Weidmann drängt auf gesamtwirtschaftliche Reformen in Spanien

Frankfurt/Main (dapd). Die Bundesbank empfiehlt Spanien, mit seiner Gesamtwirtschaft Hilfe der Euro-Länder anzunehmen, anstatt nur Finanzhilfe für den Bankensektor anzufordern. „Bankbilanzen sind immer auch ein Spiegel der Gesamtwirtschaft“, sagte Bundesbankpräsident Jens Weidmann der „Börsen-Zeitung“ (Onlineausgabe).

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Direkte Bankenhilfen: Künftiger ESM-Chef widerspricht Schäuble

Berlin (dapd). Bei den geplanten direkten Hilfe für marode europäische Banken droht offenbar schlimmstenfalls der Totalverlust von Steuergeldern. Der künftige ESM-Chef Klaus Regling sagte der „Welt am Sonntag“, die jeweiligen Staaten müssten keineswegs für die Geldspritzen haften. Damit wäre das Geld weg, sollte eine Bank Pleite gehen. Regling ging damit auf Distanz zu Finanzminister Wolfgang Schäuble. Der hatte erklärt, die Regierung gehe von einer staatlichen Haftung aus.

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Beschneidung soll schnell gesetzlich geregelt werden

Beschneidung soll schnell gesetzlich geregelt werden Berlin (dapd). Die rituelle Beschneidung von Jungen soll möglichst bald gesetzlich geregelt werden. Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) will eine Lösung über das Patientenrecht prüfen, um die rechtliche Unsicherheit schnellstens zu beenden. Auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung stellt eine schnelle Lösung in Aussicht. Der Präsident des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann, drängt die Politik per Brief zur Eile. Das Landgericht Köln hatte die Beschneidung von Jungen im Juni als strafbare Körperverletzung gewertet. Das Urteil sorgte hierzulande wie international für Empörung. Die Beschneidung hat sowohl im Judentum als auch im Islam eine lange Tradition. Die Kölner Richter argumentierten jedoch, in der Bewertung überwiege das Grundrecht eines Kindes auf körperliche Unversehrtheit. Die Religionsfreiheit und das Erziehungsrecht der Eltern würden nicht unzumutbar beeinträchtigt, wenn sie abwarten müssten, ob sich das Kind später selbst für eine Beschneidung entscheide. Bahr sagte, dass er die Beschneidung als Ausdruck religiöser Selbstbestimmung straffrei halten wolle. „Für mich ist die freie Ausübung der Religion ein ganz hohes Gut“, sagte der FDP-Politiker der Tageszeitung „Die Welt“. Deshalb sei die Unsicherheit nach dem Gerichtsurteil schnellstens abzubauen. Es werde nun diskutiert, „ob eine Legalisierung religiös begründeter Beschneidungen im Patientenrecht geregelt werden kann“, erklärte Bahr. Man müsse aber „abwarten, ob dieser Weg rechtlich überhaupt gangbar ist“. „Dann müssten wir gehen“ Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), stellte ebenfalls eine rasche Lösung in Aussicht. „Die Religionsfreiheit in Deutschland ist ein hohes Gut. Die jüdischen und muslimischen Menschen müssen ihren Glauben leben können“, sagte die CDU-Politikerin der „Passauer Neuen Presse“. Das Kölner Urteil habe bei vielen Juden und Muslimen für große Verunsicherung gesorgt. „Umso wichtiger ist es jetzt, in dieser Frage zügig Rechtssicherheit zu erreichen“, fügte Böhmer hinzu. Graumann ermahnte die Politiker per Brief zur Eile. Er habe Bundeskanzlerin Angel Merkel (CDU), alle Fraktionschefs im Bundestag und die Ministerpräsidenten schriftlich gebeten, ein Gesetz direkt nach der Sommerpause auf den Weg zu bringen, sagte er dem „Focus“ laut Vorabbericht. Falls es bei der Rechtsauffassung eines Kölner Gerichts bleibe, wonach die Beschneidung eines Jungen strafbare Körperverletzung ist, sei das jüdische Leben in Deutschland bedroht. „Dann müssten wir gehen“, sagte Graumann. Das sei „kein rhetorischer Trick“. dapd (Politik/Politik)

