Berlin (dapd). Als Konsequenz aus der Affäre um die Vernichtung von Akten plant Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) einen grundlegenden Umbau des Verfassungsschutzes. „Die jetzt aufgetretenen Mängel zeigen, dass es in unserem Verfassungsschutz-Verbund dringenden Reformbedarf gibt“, sagte Friedrich der Zeitung „Bild am Sonntag“. Er sei „entschlossen, die Organisation ohne jedes Tabu zu überprüfen und wo notwendig zu verändern“. Bei der anstehenden Neuorganisation gebe es „keine Schere im Kopf“. Unter anderem will der Innenminister die Befugnisse des Generalbundesanwaltes ausweiten: Der Generalbundesanwalt muss Fälle aus den Justizbehörden öfter und schneller an sich ziehen können als bisher.“ An die Frage des Verfassungsschutzes auf Bundes- und Länderebene müsse man offen und ergebnisorientiert herangehen. Es gehe um die Zukunftsfähigkeit des Verfassungsschutzes in Deutschland. „Dabei steht fest, dass man auch im Verfassungsschutz Kräfte vor Ort braucht und eine Zentrale, in der die Fäden zusammenlaufen“, sagte Friedrich. Darüber werde er mit seinen Kollegen in den Ländern sprechen. Konkret will Friedrich für eine verbesserte Kommunikation zwischen dem Bundesamt und den Landesämtern sorgen. dapd (Politik/Politik)
Ramsauer für mehr sozialen Wohnungsbau
Berlin (dapd). Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU) sieht Handlungsbedarf gegen die Mietpreissteigerungen in deutschen Großstädten. „Wir brauchen mehr sozialen Wohnungsbau“, sagte Ramsauer der „Welt am Sonntag“. Vor allem in den Ballungszentren und den Metropolen München, Hamburg, Berlin oder dem Rhein-Main-Gebiet gebe es eine Knappheit an Wohnungen. Dies treibe die Immobilienpreise und die Mieten in die Höhe. In der Hauptstadt legten die Mieten laut einer Auswertung des Immobilienportals Immonet.de seit 2005 um 35 Prozent bei Neuvermietung zu, in Hamburg um 28 Prozent. Göttingen war mit 64 Prozent Spitzenreiter. Angesichts der steigenden Mieten in vielen deutschen Großstädten erwarten sechs von zehn Bundesbürgern (59 Prozent) staatliche Gegenmaßnahmen. Das ist das Ergebnis einer Umfrage von Infratest dimap im Auftrag der Zeitung. Vier von Zehn (37 Prozent) lehnen es ab, dass der Staat eingreift, um die Mieten zu begrenzen. dapd (Politik/Politik)
Kapitäne der Linkspartei steuern wieder gemeinsam
Mettlach (dapd-rps). Das Balancieren mit einem Tablett voller Sprudel- und Schorlegläser durch eine Menschenmenge dürfte an sonnigen Samstagnachmittagen für die Kellnerin auf dem Ausflugsschiff „Maria Croon“ Routine sein. Diesmal muss sie sich aber auf dem Oberdeck zusätzlich durch einen Pulk von Fotografen, Journalisten, Kameraleuten und einigen Sicherheitsbeamten hindurch zwängen. Die beiden Spitzenpolitiker der Linkspartei, Oskar Lafontaine und Gregor Gysi, haben sich zur Schiffsfahrt auf der Saar verabredet. Mehr als 300 Gäste sind bei der in Parteikreisen als „Versöhnungsfahrt“ gewerteten Tour dabei. Es ist nicht das erste Treffen der beiden nach den Zerwürfnissen beim Bundesparteitag der Linken Anfang Juni, aber sicherlich das persönlichste. Dass die Tour ausgerechnet durch die Saarschleife bei Mettlach führt, gibt dem Treffen eine besondere Note. 1997 entstand hier das legendäre Foto der „Männerfreundschaft“ von Oskar Lafontaine und Gerhard Schröder samt Begleitung. Damals hätten beide verabredet, eine Politik der sozialen