Passau (dapd). Die Finanzminister von Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hamburg haben nach Angaben von NRW-Ressortchef Norbert Walter-Borjans (SPD) erste Eckpunkte für die Wiedereinführung der seit 1997 ausgesetzten Vermögenssteuer erarbeitet. Wie Walter-Borjans der „Passauer Neuen Presse“ (Samstagsausgabe) sagte, werden diese derzeit unter den SPD-regierten Ländern weiter abgestimmt. Das Papier sehe vor, Vermögen ab zwei Millionen Euro mit einem Prozent zu besteuern. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung habe ein mögliches Steueraufkommen von 11,5 Milliarden Euro pro Jahr errechnet. Dabei seien mögliche Ausweichreaktionen bereits berücksichtigt. Walter-Borjans: „Es gibt immer mehr Großvermögende, die erkennen, dass eine angemessene Beteiligung an der Finanzierung öffentlicher Aufgaben kein Almosen ist, sondern auch dem Interesse dient, auch künftig Vermögen bilden und erhalten zu können.“ dapd (Politik/Politik)
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Schlömer will mit Eurokrise Wahlkampf machen
Berlin (dapd). Der Vorsitzende der Piratenpartei, Bernd Schlömer, will mit einem klaren Bekenntnis zu Europa in den anstehenden Bundestagswahlkampf ziehen. „Wir sind schließlich eine europäische Partei und die europäische Idee zählt viel mehr als die Reduzierung auf eine Währung“, sagte Schlömer im Interview der Nachrichtenagentur dapd in Berlin. Die Finanzkrise werde eines der entscheidenden Wahlkampfthemen werden, kündigte er an. Die Bundesregierung kritisierte der Piratenchef derweilen für ihr Krisenmanagement. Sie lasse ein ausreichende Bürgerbeteiligung und Einbindung der Parlamente vermissen. Hier würde er „mehr Aktivität und Souveränität“ erwarten, monierte er. Zudem versprach Schlömer, dass sich seine Partei vor der Wahl zu allen wichtigen Themen positionieren werde. Er warb dafür, aktiv nach politischen Bündnispartner zu suchen. „Ich persönlich engagiere mich politisch, weil ich auch Dinge umsetzen will“, sagte er. Er halte es als „für zu wenig, nur eine klassische Opposition zu sein“. Seine Partei würde auch den nächsten Kanzler mitwählen. „In den Landesparlamenten hat sich gezeigt, dass die Unterstützung von Regierungschefs auch honoriert wird“, sagte Schlömer. dapd (Politik/Politik)
Bayern ist eine Mafia-Hochburg
München (dapd-bay). Bayern ist nach Einschätzung der Mafia-Expertin Laura Garavini eine bevorzugte Region für kriminelle Machenschaften der italienischen Mafia. Der Freistaat sei neben Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg „eine der Hochburgen der ‚Ndrangheta“, einer Mafia-Gruppierung aus der Region Kalabrien, sagte die italienische Abgeordnete bei einer Veranstaltung der bayerischen SPD-Fraktion am Freitag in München. Die Fraktion verlangte, gezielter gegen die Banden vorzugehen und beantragte eine Expertenanhörung zu dem Thema. Nach Angaben der Staatsregierung sind den bayerischen Behörden die Machenschaften von insgesamt vier Gruppierungen bekannt: Neben der ‚Ndrangheta, die für die Mafia-Morde von Duisburg im Jahr 2007 verantwortlich gemacht wird, agieren im Freistaat die neapolitanische Camorra, die sizilianische Cosa Nostra und die apulische Sacra Corona Unita. Seit 2007 gab es 25 Strafverfahren gegen italienische Tätergruppen bezüglich organisierter Kriminalität. Bei 15 von ihnen konnte ein Bezug zur Mafia hergestellt werden. Den bayerischen Sicherheitsbehörden sind etwa 65 mutmaßliche Mitglieder von Mafia-Gruppen bekannt, davon sind mehr als zwei Drittel der ‚Ndrangheta zuzuordnen. Aus den Strafverfahren ließ sich 2011 ein Schaden von 2,7 Millionen Euro ermitteln. Der sicherheitspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Harald Schneider, betonte, die Dunkelziffer werde etwa doppelt so hoch geschätzt. Das organisierte Verbrechen sei „überall“. Der SPD-Politiker bekräftigte: „Es zieht sich quer durch ganz Bayern.