Mehr Einbürgerungen in der Bundesrepublik

Mehr Einbürgerungen in der Bundesrepublik Wiesbaden (dapd). Immer mehr Ausländer werden Deutsche: Im Jahr 2011 erwarben knapp 106.900 Menschen die deutsche Staatsangehörigkeit, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Mittwoch mitteilte. Das waren 5.300 oder 5,2 Prozent Einbürgerungen mehr als 2010 und 10.800 (oder 11,2 Prozent) mehr als im Jahr 2009. Damit setzt sich der leicht steigende Trend der vergangenen vier Jahre fort. Zuvor war die Zahl der Einbürgerungen seit der Einführung des neuen Staatsangehörigkeitsrechts im Jahr 2000 von knapp 187.000 auf rund 95.000 im Jahr 2008 gesunken. Die Eingebürgerten waren im Schnitt 30 Jahre alt und lebten seit fast 16 Jahren in Deutschland. Die größte Gruppe der Eingebürgerten stellten 2011 Türken mit 28.100 Personen (26 Prozent). Es folgten Serben, Montenegriner und Kosovaren (rund 6.300 Einbürgerungen), Iraker (fast 4.800) und Polen (knapp 4.300). Rund 74 Prozent der Eingebürgerten (78. 700 Personen) sind die Deutsche auf Grundlage des Staatsangehörigkeitsgesetzes geworden, der für die Einbürgerung einen mindestens achtjährigen rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland sowie eine gültige Aufenthaltserlaubnis voraussetzt. An zweiter Stelle standen mit rund 10.800 Fällen die Miteinbürgerungen von in der Bundesrepublik lebenden ausländischen Ehegatten und minderjährigen Kindern. ( http://url.dapd.de/vyzIlJ ) dapd (Politik/Politik)

Wirtschaftsforscher sagen Steuerplus voraus

Wirtschaftsforscher sagen Steuerplus voraus Berlin (dapd). Die Steuereinnahmen könnten dieses und nächstes Jahr höher ausfallen als bisher vorausgesagt. Laut Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) nimmt der Staat dieses Jahr 597,5 Milliarden und im nächsten Jahr 620,8 Milliarden Euro ein, wie das „Handelsblatt“ (Mittwochausgabe) berichtet. Das wäre dieses Jahr eine Milliarde mehr als bei der letzten Steuerschätzung im Mai vorhergesagt. Für 2013 würden die neuen Zahlen sogar ein Plus von und 2,7 Milliarden Euro bedeuten. Hintergrund der Steigerung sind höhere Löhne. Diese stiegen „ordentlich“, sagte die DIW-Steuerschätzerin Kristina van Deuverden der Zeitung. Dadurch erhöhe sich auch das Steueraufkommen. Zuletzt hatten Bund und Länder erstmals seit zwei Jahren sinkende Einnahmen verzeichnet. Die Steuereinnahmen gingen im Mai 2012 im Vergleich zum Vorjahresmonat um 4,3 Prozent zurück. Als Grund gab das Bundesfinanzministerium eine Umstellung bei den Steuern auf Dividendenausschüttungen an. dapd (Politik/Politik)

Seehofer-Kritik schlägt Wellen

Berlin (dapd). Die Europapolitik wird zum Streitthema in der Koalition. Die FDP kritisierte die Drohungen des CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer angesichts Euro-Rettungspolitik der Bundesregierung. Der Präsident des Außenhandelsverbands BGA, Anton Börner, verteidigte die Regierung. Italiens Ministerpräsident Mario Monti wies Kritik an seiner Verhandlungstaktik zurück. Seehofer hatte im „Stern“ die Milliardenzusagen der Bundesregierung zur Euro-Rettung als grenzwertig kritisiert und gesagt: „Irgendwann ist ein Punkt erreicht, wo die bayerische Staatsregierung und auch die CSU nicht mehr Ja sagen können.“

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Schlapphüte in der Klemme

Berlin (dapd). Für den Verfassungsschutz geht es ans Eingemachte. Nicht nur die Linkspartei, auch Grünen-Chefin Claudia Roth und die Türkische Gemeinde dachten am Mittwoch laut über eine Abschaffung des Geheimdienstes nach. Die Union warnte vor einem solchen Schritt. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) forderte eine bessere Ausbildung von Verfassungsschutzbeamten.