Gerechtigkeit durchsetzen zu wollen, erinnert sich Lafontaine. Mit Schröders Hartz IV sei genau das Gegenteil daraus geworden. Heute sei die Tour an dieser Stelle ein Symbol, dass eine solche Politik der sozialen Gerechtigkeit angesichts der Wirtschaftskrise weiter zwingend notwendig sei, sagt Lafontaine. Zuvor hat er sich als Gastgeber und kenntnisreicher Fremdenführer bewiesen. Hat für Radtouren entlang der Saarschleife geworben („bin ich früher oft gefahren“) oder für die Einkehr in einem der zahlreichen Gasthäuser entlang der Strecke – mit ausdrücklicher Empfehlung von Saar-Weinen. Gysi gesteht, mit 64 befahre er zum ersten Mal die Saarschleife. Er genieße die bewaldete Landschaft und fühle sich hier wohl, antwortet er auf Lafontaines Reiseerläuterungen, um dann gleich politisch zu werden: „Eine vernünftige Linke will eigentlich nur, dass sich die Leute wohlfühlen.“ Die vorherrschende Politik sei aber „ganz darauf ausgerichtet, dass man sich immer unwohler fühlt“, sagt er. Die beiden Politprofis dürften gezielt eine Schiffstour geplant haben, um den Medien die Meldung „Gysi und Lafontaine in einem Boot“ nahezulegen. Doch sie hinterlassen phasenweise eher den Eindruck eines Neben- statt Miteinanders. Aus den Auseinandersetzungen vor einem Monat machen beide keinen Hehl. Lafontaine spricht von „einigen Differenzen“, die in der Politik zum Alltag gehörten. „Kein Grund zum Aufbauschen“, findet er. Gysi räumt „einige Meinungsverschiedenheiten“ ein. Dass die längst nicht völlig aus der Welt sind, lässt ein Nebensatz Gysis erahnen: Beide hätten über die Differenzen gesprochen, „so offen es geht“. Sogleich betont er: „Das ändert nichts an unserer Beziehung.“ Beiden ist klar, dass es vor der Bundestagswahl im kommenden Jahr für die Linkspartei wesentlich darauf ankommt, wie sie sich öffentlich präsentiert. Und beide vereint die Hoffnung, die Gysi in der Mettlacher Schleuse äußert, als die „Maria Croon“ eine Stufe höher gehoben wird: „Die Richtung will ich für uns auch.“ dapd (Politik/Politik)
Euro-Vorsitz soll offenbar zwischen Schäuble und Moscovici rotieren
Hamburg (dapd). Der Vorsitz der Euro-Gruppe soll einem Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ zufolge zwischen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und seinem französischen Amtskollegen Pierre Moscovici rotieren. Demnach würde der französische Präsident François Hollande zunächst Bundesfinanzminister Schäuble als Vorsitzenden der Euro-Finanzminister akzeptieren, berichtete das Hamburger Nachrichtenmagazin ohne Nennung von Quellen am Samstag vorab. Nach der Hälfte der Amtszeit könnte dann der französische Finanzminister Moscovici übernehmen. Die Amtszeit des derzeitigen Euro-Gruppen-Chefs Jean-Claude Juncker läuft in diesem Monat aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich bereits vor den französischen Präsidentschaftswahlen für Schäuble stark gemacht, der französische Präsident Hollande hatte die Personalie jedoch nach seinem Wahlsieg blockiert und seinen eigenen Finanzminister Moscovici gegen Schäuble ins Rennen geschickt. Merkel und Hollande treffen sich am Sonntag in der französischen Stadt Reims, um in der dortigen Kathedrale an einer Veranstaltung anlässlich des 50. Jahrestages der sogenannten Versöhnungsmesse teilzunehmen. dapd (Politik/Politik)
Tausende protestieren gegen rechtes Konzert in Gera
