Berlin (dapd). Vor der Sondersitzung des Bundestages zur Unterstützung für Spaniens Banken werden Bedenken gegen Details des Hilfspakets laut. Die Unions-Mittelstandsvereinigung (MIT) verlangt, mit Madrid strengere Auflagen zu vereinbaren. Auch die bayerische Landesregierung stellt Forderungen. Der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider ermahnt die Bundesregierung zur umfassenden Information des Parlaments. Am Mittwoch soll Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) den Bundestagsausschüssen Rede und Antwort stehen. Das Parlament will am Donnerstag in einer Sondersitzung über Finanzhilfen von bis zu 100 Milliarden Euro für die spanischen Banken entscheiden.
Kategorie: Politik
Kein Speiseeis ohne Italiener
Heidenau (dapd-lsc). Roman Herzog hat sich weit nach vorn gebeugt, um die vielen jungen Menschen im Saal anzusprechen. Er erzählt aus seinem Leben, neben den großen politischen Sternstunden auch ganz persönliche Anekdoten. Der frühere Bundespräsident ist nach Sachsen gekommen, um mit den Schülern eines Gymnasiums bei Dresden über Integration zu sprechen. Das Treffen mit Herzog soll Höhepunkt des Schülerprojektes „Begegnungen wagen – Zukunft gestalten 2012“ sein. In der kleinen Aula des Pestalozzi-Gymnasiums in Heidenau sind viele Stühle unbesetzt geblieben.
Marinearsenal: De Maizière verteidigt Schließung des Standortes Kiel
Wilhelmshaven (dapd-nrd). Trotz harscher Kritik aus der Truppe an seiner Standortentscheidung hat Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) die Auflösung des Marinearsenals in Kiel bekräftigt. „Zwei Standorte sind nicht mehr wirtschaftlich“, sagte er am Dienstag beim Besuch des künftig einzigen deutschen Marinearsenals in Wilhelmshaven. In Kiel arbeiten derzeit noch 750 Mitarbeiter. Zuvor war er von einer zwölfköpfigen Delegation des Standortes aus Schleswig-Holstein mit dem Plakat „Kiel ist unsere Zukunft“ empfangen worden. „Das ist eine rein politische Entscheidung und wirtschaftlich nicht zu begründen“, sagte ein Mitarbeiter. Die Schließungspläne im Zuge der Bundeswehrreform seien „völlig unausgegoren“. Der Minister sicherte nach einem Gespräch mit Mitarbeitern und Personalvertretern zu, dass bis Ende August ein detaillierter Plan mit den neuen Strukturen vorliege. Auch kündigte er Gespräche mit allen Betroffenen für den Herbst an. „Es wird aber nicht für alle Härtefälle eine Lösung geben“, schränkte de Maizière ein. Das Marinearsenal ist für die Instandhaltung und Einsatzbereitschaft aller Schiffe und Landanlagen der Marine zuständig. An den drei Standorten in Wilhelmshaven, Kiel und Rostock sind derzeit noch 1.760 Mitarbeiter tätig, davon allein in Wilhelmshaven mehr als 1.100. Im Zuge der Umstrukturierung soll neben der Schließung der Standorte Kiel und Rostock auch das Personal in Wilhelmshaven verkleinert werden. Trotzdem sei die Stimmung in Wilhelmshaven gut, weil er sich gegen eine komplette Privatisierung der Aufgaben entschieden habe und damit die Zukunft des Arsenals dauerhaft stärke. Aufträge an die Privatwirtschaft würden aber auch weiterhin vergeben. „Was möglich ist, wird staatlich gemacht. Wir können aber nicht alles selber machen“, sagte de Maizière. Wilhelmshaven wird durch die Reform zum größten Bundeswehrstandort Deutschlands. Die Zahl der Dienstposten soll auf mehr als 8.500 erhöht werden. Neben dem zentralen Marinearsenal ist auch der Aufbau eines neuen Marineunterstützungskommandos geplant. „Die Stadt profitiert von der veränderten militärischen Lage und der politischen Neuausrichtung der Bundeswehr“, sagte der Minister. dapd (Politik/Politik)