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Union verbessert erneut Umfragewert

Union verbessert erneut Umfragewert Hamburg (dapd). Die Union hat in der Wählergunst weiter zugelegt. Nach dem am Mittwoch veröffentlichten Forsa-Wahltrend des Magazins „Stern“ und des Fernsehsenders RTL gewinnt sie im Vergleich zur Vorwoche zwei Punkte hinzu und klettert auf 36 Prozent. Das ist ihr bester Wert seit Anfang Mai. Die FDP sinkt um einen Punkt auf drei Prozent. Der SPD wollen unverändert 27 Prozent der Wähler ihre Stimme geben. Die Grünen und Piraten verlieren in der Umfrage je einen Punkt: Die Grünen verschlechtern sich auf zwölf Prozent, die Piraten sind mit neun Prozent erstmals seit drei Monaten wieder nur einstellig. Die Linke stagniert bei sieben Prozent. Auf die übrigen Parteien entfallen sechs Prozent der Stimmen. Für den Wahltrend wurden 2.506 repräsentativ ausgesuchte Bundesbürger vom 25. bis 29. Juni befragt. dapd (Politik/Politik)

Däubler-Gmelin fordert Volksabstimmung

Däubler-Gmelin fordert Volksabstimmung Düsseldorf (dapd). Die frühere Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin hat eine Volksabstimmung über die Abgabe von Souveränitätsrechten nach Brüssel gefordert. „Wer zentrale Kompetenzen des Bundestages nach Europa verlagern will, muss zum einen die Rechte des europäischen Parlaments stärken und zum zweiten die Menschen bei uns um ihre Zustimmung bitten“, sagte Däubler-Gmelin der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Mittwochausgabe) laut Vorabbericht. Die SPD-Politikerin vertritt den Verein „Mehr Demokratie“, der gegen den Euro-Rettungsschirm und den Fiskalpakt Verfassungsbeschwerde eingelegt hat. „Die Bürger haben das Recht, einen Bundestag zu wählen, der in den zentralen Bereichen unserer Steuergelder, des Haushaltsrechts und auch der Schulden wirklich gestalten kann und nicht nachzuvollziehen hat, was europäische Gremien vorschreiben“, begründete Däubler-Gmelin die Verfassungsklage. dapd (Politik/Politik)