“ Deutschland sei ein „gelobtes Land“ für die Mafia. Schneider beklagte, die Zusammenarbeit deutscher und italienischer Ermittler laufe „fürchterlich schlecht“. So müssten aufwändige Ermittlungsersuchen gestellt werden. „Der offizielle Weg über die Justiz ist steinig und führt oftmals ins Leere.“ Nötig sei eine direkte Zusammenarbeit der Polizei auf Arbeitsebene, verlangte der SPD-Politiker. Dies müsste „europäisch geregelt werden“. Er hoffe, dass eine von den Sozialdemokraten beantragte Expertenanhörung im Landtag möglicherweise erste Ansätze bringen könne, sagte Schneider. Schneider betonte zugleich: „Wir brauchen unbedingt auch mehr Personal“ für die Ermittlungen im Mafia-Milieu. Die Polizei sei überlastet. Ein weiteres Problem ist nach seiner Einschätzung die Gesetzeslage. So sei es in Italien möglich, große Vermögen zu beschlagnahmen, deren Herkunft die Eigentümer nicht erklären könnten. In Deutschland sei das Beschlagnahmen auch dann nicht möglich, wenn die Ermittler mit hoher Wahrscheinlichkeit wüssten, dass Vermögen aus illegalen Machenschaften stamme. Nötig sei ein eindeutiger Beweis. Garavini, die im Anti-Mafia-Ausschuss des italienischen Parlaments sitzt, ergänzte, im Freistaat würden „massiv kriminelle Handlungen unternommen“, vor allem Drogengeschäfte und Geldwäsche. Dabei würden „immer neue Methoden entwickelt“, berichtete sie. So betreibe die Mafia etwa Geldwäsche durch Investitionen in neue Bereiche wie die Windenergie. „Es wird auch massiv erpresst“. Betroffene Gastronomen und Kleinunternehmer stellten aber kaum Anzeige. Hier sei Präventionsarbeit nötig. Der Mafia sei es gelungen, die Globalisierung auszunutzen und sich zu internationalisieren. Jetzt müsse sich auch das Recht internationalisieren, verlangte Garavini. Die Politikerin hat nach eigenen Angaben die Initiative „Mafia? Nein, Danke“ mitbegründet. Diese solle jetzt auch nach München kommen, kündigte sie am Freitag an. dapd (Politik/Politik)
Neuer Steuerzoff zwischen NRW und dem Bund
Düsseldorf/Berlin (dapd). Der Umgang mit deutschen Steuerhinterziehern in der Schweiz bringt Nordrhein-Westfalen und die Bundesregierung auf Konfrontationskurs. Die Landesregierung in Düsseldorf will nicht vom Kauf von Steuersünder-Daten lassen, das Bundesfinanzministerium wirft ihr vor, damit Absprachen zu brechen. Zudem gefährde Nordrhein-Westfalen das Steuerabkommen mit der Schweiz. Von dem hält die Landesregierung aber ohnehin nichts. Medienberichten zufolge hat Nordrhein-Westfalen kürzlich erneut zwei CDs mit Daten von deutschen Steuerpflichtigen gekauft, die ihr Geld bei Schweizer Banken verstecken. Die Landesregierung will das weder bestätigen noch dementieren, gibt aber offen zu, schon solche Daten gekauft zu haben und dazu auch weiterhin bereit zu sein. NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) betonte im Bayerischen Rundfunk, sein Land gehe bei den CD-Käufen „nicht auf eigene Faust“ vor. Vielmehr werde immer das Bundeszentralamt für Steuern eingeschaltet. Insgesamt habe das Land bisher einen einstelligen Millionenbetrag