Die Zukunft des Nürburgrings bleibt offen
Mainz/Brüssel (dapd). Das Zittern am Nürburgring geht weiter: Die EU-Kommission hat noch nicht über die beantragte Rettungsbeihilfe für die landeseigene Rennstrecke in Rheinland-Pfalz entschieden. Das Prüfverfahren laufe noch, sagte eine Kommissionssprecherin am Dienstag auf dapd-Anfrage in Brüssel. Wann die Entscheidung getroffen werde, stehe noch nicht fest. Derweil lässt die Kritik an der rot-grünen Landesregierung wegen des Nürburgring-Desasters nicht nach. Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) will am Mittwoch zu den Vorgängen Stellung nehmen. Die „Rhein-Zeitung“ hatte berichtet, dass die EU-Kommission die Finanzspritze des Landes für die Tochtergesellschaft verboten habe, die Rennstrecke pleite sei und mit großem Verlust für den Steuerzahler verkauft werden müsse. Das Blatt berief sich dabei auf „gut informierte Kreise“. So stufe die EU die von der Landesregierung beantragten Gelder als unzulässige Beihilfe ein. Die Landesregierung bestätigte den Bericht ebenfalls nicht: „Uns liegen diese Informationen aus Brüssel nicht vor“, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums auf Anfrage. Auch aus der Mainzer Staatskanzlei war kein neuer Sachstand zu erfahren. Es gebe in dem EU-Verfahren keine neuen Erkenntnisse, betonte ein Sprecher. Mainz stehe mit der EU aber in engem Kontakt. Im Mai hatte die Landesregierung eine Rettungsbeihilfe von 13 Millionen Euro bei der Kommission in Brüssel zur Genehmigung vorgelegt. Hintergrund ist, dass die Besitzgesellschaft der Rennstrecke, die Nürburgring GmbH, aufgrund ausbleibender Pachtzahlungen durch die mittlerweile gekündigten privaten Betreiber ihre Zinsen für den 330-Millionen-Euro-Kredit der landeseigenen Investitions- und Strukturbank (ISB) nicht mehr zahlen kann. Parallel prüft Brüssel den Verdacht, dass 524 Millionen Euro staatliche Beihilfe unerlaubt an die Rennstrecke geflossen sind. Auch dieses Verfahren ist nach Angaben der Kommissionssprecherin noch nicht abgeschlossen. Der „Rhein-Zeitung“ hatte gemeldet, dass die weitgehende Landestochter Insolvenz beim Amtsgericht Bad Neuenahr-Ahrweiler beantragen muss und ein Insolvenzverwalter die Geschäfte übernimmt. Ministerpräsident Beck hatte sich stets zu den staatlichen Investitionen in der Eifel als strukturpolitische Maßnahme bekannt. Laut Zeitungsbericht ist die Nürburgring GmbH mit 413 Millionen Euro verschuldet. Dazu zählen neben dem Kredit noch 83 Millionen Gesellschafterdarlehen. Müsste die Rennstrecke mit angrenzenden Immobilien verkauft werden, könnten dem Steuerzahlen Kosten in Höhe von mehreren Hundert Millionen Euro entstehen. Heftige Kritik kam auf dieser Grundlage erneut von der Opposition: Die rheinland-pfälzische FDP forderte Becks Rücktritt. Er müsse für sein Scheitern die politische Verantwortung übernehmen, sagte FDP-Landeschef Volker Wissing. Das Vermächtnis des dienstältesten Ministerpräsidenten in Deutschland sei „ein gigantischer Schuldenberg“, betonte der Liberale. Die CDU warf Beck, Innenminister Roger Lewentz (SPD) und dem früheren Wirtschaftsminister und heutigen Chef der SPD-Landtagsfraktion, Hendrik Hering, Täuschung vor. „Es ist unverschämt, wie eine Regierung hier selbstherrlich ihr Ding durchziehen will und das Parlament ignoriert“, sagte die Vorsitzende der