München (dapd). Die Metro AG kann nach zwei Gerichtsurteilen künftig die Elektronikketten Media Markt und Saturn leichter steuern. Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts München durfte der Handelskonzern einen Beirat einsetzen, der unternehmerische Entscheidungen auch mit einfacher Mehrheit, also ohne Media-Markt-Gründer Erich Kellerhals, treffen kann. Die Berufungsklage von Kellerhals wies das Gericht am Donnerstag zurück. Der 72-jährige Firmengründer, der über seine Gesellschaft Convergenta Invest 21,62 Prozent an der Media-Saturn Holding hält, hatte die Einsetzung des Beirats abgelehnt. Seiner Meinung nach ist allein die Gesellschafterversammlung entscheidend. Diese kann Beschlüsse nur mit mindestens 80 Prozent der Anteile treffen. Die Metro, die 75,4 Prozent der Anteile hält, will die Sperrminorität seit langem aushebeln und richtete deshalb im März 2011 den Beirat ein. Dagegen klagte Kellerhals und bekam vor dem Landgericht Ingolstadt in erster Instanz teilweise recht. Die Sperrminorität in der Gesellschafterversammlung behält Kellerhals zwar. Im Beirat reicht jedoch die einfache Mehrheit. Das habe das von Metro einberufene Schiedsgericht bereits am Mittwoch in nicht öffentlicher Sitzung entschieden, teilte der Handelskonzern mit. Der Beirat sei für zentrale Punkte wie Budgetplanung, Finanzierung und den Erwerb oder Verkauf von Unternehmen zuständig, sagte Metro-Chefjustiziar Donatus Kaufmann unter Berufung auf das Schiedsgericht. Metro will Onlinehandel aufbauen Metro-Chef Olaf Koch begrüßte die Urteile. Er sprach von einem „wichtigen Meilenstein“. Der Elektronikhändler müsse neu ausgerichtet werden. Nun sei der Weg frei für effiziente und schnelle Entscheidungsprozesse, sagte Koch. So will der Mehrheitseigner auch einen Onlinehandel von Media Markt und Saturn aufbauen. Über diesen Strategiewechsel gab es zuletzt Streit unter den Gesellschaftern. Koch sagte, dass er den Vertrag mit dem bisherigen Media-Saturn-Chef Horst Norberg über das Jahr 2013 hinaus verlängern will. Dazu muss er sich jedoch mit Kellerhals einigen, da dies weiterhin nur die Gesellschafterversammlung mit mindestens 80 Prozent Mehrheit entscheiden kann. Kellerhals‘ Anwalt Luidger Röckrath sagte: „Metro ist keinen Millimeter weitergekommen.“ Kellerhals habe „weiter seine Minderheitsrechte“. Ob der Media-Markt-Gründer gegen die Entscheidungen des Oberlandesgerichts und des Schiedsgerichts weiter vorgehen will, konnte sein Anwalt noch nicht sagen. Die Revision ließ das Oberlandesgericht zwar nicht zu. Es ist aber eine Nicht-Zulassungs-Beschwerde beim Bundesgerichtshof möglich. Metro-Chefjustiziar Kaufmann sieht jedoch keine Gefahr, dass das Urteil noch mal kippen sollte. „Die Latte hängt sehr hoch.“ Auch die Drohung der Convergenta Invest, gegen jeden Beiratsbeschluss juristisch vorzugehen, sieht er gelassen. Die Gerichte hätten die relevanten Punkte geklärt. Metro-Chef Koch sprach von einem „stumpfen Schwert“. Ein Sprecher der Convergenta Invest sagte, die Metro könne auch nach den jüngsten Urteilen „nicht gegen den Willen der Gründungsgesellschafter durchregieren“. Koch entgegnete: „Durchregieren steht nicht auf der Agenda.“ Ihm gehe es um die Zukunft des Unternehmens. Er wolle nun „mit allen Gesellschaftern kooperativ nach vorne schauen“. Der Metro-Aktienkurs stieg nach Bekanntwerden des Urteils gegen den DAX-Trend deutlich an. Am Nachmittag stand der Kurs 1,1 Prozent im Plus bei 23,60 Euro. (Aktenzeichen: Oberlandesgericht München 23 U 4173/11) dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