in Datenkäufe investiert, sagte er im ZDF-„Morgenmagazin“. Die Informationen hätten zu etwa 300 Millionen Euro an Steuereinnahmen für Bund und Länder geführt. Der Minister kritisierte im BR erneut das geplante Steuerabkommen mit der Schweiz, das eigentlich Anfang 2013 in Kraft treten soll. Dieses lasse für die Zukunft „immer noch Tür und Tor offen“, unversteuerte Gelder in die Schweiz zu bringen. Die Deutsche Steuergewerkschaft (DStG) unterstützt die Position des Sozialdemokraten. „Das ist eine offensichtliche Amnestie für Steuerbetrüger, die noch nicht mal durch die Hintertür kommt“, sagte der NRW-Vorsitzende der DStG, Manfred Lehmann der Nachrichtenagentur dapd. Er sprach von einem „Schlag ins Gesicht aller ehrlichen Steuerzahler“ und forderte neue Verhandlungen mit der Schweiz. Der DStG-Bundesvorsitzende Thomas Eigenthaler riet Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), das Abkommen zu beerdigen. Der Vertrag sei politisch tot, sagte er den Dortmunder „Ruhr Nachrichten“. CD-Käufe findet Eigenthaler hingegen sinnvoll, denn diese brächten dem Staat Einnahmen. Das Bundesfinanzministerium will mit den Käufen dennoch nichts zu tun haben. „Es ist doch eine Schnapsidee, zu erwarten, dass sich der Bund an Zahlungen, die er rechtlich für fragwürdig hält, auch noch beteiligt“, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Steffen Kampeter (CDU), der „Financial Times Deutschland“. In früheren Jahren hatte sich der Bund mehrfach finanziell an CD-Käufen beteiligt. Nordrhein-Westfalen handele im Alleingang, gefährde damit die Verhandlungen des Bundes mit der Schweiz und breche Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern, sagte Kampeter. „Wer auf Datendiebstahl setzt, handelt in einer politischen und rechtlichen Grauzone.“ SPD-Bundestagsfraktionsvize Joachim Poß reagierte empört. Dass der Bund keine CD-Käufe mehr mitfinanzieren wolle, sei „ein neuer Höhepunkt im Bestreben von Bundesfinanzminister Schäuble, sich einer wirksamen Bekämpfung grenzüberschreitender Steuerhinterziehung zu verweigern“, sagte er in Berlin. Weiter angeheizt wird die Debatte von Hinweisen, dass Steuerhinterzieher nun versuchen, ihr Geld vor Inkrafttreten des Steuerabkommens in den Fernen Osten zu verschieben. Mit dem Ankauf von Daten der Großbank UBS sollen die Steuerfahnder in den Besitz von Unterlagen gekommen sein, die belegen, wie Schweizer Banken Steuerhinterziehern beim Geldtransfer helfen. „Wir haben erstmals eine Papierspur nach Singapur“, sagte ein Insider aus dem Umfeld des Finanzministeriums in Düsseldorf der „Financial Times Deutschland“. Walter-Borjans bestätigte im ZDF-„Morgenmagazin“, die Steuerfahndung habe Hinweise darauf, dass „in großem Stil“ über Wege zur Verschiebung des Schwarzgeldes in Steueroasen nachgedacht werde. dapd (Politik/Politik)
BND soll umstrukturiert werden
Berlin (dapd). Der neue Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Gerhard Schindler, will die Arbeit seiner Behörde stärker auf die internationalen Brennpunkte konzentrieren. „Unsere Ressourcen sind begrenzt. Deshalb frage ich mich in der Tat, ob der BND überall auf der Welt vertreten sein muss“, sagte Schindler der „Welt“ (Samstagausgabe). Er fügte hinzu: „Ich bin der Auffassung, dass es Regionen geben darf, die wir künftig nur mit geringerer Intensität beobachten“. So könnten die vorhandenen Kräfte in Schwerpunkten wie Syrien oder Afghanistan gebündelt werden. „Für mich gilt das Prinzip: Lieber etwas richtig machen und dafür einiges vernachlässigen, als alles machen zu wollen und das dann nur halb“, betonte Schindler. Der 59-jährige hatte Anfang des Jahres die Amtsgeschäfte beim BND übernommen. dapd (Politik/Politik)