Riexinger will Euro-Krise besser erklären

Riexinger will Euro-Krise besser erklären Stuttgart (dapd). Aus Sicht des neuen Linke-Chefs Bernd Riexinger wird die Euro-Krise den Bürgern bislang von allen deutschen Parteien nicht nachvollziehbar vermittelt. „Das ist eine sehr abstrakte Problematik, die nicht ordentlich erklärt wird. Wir bilden da keine Ausnahme“, räumte der 56-Jährige am Rande einer Parteiveranstaltung am Samstag in Stuttgart ein. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) war jüngst von mehreren Politikern, unter anderen Bundespräsident Joachim Gauck, aufgefordert worden, die Politik rund um die Euro-Krise ausführlicher zu erklären. Riexinger kündigte eine Kampagne an, in der die „verfehlte Politik der Regierung“ in den Kontext zur Euro-Krise gestellt werden solle. Riexinger, der gemeinsam mit Katja Kipping Anfang Juni zum Parteivorsitzenden gewählt wurde, sagte, die Linkspartei müsse klar machen, dass sich die finanzielle Lage in den Kommunen zu verschärfen drohe, wenn der Fiskalpakt in Kraft trete. dapd (Politik/Politik)

Grüne wollen gleich viel Geld für Asylbewerber und Hartz-IV-Bezieher

Grüne wollen gleich viel Geld für Asylbewerber und Hartz-IV-Bezieher Berlin (dapd). Asylbewerber sollen nach dem Willen der Grünen genauso viel Geld bekommen wie Hartz-IV-Bezieher. „Aus unserer Sicht muss das Existenzminimum nicht nur für Deutsche gelten, sondern für alle Menschen in Deutschland“, schreibt der menschenrechtspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Volker Beck, in der Wochenendausgabe der „tageszeitung“ (taz). Am kommenden Mittwoch wird das Bundesverfassungsgericht entscheiden, ob die Sätze für Asylbewerber an die von deutschen Erwerbslosen angepasst werden. Die Beträge für Asylbewerber seien nicht nur viel zu niedrig, sie seien auch willkürlich festgesetzt worden, monierte Beck. Bisher erhalten Asylbewerber 224,97 Euro monatlich, größtenteils in Form von Gutscheinen. Ein Hartz-IV-Empfänger bekommt 374 Euro. Damit liegen die Sätze von Asylbewerbern 40 Prozent unter dem gesetzlich festgelegten Existenzminimum. Der Integrationsbeauftragter der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Michael Frieser, verteidigt in der „taz“ die bestehende Regelung. Arbeitslosengeld II solle erwerbsfähige leistungsberechtigte Personen bei der Eingliederung in Arbeit unterstützen. Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sollten die Existenz sichern, argumentierte der CSU-Politiker. Sachleistungen seien keine Schikane, sondern notwendig, um Missbrauch einzudämmen. dapd (Politik/Politik)

Schwesig attackiert Seehofer

Schwesig attackiert Seehofer Amberg (dapd-lmv). In der Debatte um die Einführung eines Betreuungsgeldes wirft die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Manuela Schwesig dem CSU-Chef Horst Seehofer Rücksichtslosigkeit vor. „Seehofer geht es schon lange nicht mehr um die Kinder und die Familien“, sagte Schwesig beim Landesparteitag der bayerischen SPD in Amberg. Der CSU-Vorsitzende wolle in der Diskussion ums Betreuungsgeld lediglich seinen Machtanspruch durchsetzen, kritisierte Schwesig. Die SPD wolle den Familien in der Kinderbetreuung dagegen eine „echte Wahlfreiheit“ bieten, sagte die Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern. Deshalb plädiere sie für den weiteren Ausbau der Kinderbetreuung. Allein mit dem bayerischen Anteil am Betreuungsgeld könnten 18.000 Kita-Plätze im Freistaat geschaffen werden, rechnete Schwesig vor. dapd (Politik/Politik)

Kirche verurteilt Nazi-Hetze gegen Pastoren

Kirche verurteilt Nazi-Hetze gegen Pastoren Celle/Hannover (dapd-nrd). Nach der Hetze gegen evangelische Pastoren aus der Region Celle im rechtsextremistischen Internetportal Altermedia protestiert die Landeskirche. Bischof Ralf Meister sagte am Samstag in Hannover: „Wir verurteilen die hier sichtbar werdende menschenverachtende und menschenfeindliche Ideologie, die unvereinbar mit den demokratischen Werten ist.“ Am Donnerstag hatten die Betreiber der Internetseite Altermedia einen Artikel veröffentlicht, in dem sie das Engagement von drei namentlich genannten Pastoren gegen Rechtsextremismus verhöhnen. Seitdem häufen sich Kommentare der Leser. Darin werden die Pfarrer unter anderem als „Verräterdeutsche“ bezeichnet, die „aus Deutschland entfernt“ werden müssten. Ein Pastor hat deshalb nach Informationen der Nachrichtenagentur dapd bereits Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet. Die rechtsextremistische Internetseite Altermedia ist deutschlandweit eine der wichtigsten Plattformen für Neonazis im Netz. Ihr ehemaliger Betreiber Axel M. wurde im vergangenen Oktober unter anderem wegen Volksverhetzung zu einer Haftstrafe verurteilt, weil er auf Altermedia Juden und Ausländer verhöhnt hatte. Auch der Verfassungsschutz beobachtet Altermedia. dapd (Politik/Politik)