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Ex-Schlecker-Frauen nehmen Filialen jetzt in eigene Regie
Stuttgart (dapd). Dorfladen statt Drogerie: Etwa 35 ehemalige Schlecker-Mitarbeiterinnen wollen einige Läden in einem Genossenschaftsmodell weiterführen. „Wir haben in Baden-Württemberg eine ganze Reihe von Standorten identifiziert, die für eine Fortführung infrage kommen“, sagte der Landesfachbereichsleiter Handel von ver.di, Bernhard Franke, am Donnerstag der Nachrichtenagentur dapd. Schon in den nächsten Wochen soll es mit den ersten fünf Läden losgehen. „Es muss relativ schnell gehen, weil sich die Kundenströme ändern können, wenn die Filialen über viele Monate leer stehen“, sagte Franke. Zudem sollten die Frauen so schnell wie möglich wieder in Lohn und Brot kommen. Infrage kämen zum einen Filialen, die noch unter dem Namen Schlecker einen hohen Umsatz hatten. „Alleine in Baden-Württemberg gibt es über 100 Standorte, die einen Jahresumsatz von über 500.000 Euro gemacht haben“, sagte Franke. Die zweite Möglichkeit seien kleinere Standorte, die Dorfladencharakter haben und eine Stellung als Alleinversorger im ländlichen Raum einnehmen sollen. Die Läden werden Mini-Supermärkte Am genauen Konzept werde noch gearbeitet. Es gehe aber vom klassischen Drogeriemarktkonzept weg und eher in Richtung Mini-Supermärkte. Unterstützung holten sich ver.di und die Frauen dabei vom Unternehmensberater Wolfgang Gröll, der auf Dorfläden spezialisiert ist. Den „Stuttgarter Nachrichten“ sagte Gröll über seine Vorstellungen vom Angebot, man müsse sich das wie ein menschliches Skelett vorstellen. „Alle Menschen tragen zwar das gleiche Knochengerüst in sich und trotzdem sieht jeder Mensch anders aus.“ Das heiße, dass jeder Dorfladen Produkte anbieten werde, die vor Ort gebraucht werden und zum Teil aus der Region kommen. Gröll ist derzeit mit seinem Team in der Region unterwegs und prüft die Standorte. Dabei schaut er beispielsweise auf die Höhe der Miete oder die Konkurrenz in der Umgebung. „Wir haben in einer ersten Charge zehn Orte abgefahren“, sagte der Unternehmensberater der Nachrichtenagentur dapd. Insgesamt wolle er sich 30 bis 40 Standorte anschauen. Läden brauchen Ware im Wert von 50.000 Euro Ver.di, die evangelische Betriebsseelsorge und die Linke unterstützen die Frauen finanziell und übernehmen die Kosten für die Standortanalysen, die allein mit jeweils 3.000 Euro zu Buche schlagen. Ein durchschnittlicher Laden brauche zudem Ware im Wert von 50.000 Euro, sagte Franke. Unterstützung erhofft er sich auch vom Land. „Wir wollen auf das Wirtschaftsministerium zugehen und um Unterstützung bitten“, kündigte er an. Auch einzelne Gemeinden boten schon Hilfe an. „Ich wäre bereit, die Schlecker-Verkäuferinnen für zwei bis drei Jahre bei der Stadt anzustellen“, sagte der Bürgermeister von Eppelheim bei Heidelberg, Dieter Mörlein, den „Stuttgarter Nachrichten“. Notfalls könne er sich sogar vorstellen, vorerst die Ladenmiete für die ehemalige Schlecker-Filiale im Zentrum von Eppelheim zu übernehmen. Die Drogeriekette mit einstmals über 8.000 Filialen hatte im Januar Insolvenz angemeldet. Ein Investor ließ sich nicht finden. In der Folge verloren bundesweit über 27.000 Beschäftigte, überwiegend Frauen, ihren Job. Bei der Bundesagentur für Arbeit meldeten sich nach Auskunft eines Sprechers bislang knapp 16.000 ehemalige Beschäftigte arbeitslos. 4.600 von ihnen seien in einen neuen Job vermittelt worden. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Joachim Gauck ist Rostocker Ehrenbürger