Gera/ (dapd-lth). Mehrere Tausend Menschen haben am Samstag in Gera lautstark gegen die zehnte Auflage des rechtsextremen Konzerts „Rock für Deutschland“ protestiert. „Gemeinsam erheben wir unsere Stimme gegen den Rechtsextremismus“, sagte Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht. „Wir sind ein Zeichen für eine bunte tolerante Stadt und für einen bunten toleranten Freistaat Thüringen“, fügte die CDU-Politikerin hinzu. Es gebe keine Toleranz für die Feinde der Toleranz. Neben Lieberknecht nahmen auch Landtagspräsidentin Brigit Diezel, Innenminister Jörg Geibert (beide CDU) und Sozialministerin Heike Taubert (SPD) teil. Die Polizei schätzte die Zahl der Demonstranten auf etwa 2.100. Die Veranstalter sprachen von 2.500 Teilnehmern. Ein Polizeisprecher sagte, bis zum Samstagnachmittag sei es zu keinen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Rechtsextremen oder der Polizei gekommen. Anders als im vergangenen Jahr habe es auch keine Sitzblockaden gegeben. Die Lage sei friedlich. Die Zahl der vor dem Hauptbahnhof versammelten Rechtsextremen gab er mit etwa 600 an. Hundertschaften aus mehreren Bundesländern und der Bundespolizei waren vor Ort. Die Proteste standen auch im Zeichen der NSU-Mordserie. Immer wieder thematisierten einzelne Redner die Taten des Neonazi-Trios, das Ende vergangenen Jahres aufgeflogen war. Sie sei beschämt, dass die NSU-Mitglieder aus Thüringen kämen, sagte Lieberknecht. Die Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbundes Thüringen, Renate Licht, kritisierte, die Aufarbeitung der Ermittlungspannen dauere zu lange. Kritik gab es an der Präsens von Innenminister Geibert. Dass er an der Veranstaltung teilnehme, sei „eine bodenlose Frechheit“, sagte ein Vertreter der Antifa. Er haben die Aufklärung zu den Pannen im Zuge der NSU-Ermittlungen zuletzt massiv behindert. „Er ist Teil des Problems, nicht seiner Lösung“, hieß es. Trotz solcher Vorhalte zeigte sich der Sprecher des landesweiten Bündnisses gegen „Rock für Deutschland“, Sandro Witt, sehr zufrieden mit der Resonanz auf den Protestaufruf. In einem so breiten Bündnis aus Parteien, Gewerkschaften und anderen Organisationen werde es immer Diskussionen geben, sagte er. Entscheidend sei, dass sich so viele Menschen aus Thüringen und teilweise auch anderen Bundesländern, aus unterschiedlichen politischen Richtungen zusammengefunden hätten, um gemeinsam Gesicht gegen Rechts zu zeigen. „Unsere Erwartungen sind bei weitem übertroffen worden“, sagte er weiter. Im Vorfeld hatte Witt gesagt, der Erfolg der Proteste werde sich daran messen lassen müssen, ob es gelänge, 1.000 Menschen in Gera zu versammeln. dapd (Politik/Politik)
Weiter Streit um den Lärmschutz am Hauptstadtflughafen
Berlin/Potsdam (dapd-bln). In Berlin und Brandenburg wird weiter heftig über das Debakel um die Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens und den Lärmschutz für die Airport-Anwohner gestritten. Die Flughafengesellschaft hat Berichten des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) und des „Tagesspiegel“ (Samstagausgabe) zufolge erst kürzlich vom Aufsichtsrat beschlossene Mittel in Höhe von 17 Millionen Euro wieder gestrichen. Vorgesehen waren die Mittel für den Lärmschutz auch in Wintergärten und Wohnküchen. Flughafensprecher Ralf Kunkel bestätigte die Berichte und sagte der Nachrichtenagentur dapd, das gesamte