Starke Regenfälle beeinträchtigen die Getreideernte

Starke Regenfälle beeinträchtigen die Getreideernte Berlin (dapd). Das überwiegend regnerische Wetter der vergangenen Wochen macht den Getreidebauern in weiten Teilen Deutschlands zu schaffen. Nachdem das Wintergetreide im Frühjahr durch Frost geschädigt worden war, musste nun die Getreideernte vielerorts wegen heftiger Regenfälle unterbrochen werden, wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur dapd in den Bundesländern ergab. In einigen Regionen wird nach Spätfrösten und Trockenheit im Frühjahr mit Ernteeinbußen gerechnet. Der Landesbauernverband Niedersachsen erwartet einen um zehn Prozent niedrigeren Getreideertrag als im Vorjahr. „Mit 5,1 Millionen Tonnen eingefahrenem Getreide war auch das schon ein grottenschlechtes Jahr“, sagte eine Sprecherin. Auch in Brandenburg, Sachsen und Schleswig-Holstein war das Wetter nach Einschätzung von Landwirten zu nass. In Thüringen kam zu den schlechten Witterungsbedingungen noch eine Mäuseplage hinzu: „Wo das Wetter nicht so schlimm war, kamen die Mäuse“, sagte Reinhard Kopp vom Thüringer Bauernverband in Erfurt. In Nordrhein-Westfalen sei die laufende Ernte wegen des regnerischen Wetters ins Stocken gekommen, sagte ein Sprecher der Landwirtschaftskammer NRW. Derzeit sei das aber nicht so schlimm für die Bauern, weil kein Hagel die Ernte zerstört habe: „Noch ist alles drin.“ In Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen haben Landwirte große Teile ihres Wintergetreides aufgrund von Frostverlusten abschreiben müssen. Nach einem zu trockenen Frühjahr ist nun Regen sogar erwünscht, um das Wachstum des Sommergetreides zu fördern. Auch bei den Bauern in Mecklenburg-Vorpommern ist Regen derzeit willkommen. Dort rechnet Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) mit einer durchschnittlichen Getreideernte. Viele Felder hätten unter dem trockenen Frühjahr gelitten. Besonders betroffen seien die sandigen Böden im Osten und Süden des Landes. In Teilen Bayerns hatte es vor allem im Mai ebenfalls zu wenig geregnet. So rechnen die Bauern in Franken und Niederbayern nach Verbandsangaben mit Ernteeinbußen durch Trockenheit. Sollte das Wetter beständiger werden, so der Tenor in den Ländern, ließen sich aber noch ordentliche Ergebnisse beim Getreide erzielen. Die Gemüsebauern freuen sich ebenfalls über Regen: Sie müssen bei Niederschlag weniger selbst bewässern. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Angeblicher CD-Kauf heizt Streit über Steuerabkommen an