Rostock (dapd). Bundespräsident Joachim Gauck ist Ehrenbürger seiner Heimatstadt Rostock. In einer bewegenden Zeremonie erhielt der 72-Jährige am Donnerstag vor etwa 800 Gästen in der Marienkirche die Ehrenurkunde, anschließend trug er sich in das riesige, in Leder und Leinen gebundene Ehrenbuch der Stadt ein. In seiner Dankesrede wandte sich Gauck an Weggefährten, Freunde und Einwohner: „Indem ich geehrt werde, werden auch sie mitgeehrt. Ich könnte hier nicht stehen ohne sie.“ Seine tiefe Rührung drückte er mit dem Satz aus: „Vor ihnen steht ein dankbarer Joachim Gauck.“ Zuvor hatte Wegbegleiter Christoph Kleemann in einer Laudatio an Gaucks Wirken in und für Rostock erinnert. Kleemann war nach der Wende für kurze Zeit Oberbürgermeister in Rostock, später leitete er dort die Außenstelle der Stasi-Behörde. Bürgerschaftspräsidentin Karina Jens begründete die Entscheidung der Stadt, Gauck zum Ehrenbürger zu ernennen, mit den Worten: „Sie zeigen der Welt das freie, das mutige, das demokratische Gesicht der Stadt Rostock.“ Gauck ist in Rostock geboren, hat dort Theologie studiert und arbeitete bis zur Wende als Pastor. Mit seiner Ernennung zum Ehrenbürger folgte die Stadt mehreren Anträgen von Einwohnern. Rostock hat erst drei Ehrenbürger seit der Wende. dapd (Politik/Politik)
NPD-Pressefest: In Vorpommern wächst der Widerstand gegen Neonazis
Pasewalk (dapd). In Vorpommern wächst nach Einschätzung des Rechtsextremismus-Experten Günther Hoffmann der Widerstand gegen die NDP. Mit dem im Juli gegründeten Aktionsbündnis Vorpommern gegen das am Samstag geplante NPD-Pressefest der „Deutschen Stimme“ in Viereck seien zum ersten Mal ein starkes Netzwerk und eine neue Qualität des demokratischen Widerstandes entstanden, sagte der Vertreter des Informationsdienstes NENA (Neonazis in Mecklenburg-Vorpommern) am Donnerstag in Pasewalk. „Die Initiatoren haben jetzt erstmals die Chance, den in rechten Kreisen herrschenden Mythos einer nationalen Leuchtturmregion zu zerstören“, sagte Hoffmann. Bislang gelte Vorpommern als sogenannte Modellregion der deutschen Naziszene. Mit fünf größeren Immobilien verfügten die Rechten über eines der dichtesten Netze von Einrichtungen für Schulungen und Konzerte in Deutschland. Die Veranstalter des finanziell desolaten neonazistischen Verlags „Deutsche Stimme“ seien aber äußerst überrascht, dass sich die Zivilgesellschaft in der Region jetzt so breit gegen Rechtsextremismus aufstelle, sagte Hoffmann. „Das neue Bündnis gebe den Leuten vor Ort erstmals das Gefühl, nicht mehr allein zu stehen in ihrem Kampf gegen demokratiefeindliche Handlungen.“ Bürgermeister hält Maß schon lange überschritten Das Maß rechtsextremistischer Umtriebe sei schon lange überschritten, sagte Pasewalks Bürgermeister Rainer Dambach (parteilos). Es sei wichtig, dass sich in der Region jetzt endlich etwas bewege und den Nazis ein breiter Widerstand entgegen gestellt werde. Der Sprecher des Aktionsbündnisses, Benno Plassmann, rechnet zur geplanten Menschenkette und dem anschließenden Volksfest am Samstag mit mindestens 1.500 Demonstranten, darunter auch Gästen aus Polen. Das Bündnis mit inzwischen 75 Organisationen werde seine Arbeit auch nach den Protesten fortsetzen und vor allem Probleme mit Neonazis in den Dörfern der Region aufgreifen, kündigte er an. Anzeige gegen Initiatoren rechter Plakataktion Unterdessen erstattete der Landkreis Vorpommern-Greifswald eine Anzeige gegen unbekannte Täter, die in der