Schallschutzprogramm für den Flughafen stehe „auf dem Prüfstand“. Der brandenburgische Regierungssprecher Thomas Braune erläuterte, die in Rede stehenden 17 Millionen Euro würden wieder dem allgemeinen Haushalt der Flughafengesellschaft zugeführt, aus dem auch der gerichtlich neu festgelegte Schallschutz finanziert werden muss. Hintergrund der Diskussion ist ein Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (OVG) von Mitte Juni. Die Richter hatten Klagen von Anwohnern stattgegeben und entschieden, dass der Lärmschutz gemäß den Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses eingehalten werden muss. Festgelegt ist, dass der Grenzwert von 55 Dezibel am Tage innerhalb der Wohnzimmer kein einziges Mal überschritten werden darf. Die Umsetzung der OVG-Festlegungen kostet Expertenrechnungen zufolge rund 600 Millionen Euro mehr als ursprünglich veranschlagt. Die Flughafengesellschaft will prüfen, ob in diesem Zusammenhang juristische Schritte möglich sind. Braune unterstrich, dass es klare Auffassung Brandenburgs bleibe, dass Haushalte denen auch im Ergebnis der Neuberechnung des Schallschutzes wegen zu niedriger Raumhöhe oder unzureichender Raumgrößen kein Schallschutz zustünde, diesen bekommen sollten. Insgesamt stelle Brandenburg mit 222 Millionen Euro seinen Anteil am eventuell notwendigen erweiteren Schallschutzprogramm in maximaler Höhe in seinen Landesetat 2013 ein. Damit setze die Regierung den OVG-Beschluss „ohne Wenn und Aber“ um, fügte der Regierungssprecher hinzu. Nach Angaben der Bürgerinitiative Zeuthen gegen Fluglärm sind am Freitag ablehnende Lärmschutzbescheide an Anwohner versandt worden. Dabei sei es hauptsächlich um Wohnküchen und Wintergärten sowie Kulanzregelungen in Grenzfällen zugunsten der Anwohner gegangen. Das habe der Bürgerverein „mit großer Verwunderung“ zur Kenntnis genommen. Vereinsvorsitzender Martin Henkel monierte: „Es ist nicht begreiflich, wie Bürger Vertrauen in die Politik haben sollen, wenn sie so kurzlebig ist“. Kritik kam auch von der brandenburgischen CDU-Fraktion. Verkehrsexperte Rainer Genilke warf Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) „Täuschungen“ vor. Der Regierungschef müsse erklären, „ob die jüngste Zusage, auch kleinere Wohnküchen und Wintergärten im Lärmschutzprogramm aufzunehmen, noch gilt“. Unterdessen warnt Air Berlin-Chef Hartmut Mehdorn einem Zeitungsbericht zufolge vor einer neuerlichen Verzögerung bei der Eröffnung des Hauptstadtflughafens BER. „Eine erneute BER-Verschiebung kann Tegel nicht kompensieren“, sagte Mehdorn der Berliner Tageszeitung „B.Z.“ (Samstagausgabe). Dass der BER am 17. März 2013 in Betrieb geht, stellt Mehdorn infrage. Er sagte: „Die Verantwortlichen sagen ja immer wieder, sie prüfen noch. Solange sie an den 17. März selbst nicht glauben – warum sollte ich das tun? Nach den gemachten Erfahrungen planen wir nun mit größter Vorsicht.“ dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Friedrich geht hart mit Verfassungsschutz ins Gericht