Unterstützung für EU-Referendum wächst
Berlin (dapd). Parteiübergreifend wächst die Zahl der Politiker, die sich für eine Volksabstimmung über die Zukunft der Europäischen Union aussprechen. CSU-Chef Horst Seehofer plädiert dafür, künftig die „Übertragung von wesentlichen Kompetenzen“ nach Brüssel zur Abstimmung zu stellen. Auch FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle brachte eine Volksabstimmung ins Gespräch. Parteichef Philipp Rösler äußerte hingegen Zweifel an den europapolitischen Absichten der CSU. Seehofer nannte drei Gebiete, zu denen „das Volk befragt werden müsste“: Die „Übertragung von wesentlichen Kompetenzen nach Brüssel“, die Aufnahme weiterer Staaten in die Europäische Union sowie finanzielle deutsche Hilfen für andere EU-Staaten. „Solche Fragen sollte man der Bevölkerung zur Entscheidung vorlegen“, sagte er der „Welt am Sonntag“ laut Vorabbericht vom Freitag und brachte hierfür eine Verfassungsänderung ins Gespräch. „Wir sollten solche Formen des Plebiszits in das Grundgesetz aufnehmen“, sagte er. Europa dürfe kein Projekt der Eliten bleiben. „Nur mit mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung können wir die Legitimations- und Vertrauenskrise gegenüber den europäischen Institutionen überwinden.“ Vor einigen Wochen hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) im „Spiegel“ bereits die Erwartung geäußert, dass die Deutschen in wenigen Jahren über ein neues Grundgesetz abstimmen müssen. SPD-Chef Sigmar Gabriel plädierte für eine gemeinschaftliche Haftung für die Schulden einzelner Euro-Staaten und will dazu das Volk befragen. Auch Brüderle hält ein EU-Referendum nicht für ausgeschlossen. „Wir können an einen Punkt kommen, an dem eine Volksabstimmung über Europa notwendig wird“, sagte er dem „Hamburger Abendblatt“. Er versicherte, die Liberalen seien immer „für eine europäische Verfassung“ gewesen. Rösler sprach sich derweil für ein klares Regelwerk aus, das von allen Staaten der Eurozone eingehalten werden müsse. „Wer sich an die Regeln hält, Haushaltsdisziplin übt und eigene Reformanstrengungen unternimmt, der kann auf unsere Solidarität bauen“, sagte Rösler im Interview der Nachrichtenagentur dapd. Wer allerdings gegen die Vereinbarungen verstoße, könne nicht mit weiteren Hilfen rechnen: „Europa und der Euro haben ihren Preis, aber auch ihren Wert.“ Der CSU warf Rösler dagegen vor, das vereinte Europa sei ihr „offenbar nur ein zweitrangiges Anliegen“. Hintergrund sind Forderungen aus den Reihen der CSU nach einem Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone. Allerdings hatte auch Rösler gesagt, für ihn habe der Austritt des krisengeschüttelten Landes längst seinen Schrecken verloren. Die Linke warf der FDP Erpressung vor. Mit seiner Äußerung über eine europäische Volksabstimmung gaukele Brüderle den Menschen vor, „dass sie bald die Wahl zu treffen haben zwischen der Aufgabe von Souveränitätsrechten und dem Zusammenbruch des Euro“, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht. Sie forderte dagegen, dass die Bevölkerung „zwischen der bedingungslosen Bankenrettung und einer Politik, in der die Profiteure zur Kasse gebeten werden“ entscheiden solle. Ferner kritisierte sie, dass Union, FDP, SPD und Grüne sowohl dem Fiskalpakt als auch dem dauerhaften Rettungsschirm ESM zugestimmt hätten und warf diesen vor, sie wollten „dem Verfassungsbruch nachträglich den Anschein von Legitimität verschaffen“. dapd (Politik/Politik)