Region Plakate des Aktionsbündnisses verunstalteten und Gegenplakate mit den Aufschriften „Landkreis Vorpommern-Greifswald – ein Ort für Nazis“ und „National befreite Zone“ verteilten. Ein solches Plakat sei unter anderem an der Kreisverwaltung geklebt worden, sagte ein Landkreissprecher. Nach Einschätzung des Verfassungsschutzes Mecklenburg-Vorpommern sind zum Pressefest weit über 1.000 Teilnehmer aus der rechten Szene zu erwarten. Durch die Einbindung rechtsextremistischer Bands und Liedermacher, darunter der Gruppe „Die Lunikoff Verschwörung“, würden auch jüngere Angehörige des subkulturellen Rechtsextremismus mobilisiert, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Unterdessen haben in dem kleinen Dorf Viereck nordöstlich von Pasewalk die Vorbereitungen für das umstrittene Pressefest begonnen. Das für die Veranstaltung angemietete Privatgelände eines Landwirtschaftshofes wurde inzwischen weiträumig abgesperrt und mit Sichtblenden verhüllt. Das ursprünglich für drei Tage angemeldete Fest findet nun nur noch am Samstag in Großzelten statt, nachdem Unbekannte einen dafür vorgesehenen ehemaligen Schweinestall in Brand gesteckt hatten. Nach Angaben von Plassmann hatten sich viele Hotels und Pensionen der Region geweigert, Festteilnehmer aufzunehmen. dapd (Politik/Politik)
Ein Ministerpräsident und Gentlemen
Stuttgart (dapd). Geschäftsmodell Winfried Kretschmann – nun hat es Baden-Württembergs Grünen-Ministerpräsident als Trendsetter in ein Männermagazin geschafft. In der Rubrik „Business“ und unter dem Titel „Zur Sache, Spätzle“ befragte „GQ – Gentlemen’s Quaterly“ den ersten Grünen-Landeschef nach seinem Erfolgsgeheimnis. Kretschmann gab sich bescheiden: sein Erfolgsrezept sei, keines zu haben. Abgedruckt zwischen Mode-Tipps, Autotrends und anderen „Gentlemen“ der Stunde wie Schauspieler Michael Fassbender und Dirigent Christian Thielemann sowie weiblichen Bademodenmodellen mag sich der Grünen-Politiker in ein für ihn eher untypisches Umfeld begeben haben. Doch blieb sich der gleichsam als intellektuell wie leicht provinziell geltende gläubige Katholik auch auf dem Männerszene-Terrain treu. So bemühte der 64-Jährige Immanuel Kant, hielt es mit Perikles‘ Bürgerverständnis, zitiert den heiligen Augustinus und bezog sich auf die Demokratie im antiken Athen. Insgesamt entzog sich Kretschmann jeglicher Lifesytle-Rhetorik und wartete vielmehr mit explizit ernsten Überlegungen zu seinem Amt auf: „Spaß ist für mich keine Kategorie. Man arbeitet für etwas, und das verschafft Befriedigung. Als ernsthafter Politiker kämpft man gegen die Spaßgesellschaft und für den Sinn.“ Ein wenig Erfolgsrezept ließ der Politiker mit dem Bürstenschnitt dann doch durchblicken: Zu heutigen Zeiten schätzten es die Leute, wenn jemand aus Leidenschaft zur Sache Politik mache. Auf diese Weise habe er Glaubwürdigkeit erworben, hielt sich Kretschmann zugute. Beim Thema Macht und Marktwirtschaft beteuerte der frühere Kurzzeitkommunist, nach seinen „linksradikalen Verirrungen“ in der Studentenzeit nun eine stabile Haltung gegenüber dem freien Markt zu haben. Insgesamt habe sich bei den Grünen ein realistisches Denken durchgesetzt. „Doch gerade, wenn man denkt, jetzt ist es endlich vorbei mit diesen Fundis, tauchen wieder neue ganz woanders auf“, schränkte er ein. Entrüstungsstürme in der Parteibasis blieben erst einmal aus. Dass sich Kretschmann im Lifestyle-Ambiente präsentiert, scheint zumindest bei der Grünen Jugend im Land keinen zu stören. Landessprecher Marcel Emmerich begrüßte es eher als Möglichkeit der Wählergewinnung: „Es gibt unterschiedliche Wege, andere Leute zu erreichen.“ dapd (Politik/Politik)
