Nun muss Platzeck Schönefeld retten

Nun muss Platzeck Schönefeld retten Schönefeld/Berlin (dapd-bln). Der neue Chef kommt allein. Mit strammen Schritten läuft Matthias Platzeck durch das Besucherzentrum am künftigen Hauptstadtflughafen in Schönefeld. Auf dem Podium hat der brandenburgische Ministerpräsident sechs Plätze zur Auswahl. Früher waren sie nach Aufsichtsratssitzungen alle belegt. Es gab da genug Mitglieder, die reden wollten. Doch nach einer erneuten Pannenserie spricht nun nur noch einer: Platzeck. Der Flughafen bleibe ein „Schlüsselprojekt per se“, sagt er. Ohne Airport habe die ganze Region keine Zukunft. Neben ihm ragen fünf ungenutzte Mikrofone in die Höhe. Keine Frage, die Gewichte im Management des Berliner Großstadtflughafens haben sich an diesem Mittwochnachmittag verschoben. Erst wenige Stunden zuvor ist Platzeck in einer Sondersitzung zum neuen Aufsichtsratsvorsitzenden der Flughafengesellschaft gewählt worden. Das Kontrollgremium tagt noch, als der Sozialdemokrat vor die Öffentlichkeit tritt, um aus der Sitzung heraus über einen „Zwischenstand“ zu berichten. Schließlich gibt es noch viel zu besprechen, nachdem kürzlich die Eröffnung des neuen Airports wegen Baumängeln und Managementfehlern bereits zum vierten Mal verschoben werden musste. Platzeck übernimmt den Posten von Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), der nach dem erneuten Debakel seinen Rücktritt von dem Führungsposten angeboten hatte und künftig nur noch als Stellvertreter in dem Gremium fungieren will. Unter Platzecks Führung soll nun endlich ein Neuanfang gelingen. Auch vor diesem Hintergrund verständigt sich der Aufsichtsrat an diesem Tag auf eine zweite Personalie: Flughafenchef Rainer Schwarz muss seinen Posten räumen. Und das sofort. „Herr Schwarz hat das Dienstzimmer bereits geräumt und das Betriebsgelände verlassen“, sagt Platzeck. Es sind die katastrophalen Zustände auf der Baustelle, die Schwarz nun den Kopf gekostet haben. Zuletzt hatte es zwischen den drei Flughafengesellschaftern Bund, Brandenburg und Berlin noch Streit über die Rolle von Schwarz gegeben. Die Abberufung erfolgte nun auf Antrag des Bundes. Wowereit und Platzeck hatten ihn jedoch lange Zeit in Schutz genommen. Zu möglichen Abfindungszahlungen für den geschassten Manager wollte sich Platzeck nicht äußern. Stattdessen lächelt er die Probleme weg. Gerüchte, wonach zwischen den Gesellschaftern bereits Namen für einen Nachfolger debattiert werden, will Platzeck nicht kommentieren. „Na, sie sind mir aber fröhlich“, sagt Platzeck auf entsprechende Nachfragen. Natürlich sondiere man die Lage. „Aber der Markt ist nicht gerade riesig“, sagt er. Deshalb könne es noch dauern, bis man in diesem Zusammenhang etwas Konkretes sagen könne. Unklar ist derzeit auch, wie umfangreich genau eigentlich die Arbeit für den Nachfolger wird. Abflughalle ohne Licht Das Terminal liegt nur ein paar Meter entfernt vom Besucherzentrum, in dem sich Platzeck der Öffentlichkeit stellt. Das gesamte Gelände um die neue Abflughalle sind weiträumig abgesperrt. Hinter der großen Glasfassade brennt an diesem kalten, grauen Winternachmittag kein Licht. Vereinzelt sieht man auf dem Außengelände kleine Bautrupps. Rollen werden hin und her getragen. Hin und wieder fährt ein LKW vorbei. Inwieweit die Bauarbeiten in dem geplanten Prachtbau tatsächlich fortgeschritten sind, darüber gab es immer wieder Rätselraten. Platzeck gibt sich nicht einmal mehr Mühe, das Unübersehbare zu leugnen. „Natürlich macht es keinen Sinn, 2.000 Arbeiter zu beschäftigen“, sagt er. Zwar werde weiter auf der Baustelle gearbeitet, bis die Arbeiten aber in vollem Umfang wieder hochgefahren werden könnten, müsse die Planung noch einmal grundsätzlich überarbeitet werden. Nach dem Streit um die Verantwortlichkeiten für das Baudesaster will Platzeck nun das Betriebsklima innerhalb der gesamten Flughafengesellschaft verbessern. Das habe unter den Ereignissen der vergangenen Monaten sehr gelitten. Deshalb müssten die Gesellschafter nun wieder an einem „Strick ziehen“. Es gibt aber nicht wenige, die den Glauben daran verloren haben. Durch die Personalrochade von Wowereit auf Platzeck sei kein wirklicher Neustart des Pannenprojekts geglückt, kritisiert zum Beispiel die Vorsitzende der Berliner Grünen, Bettina Jarasch: „Es ist wenig wahrscheinlich, dass ausgerechnet die Hauptverantwortlichen alle Kraft daran setzen, die eigenen Versäumnisse, Planungsfehler und Fehleinschätzungen offenzulegen.“ Für eine ehrliche Bestandsaufnahme müssten der Aufsichtsrat und die Geschäftsführung neu aufgestellt und externe Fachleute einbezogen werden. Jetzt sollen Fachleute ran Platzeck kennt die Kritik. Umgehend gelobt er Besserung. Bereits in den vergangenen Tagen hatte er ja angekündigt, sich zumindest in seinem direkten Umfeld mit mehr Fachleuten zu umgeben. So soll innerhalb seiner Senatskanzlei ein eigener Beraterstab für die Flughafenkrise eingerichtet werden. „Mir ist vollkommen klar, dass man politisches Schicksal an dem Gelingen des Flughafens hängt“, sagt Platzeck. Dann verabschiedet er sich wieder. Schließlich läuft die Sitzung noch. Und da darf der neue Chef nicht fehlen. Unterdessen haben etwa 50 Flughafengegner aus der Region ihre Lautsprecher und Transparente wieder zusammengepackt. Bereits am Morgen waren sie am Tagungsgelände angerückt, um gegen Fluglärm und für ein totales Nachtflugverbot zu demonstrieren. Dabei machten sie offenbar ordentlich Krach. Über eine Lautsprecheranlage spielten sie laute Fluggeräusche ab. Nach eigenen Angaben störten sie dabei auch ein Vorbereitungstreffen, das der Aufsichtsratssitzung vorgeschaltet war. So berichtet der Sprecher der Initiative, André Organiska, dass die Sitzungsteilnehmer die zuvor geöffneten Fenster wieder geschlossen hätten: „Darauf waren wir sehr stolz.“ dapd (Politik/Politik)

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Peer-Michael Preß

Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de

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