Angeblicher CD-Kauf heizt Streit über Steuerabkommen an Berlin/Düsseldorf (dapd). Der mögliche Kauf einer CD mit Daten von Steuersündern lässt den Streit über das geplante Steuerabkommen mit der Schweiz wieder aufflammen. Nordrhein-Westfalen hat einem Zeitungsbericht zufolge erneut einen Datenträger gekauft. Das Finanzministerium will das nicht bestätigen, doch Ressortchef Norbert Walter-Borjans (SPD) verteidigt grundsätzlich den Kauf von CDs. Das Bundesfinanzministerium hält dagegen und wirbt für das Abkommen, das den Erwerb von Steuersünder-Daten überflüssig mache. Die Bundesregierung und die Länder streiten seit Monaten über das Abkommen mit der Schweiz, das Anfang 2013 in Kraft treten soll. Das geht nur, falls der Bundesrat dem Vertrag zustimmt. Bisher sperren sich aber die SPD-geführten Länder dagegen, weil sie finden, dass Steuersünder zu günstig davonkommen. Das Abkommen sieht vor, dass in der Schweiz angelegtes Schwarzgeld deutscher Steuerpflichtiger nachträglich mit 21 bis 41 Prozent besteuert wird. Im Gegenzug sind die Steuerhinterzieher vor strafrechtlicher Verfolgung sicher und bleiben gegenüber den deutschen Behörden anonym. Künftige Erträge, etwa Zinsen, sollen genauso besteuert werden wie in Deutschland. Nordrhein-Westfalen setzt vorerst aber weiterhin auf den Kauf von Daten-CDs, um Steuerhinterzieher zu finden. Wie die „Financial Times Deutschland“ berichtete, kaufte das Land für 3,5 Millionen Euro erneut einen Datenträger. Darauf seien die Namen und Kontoverbindungen von etwa 1.000 vermögenden Deutschen gespeichert. Die Daten stammten von der Züricher Dependance der Privatbank Coutts, einer Tochter der britischen Royal Bank of Scotland. Das NRW-Finanzministerium wollte den Bericht weder bestätigen noch dementieren. „Der Finanzverwaltung werden immer wieder Daten angeboten, die wir dann prüfen“, sagte Ministeriumssprecherin Ingrid Herden der Nachrichtenagentur dapd. Die Frage, ob die Steuerfahndung in Absprache mit dem Ministerium die CD gekauft hat, ließ sie offen. Ressortchef Walter-Borjans verteidigte allerdings grundsätzlich die Vorgehensweise. „Erkenntnisse auch aus dem Ankauf von CDs“ würden benötigt, „um Steuerhinterziehungen in gewaltigem Ausmaß auf die Spur zu kommen“, sagte er dapd. Der SPD-Politiker erneuerte seine Kritik an dem geplanten Abkommen mit der Schweiz. Es sei „so, wie es jetzt auf dem Tisch liegt, für uns nicht zustimmungsfähig“. Da der Vertrag „ohne Zustimmung der rot-grün-geführten Länder“ nicht in Kraft treten könne, sei es „nur folgerichtig, dass wir uns nicht schon jetzt so verhalten, als ob das Abkommen bereits gelten würde“. Das Bundesfinanzministerium war nach eigenen Angaben nicht in den CD-Kauf involviert. In der Vergangenheit hatte der Bund ähnliche Ankäufe mehrmals mitfinanziert. Das Ressort von Wolfgang Schäuble (CDU) hält den CD-Erwerb aber nicht für ein „dauerhaftes Modell“, um die Problematik zu lösen, wie ein Sprecher auf dapd-Anfrage sagte. „Mit dem Inkrafttreten des Abkommens ist der Kauf von Daten-CDs nicht mehr nötig, da bestehende Vermögenswerte in der Schweiz nachversteuert oder offen gelegt wurden und die künftige Besteuerung dieser Vermögenswerte flächendeckend auch ohne Ankauf von Steuerdaten sichergestellt werden kann“, führte er aus. (Informationen des Bundesfinanzministeriums zum Steuerabkommen: http://url.dapd.de/0gXDn3 ) dapd (Politik/Politik)