Breiter Widerstand gegen von der Leyens Rentenpläne
Berlin (dapd). Kaum hat das Arbeitsministerium das Rentenpaket zur Beratung an die übrigen Mitglieder der Bundesregierung gegeben, regt sich Widerstand. Am Donnerstag legte das Wirtschaftsministerium unter Führung von Philipp Rösler (FDP) Einspruch gegen die Rentenpläne von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) ein. In seltener Eintracht kritisierten FDP, Grüne, der Deutsche Gewerkschaftsbund sowie Sozialverbände das Vorhaben. Von der Leyen will Beschäftigte und Unternehmen mit einem niedrigeren Rentenbeitrag entlasten sowie Altersarmut abbauen. Wer lange gearbeitet hat und dennoch nur einen geringen Rentenanspruch hat, soll künftig unter bestimmten Bedingungen eine Zuschussrente erhalten. Mindestens ein Jahr Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen sollen zusätzliche Vorteile bringen. Gleichzeitig soll der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung Anfang 2013 von derzeit 19,6 auf 19,0 Prozent gesenkt werden. Am Mittwoch hatte von der Leyens Haus den Entwurf in die Ressortabstimmung gegeben. Eigentlich soll das Kabinett am 29. August entscheiden. Ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums bestätigte am Donnerstag auf dapd-Anfrage allerdings einen Bericht der Tageszeitung „Die Welt“ (Freitagausgabe), wonach das Ministerium Einspruch gegen die Pläne eingelegt hat. Als Grund nannte er zum einen die knappe Beratungszeit sowie die geplante Verknüpfung von Beitragssenkung und Zuschussrente in dem Gesetzespaket. Der Beitrag könne auch isoliert sinken, ohne die vom Arbeitsministerium vorgesehene Zuschussrente. Laut Gesetz kann der Beitragssatz dann sinken, wenn in den Rentenkassen eineinhalb Monatsausgaben als Reserve angespart sind. Auf Kritik stößt zudem das Vorhaben, Erziehungs- und Pflegezeiten stärker zu berücksichtigen. FDP-Generalsekretär Patrick Döring sagte den Dortmunder „Ruhr Nachrichten“, die Anrechnung von nicht erbrachten Beitragsleistungen führe zu zusätzlichen Kosten in der Rentenversicherung und höheren Beitragssätzen. Das beste Mittel zur Vermeidung von Altersarmut seien Freibeträge für private und betriebliche Altersvorsorge. So würden eigene Anstrengungen belohnt. Der Grünen-Rentenexperte Wolfgang Strengmann-Kuhn äußerte hingegen die Befürchtung, die Ausgestaltung der Zuschussrente könne einen Anreiz schaffen, nicht zu arbeiten. „Die Anrechnung der Kindererziehungszeiten klingt gut, macht die Zuschussrente aber zu einer Art Herdprämie“, sagte er der „Berliner Zeitung“. Für Elternteile, die zwischen 800 und 2.000 Euro verdienten, lohne sich das Arbeiten mit Blick auf die Rente kaum. Die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, Ulrike Mascher, beklagte, das Vorhaben gehe an der Lebenswirklichkeit von Frauen vorbei. Es werde suggeriert, dass Frauen, die Kinder erzogen und Angehörige gepflegt haben, nun automatisch Anspruch auf 850 Euro Rente hätten. Doch diese Summe sei aber nur der Maximalanspruch. Der Deutsche Paritätischen Wohlfahrtsverband kritisierte, das Gesetz biete bestenfalls eine „Sozialhilfe plus“. Die Hürden, um die Zuschussrente zu erlangen, seien so hoch gelegt, dass die neue Leistung ins Leere laufen müsse, sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider den „Ruhr Nachrichten“. DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach bekräftigte unterdessen ihre Forderung, auf die Senkung der Rentenbeitragssätze zu verzichten und die Mittel in die Bekämpfung der Altersarmut zu investieren. Es sei absolut unverantwortlich, die Rücklagen der Rentenversicherung aufzubrauchen „und sie nicht zur Bekämpfung der drohenden Altersarmut einzusetzen“, betonte sie. dapd (Politik/Politik)