Berlin (dapd). Innenminister Hans-Peter Friedrich will nach den Verfassungsschutzpannen im Fall der Neonazi-Terrorzelle NSU hart durchgreifen. „Dort, wo es absichtliche Verfehlungen gegeben hat, werden knallharte Konsequenzen gezogen“, sagte der CSU-Politiker der „Bild am Sonntag“. Sein Amtsvorgänger Otto Schily (SPD) plädierte im dapd-Interview für eine „straffere Organisation“ des Geheimdienstes, zeigte sich aber wenig optimistisch, dass derartige Reformen durchgesetzt werden können. Auch in der Koalition wird offenbar über eine große Reform der Sicherheitsbehörden diskutiert. Unterdessen bleiben auch nach Sichtung einschlägiger Verfassungsschutzakten durch den zuständigen Untersuchungsausschuss viele Fragen nach dem Vorgehen des Inlandsgeheimdienstes offen. So unternahm die Kölner Behörde im Anschluss an die umstrittene Operation „Rennsteig“ zwischen 2003 und 2005 die Operation „Saphira“ zur Gewinnung von V-Leuten in der Thüringer Neonazi-Szene. Ob in diesem Rahmen auch Personen aus dem Umfeld des NSU geworben wurden, blieb zunächst unklar. Der Verfassungsschutz steht wegen Ermittlungsfehlern im Fall der im November 2011 aufgeflogenen Neonazi-Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) seit Monaten in der Kritik. Die Gruppe agierte mehr als ein Jahrzehnt unentdeckt von den Behörden im Untergrund und ermordete bundesweit zehn Menschen. Vergangene Woche war überdies bekannt geworden, dass im Verfassungsschutz just nach Auffliegen der Terroristen Akten zum Fall des NSU geschreddert wurden. Behördenchef Heinz Fromm hatte daraufhin seinen Rückzug vom Amt zum Ende des Monats angekündigt. Bestürzt zeigte sich Friedrich vor allem über die umstrittene Aktenvernichtung beim Inlandsgeheimdienst: „Ich bin fassungslos über diesen Vorgang.“ Es gebe immer noch nur Erklärungsansätze für das Verhalten des für den Vorgang verantwortlichen Mitarbeiters des Verfassungsschutzes. Dieser war am Donnerstag vom Untersuchungsausschuss vernommen worden, machte aber keine konkreten Angaben zu seinem Motiv. „Durch die Aktenvernichtung wird allen Vorurteilen und Verschwörungstheorien gegen den Verfassungsschutz Nahrung gegeben“, warnte Friedrich. „Die Angehörigen, die ja zum Teil selbst unter Verdacht standen, erwarten zurecht, dass alles genau untersucht wird.“ Wie die „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ berichtet, wird in der schwarz-gelben Koalition über eine große Reform der Sicherheitsbehörden diskutiert. Dabei könnte es um die Einführung des Amts eines nationalen Sicherheitsberaters oder eine Verlagerung der Aufsicht des Bundesnachrichtendienstes (BND) vom Kanzleramt an das Verteidigungsministerium gehen. Thema sei zudem eine Beschneidung der Kompetenzen des Bundesamtes für Verfassungsschutz um die Auslandsbezüge des islamistischen Terrorismus oder die Bedrohung durch Cyber-Attacken. Auch nach Einschätzung des früheren Bundesinnenministers Schily muss die Sicherheitsarchitektur in Deutschland grundlegend umgebaut werden. Dringend erforderlich sei, „durch die Stärkung der Bundeskomponente den Informationsfluss über die Ländergrenzen hinweg zu verbessern“, sagte der SPD-Politiker der Nachrichtenagentur dapd. Dies sei „vor allem notwendig, wenn wir es mit überregionalen Phänomenen wie Terrorismus und organisierter Kriminalität zu tun haben“. Schily sagte weiter, er habe bereits als Minister „auf das Problem der Zersplitterung des Verfassungsschutzes hingewiesen und vorgeschlagen, die 16 Landesämter in das Bundesamt als dezentrale Stellen einzugliedern“. Er habe eine grundlegende Reform jedoch gegen den Widerstand der Länder nicht realisieren können. dapd (Politik/Politik)
Lafontaine und Gysi haben ihre Differenzen ausgeräumt
