Politik tadelt Wirtschaftsexperten

Politik tadelt Wirtschaftsexperten Berlin (dapd). Der Ökonomenstreit um den besten Weg zur Lösung der Eurokrise stößt in der Politik auf Kritik. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) sagte am Samstag, für die Politik hätten sich die Experten in der Krise als nicht hilfreich erwiesen. „Von allen denkbaren Verfahren in der Bewältigung dieser Krise in den vergangenen Monaten ist das am wenigsten taugliche die Umsetzung von Expertenempfehlungen gewesen“, sagte Lammert am Samstag dem Radiosender SWR2. Zu jeder denkbaren Option hätten sich Fachleute zwar geäußert. Es gebe aber zu keiner einzigen relevanten Frage eine gemeinsame Expertenmeinung. „Würden sich darauf politische Entscheidungsinstanzen verlassen wollen, würden sie damit ihre Entscheidungsunfähigkeit zu Protokoll geben“, sagte Lammert. Der Protestaufruf von Ökonomen gegen die Euro-Gipfelbeschlüsse ist seinem Initiator zufolge kein General-Verriss der Krisenpolitik. Der Professor am Institut für Wirtschafts- und Sozialstatistik der TU Dortmund, Walter Krämer, sagte den „Ruhr Nachrichten“ (Samstagausgabe), er hoffe vielmehr, dass die Warnung der 170 Wirtschaftswissenschaftler vor einer Bankenunion in Europa und einer Überforderung der Steuerzahler der Regierung den Rücken stärke. „Sie sollte endlich auf Einhaltung der Regeln in Europa bestehen“, verlangte Krämer. Er fügte hinzu: „Es geht uns nicht um Protest, sondern um Information. Es war doch kaum jemandem klar, was sich in der kurzen Gipfelerklärung für ein Sprengstoff verbirgt.“ Am Freitagabend hatten sich auch die fünf Wirtschaftsweisen in einem Sondergutachten zu den Ergebnissen des jüngsten EU-Gipfels geäußert. Ihrer Meinung nach darf die europäische Schuldenkrise nicht zur „übereilten Einführung einer Bankenunion führen“. Außerdem dürften nur dann Hilfen an notleidende spanische Banken fließen, wenn „klare Kriterien zur Rekapitalisierung und Restrukturierung“ befolgt würden, schreibt das Beratungsgremium der Bundesregierung. Diese würden aber „auf absehbare Zeit nicht erfüllt“. Gleichzeitig betonen die Sachverständigen in ihrem Gutachten, dass der Euro durch die Schuldenkrise in einer „systemischen Krise“ stecke. Es sei eine Situation entstanden, „die den Fortbestand der gemeinsamen Währung und die ökonomische Stabilität Deutschlands gleichermaßen gefährdet“. Der Direktor des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, legte am Samstag mit seiner Kritik an dem Protestaufruf der 170 Kollegen noch einmal nach. Die darin enthaltenen Argumente hielten keinen wissenschaftlichen Kriterien stand, sagte er der „Berliner Zeitung“. Hüther hatte zusammen mit sechs weiteren Ökonomen am Freitag eine Gegenposition zu dem Aufruf verfasst. Darin heißt es unter anderem, es sei nicht die Aufgabe von Ökonomen, die Öffentlichkeit „mit Behauptungen, fragwürdigen Argumenten und in einer von nationalen Klischees geprägten Sprache“ zu verunsichern. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) hatten die Kritik an den EU-Beschlüssen bereits am Freitag zurückgewiesen. Schäuble betonte zudem die Notwendigkeit weiterer Finanzhilfen in der Euro-Krise. „Wir müssen den Euro stabil halten und wir müssen unserer Bevölkerung erklären, was wir tun“, sagte er dem „Badischen Tagblatt“ (Samstagausgabe). Eines sei sicher: „Ohne den Euro wären die wirtschaftlichen Erfolge Deutschlands nicht in dem Maße möglich gewesen, wie wir sie jetzt haben“, sagte der Minister. Aus Berechnungen des Versicherungskonzerns Allianz geht hervor, dass eine von einigen Ökonomen ins Spiel gebrachte Rückkehr zur D-Mark zu gewaltigen Wohlstandsverlusten in Deutschland führen würde. Konzernchef Michael Diekmann sagte der „Welt am Sonntag“, in einem solchen Szenario „würde Deutschland in eine tiefe Depression abrutschen, das Bruttoinlandsprodukt würde eine Zeit lang mit zweistelligen Raten schrumpfen, am Ende könnten über vier bis fünf Jahre 25 Prozent des BIP verloren sein“. Eine Rückkehr zur D-Mark wäre daher verantwortungslos. „Deshalb sollten wir alle solche Gedankenspiele beenden“, sagte Diekmann. Kritik an der Idee einer europäischen Bankenunion kam derweil auch von den Sparkassen. „Eine Vergemeinschaftung der Einlagensicherung können wir nicht mittragen“, sagte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Georg Fahrenschon, der „Neuen Westfälischen“ (Samstagsausgabe) aus Bielefeld. Deutsche Steuerzahler dürften nicht für marode Banken im europäischen Ausland zahlen, sagte der frühere bayerische Finanzminister. Solidarität bedeute nicht nur das Recht auf Hilfe, sondern auch die Pflicht zum Eigenbeitrag. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