Jenoptik treibt Internationalisierung voran
Jena (dapd). Der Optoelektronikkonzern Jenoptik sieht sich dank Internationalisierung, neuer Schlüsselkunden im Systemgeschäft sowie der positiven Entwicklung wichtiger Zielbranchen zur Halbzeit des Geschäftsjahres auf Kurs. Wie das Unternehmen aus Thüringen am Donnerstag mitteilte, kletterten die Erlöse zwischen Januar und Ende Juni im Vergleich zum Vorjahr um knapp elf Prozent auf fast 284 Millionen Euro. Das Betriebsergebnis (Ebit) erhöhte sich um mehr als acht Prozent auf 26 Millionen Euro. Nach Steuern verblieben mit fast 19 Millionen rund 30 Prozent mehr. Wie es weiter hieß, reduzierte sich der Auftragseingang jedoch um fast ein Fünftel auf rund 282 Millionen Euro. Im Vorjahr hatte das Unternehmen allerdings einen Großauftrag für den Schützenpanzer Puma an Land gezogen. Die Orders seien jedoch in Umsatzhöhe und damit auf „einem komfortablen Niveau“, hieß es. Vor allem aus den Regionen außerhalb Europas gingen deutlich mehr Aufträge ein. Insgesamt standen Ende Juni Bestellungen in Höhe von 450 Millionen Euro in den Büchern. Für das Gesamtjahr rechnet Jenoptik weiter mit einem fünf bis zehn Prozent höheren Umsatz und einem Ebit zwischen 50 Millionen und 55 Millionen Euro. „Wir sehen Schritt für Schritt, wie die konsequente Umsetzung unserer Strategie zu Erfolgen führt“, sagte Jenoptik-Chef Michael Mertin. Zwar sei die weitere konjunkturelle Entwicklung von hohen Unsicherheiten belastet. Doch ein Abflauen der guten Geschäftslage sehe der Konzern derzeit nicht. Auch in den kommenden Jahren will das Unternehmen weiter profitabel wachsen und ein Umsatzwachstum von rund zehn Prozent erreichen. Dabei halte Jenoptik auch die Augen nach Zukäufen offen. Doch sollten die Akquisitionen ein nachhaltiges und profitables Wachstum bringen und nicht allein Größe, sagte Mertin. Wichtig sei zudem „mit eigenen Strukturen vor Ort beim Kunden präsent zu sein“. Das Unternehmen beschäftigt nach eigenen Angaben 3.154 Mitarbeiter. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Rhön-Klinikum verdient deutlich weniger
Bad Neustadt/Saale (dapd). Die gescheiterte Übernahme durch den Fresenius-Konzern hat das Geschäft des Krankenhausbetreibers Rhön-Klinikum im ersten Halbjahr erheblich belastet. Zwar stiegen die Erlöse des fränkischen Unternehmens dank Zukäufen um sieben Prozent auf 1,4 Milliarden Euro, wie Rhön-Klinikum am Donnerstag in Bad Neustadt an der Saale mitteilte. Vor Steuern und Zinsen (Ebit) verdiente der Konzern mit 76,8 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahreszeitraum aber knapp ein Viertel weniger. „Hier schlagen auch negative Einmaleffekte zu Buche“, sagte der Vorstandsvorsitzende Wolfgang Pföhler. So habe das Ergebnis nach der gescheiterten Übernahme durch den Gesundheitskonzern Fresenius unter anderem unter einmaligen Beratungskosten gelitten. Zudem lasteten die Restrukturierung der Universitätsklinik Gießen-Marburg und die zuletzt erzielten Tarifabschlüsse im Krankenhaussektor auf der Bilanz. Unter dem Strich verdiente Rhön-Klinikum in den ersten sechs Monaten des Jahres 50,1 Millionen Euro – über 40 Prozent weniger als im ersten Halbjahr 2011. Allerdings hatte der Konzern nach eigenen