Mettlach (dapd). Die beiden Spitzenpolitiker der Linkspartei, Gregor Gysi und Oskar Lafontaine, wollen trotz ihrer Differenzen beim Bundesparteitag Anfang Juni auch in Zukunft gemeinsame Politik machen. „Bei uns ist die Freundschaft so dauerhaft, dass sie nicht wiedererstarken muss“, sagte Lafontaine am Samstag bei einer gemeinsamen Schiffstour auf der Saar bei Mettlach. Es habe zwar „einige Differenzen“ gegeben, räumte der saarländische Fraktionschef ein. In der Politik gehörten Differenzen aber zum Alltag und müssten „nicht unnötig aufgebauscht“ werden. Auch Bundestagsfraktionschef Gysi räumte Meinungsverschiedenheiten ein. Darüber habe er mit Lafontaine gesprochen, „so offen es geht“. Wenn man befreundet sei und gemeinsam Politik machen wolle, sei Offenheit entscheidend, „und die haben wir erreicht“. Mit Blick auf die Bundestagswahl im kommenden Jahr hätten beide besprochen, wie die Linke für Wähler wieder attraktiver werden könne. Die Partei habe zuletzt „innere Schwächen“ gehabt, sagte Gysi. Jetzt gehe es darum, deutlich zu machen, dass die Linke überzeugende Alternativen in der aktuellen Krise anbiete und die einzige wirkliche Oppositionspartei sei. SPD und Grüne wetterten im Bundestag gegen die Politik der Bundesregierung, nur um anschließend „den Arm genauso zu heben wie Union und FDP“, sagte Gysi. dapd (Politik/Politik)
Politik tadelt Wirtschaftsexperten
Berlin (dapd). Der Ökonomenstreit um den besten Weg zur Lösung der Eurokrise stößt in der Politik auf Kritik. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) sagte am Samstag, für die Politik hätten sich die Experten in der Krise als nicht hilfreich erwiesen. „Von allen denkbaren Verfahren in der Bewältigung dieser Krise in den vergangenen Monaten ist das am wenigsten taugliche die Umsetzung von Expertenempfehlungen gewesen“, sagte Lammert am Samstag dem Radiosender SWR2. Zu jeder denkbaren Option hätten sich Fachleute zwar geäußert. Es gebe aber zu keiner einzigen relevanten Frage eine gemeinsame Expertenmeinung. „Würden sich darauf politische Entscheidungsinstanzen verlassen wollen, würden sie damit ihre Entscheidungsunfähigkeit zu Protokoll geben“, sagte Lammert. Der Protestaufruf von Ökonomen gegen die Euro-Gipfelbeschlüsse ist seinem Initiator zufolge kein General-Verriss der Krisenpolitik. Der Professor am Institut für Wirtschafts- und Sozialstatistik der TU Dortmund, Walter Krämer, sagte den „Ruhr Nachrichten“ (Samstagausgabe), er hoffe vielmehr, dass die Warnung der 170 Wirtschaftswissenschaftler vor einer Bankenunion in Europa und einer Überforderung der Steuerzahler der Regierung den Rücken stärke. „Sie sollte endlich auf Einhaltung der Regeln in Europa bestehen“, verlangte Krämer. Er fügte hinzu: „Es geht uns nicht um Protest, sondern um Information. Es war doch kaum jemandem klar, was sich in der kurzen Gipfelerklärung für ein Sprengstoff verbirgt.“ Am Freitagabend hatten sich auch die fünf Wirtschaftsweisen in einem Sondergutachten zu den Ergebnissen des jüngsten EU-Gipfels geäußert. Ihrer Meinung nach darf die europäische Schuldenkrise nicht zur „übereilten Einführung einer Bankenunion führen“. Außerdem dürften nur dann Hilfen an notleidende spanische Banken fließen, wenn „klare Kriterien zur Rekapitalisierung und Restrukturierung“ befolgt würden, schreibt das Beratungsgremium der Bundesregierung. Diese würden aber „auf absehbare Zeit nicht erfüllt“. Gleichzeitig betonen