummt das Geschäft wie lange nicht. „Wenn im Sommer das Wetter schlecht ist wie dieses Jahr, kann man die Uhr danach stellen, wann die Buchungen anziehen“, sagte Manager Mario Köpers. Das Unternehmen ist insbesondere bei den schickeren Angeboten wie den Luxustöchtern Robinson und Sensimar komplett ausgebucht. TUI buche laufend Kapazität nach. Der Konzern hat mit TUIfly eine eigene Fluglinie und kann deshalb besser auf die gestiegene Nachfrage reagieren. Auch der TUI-Verfolger Thomas Cook (Neckermann, Öger) legte nach: Zusatzflüge nach Tunesien und Mallorca wurden bestellt. Fast alle Veranstalter berichten außerdem, die Buchungen für Griechenland seinen enorm angestiegen – weil in dem Krisenland noch so viel frei war. Die Branche freut sich: Bei bis zu 96 Prozent ausgelasteten Flugzeugen steuert die deutsche Reiseindustrie 2012 damit auf kräftig steigende Gewinne zu. Grund: Die Reiseindustrie ist bereits mit guter Buchungslage in den Sommer gegangen. Die Regenflüchtlinge belegen nun die letzten freien Plätze, die sonst mit hohen Rabatten verschleudert worden wären. Wer kurzfristig in die Sonne will, hat also schlechte Karten: Die guten Plätze sind weg. „Wer jetzt noch fliegen will, muss beweglich sein“, sagte Christian Weßels vom Rewe-Touristik (ITS, Jahn-Reisen). Das bedeutet, der Kunde muss Abflüge von Flughäfen fern von Zuhause einkalkulieren und sollte sich nicht auf ein Wunschziel versteifen. Und die Preise bleiben hoch: „Wir haben diesen Sommer wegen der guten Nachfrage kaum Last-Minute-Angebote“, sagte TUI-Mann Köpers. Was die Kunden ärgert, freut die Aktionäre: Wenn TUI am 10. August seine nächste Zwischenbilanz vorstellt, sind positive Überraschungen nach Überzeugung des NordLB-Analysten Jan Christian Göhmann nicht ausgeschlossen. „Die unerwartete Buchungswelle auf dem deutschen Markt kann sich auch auf die Gewinne auswirken. Hier sind positive Impulse für TUI denkbar“, sagte Göhmann. Der nächste Geldsegen für die Branchen zeichnet sich schon ab: Für den Herbst laufen die Buchungen auch wie geschmiert. Denn viele Kunden, die verregnete Sommerferien hatten, wollen im Oktober doch noch einmal vor dem Winter die Sonne sehen. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
FDP will Luftverkehrssteuer auf den Prüfstand stellen
Berlin/Den Haag (dapd). Die niederländischen Flughäfen haben auch nach der offiziellen Ansicht der Regierung in Den Haag von der deutschen Ticketsteuer profitiert. Eine entsprechende Äußerung eines Haager Ministeriumssprechers nahm der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) am Freitag zum Anlass, die Forderung der Branche nach Abschaffung der Steuer zu erneuern. FDP-Verkehrsexperte Oliver Luksic verlangte, die Steuer müsse „auf den Prüfstand“. Ein Sprecher des Haager Infrastrukturministeriums wurde in niederländischen Medien aus Anlass steigender Aufkommen an den dortigen Flughäfen mit der Aussage zitiert, die Einführung der deutschen Luftverkehrssteuer „erklärt den sprunghaften Anstieg der Zahl der Flugbewegungen auf dem Flughafen Schiphol“ von Amsterdam. Dort waren nach zwei Jahren Stagnation 2011 die Zahlen wieder angestiegen. Im Nachbarland gab es 2008 und 2009 eine Ticketsteuer, in Deutschland seit 2011. Die Zahlen zeigten „klar, dass unsere Nachbarländer von der Luftverkehrssteuer profitieren, während die deutsche Luftfahrt den Schaden hat“, erklärte BDL-Präsident Klaus-Peter Siegloch. „Wir hoffen, dass dies auch endlich im Bundesfinanzministerium gesehen wird und dazu führt, dass dieser nationale Alleingang ein Ende hat.“ Luksic sagte, die Erklärung des niederländischen Infrastrukturministeriums zeige, „dass die Luftverkehrssteuer sehr wohl wettbewerbsverzerrend wirkt und die deutschen Airlines massiv zusätzlich belastet“. Dem Klima sei „es egal, ob die Flüge in Köln/Bonn oder in Schiphol starten, der deutschen Wirtschaft und den Beschäftigten aber nicht. Deswegen muss die Luftverkehrssteuer in der Koalition endlich auf den Prüfstand.“ dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)