Angaben damals auch von niedrigeren Zinsen und einem positiven Steuereffekt profitiert. Für das zweite Halbjahr seien die Erwartungen „vorsichtig optimistisch“, teilte das Unternehmen mit. Allerdings seien die Folgen der geplatzten Übernahme nach wie vor nicht absehbar. Fresenius hatte geplant, Rhön-Klinikum mit seiner eigenen Krankenhaustochter Helios zum größten privaten Klinikkonzern in Europa zu verschmelzen. Dafür hatte der DAX-Konzern insgesamt 3,1 Milliarden Euro geboten und damit auch die Unterstützung des Rhön-Aufsichtsrats gewonnen. Kurz vor Ende der Annahmefrist hatte sich jedoch der Rivale Asklepios knapp über fünf Prozent an Rhön-Klinikum gesichert und den Zusammenschluss so blockiert. An der Börse büßte die im MDAX notierte Rhön-Aktie am Donnerstag in einem allgemein schwachen Umfeld rund 0,3 Prozent ein und notierte gegen 10.20 Uhr bei 17,51 Euro. (Rhön-Klinikum Halbjahresbericht: http://url.dapd.de/vyTXX7 ) dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Schlecker-Frauen machen Drogeriefilialen zu Dorfläden
Stuttgart (dapd). Dorfladen statt Drogerie: Etwa 35 ehemalige Schlecker-Mitarbeiterinnen wollen einige Läden in einem Genossenschaftsmodell weiterführen. „Wir haben in Baden-Württemberg eine ganze Reihe von Standorten identifiziert, die für eine Fortführung infrage kommen“, sagte der ver.di-Landesfachbereichsleiter Handel, Bernhard Franke, am Donnerstag der Nachrichtenagentur dapd. Schon in den nächsten Wochen soll es mit den ersten fünf Läden losgehen. „Es muss relativ schnell gehen, weil sich die Kundenströme ändern können, wenn die Filialen über viele Monate leer stehen“, sagte Franke. Zudem sollten die Frauen so schnell wie möglich wieder in Lohn und Brot kommen. Infrage kämen zum einen Filialen, die noch unter dem Namen Schlecker einen hohen Umsatz hatten. „Alleine in Baden-Württemberg gibt es über 100 Standorte, die einen Jahresumsatz von über 500.000 Euro gemacht haben“, sagte Franke. Die zweite Möglichkeit seien kleinere Standorte, die Dorfladencharakter haben und eine Stellung als Alleinversorger im ländlichen Raum einnehmen sollen. Am genauen Konzept werde noch gearbeitet. Es gehe aber vom klassischen Drogeriemarktkonzept weg und eher Richtung Mini-Supermärkte. Unterstützung haben sich ver.di und die Frauen dabei von Unternehmensberater Wolfgang Gröll geholt, der auf Dorfläden spezialisiert ist. Den „Stuttgarter Nachrichten“ sagte Gröll über seine Vorstellungen vom Angebot, man müsse sich das wie ein menschliches Skelett vorstellen. „Alle Menschen tragen zwar das gleiche Knochengerüst in sich und trotzdem sieht jeder Mensch anders aus.“ Das heiße, dass jeder Dorfladen Produkte anbieten werde, die vor Ort gebraucht werden und zum Teil aus der Region kommen. Ver.di, die evangelische Betriebsseelsorge und die Linke unterstützen die Frauen finanziell und übernehmen die Kosten für die Standortanalysen, die alleine jeweils 3.000 Euro kosteten. Ein durchschnittlicher Laden brauche zudem Ware im Wert von 50.000 Euro, sagte Franke. Unterstützung erhofft er sich auch vom Land. „Wir wollen auf das Wirtschaftsministerium zugehen und um Unterstützung bitten“, kündigte er an. Auch einzelne Gemeinden haben schon Hilfe angeboten. „Ich wäre bereit, die Schlecker-Verkäuferinnen für zwei bis drei Jahre bei der Stadt anzustellen“, sagte der Bürgermeister von Eppelheim bei Heidelberg, Dieter Mörlein, den „Stuttgarter Nachrichten“. Notfalls könne er sich sogar vorstellen, vorerst die Ladenmiete für die ehemalige Schlecker-Filiale im Zentrum von Eppelheim zu übernehmen. Die Drogeriemarktkette mit einstmals über 8.000 Filialen meldete im Januar Insolvenz an. Ein Investor ließ sich nicht finden. In der Folge verloren deutschlandweit über 27.000 Beschäftigte, überwiegend Frauen, ihren Job. Bei der Bundesagentur für Arbeit haben sich nach Auskunft eines Sprechers bislang knapp 16.000 ehemalige Beschäftigte arbeitslos gemeldet. 