CDU-Fraktion, Julia Klöckner. Die Landesregierung habe einen enormen Vermögensschaden für das Land und seine Bürger erzeugt. Am Dienstagabend kündigte die Staatskanzlei eine Pressekonferenz zum Thema Nürburgring an. Der Ministerpräsident und die zuständigen Fachminister würden über die „aktuelle Situation am Nürburgring“ informieren, hieß es in der Einladung. Das Land Rheinland-Pfalz hat bei dem Projekt „Nürburgring 2009“ versucht, die defizitäre Rennstrecke mit Ferienhäusern, Hotels, Kneipen und einem Freizeitpark aufzuwerten. Ursprünglich sollte das Vorhaben von privaten Investoren finanziert werden. Das scheiterte aber wegen ungedeckter Schecks, und der damalige Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) musste vor fast genau drei Jahren zurücktreten. dapd (Politik/Politik)
Haushaltsentscheidung im Thüringer Kabinett vertagt
Erfurt (dapd-lth). Die Hängepartie um den kommenden Landeshaushalt geht weiter. Vor dem Hintergrund des seit Wochen andauernden Streits über die Laufzeit des Etats hat das Kabinett die Entscheidung vertagt. Das teilte Finanzminister Wolfgang Voß (CDU) am Dienstag im Anschluss an die Sitzung mit. Zugleich warb er erneut für einen Doppelhaushalt 2013/14. Damit schwelt der Konflikt mit dem Regierungspartner SPD weiter, der auf einem Zahlenwerk für ein Jahr besteht. Für Donnerstag sei nun eine neue Gesprächsrunde anberaumt. Voß sagte, das vorliegende Zahlenwerk sei vorzeigbar und durchverhandelt. Die Planungen sehen für beide Jahre Ausgaben in Höhe von jeweils knapp neun Milliarden Euro, den Verzicht auf neue Schulden und die Tilgung von Verbindlichkeiten vor. Zugleich sollen die Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen neu geregelt werden. Voß sprach dabei von einer „umfassenden Reform“. Die Neuregelung des Kommunalen Finanzausgleichs (KFA) sei die Grundlage für die Gestaltung der Finanzzuweisungen für „lange, lange Zeit“. Den Planungen zufolge sinken die Landeszuweisungen an die Kommunen in den kommenden beiden Jahren von derzeit rund 1,96 Milliarden Euro auf 1,84 Milliarden Euro 2014. Dabei sind zugleich kommunale Steuermehreinnahmen prognostiziert – von 1,15 Milliarden Euro derzeit auf 1,32 Milliarden Euro 2014. Bei der Reform wird dem Ministerium zufolge unter anderem die Datengrundlage für die Finanzbemessung aktualisiert. Zudem soll eine geringere Steuerkraft stärker als bislang ausgeglichen werden. Letztlich soll das Geld da ankommen, wo es für die Aufgabenerfüllung gebraucht werde, sagte Voß. Weiter offen ist indes die Laufzeit des Etats. Voß verwies darauf, dass der vorliegende Doppeletat nicht ohne weiteres in zwei Einzelhaushalte geteilt werden könne, da die Verflechtung bei einzelnen Posten zu groß sei. In der Folge müssten die Verhandlungen von vorn beginnen. Daher wäre eine Grundsatzentscheidung vor der Sommerpause „nicht schlecht“. Vize-Regierungschef Christoph Matschie (SPD) sagte, dass der vorliegende Entwurf noch nicht beschlussreif sei – und das unabhängig von der Laufzeit. Er sei weiter nicht überzeugt, dass ein Doppelhaushalt besser sei und verwies erneut auf die wirtschaftliche Unsicherheit angesichts der Eurokrise. Voß sagte indes, er habe „keinerlei Indizien, dass wir vor einer lahmenden Konjunktur stehen“. Zudem verbillige der niedrige Eurokurs die Exporte. Matschie entgegnete, dass sich die Rahmenbedingungen unterschiedlich interpretieren ließen. Darüber hinaus wies der Kultusminister Voß‘ Behauptungen, für einen