Altmaier will verstärkt für das Stromsparen werben

Altmaier will verstärkt für das Stromsparen werben Berlin (dapd). Die Bundesregierung geht bei der Nutzung von erneuerbaren Energien voran. „Seit dem 1. Juli beziehen alle Bundesministerien Ökostrom“, twitterte Regierungssprecher Steffen Seibert am Dienstagabend. Seibert und Umweltminister Peter Altmaier (CDU) standen eine Stunde lang über den Kurznachrichtendienst Twitter Internetnutzern zum Thema Energiewende Rede und Antwort. Etwa 90 Antworten rund um den Ausbau von Stromtrassen, den Rückbau von Kernkraftwerken, bezahlbaren Strom und die Sicherheit der Energieversorgung twitterten Altmaier und Seibert an die Netzgemeinde, die ein Vielfaches an Fragen an die beiden gerichtet hatte. Auf die Frage, ob die Bevölkerung hier schon ausreichend informiert wurde, gab Altmaier unumwunden zu: „Sicher noch nicht, aber das Interesse wächst derzeit enorm. BMU wird weiter aufklären.“ Seibert verteidigte die vorgenommen Solarkürzungen und betonte, die Solarenergie müsse langsam in den Markt integriert und dürfe nicht dauersubventioniert werden. Der Umweltminister will die Bevölkerung verstärkt über Möglichkeiten zum Stromsparen aufklären. „Ich bin dabei, das zu organisieren. Geben Sie mir noch ein paar Wochen“, schrieb der CDU-Politiker. Ein User hatte gefragt, warum Stromsparen nicht mehr thematisiert werde, zum Beispiel in der Schule. Der Minister betonte, mit Stromsparen könne der Bürger steigende Preise ausgleichen. „Das ist nur begrenzt sexy, entlastet aber den Geldbeutel“, schrieb Altmaier. Ein anderer Nutzer twitterte daraufhin: „Warum hab ich das Gefühl, dass es sich nicht wirklich auszahlt, obwohl ich spare.“ Auch Persönliches gaben die beiden Regierungsleute zum Besten. Auf die Frage, ob er Standby-Knöpfe ausschalte, antwortete Seibert, der fast 66.000 Follower hat: „Am Fernseher und ähnlichen Geräten immer. Bin da leicht manisch.“ Und Altmaier sah sich mit der Frage konfrontiert, ob er zu Hause ein Smart-Home habe, also ein automatisiertes Energiemanagement betreibe. „Leider noch nicht. Der Kühlschrank ist eh meistens leer, seit ich Minister bin“, meinte der gewichtige CDU-Mann, der über 19.000 Follower zählt. Altmaier antwortete mehr als 50 Mal in der Twitter-Stunde, Seibert schaffte es auf über 30 Tweets. „Aber Min. Altmaier weiß die Antworten immer schneller als ich“, gestand der Regierungssprecher ein. Eine Fortsetzung kann er sich vorstellen. „Wir machen das demnächst mal wieder“, schrieb Seibert am Schluss des „Twitterviews“. Das Interview: http://url.dapd.de/P4nA2r Seibert bei Twitter: www.twitter.com/RegSprecher/ Altmaier bei Twittert: www.twitter.com/peteraltmaier dapd (Politik/Politik)