4.600 von ihnen seien in einen neuen Job vermittelt worden. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Im Streit um Media-Saturn wendet sich das Blatt zugunsten von Metro
München (dapd). Das Oberlandesgericht München hat im Streit um das Sagen beim Elektronikhändler Media-Saturn zugunsten der Metro AG entschieden. So durfte der Handelskonzern einen Beirat einsetzen, der wichtige unternehmerische Entscheidungen für Media Markt und Saturn mit einfacher Mehrheit, also ohne Media-Markt-Gründer Erich Kellerhals, treffen kann. Die Berufungsklage von Kellerhals‘ Gesellschaft Convergenta Invest wies das Gericht am Donnerstag zurück. Ähnlich hatte zuvor auch das von Metro eingesetzte Schiedsgericht in nicht öffentlicher Sitzung entschieden, wie der Handelskonzern mitteilte. Metro-Chef Olaf Koch begrüßte die Gerichtsentscheidungen. Sie brächten „die notwendige Klarheit in Bezug auf die Steuerung der Media-Saturn Holding und machen den Weg frei für effiziente und schnelle Entscheidungsprozesse“, sagte Koch. „Auf der Basis der Beschlüsse können strategische und operative Schritte nun deutlich schneller und konsequenter umgesetzt werden.“ Metro-Chefjustiziar Donatus Kaufmann sprach von einem Erfolg auf ganzer Linie. Entscheidungen wie Budgetplanungen, Finanzierungen und der Erwerb von Unternehmen könnten nun mit einfacher Mehrheit im Beirat beschlossen werden. Der Metro-Aktienkurs stieg nach Bekanntwerden des Urteils gegen den DAX-Trend deutlich an. Auch wenn das Gericht keine Revision zuließ, gibt sich die Gegenseite noch nicht geschlagen. Kellerhals‘ Anwalt Luidger Röckrath sagte nach dem Urteil des Oberlandesgerichts: „Metro ist keinen Millimeter weitergekommen.“ Kellerhals habe „weiter seine Minderheitsrechte“. Wesentliche Entscheidungen wie die Bestellung oder Abberufung des Geschäftsführers der Holding könnten weiterhin nur in der Gesellschafterversammlung mit mindestens 80 Prozent Zustimmung getroffen werden. Kellerhals hält über Convergenta Invest 21,62 Prozent an der Media-Saturn Holding. Die Metro, die 75,4 Prozent der Anteile besitzt, will die Sperrminorität seit längerer Zeit aushebeln und richtete deshalb im März 2011 gegen den Willen des Media-Markt-Gründers den Beirat ein. Dagegen klagte Kellerhals und bekam vor dem Landgericht Ingolstadt in erster Instanz teilweise recht. Ob Kellerhals gegen die Entscheidungen des Oberlandesgerichts und des Schiedsgerichts weiter vorgehen will, konnte der Anwalt noch nicht sagen. „Bisher haben wir nur den Tenor des Urteils gehört“, sagte Röckrath. „Wir werden die Gründe abwarten.“ Ein Sprecher der Convergenta Invest sagte, die Metro könne auch nach den jüngsten Urteilen „nicht gegen den Willen der Gründungsgesellschafter durchregieren“. Eine kompliziertere Steuerung der Media-Saturn Holding GmbH und die Rechtsunsicherheit drohe das Unternehmen zu lähmen. „Der Konflikt, den die Metro ohne Not Anfang 2011 ausgelöst hat und der dem gemeinsamen Unternehmen schadet, kann und wird mit juristischen Mitteln nie gelöst werden.“ (Aktenzeichen: Oberlandesgericht München 23 U 4173/11) dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)