Die Angst der Schwarzen vor dem Regenbogen
Berlin (dapd). Als vor ein paar Wochen zum Christopher Street Day bunte Wagen mit wummernden Bässen durch Berlin zogen, stand der „Law and Order“-Mann der CDU mitten zwischen den Schwulen und Lesben. Innensenator Frank Henkel folgte mit Tausenden anderen der Regenbogenflagge, dem Symbol der schwul-lesbischen Gemeinschaft. Viele Spitzenpolitiker gibt es derzeit nicht in der Union, die ähnliches tun würden. Der Streit über den Status gleichgeschlechtlicher Partnerschaften macht deutlich, wie groß die Homophobie bei CDU und CSU ist. Im Gegensatz zu Hamburgs früherem Erstem Bürgermeister Ole von Beust (CDU), der inzwischen offen mit seiner Homosexualität umgeht, fällt vielen Unionspolitikern der Umgang mit dem Thema schwer. Es gibt einen Bundesverband der Lesben und Schwule in der Union, Politprominenz findet sich im Vorstand nicht. Dabei dürfte es einige Homosexuelle in der Union geben. Er sei „sicher nicht der einzige Schwule in der CDU – es gibt viele, die mir sagen: So wie du könnte ich in meinem Wahlkreis nicht auftreten“, erklärte der CDU-Abgeordnete Stefan Kaufmann im „Spiegel Online“-Interview. Die Angst sitzt tief. Sie sitzt tiefer als die Angst vor einem Modernisierungskurs der Partei und hat nur wenig mit dem Grad des Konservatismus eines jeden Abgeordneten und Funktionsträgers zu tun. So wetterte der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stefan Müller, jüngst in einem Interview, er lehne „die Initiative zur steuerlichen Gleichstellung von homosexuellen Partnerschaften klar ab.“ Müller ist Jahrgang 1975, Ehemann und Vater einer Tochter, ein pfiffiger Kopf und nach vorne denkender Mensch. Obwohl sich die CSU-Bundestagsabgeordnete Dagmar Wöhrl der Forderung von 13 CDU-Kollegen zur Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften beim Ehegattensplitting anschloss – die CSU ist in der Union der Hardliner. „Die CSU lehnt die rechtliche Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften mit der Ehe und ein entsprechendes Adoptionsrecht ab“, bügelt das Grundsatzprogramm der Partei langjährige Forderungen von Schwulen und Lesben brüsk ab. Immerhin kann sich die CSU noch abringen, dass sie „anerkennt, wenn in diesen Partnerschaften Menschen füreinander einstehen und verlässlich Verantwortung und Sorge füreinander übernehmen.“ In der CSU verweisen sie zudem auf den Koalitionsvertrag: Der in diesen Tagen viel zitierte Passus auf Seite zwölf handele nicht von gleichgeschlechtlichen Paaren. In der Tat will die Koalition lediglich „die gleichheitswidrige Benachteiligungen im Steuerrecht abbauen und insbesondere die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Gleichstellung von Lebenspartnern mit Ehegatten umsetzen“. Karlsruhe ist den Christsozialen Mahner genug, sie wollen die Sache nicht noch politisch forcieren. Es sei nicht nötig, vor einem möglichen Urteil des Bundesverfassungsgerichts gesetzlich initiativ zu werden, betonte Stefan Müller. Wasser auf die CSU-Mühlen ist die Haltung in Teilen des Koalitionspartners FDP. Dessen Finanzexeperte Hermann Otto Solms trat offen gegen FDP-Chef Philipp Rösler auf, der sich für eine steuerliche Gleichstellung von Lebenspartnerschaft und Ehe ausspricht. Solms erklärte, es gebe weder im Koalitionsvertrag