Seehofer warnt vor Zerreißprobe für Schwarz-Gelb

Seehofer warnt vor Zerreißprobe für Schwarz-Gelb Berlin (dapd). Nach dem EU-Gipfel zur Euro-Rettung setzt CSU-Chef Horst Seehofer Kanzlerin Angela Merkel unter Druck. „Irgendwann ist ein Punkt erreicht, wo die bayerische Staatsregierung und auch die CSU nicht mehr Ja sagen können“, sagte der bayerische Ministerpräsident dem „Stern“ laut Vorabbericht vom Dienstag. „Und die Koalition hat ohne die Stimmen der CSU keine Mehrheit.“ Doch mit dem Ende der Koalition will Seehofer damit nicht gedroht haben. Er sagte am Abend vor Journalisten in München, er habe das Wort Koalitionsbruch „nicht in den Mund genommen“. Dies werde er auch künftig nicht tun. Dennoch kanzelte Seehofer in dem Interview die Euro-Politik der Bundesregierung regelrecht ab. Deutschland sei mit seinen Milliardenzusagen und -garantien schon jetzt „grenzwertig unterwegs“. Seine größte Angst sei, „dass die Finanzmärkte fragen: Kann Deutschland das alles stemmen? Das ist der Punkt, den ich für den gefährlichsten überhaupt halte“. Zudem lehnte der CSU-Chef die Übertragung weitreichender Kompetenzen an einen „europäischen Monsterstaat“ ab. Dies komme für ihn nicht infrage. Seehofer kündigte schon jetzt an, die Wahlen 2013 in Bayern und im Bund zu einer Abstimmung über Europa machen zu wollen. „Diese Frage werden wir dem Volk vorlegen“, sagte Seehofer. Prompt warfen ihm die Grünen vor, die Probleme Europas für Wahlkampfzwecke zu instrumentalisieren. Bundesparteichefin Claudia Roth kritisierte, Seehofer inszeniere sich „auf eine gefährliche, populistische Art und Weise“. Merkel selbst wies am Dienstag den Eindruck zurück, zwischen ihr und Seehofer gebe es Differenzen wegen der Euro-Politik der Bundesregierung. Die Koalition insgesamt stehe hier eng zusammen, sagte Merkel am Rande des Besuchs des slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico in Berlin. Nach der Attacke von Seehofer sprang auch FDP-Generalsekretär Patrick Döring Merkel zur Seite: „In schwerer See stellt man seinen Kurs und seine Führung nicht infrage“, sagte Döring an die Adresse des CSU-Chefs gerichtet. Doch auch das bayerische Kabinett pochte auf einen harten Kurs gegenüber Euro-Schuldenstaaten. Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) erteilte allen Plänen in Europa eine Absage, die auf eine Vergemeinschaftung von Schulden hinausliefen. Er halte zudem direkte Hilfen für Banken aus dem Rettungsschirm ESM ohne eine Haftung des jeweiligen Staates nicht für möglich. Darüber sei jedoch noch nicht entschieden worden. Landesfinanzminister Markus Söder spekulierte zudem über einen Ausschluss Griechenlands aus dem Euro-Verbund. „Griechenland kann und will es wohl nicht schaffen“, sagte Söder der „Augsburger Allgemeinen“ vom Dienstag. „Aus meiner Sicht muss man ein Ausstiegsszenario für Griechenland vorbereiten.“ Der EU-Gipfel in Brüssel hatte am Freitag weitreichende Beschlüsse zur Bankenrettung und zum ESM-Rettungsschirm beschlossen. Merkel war nach den Verhandlungen zum Teil scharf kritisiert worden, weil mittelfristig nun auch marode Banken direkt an Geld aus dem ESM kommen sollen. Kritiker – auch aus den eigenen Reihen – sprachen von einer 180-Grad-Wende. Die für den Fiskalpakt und den dauerhaften europäischen Stabilitätsmechanismus notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat schien zeitweise in Gefahr. Zwar beschloss das Parlament am Ende die umstrittenen Projekte. Die Debatte über den politischen Kurs bei der Euro-Rettung schwelt seitdem aber weiter. dapd (Politik/Politik)