FDP will Griechenland mehr Zeit geben

FDP will Griechenland mehr Zeit geben Berlin (dapd). Die FDP will Griechenland etwas mehr Zeit zur Umsetzung des Reformprogramms zu geben. Bei einzelnen Schritten könnten „Verschiebungen auf der Zeitachse“ sinnvoll sein, sagte Fraktionschef Rainer Brüderle der „Welt am Sonntag“ und fügte hinzu, „dabei geht es aber um Wochen, nicht um Jahre“. An den Auflagen selbst sei nicht zu rütteln. Auch FDP-Generalsekretär Patrick Döring sprach sich dafür aus, Griechenland zeitlich entgegenzukommen. „An den Konditionen und Auflagen ändert sich nichts, aber wir haben Verständnis dafür, dass in Wahlkampfzeiten die Reformbemühungen gestoppt wurden, dieses kleine Zeitfenster von einigen Wochen kann man dran hängen“, sagte Döring dem Berliner „Tagesspiegel“ (Sonntagausgabe). dapd (Politik/Politik)

Verfassungsschutz wollte V-Leute in Thüringen mit Scheinfirma werben

Verfassungsschutz wollte V-Leute in Thüringen mit Scheinfirma werben Berlin (dapd-lth). Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat offenbar erhebliche Anstrengungen unternommen, um die Thüringer Neonazi-Szene zu unterwanden. Zur Werbung und Steuerung von V-Leuten gründete die Kölner Behörde Ende der 1990er Jahre eine Scheinfirma, wie die Nachrichtenagentur dapd aus Sicherheitskreisen in Berlin erfuhr. Ziel der Aktion sei der NSU-nahe rechtsextreme Thüringer Heimatschutz gewesen. Die Praxis Tarnfirmen zu gründen, hat in Thüringen eine zweifelhafte Tradition: Der ehemaligen Leiter des hiesigen Landesamtes für Verfassungsschutz, Helmut Roewer, soll über Scheinfirmen Geld veruntreut haben. Nach Roewers Suspendierung 2000 wurde ein Verfahren wegen Untreue und schweren Betrugs gegen ihn eingeleitet, das jedoch später eingestellt wurde. Ende der 1990er Jahre tauchte in Thüringen auch die Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) unter, die bundesweit für zehn Morde verantwortlich sein soll. Die rechtsextreme Gruppe flog erst im November vergangenen Jahres auf. dapd (Politik/Politik)