noch in den Koalitionsgesprächen eine Vereinbarung zur Ausdehnung des Ehegattensplittings auf gleichgeschlechtliche Paare. Die große Schwester CDU verpackt ihre Ablehnung etwas freundlicher. „Wir respektieren die Entscheidung von Menschen, die in anderen Formen der Partnerschaft ihren Lebensentwurf verwirklichen“, heißt es im CDU-Grundsatzprogramm. Die Partei erkenne an, dass auch in solchen Beziehungen Werte gelebt würden, die grundlegend für die Gesellschaft seien. Dies gilt nicht nur für nichteheliche Partnerschaften zwischen Frauen und Männern. „Dies gilt auch für gleichgeschlechtliche Partnerschaften.“ Eine Gleichstellung mit der „Ehe zwischen Mann und Frau als Kern der Familie“ lehnt die CDU allerdings ab, ebenso wie ein Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare. Nicht auszuschließen, dass sich die Delegierten auf dem Parteitag Anfang Dezember in Hannover mit dem Thema befassen werden. Der CDA-Bundesvorsitzende Karl-Josef Laumann plädiert dafür, die steuerliche Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften und Ehe dort zu beraten. „Das Thema ist zu wichtig, um es ausschließlich im Tagesgeschäft der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu behandeln“, erklärte er. Bislang gibt es noch keinen Ansatz in diese Richtung. Die Chancen stehen allerdings so schlecht nicht, dass das Thema auf die Tagesordnung gesetzt und in Hannover eine Trendwende eingeleitet wird. Immer wieder gibt es an der Basis Vorstöße der Mitglieder für eine umfassende Gleichstellung, zuletzt scheiterte ein solches Ansinnen im CDU-Landesverband Sachsen. Möglicherweise gibt das Beispiel USA der Union Auftrieb. Präsident und Wahlkämpfer Barack Obama sprach sich dort für die Zulassung gleichgeschlechtlicher Ehen aus. Hilfreich wäre auf alle Fälle eine nüchterne Betrachtung der Fakten. Nach den letzten verfügbaren Zahlen des Statistischen Bundesamtes gab es 2009 in Deutschland mehr als 63.000 gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften, davon rund 37.000 schwule und fast 27.000 lesbische Paare. Bezogen auf alle Paare in Deutschland war ihr Anteil allerdings verschwindend gering: Er betrug nur 0,3 Prozent. Keine Zahl, vor der man Angst haben müsste. Im vergangenen Sommer war Renate Köcher, die Chefin des Instituts für Demoskopie Allensbach, zu Gast bei der Klausurtagung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Es ging um den Markenkern der Partei, und Köcher legte den Abgeordneten interessante Zahlen vor. Demnach sind 38 Prozent und damit die Mehrheit der Bevölkerung der Meinung, dass gleichgeschlechtliche Paare verheirateten Paaren „völlig gleichgestellt“ werden sollen. Angesichts der Homophobie in der Fraktionsführung müsste man schließen, die Anhänger der CDU/CSU sähen dies völlig anders. Weit gefehlt: 32 Prozent von ihnen waren ebenfalls dieser Meinung. dapd (Politik/Politik)
Deutsche Meiler offenbar nicht von Problem in belgischem AKW betroffen
Brüssel (dapd). Nach der Entdeckung möglicher Materialschäden an einem belgischen Atomkraftwerk hat das Bundesumweltministerium zumindest hierzulande Entwarnung gegeben. „Wir können ausschließen, dass dieser Typus in einem laufenden deutschen AKW verbaut ist“, sagte ein Ministeriumssprecher auf dapd-Anfrage am Freitag und fügte hinzu: „Insofern können wir definitiv Entwarnung geben.