Geheimdienst unter der Lupe

Geheimdienst unter der Lupe Berlin (dapd). Der Verfassungsschutz muss nach seiner beispiellosen Pannenserie gut geschützte Geheimnisse lüften: Der Untersuchungsausschuss zum Rechtsterrorismus bekommt am Mittwoch Einsicht in 25 geheime Akten der Behörde zur umstrittenen Operation „Rennsteig“. Auch die Klarnamen der V-Leute sollen den Bundestagsabgeordneten offengelegt werden. Zudem will das Gremium am Donnerstag den Geheimdienstmitarbeiter befragen, der nach Auffliegen der Zwickauer Terrorzelle im November 2011 einen Teil der „Rennsteig“-Akten schreddern ließ. Doch aus Sicht vieler Politiker ist es damit nicht getan. Sie fordern eine grundlegende Reform des Verfassungsschutzes und verlangen weitere personelle Konsequenzen bei den Ermittlungsbehörden. Insbesondere der Chef des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, steht im Fokus der Kritik. Aus den Akten, die der Ausschuss nun einsehen darf, soll hervorgehen, wie die Sicherheitsbehörden im Rahmen der Operation „Rennsteig“ mit Informanten aus dem Umfeld der rechtsterroristischen Zelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) gearbeitet haben. Der NSU hat mehr als ein Jahrzehnt unbehelligt von den Sicherheitsbehörden im Untergrund agiert und nach bisherigen Erkenntnissen zehn Menschen ermordet. Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Sebastian Edathy, forderte, dass nun auch der Militärische Abschirmdienst (MAD) seine „Rennsteig“-Akten offen legen müsse. Bisher verweigere der Geheimdienst dies. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums widersprach dem allerdings: „Wir haben Unterlagen geliefert und wir werden auch in Zukunft Unterlagen liefern“, sagte der Sprecher der Nachrichtenagentur dapd. Eine Operation „Rennsteig“ gebe es im Übrigen im MAD aber nicht, betonte er. Zudem kündigte Edathy an, der Referatsleiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), der die Akten vernichten ließ, solle noch an diesem Donnerstag vor dem Ausschuss aussagen. Das Amt bestätigte auf dapd-Anfrage, der Beamte habe eine Aussagegenehmigung erhalten. Am Donnerstag wird auch der scheidende Präsident des Verfassungsschutzes, Heinz Fromm, von dem Gremium vernommen. Fromm hatte am Sonntag um frühzeitige Pensionierung gebeten und wird zum Ende des Monats seinen Posten räumen. Der Obmann der Grünen in dem Ausschuss, Wolfgang Wieland, betonte, bei den Befragungen müsse vor allem geklärt werden, ob der Verfassungsschutz einen der NSU-Terroristen als V-Mann geführt oder versucht habe, ein Mitglied der Terrorzelle zu werben. Das wäre „der GAU“ für die Sicherheitsbehörden. Zudem forderte er, nach „Fromms Rücktritt“ sollten sich auch andere Personen überlegen, ob sie seinem Beispiel folgen wollten. Er erinnerte in diesem Zusammenhang an den „unbefriedigenden Auftritt“ von BKA-Präsident Ziercke vor dem Ausschuss. Auch FDP-Innenexperte Manuel Höferlin sagte, der Rückzug Fromms reiche nicht aus: „Aus dem Versagen der Sicherheitsbehörden müssen weitere personelle Konsequenzen folgen.“ Das betreffe insbesondere BKA-Chef Jörg Ziercke, sagte er der „Bild“-Zeitung. Sein Fraktionschef Rainer Brüderle forderte derweil „eine grundlegende Reform der Strukturen der Sicherheitsinstitutionen“. „Es ist ein alter Gedanke von mir, dass wir das Bundesamt und die 16 Landesbehörden stärker zusammenführen müssen. Parallele Strukturen und unklare Zuständigkeiten tun der Sicherheit in diesem Bereich nicht gut“, sagte er der „Rheinischen Post“. Ähnlich hatten sich am Montag bereits Politiker der Opposition geäußert. Die Obfrau der Linken, Petra Pau, verlangte, dass auch die Frage nach der politischen Verantwortung gestellt werde. So müsse etwa geklärt werden, warum der ehemalige Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) unmittelbar nach dem Nagelbombenanschlag in Köln im Juni 2004 erklärt habe, dass ein fremdenfeindlicher Hintergrund ausgeschlossen werden könne und wie diese Erklärung die Ermittlungen beeinflusst habe. Auch CDU/CSU-Obmann Clemens Binninger forderte, dem nachzugehen. Der Ausschuss befasste sich in seiner Sitzung am Dienstag mit den beiden NSU-Sprengstoffanschlägen in Köln und dem Mord an einem Kioskbesitzer in Dortmund 2006. Geladen waren dazu drei Polizisten und ein Staatsanwalt aus Nordrhein-Westfalen. Bei den Bombenanschlägen 2001 und 2004 wurden insgesamt 23 Personen verletzt, einige von ihnen lebensgefährlich. Unterdessen wurde bekannt, dass das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz offenbar mehr Akten über die „Operation Rennsteig“ hat als bislang zugegeben. Es handle sich um zwei Ordner, die jetzt dem NSU-Untersuchungsausschuss des Erfurter Landtags zur Verfügung gestellt würden, zitierte der Sender MDR Thüringen aus der nichtöffentlichen Sitzung des Gremiums. In den Unterlagen würden sich demnach auch Dokumente des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) befinden. Diese seien aber derart geschwärzt, dass sie nicht zu entziffern sind. Die Landesregierung wolle möglichst viele Schwärzungen wieder entfernen lassen, hieß es aus dem Ausschuss weiter. dapd (Politik/Politik)

