Verhandlungen über europäische Bankenaufsicht vorerst geplatzt

Verhandlungen über europäische Bankenaufsicht vorerst geplatzt Brüssel (dapd). Mit Rückendeckung aus Schweden und Österreich hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) den raschen Aufbau einer europäischen Bankenaufsicht abermals gestoppt. Die Verhandlungen der EU-Ressortschefs in Brüssel wurden am Dienstag ergebnislos auf Mittwoch kommender Woche vertagt. Die Krisenländer sehnen das Instrument herbei, weil es direkte Bankenhilfe aus dem Rettungsschirm ESM ermöglicht. Genau das will Berlin bremsen – damit der Bundestag nicht vor der Bundestagswahl neue Milliardenhilfen bewilligen muss. Zwar sei man „in wichtigen Fragen gut voran gekommen“, sagte Schäuble nach dem Treffen. Doch blieben die Fronten verhärtet. Dass der rechtliche Rahmen für das wichtige Krisenabwehrgeschütz noch in diesem Jahr unter Dach und Fach kommt, ist noch fraglicher als zuvor. Denn nach einer Einigung der Finanzminister muss auch noch ein Deal mit dem EU-Parlament gefunden werden. Schäuble baut an chinesischer Mauer Während die EU-Kommission und Paris in Brüssel aufs Tempo drückten, damit Banken so schnell wie möglich direkt ESM-Kredite bekommen, bekräftigten Berlin, Wien und Stockholm ihre massiven Vorbehalte. Der Knackpunkt für Schäuble ist die Gefahr, die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB) zu beschädigen. Bei der soll die Aufsicht angesiedelt werden. Die Frage ist nur: Wie? Der Vorschlag der EU-Kommission, ein Kontrollgremium zu schaffen, zugleich aber die letzte Entscheidungshoheit beim EZB-Rat zu belassen, greift für Schäuble zu kurz. Bei der Sicherung der geldpolitischen Unabhängigkeit könne es „keinen Kompromiss geben“, sagte er. Eine „chinesische Mauer“ zwischen Aufsicht und Geldpolitik sei eine „absolute Notwendigkeit“. Immerhin deutete Schäuble noch einen Ausweg an. Nachdem er in den vergangenen Tagen stets offen ließ, ob er begrenzte Vertragsänderungen für notwendig halte, sieht er nun Spielraum für eine „kreative“ Lösung im Rahmen der bestehenden Verträge: Und zwar, dass die Mitglieder des EZB-Rates plus Vertreter von Nichteuroländern gemeinsam entscheiden. Wie das juristisch gelöst werden könne, sei die Kernfrage, so Schäuble. Aber auch im zweiten Streitpunkt blieben die Fronten am Dienstag verhärtet. So sehen Kommission und die Regierung in Paris die Notwendigkeit, dass alle 6.000 Banken ans Gängelband der EZB-Kontrolleure gelegt werden. „Wir wollen ein System, das alle Banken erfasst, und das unter der finalen Kontrolle der EZB steht“, sagte Frankreichs Finanzminister Pierre Moscovici. Schäuble hielt dagegen, dass der Bundestag dem Projekt vorab zustimmen müsse. Und genau das wäre „sehr schwierig, wenn die Kontrolle aller deutschen Banken in die Hand einer Zentralaufsicht gelegt wird“. Der Ausweg an der Stelle: Es soll ein präziser Kriterienkatalog festgelegt werden, nach dem sich die neuen Aufseher Institute herauspicken können. Doch wird auch noch darüber gestritten, wie der Katalog aussehen soll. Deutsche Volksbanken froh über Verschiebung Die dritte offene Frage: Wie sollen die Banken der Nicht-Euro-Länder in die Aufsicht eingebunden werden? Hier sind es vor allem Schweden und Polen, die mit dem Vorschlag von Rat und Kommission noch nicht einverstanden sind. Auch die Briten pochen darauf, ihren Einfluss zu sichern. Sich einer Kontrolle einer Institution zu unterwerfen, in deren höchstem Gremium, dem EZB-Rat, sie gar nicht vertreten sind, kommt für sie nicht infrage. „Wir haben noch einen langen Weg zu gehen“, hatte Schwedens Finanzminister Anders Borg schon am Morgen gewarnt. Den Eindruck des Bremsers wollte Schäuble am Dienstag nicht stehen lassen. Eine Lösung sei notwendig, beteuerte er. Und man sei bereit, so schnell wie möglich eine Einigung zu finden. „Aber niemand sollte hoffen, dass wir eine Lösung durch Zeitdruck finden. Wenn wir Fehler machen, wäre das nicht zu verantworten.“ Vom Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) erhielt er dafür ein Lob. „Wenn die Überzeugung Raum gewinnt, dass Qualität vor Schnelligkeit geht, dann sehen wir uns bestätigt“, sagte ein BVR-Sprecher der Nachrichtenagentur dapd. „Qualität sollte vor Eile gehen.“ © 2012 AP. All rights reserved (Politik/Politik)

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Peer-Michael Preß

Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de

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