“ Noch offen sei indes, ob die mutmaßlich schadhafte Reaktorkonstruktion in einem bereits stillgelegten Meiler auf deutschem Boden zum Einsatz gekommen sei. Auch in diesem Fall bestünde allerdings kein Sicherheitsrisiko mehr, versicherte der Sprecher. Die belgische Atomaufsichtsbehörde AFCN hatte bei einer Routinekontrolle am Block 3 des bei Antwerpen gelegenen Kernkraftwerks Doel im Juni Unregelmäßigkeiten festgestellt. Bei eingehenden Messungen mit einer neuen Ultraschall-Methode seien „zahlreiche Hinweise“ gefunden worden, die auf feine Risse in der Stahlsubstanz des Reaktorbehälters hindeuteten. Doel 3 wurde daraufhin bis mindestens Ende August stillgelegt. Nach Angaben der belgischen Regierung besteht keinerlei Gefahr für Bürger oder Mitarbeiter des AKW, zumal der Brennstoff aus dem betroffenen Reaktor entfernt worden sei. Innenministerin Joëlle Milquet versprach aber „extreme Wachsamkeit“ bis zum Abschluss der laufenden Untersuchung. Vor deren endgültigem Ergebnis werde auch keine Entscheidung über eine mögliche Reaktivierung des bereits in den 70er Jahren konstruierten und 1982 in Betrieb genommenen Druckwasserreaktors getroffen. Unterdessen haben die belgischen Behörden auch potenziell betroffene Drittstaaten über den Vorfall informiert. Nach Angaben der AFCN gibt es weltweit 21 weitere Reaktoren des gleichen Bautyps. In welche Länder diese geliefert wurden, sei aber nur schwer nachzuvollziehen, da die niederländische Herstellerfirma heute nicht mehr existiert. Nach einem Bericht der französischen Zeitung „Le Monde“ gingen unter anderem zwei Fabrikate nach Deutschland. Nach Angaben von EU-Kommissionssprecherin Marlene Holzner wird nun geprüft, inwiefern Reaktoren des gleichen Typs in den 15 anderen EU-Ländern verbaut wurden, die Atomkraft nutzen. Für Donnerstag hat die AFCN zudem ein Expertentreffen zum Austausch erster Erkenntnisse anberaumt. Sicher ist, dass ein baugleicher Reaktor auch im 30 Kilometer südwestlich von Lüttich gelegenen Atomkraftwerk Tihange steht. Der betroffene Block 2 wird deshalb ab Mitte August ebenfalls untersucht, Resultate erwartet die AFCN für Ende September. Die drei zu Tihange und vier zu Doel gehörenden Reaktorblöcke bilden zusammen Belgiens einzige Kernkraftwerke. Der nun stillgelegte Block Doel 3 mit einer Leistung von 1.000 Megawatt ist rund 13 Meter hoch und hat einen Durchmesser von 4,40 Meter sowie 20 Zentimeter dicke Wände. Die gesamte Konstruktion wiegt etwa 330 Tonnen. In Brüssel gibt man sich trotz der vorsichtshalber eingeleiteten Sicherheitsvorkehrungen gelassen. „Dieser Vorfall ist momentan ein eher kleiner und kein Grund zur Sorge für die Bevölkerung“, hieß es in EU-Kreisen. Sollten allerdings schwerwiegende Materialschäden bestehen, wäre eine Reparatur des Reaktorbehälters nach Einschätzung der AFCN „praktisch unmöglich“. Auch ein Austausch sei „extrem schwierig“ und wegen der erhöhten Strahlung weltweit noch nie gewagt worden. Offen ist daher noch, was eine vorzeitige Stilllegung des Reaktors für die Pläne der belgischen Regierung bedeutet, alle Blöcke zwischen 2015 und 2025 vom Netz zu nehmen. © 2012 AP. All rights reserved (Politik/Politik)
Innenministerium gibt umstrittene Sport-Zielvereinbarung frei