Einzelhaushalt müsse das Paket erst wieder mühevoll aufgeschnürt werden, zurück. Das mag für einige wenige Posten gelten, sagte er. Zusammen mit Finanzexperte Werner Pidde verwies er darauf, dass laut Landeshaushaltsordnung auch bei einem Doppelhaushalt beide Haushaltsjahre getrennt voneinander veranschlagt werden müssen. Die FDP monierte, dass die Regierung die Haushaltsdebatte ins Sommerloch schiebe. Einmal mehr kritisierte Fraktionschef Uwe Barth die aus seiner Sicht zu geringe Schuldentilgung. Zudem sinke das Haushaltsvolumen viel zu langsam. „Langfristig bedeutet der Haushalt wieder ein verschenktes Jahr – eventuell ein doppelt verschenktes Jahr.“ Grünen-Finanzexperte Carsten Meyer sagte, es zeuge von Führungsschwäche der Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU), dass sie den Finanzminister öffentlich mit dem Koalitionspartner streiten lasse. Voß versicherte sagte, dass es sich bei der Debatte mit Matschie nicht um den „Ego-Trip zweier Herren“ handele. Man arbeite bestens zusammen. Offenbar habe die SPD aber noch nicht alle seine Argumente gewertet. dapd (Politik/Politik)
Bayern will leistungsfeindlichen Finanzausgleich kippen
München/Berlin (dapd-bay). Bayern setzt nach monatelangen Verhandlungen seine Drohung gegen klamme Bundesländer um: Bis Ende des Jahres will der Freistaat beim Bundesverfassungsgericht Klage gegen den Länderfinanzausgleich einreichen und das jetzige System kippen, wie das schwarz-gelbe Kabinett am Dienstag in München beschloss. Dabei bleibt die Staatsregierung aber vorerst auf sich allein gestellt: Die beiden anderen großen Zahler – Hessen und Baden-Württemberg – setzen weiter auf Verhandlungen. Spitzenpolitiker von SPD, Grünen und Linken sowie der Nehmerländer warfen Bayern mangelnde Solidarität vor. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sprach von einer „Schieflage im System, wenn vier Länder geben und die zwölf anderen unabhängig vom Ausmaß ihrer Anstrengungen nehmen“. Der Freistaat sei sich ich seiner bundespolitischen Verantwortung bewusst. „Wir sind solidarisch, das Ausgleichssystem ist es nicht“, argumentierte der CSU-Vorsitzende. Bayern habe 2011 mehr in den Finanzausgleich bezahlt, als es in den vergangenen 40 Jahren erhalten habe. Das Prinzip müsse sein, „Hilfe zur Selbsthilfe, aber keine Dauersubvention“. Bayern, Baden-Württemberg und Hessen hatten sich zunächst in Gesprächen mit den anderen Bundesländern um eine neue Regelung bemüht. Den Nehmerländern sei ein „faires, konstruktives Angebot“ unterbreitet worden, das sie leider nicht angenommen hätten, sagte Seehofer. Der Freistaat suche nach wie vor den Schulterschluss mit Hessen und strebe eine gemeinsame Klage an. Der bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) kritisierte das derzeitige System als intransparent, ungerecht und leistungsfeindlich. Andere Länder leisteten sich mit dem Geld Dinge, die der Freistaat sich verkneife. Mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sei frühestens 2014 zu rechnen. Finanzminister Markus Söder (CSU) betonte: „Es geht hier nicht um Freibier für alle, sondern es geht um ein gerechtes Finanzsystem.