Reden ist Gold

Reden ist Gold Berlin (dapd-bln). Der Kuchen ist groß – und alle wollen ein Stück davon abhaben: Das Gehör von politischen Entscheidern in Berlin ist eine heiß umkämpfte Ware. Dafür polieren Lobbyisten täglich Türklinken und knüpfen Netzwerke. Verbände, Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen und Initiativen hoffen damit, ihre Interessen durchzusetzen. Die Zahl der Lobbyisten in Berlin wachse immer weiter, sagt der Leiter des Hauptstadtbüros der Initiative Lobby Control, Timo Lange. Das liegt auch daran, dass zunehmend Unternehmen das Berliner Parkett betreten und selbst auf der Lobbying-Klaviatur in die Tasten hauen wollen. In Berlin-Mitte ziehen Touristen durchs Regierungsviertel. Unter ihnen ist eine Studentengruppe aus Rheinland-Pfalz. Führerin Anja Baisch von Lobby Control will sie aber nicht für das Brandenburger Tor erwärmen, sondern für emaillierte Klingelschilder mit Namen von Verbänden und Firmen. „In Berlin gibt es einen Lobby-Dschungel“, sagt sie. „Denn Lobbyismus funktioniert am besten im Verborgenen und ohne Regeln.“ Zu den Stationen der Tour zählen die Repräsentanzen von VW oder des Verbands der Chemischen Industrie (VCI). Engagiert spricht sie von Praktiken beim Lobbying – Studien, die Verbände in Auftrag geben, um die Stimmung in der Öffentlichkeit zu beeinflussen. Bei einigen der Tourstationen gibt es ein Hausverbot für Lobby Control. Der Verein will nach eigenen Angaben unethische Lobbypraktiken, privilegierte Zugänge und Machtungleichgewichte aufdecken. Er wurde 2005 mit dem Ziel gegründet, Demokratie und Transparenz zu fördern. Wie viele Lobbyisten es in Berlin gibt, ist unklar. Lobby Control geht davon aus, dass es zwischen 5.000 und 6.000 sind – Tendenz steigend. Dem wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestags zufolge sollen es 4.500 sein. Lobbyismus wird von Lobby abgeleitet – dem englischen Ausdruck für Vorraum oder der Vorhalle zum Parlament. Mehr als 100 Firmenrepräsentanzen haben sich nach Angaben von Lobby Control mittlerweile in Berlin angesiedelt. Der Politikwissenschaftler Marco Althaus von der Technischen Hochschule Wildau nahe Berlin geht zwar nicht davon aus, dass die nach seiner Rechnung 14.000 Verbände, die schwerpunktmäßig Interessenvertretung verfolgen, dadurch an Bedeutung einbüßen. „In einigen Fällen ist es aber so, dass Verbände nicht ausreichend handlungsfähig sind.“ Weil sie für viele ihrer Mitglieder gebündelt sprechen, brauche es Abstimmungsprozesse, die Zeit in Anspruch nehmen. „Da können Einzelinteressen natürlich schneller sein“, sagt der Wissenschaftler. Wie viele andere Unternehmen hat auch der Chemiekonzern BASF kurz nach dem Regierungsumzug 1999 eine Firmenrepräsentanz in der Hauptstadt eröffnet – am feinen Gendarmenmarkt. In Bonn gab es noch kein Büro. „Politische Kommunikation wird wegen der gestiegenen Komplexität der Fragen immer vielfältiger“, sagt Büroleiter Wolfgang Niedermark. „Oft ist dabei das Wissen unterschiedlichster Experten gefragt.“ Wenn sich Firmen eigene Dependancen nicht leisten, kaufen sie politische Interessenvertretung extern zu. Kommunikationsagenturen und Anwaltskanzleien treten auf den Plan. Die weltweit agierende PR-Agentur Burson-Marsteller, die McDonald’s zu ihren Kunden zählt, ist darunter. Deutschlandchef Karl-Heinz Heuser beobachtet seit vielen Jahren eine zunehmende Professionalisierung. „Früher hat man Lobbyarbeit betrieben, indem man sich getroffen, geredet und eine Zigarre geraucht hat. Wenn wir heute über politische Interessenvertretung sprechen, geht es um Kommunikationsstrategien“, sagt er. Etwa die Kombination aus Medienarbeit, Veranstaltungen wie Sommerfesten, Mitgliedschaften in Verbänden, Verbindungen zur Politik. „Und das alles zusammen schafft für unsere Kunden ein positives Klima, in dem sie sich entwickeln können“, sagt er. Bundestagsabgeordnete sind häufig Adressaten von Lobbyisten. Die Veränderungen in der Lobbyarbeit machen sich auch bei ihnen bemerkbar. Der Rechtsexperte und SPD-Bundestagsabgeordnete Edgar Franke sagt: „Der Wettbewerb ist härter geworden.“ Der Versuch, Politiker auf die eigene Seite zu ziehen, laufe häufig auf „informellen Bahnen“ ab. „Es wird in Netzwerken agiert“, sagt Franke. Etwa durch Angebote, in einem Unternehmen einen Beratervertrag zu erhalten. Und damit begännen die Probleme, sagt der Politiker. Es müsse nämlich deutlich erkennbar sein, wenn ein Bundestagsabgeordneter für eine Firma tätig ist, etwa als Aufsichtsrat oder Beirat. Denn es bestehe die Gefahr, dass man das Interesse verfolgt, „für seine Truppe etwas zu machen. Und dann steht nicht mehr das Allgemeinwohl im Vordergrund, sondern das wirtschaftliche individuelle Interesse.“ Das Meldegesetz sei ein Paradebeispiel, wie solche individuellen Interessen kurzfristig beachtet und Eingang in die Gesetzgebung finden – „so funktioniert das Einflussnehmen“, sagt der SPD-Politiker. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)