SPD startet siegessicher in den niedersächsischen Wahlkampf

SPD startet siegessicher in den niedersächsischen Wahlkampf Hameln (dapd-nrd). Besser hätte es für Stephan Weil nicht laufen können: Mit deutlichem Rückenwind durch zwei gute Abstimmungsergebnisse startet der Spitzenkandidat der SPD Niedersachsen in den bevorstehenden Landtagswahlkampf. Die Genossen schwor der 53-Jährige bei dem Parteitag am Samstag in Hameln auf einen Wahlsieg ein. „Die Menschen im Land wollen wieder eine SPD-geführte Landesregierung“, sagte er und verwies auch auf die derzeit guten Umfrageergebnisse. In Hameln wurde auch die 87-köpfige Liste für die Landtagswahl 2013 aufgestellt. Abgestraft wurde dabei lediglich Doris Schröder-Köpf. Weil wurde mit knapp 99 Prozent am Samstag offiziell auf Listenplatz eins der Landesliste gewählt, nachdem er bereits seit Januar als Spitzenkandidat feststeht. Auch als Landesvorsitzender wurde er in Hameln wiedergewählt. Dabei erhielt er 95,26 Prozent der Stimmen ein ähnlich gutes Ergebnis. In seiner Rede griff der 53-Jährige die amtierende schwarz-gelbe Landesregierung an. Diese sei „saft- und kraftlos“ und schleppe sich nur noch zwischen „Pannen und Skandalen“ dahin. Als Beispiel für Probleme nannte Hannovers Oberbürgermeister fehlende Krippenplätze, eine verkorkste Energiewende und zu wenig Ganztagsschulen. „Überall da, wo es um die Zukunft geht, sehen wir Abstiegsplätze oder unteres Mittelfeld.“ Die SPD wolle hingegen ein neues Kapitel aufschlagen und sich für eine bessere Kinderbetreuung, mehr Ganztagsschulen und die Abschaffung der Studiengebühren einsetzen. Außerdem verspricht der 53-Jährige im Falle eines Wahlsieges, die Landespolitik stärker zu regionalisieren und sie nicht zentralistisch aus der Landeshauptstadt zu betreiben. Dazu soll auch ein Ministerium für Europa, Landwirtschaft und die Regionen eingerichtet werden. „Regionale Entwicklung soll das Markenzeichen unserer Landespolitik werden“, sagte Weil. Als Gastredner hatte Schleswig-Holsteins neuer Ministerpräsident Torsten Albig am Samstag seinen Parteikollegen in Niedersachsen den Rücken gestärkt. „Dass das bei uns geklappt hat, sollte euch Mut machen“, sagte Albig. Ähnlich wie er selbst wisse Weil als Kommunalpolitiker wie gute Politik funktioniere. „Wir sind nicht die Kleinen und Doofen, die sich jetzt plötzlich in die Landespolitik einmischen“, betonte Albig, der vor seinem kürzlichen Wechsel in die Staatskanzlei Oberbürgermeister in Kiel war. Einziger Wehrmutstropfen des Parteitages in Hameln dürfte das Abschneiden von der Frau von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder, Doris Schröder-Köpf, gewesen sein. Die 48-Jährige erhielt bei der Wahl zu Landeslistenplatz zwölf 18 Gegenstimmen, die restlichen Kandidaten für die anderen Listenplätze hingegen nur maximal vier. Die 48-Jährige sprach dennoch von einem „glänzenden Ergebnis“. „Das stört mich nicht“, sagte Schröder-Köpf. Die Genossen, die nun gegen sie gestimmt hätten, seien wohl „Leute, die mich noch nicht gut genug kennen“, erklärte sie auch mit Blick auf die innerparteiliche Abstimmung um das Direktmandat in ihrem Wahlkreis gegen die Landtagsabgeordnete Sigrid Leuschner. Die Gattin des Ex-Kanzlers betonte, für den bevorstehenden Wahlkampf bereits bestens vorbereitet zu sein. „Mich kann keiner so leicht nervös machen“, sagte sie. Wichtig sei es, „Kritik nicht zu persönlich“ zu nehmen. Die Landtagswahl in Niedersachsen findet am 20. Januar 2013 statt. Der stellvertretende SPD-Bundesfraktionsvorsitzende Hubertus Heil bezeichnete sie am Samstag als „wichtigste Landtagswahl – auch für die Bundes-SPD“. 2008 erzielte die SPD in Niedersachsen mit 30,3 Prozent der Stimmen ihr bislang schlechtestes Wahlergebnis im Land. Derzeit liegen die Sozialdemokraten aber laut Umfragen erstmals in der Wählergunst wieder vor der CDU. dapd (Politik/Politik)