London/Berlin (dapd). Das Bundesinnenministerium (BMI) hat Teile der bisher unter Verschluss gehaltenen Zielvereinbarung mit den deutschen Sport-Fachverbänden am Freitag veröffentlicht. Darunter sind vor allem die umstrittenen Medaillenvorgaben. Das mehrere Hundert Seiten umfassende Papier, in dem auch die Fördermittel enthalten sind, wurde vorerst nur den beiden klagenden Journalisten der WAZ-Gruppe, Daniel Drepper und Niklas Schenck, zur Verfügung gestellt. Das bestätigten diese der dapd-Nachrichtenagentur auf Anfrage. Anschließend solle die Vereinbarung aber öffentlich zugänglich gemacht werden. Das Verwaltungsgericht Berlin hatte das BMI dazu verpflichtet, die Zielvorgaben öffentlich zu machen. Die Frist dazu lief am Freitag um 15 Uhr aus. Wäre das Ministerium von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) der Aufforderung nicht nachgekommen, hätte ein Zwangsgeld von 10.000 Euro verhängt werden können. BMI und der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hatten bis zuletzt versucht, die Veröffentlichung zumindest bis nach den Olympischen Spielen zu verhindern. Das BMI fördert den deutschen Sport jährlich mit insgesamt mehr als 130 Millionen Euro. dapd (Politik/Politik)
Verfassungsschutz soll moderner und öffentlicher werden
Köln (dapd-nrw). Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) bemüht sich nach der Akten-Schredder-Affäre um Schadensbegrenzung. Die Behörde will ihre Abläufe modernisieren und zugleich für die Öffentlichkeit transparenter werden. Das kündigte der neue BfV-Präsident Hans-Georg Maaßen bei seiner Amtseinführung am Freitag in Köln zusammen mit Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) an. „Das Vertrauen, das wir verloren haben, müssen wir wieder herstellen“, sagte Maaßen. Künftig will die Behörde für mehr Akzeptanz ihrer Arbeit in der Gesellschaft werben. Auch soll die Zusammenarbeit zwischen dem BfV und den Landesämtern für Verfassungsschutz verbessert werden. Eine Aufstockung des Personals soll es laut Maaßen dazu nicht geben. Derzeit verfügt das BfV an seinen beiden Dienstsitzen Köln und Berlin über rund 2.700 Mitarbeiter. „Vertrauen ist die Hauptwährung der Nachrichtendienste“, sagte Maaßen. Zur Wiedergewinnung dieses Vertrauens in der Öffentlichkeit müsse es deshalb eine „umfassende wie selbstkritische“ Überprüfung der Arbeitsgrundlagen des BfV geben. Die Behörde müsse „so effektiv und modern wie möglich“ aufgestellt werden, um den Herausforderungen etwa bei der Terrorismusbekämpfung gerecht zu werden. Die Arbeit der Verfassungsschützer dürfe dabei nicht länger als „am Rande der Gesellschaft“ stehend wahrgenommen werden, merkte Maaßen an. Die Akten-Schredder-Affäre sei auch für die Belegschaft ein Schock gewesen. „Mit Schrecken“ hätten die „hochmotivierten“ Mitarbeiter zur Kenntnis genommen, dass solche „Fehlleistungen überhaupt möglich“ seien. Als Konsequenz aus der Affäre hatte Maaßens Vorgänger Heinz Fromm seinen vorzeitigen Abschied genommen. Friedrich betonte, der Verfassungsschutz bleibe eine „wichtige Säule“ in der Sicherheitsarchitektur und ein „unverzichtbares Frühwarnsystem“, das über die Jahrzehnte hervorragende Arbeit geleistet habe. Diese Erfolge gelte es den Bürgern besser zu vermitteln: „Wir brauchen das Vertrauen der Öffentlichkeit und der Parlamente in die Arbeit des Verfassungsschutzes.“ Gleichwohl müsse ein Geheimdienst bei der Darstellung seiner Arbeit Grenzen ziehen und könne nicht alles in der Öffentlichkeit diskutieren. Kritik kam von der Opposition im Bundestag. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, sagte, mit Maaßen habe Friedrich einen seiner „Gefolgsleute“ an die Spitze des BfV gesetzt. Das lasse kaum auf mehr Transparenz hoffen. Petra Pau vom Fraktionsvorstand der Linken bezweifelte, ob ein „Generalumbau“ des Verfassungsschutzes wirklich beabsichtigt sei. dapd (Politik/Politik)