Frau Merkel, das stimmt so nicht

Frau Merkel, das stimmt so nicht Berlin (dapd). Werner Erhardt gehört an diesem Tag im Kanzleramt zu den Gewinnern. Nicht nur, dass er bei tausenden Teilnehmern des Bürgerdialogs von Regierungschefin Angela Merkel unter die 20 besten Vorschläge gewählt wurde. Merkel findet seine Idee auch noch gut. „Ich bin dabei“, verspricht die CDU-Vorsitzende dem grauhaarigen Mann, der das nicht ohne Stolz registriert. Erhardt hat zwar gerade keine Steuererleichterungen durchgeboxt, aber immerhin: Sein Werben für ein „Einheitliches Wiedervereinigungsdenkmal“ aus einer Dreiergruppe Bäume kommt an. Seit Anfang Februar diskutiert Merkel im Internet mit Bürgern über Deutschlands Zukunft. Ein paar Termine im realen Raum gab es auch, in Erfurt, Bielefeld und Heidelberg sprach Merkel direkt mit den Bürgern. Ansonsten: 1,7 Millionen Aufrufe der Internetseite, 11.618 Vorschläge und mehr als 74.000 Kommentare. Die Bürger konnten abstimmen und so ihre Hitliste der zehn besten Vorschläge erstellen, weitere zehn Vorschläge wurden von Experten sowie Mitarbeitern von Bundespresse- und Kanzleramt aufs Podest gehoben. Am Dienstag hatte Merkel diese 20 Männer und Frauen in ihrem Amtssitz zu Gast: Bankettsaal des Kanzleramtes, fünfter Stock, Blick aufs Reichstagsgebäude zur einen und aufs Sony-Center zur anderen Seite. „Wir sind kein Entscheidungsgremium. Heute geht keiner nach Hause und sagt: Ja, wird gemacht“, macht Merkel zu Anfang klar. Gerade hat sie noch ein paar Stockwerke tiefer den slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico getroffen und über die Euro-Krise gesprochen, jetzt geht es unter anderem um die Abschaffung des „Gesetzes, das den sexuellen Missbrauch von Tieren zulässt“, die Abschaffung der GEZ, die Legalisierung von Cannabis oder die Schaffung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Die Stimmung ist natürlich etwas angespannt, man kommt nicht jeden Tag ins Kanzleramt, trifft nicht jeden Tag die deutsche Regierungschefin, und auch die räumt freimütig ein: „Wir haben uns heute alle auf ein Abenteuer eingeladen, auf etwas Unbekanntes.“ „Ich möchte mich erst mal bedanken, dass Sie überhaupt mitgemacht haben, bei diesem Bürgerdialog“, leitet Merkel ein, dann wird es auch schon ernst in der Runde. Beate T. fordert, die Regierung möge „die Erfüllung des Kinderwunsches finanzierbar machen“. Die Diagnose Unfruchtbarkeit löse einen Schock aus, die Behandlung sei unheimlich teuer, trägt sie souverän vor. „Wenn sich nur Reiche fortpflanzen dürfen, ist das dann Selektion?“, fragt sie und fordert, die Kostenübernahme solle nicht von Regeln, sondern vom individuellen Fall abhängig gemacht werden. Merkel hört aufmerksam zu, würdigt den Mut der Menschen, die sich mit diesem Thema an die Öffentlichkeit trauen. Beim Thema Unfruchtbarkeit – später auch bei der Sterbehilfe – geht es um vieles, was Merkels Partei im tiefsten Inneren berührt, um den Schutz der Ehe zum Beispiel. Die Kanzlerin kann das in dieser Runde nicht tiefschürfend diskutieren, dafür ist das Thema zu groß und die Zeit zu knapp. Anderthalb Stunden sind angesetzt, 90 Minuten für 20 Statements. Später wird sich zeigen, dass Merkel überzieht. Das Kinderwunsch-Thema trifft Merkel natürlich