Zoff um die Familienleistungen

Zoff um die Familienleistungen Berlin (dapd). Weiter Zoff um Familienleistungen in der Koalition: Nach dem monatelangen Streit um das Betreuungsgeld debattiert die Koalition nun das Elterngeld. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) hatte die Überprüfung der Familienleistung im ersten Lebensjahr des Kindes gefordert. Die CSU macht sich jedoch statt für eine Aufweichung für eine Ausweitung stark. Die FDP will nun auch das noch nicht beschlossene Betreuungsgeld überprüfen. 2011 waren in Deutschland 15.000 Kinder weniger geboren worden als im Jahr zuvor. Vor diesem Hintergrund hatte Kauder kürzlich angekündigt, dass sich die Union „in der nächsten Legislaturperiode“, die im Herbst 2013 beginnt, das Elterngeld und seine Wirkung „noch mal anschauen“ wolle. Das Elterngeld wird nach der Geburt eines Kindes für maximal 14 Monate vom Bund gezahlt, wenn die Eltern die Arbeit aussetzen. Mutter und Vater können sich den Zeitraum frei untereinander aufteilen. Das Elterngeld muss jedoch mindestens zwei und darf höchstens zwölf Monate von einem Elternteil bezogen werden. Bayerns Familienministerin Christine Haderthauer (CSU) will dagegen eine Ausweitung der Leistung: „Unser mittelfristiges Ziel sollte sein, das Elterngeld auf 24 Monate auszuweiten, davon sollten zwölf Monate als Partnermonate reserviert werden“, sagte sie der „Rheinischen Post“. Sie wisse zwar, dass ein längeres Elterngeld derzeit finanziell nicht zu verwirklichen sei, verwies aber zugleich darauf, dass „Länder mit erfolgreicher Familienpolitik“ bereits heute die ersten zwei Lebensjahre des Kindes finanziell abpuffern würden. Der Landesvorsitzende der Hamburger CDU, Marcus Weinberg, verteidigte die staatliche Leistung an Eltern ebenfalls. „Das Elterngeld ist ein großer Erfolg. Es wäre fatal, nur die Geburtenrate als Indikator für Misserfolg oder Erfolg dieser politischen Maßnahme zu nehmen“, sagte er dem „Hamburger Abendblatt“. Nach der Ankündigung von Kauder, die Wirkung des Elterngeldes zu überprüfen, will die FDP das gleiche Vorgehen beim umstrittenen Betreuungsgeld. „Da gehört alles auf den Tisch – also nicht nur das Elterngeld, sondern dann auch das Betreuungsgeld“, sagte FDP-Generalsekretär Patrick Döring der „Welt“. Das Betreuungsgeld sei „wie alle anderen Leistungen darauf zu überprüfen, ob es den Zielen einer modernen Familienpolitik gerecht wird“. Die SPD fordert eine Klärung der Zukunft des Elterngeldes noch vor der Bundestagswahl. „Die Familien müssen wissen, was auf sie zukommt“, sagte der Parlamentarische Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Es sei „nicht in Ordnung diese Frage wegen der Zerrissenheit der Koalition in der Familienpolitik erst in der nächsten Legislaturperiode zu klären“. „Tatsache ist, dass große Teile der Koalition das Elterngeld schlicht nicht wollen“, fügte der SPD-Politiker hinzu. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, kritisierte Kauders Vorstoß ebenfalls. Der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ sagte Beck: „Einerseits wehrt sich die Union gegen den Begriff Herdprämie für ihr Betreuungsgeld, andererseits stuft Kauder das Elterngeld nun zur reinen Gebärprämie herab.“ Beck betonte, das Elterngeld solle Müttern und Vätern ermöglichen, Zeit mit ihren Kindern zu verbringen. „Das Elterngeld ist unabhängig von der Geburtenzahl ein Erfolgsmodell.“ Der Bund der Steuerzahler verlangte angesichts der geringen Geburtenzahlen dagegen das Aus für diese Familienleistung. Verbandspräsident Reiner Holznagel sagte den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe: „Das Elterngeld hat seine Wirkung voll und ganz verfehlt, das Vorhaben ist gescheitert. Wir fordern eine Rückkehr zum alten Erziehungsgeld: Dann würde der Bund 2,9 Milliarden Euro im Jahr sparen.“ dapd (Politik/Politik)

Telekom weist Bericht über Personalpläne zurück

Telekom weist Bericht über Personalpläne zurück Düsseldorf/Bonn (dapd). Die Deutsche Telekom hat einen Magazinbericht über angebliche Personalpläne in der Konzernzentrale zurückgewiesen. Die „Wirtschaftswoche“ hatte zuvor unter Berufung auf interne Papiere und Organigramme des Bonner Konzerns gemeldet, dass trotz des geplanten Abbaus von 1.300 Arbeitsplätzen bis 2015 rund 180 Stellen neu besetzt werden sollen. Derzeit würden besonders in den Aufgabenbereichen von Konzernchef René Obermann, Finanzchef Timotheus Höttges sowie der neuen Europa- und Technik-Chefin Claudia Nemat langjährige Spitzenkräfte aussortiert, um deren Stellen mit neuen, kreativen Mitarbeitern zu besetzen. Ein Telekom-Sprecher erklärte am Samstag, dass im Rahmen des geplanten Stellenabbaus von bis zu 1.300 Jobs bei den verbleibenden Stellen derzeit 220 Führungspositionen in Zentralfunktionen konzernweit für Führungskräfte ausgeschrieben seien. Es würden keine zusätzlichen Stellen geschaffen. Inwiefern neben bisherigen Managern aus den betreffenden Zentralfunktionen andere Manager berücksichtigt würden, sei „reine Spekulation“. Eine Vorgabe, bisherige Führungskräfte durch Führungskräfte anderer Bereiche zu ersetzen, gebe es nicht. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Deutschland und Frankreich loten gegenseitiges Verhältnis aus