die Sachverständigen in ihrem Gutachten, dass der Euro durch die Schuldenkrise in einer „systemischen Krise“ stecke. Es sei eine Situation entstanden, „die den Fortbestand der gemeinsamen Währung und die ökonomische Stabilität Deutschlands gleichermaßen gefährdet“. Der Direktor des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, legte am Samstag mit seiner Kritik an dem Protestaufruf der 170 Kollegen noch einmal nach. Die darin enthaltenen Argumente hielten keinen wissenschaftlichen Kriterien stand, sagte er der „Berliner Zeitung“. Hüther hatte zusammen mit sechs weiteren Ökonomen am Freitag eine Gegenposition zu dem Aufruf verfasst. Darin heißt es unter anderem, es sei nicht die Aufgabe von Ökonomen, die Öffentlichkeit „mit Behauptungen, fragwürdigen Argumenten und in einer von nationalen Klischees geprägten Sprache“ zu verunsichern. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) hatten die Kritik an den EU-Beschlüssen bereits am Freitag zurückgewiesen. Schäuble betonte zudem die Notwendigkeit weiterer Finanzhilfen in der Euro-Krise. „Wir müssen den Euro stabil halten und wir müssen unserer Bevölkerung erklären, was wir tun“, sagte er dem „Badischen Tagblatt“ (Samstagausgabe). Eines sei sicher: „Ohne den Euro wären die wirtschaftlichen Erfolge Deutschlands nicht in dem Maße möglich gewesen, wie wir sie jetzt haben“, sagte der Minister. Aus Berechnungen des Versicherungskonzerns Allianz geht hervor, dass eine von einigen Ökonomen ins Spiel gebrachte Rückkehr zur D-Mark zu gewaltigen Wohlstandsverlusten in Deutschland führen würde. Konzernchef Michael Diekmann sagte der „Welt am Sonntag“, in einem solchen Szenario „würde Deutschland in eine tiefe Depression abrutschen, das Bruttoinlandsprodukt würde eine Zeit lang mit zweistelligen Raten schrumpfen, am Ende könnten über vier bis fünf Jahre 25 Prozent des BIP verloren sein“. Eine Rückkehr zur D-Mark wäre daher verantwortungslos. „Deshalb sollten wir alle solche Gedankenspiele beenden“, sagte Diekmann. Kritik an der Idee einer europäischen Bankenunion kam derweil auch von den Sparkassen. „Eine Vergemeinschaftung der Einlagensicherung können wir nicht mittragen“, sagte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Georg Fahrenschon, der „Neuen Westfälischen“ (Samstagsausgabe) aus Bielefeld. Deutsche Steuerzahler dürften nicht für marode Banken im europäischen Ausland zahlen, sagte der frühere bayerische Finanzminister. Solidarität bedeute nicht nur das Recht auf Hilfe, sondern auch die Pflicht zum Eigenbeitrag. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
FDP will Griechenland mehr Zeit geben
Berlin (dapd). Die FDP will Griechenland etwas mehr Zeit zur Umsetzung des Reformprogramms zu geben. Bei einzelnen Schritten könnten „Verschiebungen auf der Zeitachse“ sinnvoll sein, sagte Fraktionschef Rainer Brüderle der „Welt am Sonntag“ und fügte hinzu, „dabei geht es aber um Wochen, nicht um Jahre“. An den Auflagen selbst sei nicht zu rütteln. Auch FDP-Generalsekretär Patrick Döring sprach sich dafür aus, Griechenland zeitlich entgegenzukommen. „An den Konditionen und Auflagen ändert sich nichts, aber wir haben Verständnis dafür, dass in Wahlkampfzeiten die Reformbemühungen gestoppt wurden, dieses kleine Zeitfenster von einigen Wochen kann man dran hängen“, sagte Döring dem Berliner „Tagesspiegel“ (Sonntagausgabe). dapd (Politik/Politik)