Das schwarz-grüne Hirngespinst spukt wieder

Das schwarz-grüne Hirngespinst spukt wieder Berlin (dapd). Die neue Bürgerlichkeit wählt Grün, und die Grünen werden immer bürgerlicher – diese politische Erzählung ist zurzeit en vogue. Kommentatoren philosophieren über neue Bündnisoptionen der Ökopartei mit CDU und CSU. Der Überraschungserfolg von Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt bei der Urwahl der Spitzenkandidaten stützt die These, dass die Grünen in die Mitte rücken und für wertkonservative Kreise wählbarer werden. Koalieren Schwarz und Grün schon nach der Bundestagswahl 2013? Das bleibt unwahrscheinlich, denn die kulturelle Kluft zwischen den Anhängern ist abgrundtief. Und auch die Programme haben wenig Schnittmengen. Das grüne Spitzenpersonal tritt Spekulationen über ein Bündnis mit der Merkel-CDU und der Seehofer-CSU geschlossen entgegen. Auch Göring-Eckardt, von vielen als Kronzeugin für Schwarz-Grün gehandelt, sagte, sie könne keine inhaltlichen Übereinstimmungen erkennen. Die Grünen wollten eher enttäuschte CDU-Wähler gewinnen, als mit den Christdemokraten zusammenzuarbeiten. „Grün oder Merkel“ gab Göring-Eckardt als Parole aus. Grüne planen Anti-Merkel-Wahlkampf Tatsächlich planen die Grünen für den Sommer einen scharfen Anti-CDU-Wahlkampf, das „System Merkel“ soll gestürzt werden. Die Kanzlerin wollen die grünen Strategen dabei als zentrale Figur ins Visier nehmen. Die sich präsidial gebende und im Volk nach wie vor sehr beliebte Regierungschefin soll nicht – wie bei der Bundestagswahl 2009 – einfach zum Wahlsieg „durchsegeln“ können. Stoff für den Wahlkampf gibt es reichlich, die inhaltlichen Differenzen mit der CDU und vor allem mit der CSU sind beachtlich. Zuletzt wetterten die Grünen gegen das Betreuungsgeld und die aus ihrer Sicht schleppende Energiewende. Zudem lehnt die Union viele grüne Forderungen ab, etwa die einheitliche Bürgerversicherung für Gesundheit und Pflege, eine gesetzliche Frauenquote, einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro oder die vollständige Gleichstellung homosexueller Lebenspartner mit Ehepaaren. Volker Beck, der Parlamentarische Geschäftsführer im Bundestag, witzelte denn auch am Montag via Twitter: „Erste Gemeinsamkeit mit der Union entdeckt: CSU sieht keine Basis für Schwarz-Grün.“ Das große Fremdeln Die Anhänger und Mitglieder von Christdemokraten und Grünen mögen sich abstrakt unter der großen, unbestimmten Klammer des „Bürgertums“ zusammenfassen lassen. Im politischen Alltag aber fremdeln beide Lager nach wie vor. Mögen viele Basis-Grüne auch gut verdienen, in Eigentumswohnungen leben und ihre Kinder auf Privatschulen schicken: Mit den angeblichen „Spießer“-Parteien CDU und CSU möchten sie noch lange nicht in einem Topf landen. Umgekehrt können Unions-Stammwähler oft wenig mit den grünen „Lifestyle-Ökos“ anfangen, die ihr Revoluzzer-Image pflegen, indem sie Umwelt-Strom abonnieren und dann und wann zum Atom-Protest nach Gorleben oder Lubmin tingeln. Auch CDU-Parteichefin Angela Merkel – von ihrem Naturell her risikoscheu – hat bisher keine Bereitschaft erkennen lassen, als erste Regierungschefin auf Bundesebene mit den Grünen zusammenzugehen. Im Gegenteil: Die im Abstand von Monaten aufflammenden Spekulationen hat sie schon öfter mit der Vokabel „Hirngespinste“ abgetan. Viele Beobachter in Berlin halten jede Wette: Wenn Merkel im nächsten Herbst ihren Koalitionspartner auswechseln muss, holt sie – wie schon 2005 – die ihr vertraute SPD ins Boot. Allerdings: Es gibt auch prominente Stimmen in der Union, die die schwarz-grüne Machtoption nicht komplett verbauen wollen – etwa den früheren baden-württembergischen Ministerpräsidenten und jetzigen EU-Kommissar Günther Oettinger. Künast musste ihren Flirt mit der CDU bitter bezahlen Umgekehrt plädiert auf grüner Seite etwa Parteichef Cem Özdemir seit Jahren dafür, die Tür zur Union nicht zu verrammeln, sondern einen Spalt geöffnet zu halten. Die maßgeblichen Spitzen-Grünen im Bund – allen voran Fraktionschef Jürgen Trittin – lehnen solche Koketterien aber ab. Als warnendes Beispiel gilt der gescheiterte Wahlkampf von Renate Künast ums Bürgermeisteramt in Berlin: Den Flirt mit den Schwarzen musste Künast bitter bezahlen. Es zeigte sich: Sehr vielen Grünen-Wählern behagt diese Liaison ganz und gar nicht. dapd (Politik/Politik)

Veröffentlicht von

Peer-Michael Preß

Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.