“ Nach dem derzeitigen System schätzt er die Zahlungen Bayerns allein für die nächsten beiden Jahre auf zusammen 8,2 Milliarden Euro. Damit seien knapp zehn Prozent des gesamten Haushalts für den Finanzausgleich reserviert. In diesem Jahr liege der Beitrag bei knapp 3,7 Milliarden Euro. Damit zahle Bayern mehr als die Hälfte der Gesamtsumme. Baden-Württemberg hält sich laut Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) eine Klage zwar offen, will aber zunächst die Erfolgsaussichten einer Verfassungsbeschwerde prüfen. Der Grünen-Politiker plädierte dafür, die Verhandlungen mit den Nehmerländern weiter voranzutreiben. Auch Hessen setzt vorerst auf weitere Gespräche. Vize-Ministerpräsident Jörg-Uwe Hahn (FDP) sagte der „Welt“, bisher sei ihm nicht bekannt, dass die Nehmerländer die Verhandlungen aufgekündigt hätten. Sollte dies der Fall sein, werde Hessen aber mit Bayern den Klageweg beschreiten. Hamburg versicherte, seiner Verantwortung als Geberland auch künftig nachzukommen: „Wir stehen zum Länderfinanzausgleich“, sagte ein Sprecher des SPD-geführten Senats auf dapd-Anfrage. Der bayerischen Klage wolle sich der Stadtstaat nicht anschließen. Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) zeigte zwar Verständnis für die geplante Klage, räumt ihr allerdings keine großen Chancen ein. Aus mehreren anderen Nehmerländern schlägt der bayerischen Staatsregierung dagegen scharfe Kritik entgegen. Brandenburgs Finanzminister Helmuth Markov (Linke) warf Bayern Verantwortungslosigkeit vor: „Entsolidarisierung wird letztlich für arme wie reiche Länder sehr viel teurer.“ Der nordrhein-westfälische Finanzstaatssekretär Rüdiger Messal kritisierte die geplante Klage als Wahlkampfmanöver und warf dem Freistaat mangelnde Solidarität vor. Saarlands Finanzminister Stephan Toscani (CDU) rief Bayern zu einem Verzicht auf eine Klage auf. Nötig seien „faire Neuverhandlungen“, bei denen alle verbesserungsfähigen Aspekte eines Ausgleichssystems beachtet werden, „nicht nur diejenigen, die für Bayern vorteilhaft sind“. Noch schärfer fiel die Kritik von der Opposition im Bundestag aus. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Jürgen Trittin, warf dem CSU-Chef „billigsten Populismus“ vor. Wenn Seehofer anderen die Solidarität wegnehmen wolle, von der Bayern fast 40 Jahre profitiert habe, sei dies unverschämt. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier polterte: „Horst Seehofers Attacke gegen die föderale Solidarität ist absolut unseriös.“ Das sei ein „durchsichtiges Manöver im bayerischen Vorwahlkampf“. Als „Bruch mit einem Grundgedanken unserer Verfassung“ wertete Linke-Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn die geplante Klage. Vor allem die ostdeutschen Länder seien auf die Unterstützung durch den Finanzausgleich angewiesen, sonst drohe dort weiterer Sozialabbau. dapd (Politik/Politik)
Bundesregierung zweifelt an der Energiewende
Berlin (dapd). Die Zweifel der Bundesregierung an der Energiewende wachsen. Bundesumweltminister Peter Altmaier räumte am Dienstag erneut Versäumnisse bei der Umsetzung der Energiewende ein. „Wenn wir erreichen wollen, dass der Stromverbrauch bis 2020 um insgesamt zehn Prozent sinkt, dann müssen wir irgendwann auch Fortschritte sehen, die man statistisch messen kann“, betonte der CDU-Politiker in Berlin. Bislang sei dieser Fortschritt „nicht ausreichend sichtbar“. Auch Wirtschaftsminister Philipp Rösler äußerte sich skeptisch über den Umbau der Energieversorgung und forderte „Augenmaß“. Die Bundesregierung hatte im Frühjahr 2011 die Energiewende beschlossen. Sie sieht unter anderem den Ausstieg aus der Kernenergie bis 2022 vor. In den vergangenen Tagen hatte Altmaier bereits Fehler bei der Umsetzung des Projekts eingeräumt und zugleich angezweifelt, dass alle Ziele der Energiewende erreicht werden können. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte am Montag, die Einhaltung der Versprechen Umweltfreundlichkeit, Bezahlbarkeit und Versorgungssicherheit sei „kein ganz leichter Pfad“. Schuldzuweisungen lehnte Altmaier ab. Es komme in der Politik immer wieder vor, dass Versprechen nicht eingehalten werden könnten. Dies sei zwar „kein Beitrag zum Abbau der Politikverdrossenheit“. Er wolle Probleme aber „mit dem Blick nach vorne“ benennen. „Vergangenheitsbewältigung ist nicht mein primäres Anliegen“, fügte er hinzu. Erneut warb Altmaier für einen „nationalen Konsens“ bei der Energiewende bis Ende des Jahres. Das Projekt stellte er nicht grundsätzlich infrage. Zurückhaltend äußerte sich auch Rösler. Zwar bekräftigte er in der „Bild“-Zeitung die Zeitachse und die Ziele der Energiewende. „Aber wir müssen nachsteuern, wenn Jobs und unsere Wettbewerbsfähigkeit bedroht sein sollten“, fügte der FDP-Politiker hinzu. Die Bezahlbarkeit von Strom für Verbraucher und Unternehmen habe für ihn „oberste Priorität“. Auch Altmaier verwies darauf, dass es entscheidend sei, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft erhalten bleibe. Umwelt- und Wirtschaftsminister hätten beide ein Interesse daran, dass die Energiewende gelänge. Seine Vorstellung sei, dass es in Folge nicht weniger, sondern mehr Jobs in Deutschland gebe. SPD und Grüne bekräftigten unterdessen ihre Kritik an der Umsetzung der Energiewende. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, gab den beiden Ministern in der Sache recht, warf der Regierung aber vor, selbst dafür verantwortlich zu sein. „Diese Bundesregierung verfehlt Zeitplan und Ziele der Energiewende“, sagte er und kritisierte unter anderem den schleppenden Netzausbau. An der Frage der Energiekosten entscheide sich zudem, „ob Deutschland ein neues Erfolgskapitel der Industriegeschichte schreibt“. Grünen-Chef Cem Özdemir wertete die Äußerungen von Rösler und Altmaier als Eingeständnis, „dass die schwarz-gelbe Koalition die Energiewende gegen die Wand gefahren hat“. „Statt ihre Arbeit zu machen und die den Bürgern und Unternehmen gegebenen Versprechen einzuhalten, versuchen die Minister Altmaier und Rösler nun vergeblich abzulenken, indem sie mit einer angeblich wachsenden sozialen Spaltung durch steigende Energiekosten argumentieren“, kritisierte Özdemir. Die steigenden Stromkosten seien aber vielmehr auf fehlenden Wettbewerb und die Befreiung von Großunternehmen von der Ökostromumlage zurückzuführen. Die Energieexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Claudia Kemfert, sieht nun vor allem Rösler in der Pflicht. „Eine kluge Energiewende schafft wirtschaftliche Vorteile, erhöht die Wettbewerbsfähigkeit und schafft Arbeitsplatze“, sagte Kemfert „Handelsblatt Online“. Dies könne vor allem durch Energiesparen und verbesserte Energieeffizienz erreicht werden, was in den Zuständigkeitsbereich Röslers falle. Altmaiers Äußerungen wertete sie daher als Kritik am Wirtschaftsminister, aber auch an Verkehrs- und Bauminister Peter Ramsauer (CSU). dapd (Politik/Politik)
Morgan-Stanley-Chef Notheis offenbar ausgeschieden