nicht unvorbereitet – sie hat zu allen 20 Themen Stichwörter vorbereitet -, sie verweist auf Familienministerin Kristina Schröder, die habe bereits vorgeschlagen, dass bei künstlicher Befruchtung ein höherer Kostenanteil übernommen werde. „Wir wollen keine Gesellschaft, die nur den Reichen die Erfüllung des Kinderwunsches möglich macht“, sagt Merkel. Beate T. dankt, sie ist offensichtlich zufrieden. Die Dramaturgie des Treffens sieht vor, dass ausgerechnet auf den Kinderwunsch das Thema Geburten folgt. Nitya Runte wirbt für die Sache der Hebammen und natürliche Geburten. Kaiserschnittgeburten seien ohne Risiko? „Frau Merkel, das stimmt so nicht“, sagt Runte freundlich, aber bestimmt. Hebammen könnten nicht mehr von ihrer Arbeit leben, sagt sie noch, Merkel verspricht: Bis Ende September hat ein Gespräch stattgefunden, sie werde auch den Gesundheitsminister deswegen ansprechen. „Gut. Oder auch nicht gut“, schließt Merkel diese Themenrunde, schließlich sei das Problem „noch nicht gelöst“. Über die „Novellierung des Altenpflegegesetzes“ und ein „Sterben in Würde“ rückt die Zeit vor. Es ist 15.10 Uhr, vierzig Minuten sind um, erst vier Teilnehmer sind durch. Werner Erhardt stellt sein Wiedervereinigungsdenkmal vor, spricht von überschaubaren Kosten und einer einfachen Gestaltung. Das muss die Politik doch locken. Tut es. „Ich finde ihre Idee schön“, sagt Merkel. Das müsse man mit den kommunalen Spitzenverbänden mal besprechen. Sie werde das tun, oder Innenminister Hans-Peter Friedrich. „Aber Sie müssten dann auch bereit sein, sich mit dahinter zu klemmen“, fordert sie den Ideengeber auf. Martin Thomas fordert eine offene Diskussion über den Islam, Norbert Voll – auf Platz eins gewählt – trägt seine Forderung nach einem „Gesetz gegen die Leugnung des Völkermordes an den Armeniern und Aramäern“ vor. Es ist 15.35 Uhr, Merkel mahnt freundlich eine Beschleunigung an, das kann sie, bestimmt sein, ohne den Menschen in die Parade zu fahren. „Ich weiß, dass man aufgeregt ist, aber jetzt kennen wir uns ja auch schon ein bisschen“, sucht sie den Vortragenden lächelnd die Spannung zu nehmen. Die Themen werden jetzt flüssiger abgehandelt, Sven Olav Dahl ist dran. Dahl fordert, dass zum Thema Waffenrecht „Fakten statt Lügen“ verbreitet werden. Er ist offenbar ein Waffennarr, im Internet betreibt er eine Seite, die offensiv für den Waffengebrauch eintritt. Die „unglaubliche und so nach 1945 noch nie da gewesene Medienhetze nach dem Amoklauf in Winnenden mit dem zwangsweise folgenden blinden politischen Aktionismus von Rot-Links-Grün“ habe ich dazu bewogen, diese Homepage zu entwerfen, schreibt er. Andere Waffenfreunde haben die Bürgerdialog offenbar gezielt genutzt, ihre Interessen voranzutreiben. „Um der Politik zu zeigen, dass wir uns diese verlogene Diskussion nicht mehr gefallen lassen, sollten Sie der Bundeskanzlerin mitteilen, dass Sie einen Politikwandel bei der Waffengesetzgebung möchte“, heißt es in einem Blog, ein Link verweist auf den Bürgerdialog im Internet. 94.421 Stimmen konnten so mobilisiert werden. Vierzig Minuten später als geplant schließt Merkel die Runde. „Ich hoffe, sie alle haben voneinander etwas gelernt“, sagt sie. ( www.dialog-ueber-deutschland.de ) dapd (Politik/Politik)