Stuttgart (dapd). Der Vorstandschef der Morgan Stanley Bank Deutschland, Dirk Notheis, wird offenbar nicht auf seinen Posten zurückkehren. Wie die „Stuttgarter Zeitung“ (Mittwochausgabe) nach eigenen Angaben aus zuverlässiger Quelle erfuhr, ist Notheis bereits vor einigen Tagen endgültig aus dem Vorstand ausgeschieden. Die Bank gab auf dapd-Anfrage zunächst keine Stellungnahme ab. Notheis hatte den Aufsichtsrat Ende Juni darüber informiert, dass er eine „Auszeit“ nehme. Damit reagierte er auf Kritik an seiner Rolle beim EnBW-Deal des früheren baden-württembergischen Ministerpräsidenten Stefan Mappus (beide CDU). Wegen des Milliardengeschäfts ermittelt mittlerweile die Staatsanwaltschaft gegen Mappus und Notheis. dapd (Politik/Politik)
Untersuchungsausschuss zur Fördermittelaffäre kommt
Magdeburg (dapd). Die Fördermittelaffäre in Dessau-Roßlau-Wittenberg wird ein parlamentarisches Nachspiel haben. Die Linke-Fraktion im Magdeburger Landtag hat am Dienstag einen Untersuchungsausschuss zum „Dessauer Fördermittel-Skandal und der CDU-Spendenaffäre“ beschlossen. Einen entsprechenden Antrag will die Partei im September in den Landtag einbringen. Mit ihren 28 Abgeordneten kann sie die Einberufung des Gremiums als Minderheitenausschuss durchsetzen. Regierungssprecher Franz Kadell sagte in einer ersten Reaktion, Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sehe dem Ausschuss gelassen entgegen. Nach dem Willen der Linken soll das Gremium die Umstände klären, unter denen die Veruntreuung von Fördermitteln im Raum Dessau-Roßlau-Wittenberg möglich war. Im Fokus sollen dabei vor allem Vorgänge im Verantwortungsbereich von Wirtschafts- und Justizministerium sowie Spenden an die CDU stehen. In den vergangenen Wochen waren durch dapd-Recherchen Details zur Zweckentfremdung von Fördermitteln in den Jahren 2002 bis 2008 und zu CDU-Parteispenden mehrerer Verdächtiger bekannt geworden. Vor diesem Hintergrund wollen die Grünen ihre Beteiligung am Einsetzungsbeschluss prüfen. Die Fraktionsvorsitzende Claudia Dalbert betonte, ihre Partei wolle die Aufklärung des Betrugs „und der möglichen Verstrickungen der Landesregierung – sei es durch aktive Beteiligung von Mitarbeitern oder Mitarbeiterinnen oder durch billigende Inkaufnahme“. Dies solle zunächst am kommenden Donnerstag im Wirtschaftsausschuss thematisiert werden. Für die mitregierende SPD sagte deren stellvertretender Fraktionsvorsitzender Rüdiger Erben, seine Partei wolle im Ausschuss konstruktiv mitarbeiten. Der von der Linken-Fraktion beschlossene Untersuchungsrahmen stößt bei den Sozialdemokraten allerdings auf Ablehnung. Erben monierte, der Beschluss der Linken beinhalte auch ein Misstrauen gegen die Arbeit des Justizministeriums. Dieses teile die SPD nicht. „Die Beteiligung an einem entsprechenden Einsetzungsbeschluss kommt daher für uns nicht in Frage“, sagte er. Das Justizministerium wird von der Sozialdemokratin Angela Kolb geführt. Die Fördermittelaffäre beschäftigt die Staatsanwaltschaft Halle seit rund vier Jahren. Im Kern geht es dabei um den Verdacht, dass ein Netzwerk von Politikern und Unternehmern über Jahre hinweg für Weiterbildungen ausgezahlte Fördermittel in Millionenhöhe veruntreut hat. Aus dem Kreis der Verdächtigen sind nach dapd-Recherchen Spenden an die CDU geflossen. Damals war Haseloff noch Wirtschaftsminister und hatte somit die Fachaufsicht über die Bewilligungsbehörde. Zudem hatte er darauf drängen lassen, Förderanträge „vorrangig zu bewilligen“. Solche geförderten Projekte sind auch Teil der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Haseloff hatte am vergangenen Freitag vor dem Landtag betont, stets rechtmäßig gehandelt zu haben. Doch weder seine Erklärungen noch die des Chefs der Staatskanzlei, Rainer Robra, waren für die Linke-Fraktion überzeugend. „Im Gegenteil, wir haben den Eindruck, man wollte mit diversen Detailinformationen davon ablenken, dass man zur eigentlichen Sache nichts gesagt hat“, erklärte Gudrun Tiedge, Mitglied im Fraktionsvorstand, der Nachrichtenagentur dapd. dapd (Politik/Politik)
Bundestagsfraktionen wollen Beschneidungen zulassen
Berlin (dapd). Rituelle Beschneidungen sollten nach dem Willen einer breiten Mehrheit im Bundestag auch künftig in Deutschland möglich sein. Die Fraktionen von Union, SPD, FDP und Grünen planen dazu eine gemeinsame Entschließung im Bundestag. Unterdessen nannte Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) Bedingungen, unter denen eine Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen künftig zulässig sein soll. Das Landgericht Köln hatte im Juni die Beschneidung als strafbare Körperverletzung gewertet. Das Urteil löste weltweit bei Juden und Muslimen Proteststürme aus. Die Bundesregierung will nun Rechtsklarheit schaffen. Familienministerin Schröder betonte, eine verantwortungsvolle rituelle Beschneidung müsse in Deutschland weiter möglich sein. „Aber ich sage auch ganz deutlich: Die Rechte der Kinder stehen hier nicht hinten an“, sagte die CDU-Politikerin am Dienstag in Berlin. Zu den Bedingungen gehöre die Betäubung ebenso wie die Frage, ob die Beschneidungen nur unter Aufsicht eines Arztes beziehungsweise durch einen Arzt vorgenommen werden dürfen, erklärte die Ministerin. Auch müsse die Genitalverstümmelung an Mädchen ausgeschlossen sein. Die Vizepräsidentin des Jüdischen Weltkongresses, Charlotte Knobloch, mahnte eine schnelle Regelung an, um für Rechtssicherheit zu sorgen. Knobloch, die auch Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern ist, stellte im Bielefelder „Westfalen-Blatt“ (Mittwochausgabe) zugleich klar: „Ich bin nicht bereit, nur ein Jota jüdischer Identität aufzugeben.“ Die Auswirkungen einer Beschneidung entsprechen nach Darstellung von Knobloch „eher einer Impfung als einer Amputation, womit rüde Kritiker sie gerne vergleichen“. Die Fraktionen von Union, SPD, FDP und Grünen wollen derweil mit einer gemeinsamen Resolution deutlich machen, dass unter bestimmten Voraussetzungen religiöse Beschneidungen zulässig bleiben sollen. Die Koalition hat sich dem „Tagesspiegel“ (Mittwochausgabe) zufolge bereits auf einen Entwurf verständigt, der noch mit SPD und Grünen abgestimmt wird. Die Resolution sei „auf gutem Wege“ und er sei sehr froh darüber, sagte FDP-Fraktionsgeschäftsführer Jörg van Essen der Zeitung. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Volker Beck, sagte dem „Tagesspiegel“, er werde seiner Fraktion empfehlen, eine gemeinsame Resolution mitzutragen, „sofern der Text vernünftig ist“. Wenn Eltern die Entscheidung fällten, dass ihr Kind als vollwertiges Mitglied einer Religionsgemeinschaft aufwachsen solle, gehöre das „durchaus zu unserem Verständnis von Kindeswohl“, betonte Beck. Auch er forderte eine Distanzierung von der weiblichen Genitalverstümmelung. Der SPD-Rechtspolitiker Burkhard Lischka sieht ebenfalls eine „sehr gute Chance, dass es zu einem interfraktionellen Entschließungsantrag kommt“, wie er der Zeitung „Die Welt“ (Mittwochausgabe) sagte. Dem Blatt zufolge soll sich der Bundestag am Donnerstag in seiner Sondersitzung neben dem Finanzhilfen für Spanien auch mit den Beschneidungen befassen. Unklar sei aber noch, ob es eine Aussprache zu dem Thema geben wird. dapd (Politik/Politik)