Deutschland und Frankreich loten gegenseitiges Verhältnis aus Berlin (dapd). Kurz vor dem 50. Jahrestag der deutsch-französischen Aussöhnung hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel für ein gemeinsames Vorgehen in der Euro-Krise starkgemacht und die engen Verbindungen beider Länder gewürdigt. Frankreichs Präsident François Hollande sieht das Verhältnis etwas kritischer. Auch er hob am Samstag die guten Beziehungen Frankreichs und Deutschlands hervor, mahnte jedoch, es dürfe kein „deutsch-französisches Direktorium“ in Europa geben. Merkel und Hollande treffen sich am Sonntag in der französischen Stadt Reims, um in der dortigen Kathedrale an einer Veranstaltung anlässlich des 50. Jahrestages der sogenannten Versöhnungsmesse teilzunehmen. Beide werden im Anschluss eine Rede halten. Dann treffen sich die deutsche Kanzlerin und der französische Präsident bei einem gemeinsamen Mittagessen zum Gespräch. Die Messe wurde am 8. Juli 1962 gemeinsam vom damaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer und dem früheren Staatspräsidenten Frankreichs Charles de Gaulle gefeiert, um die Versöhnung der beiden Nachbarländer zu besiegeln. Merkel betonte, schon de Gaulle und Adenauer hätten gesagt, die deutsch-französische Freundschaft sei ein unerlässlicher Schritt auf dem Weg zu einem vereinigten Europa. „Genau daran arbeiten wir – Deutschland und Frankreich – gemeinsam. Und das tun wir auch angesichts der aktuellen Herausforderungen“, sagte Merkel mit Blick auf die Euro-Krise. Sie werde in Reims noch einmal deutlich machen, dass Deutschland und Frankreich gemeinsam daran gehen, „die Aufgaben unserer heutigen Zeit zu lösen“. De Gaulle und Adenauer hätten 1962 „Mut und Weitsicht“ bewiesen. „Sie haben die Bedenken vieler beiseite getan und haben einen Neuanfang gewagt; einen einzigartigen Neuanfang, der international zu einer der bedeutendsten Freundschaften geführt hat“, erklärte die CDU-Vorsitzende. Hollande mahnte in der französischen Zeitung „L’union“, zwar sei in Europa sicherlich nichts möglich, wenn Frankreich und Deutschland sich nicht einig seien, fügte aber hinzu: „Wir dürfen unsere Beziehung nicht wie ein Direktorium verstehen, in dem Frankreich und Deutschland allein für Europa entscheiden.“ Darin sei er sich auch mit Kanzlerin Merkel einig. „Manchmal konnten sich bestimmte Länder ausgeschlossen oder gezwungen fühlen, einen Kompromiss zu akzeptieren, der bereits von unseren beiden Ländern ausgehandelt wurde“, sagte Hollande. Man müsse die anderen jedoch einbinden. Auch FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle hob die Bedeutung der Beziehungen hervor. „Deutschland und Frankreich sind aufeinander angewiesen“, sagte er der „Welt am Sonntag“. Er setze darauf, dass nach dem Wahlkampf in Frankreich, „das Maß an Gemeinsamkeit wieder zunimmt“. Die Grünen-Vorsitzenden Claudia Roth und Cem Özdemir forderten in einer gemeinsamen Erklärung, das Besondere der deutsch-französischen Freundschaft zu bewahren. Diese sei keineswegs selbstverständlich und müsse „jederzeit sorgfältig gepflegt werden“. Bundeskanzlerin Merkel habe dem Verhältnis Deutschlands zu Frankreich erheblichen Schaden zugefügt, als sie mitten im Wahlkampf ausschließlich auf den ehemaligen konservativen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy gesetzt habe und „François Hollande kaltschnäuzig düpierte“. Damit habe die Kanzlerin einen Berg von Porzellan zerschlagen, den sie jetzt mühsam kitten müsse. dapd (Politik/Politik)

Deutschland will Afghanistan in die Pflicht nehmen

Deutschland will Afghanistan in die Pflicht nehmen Tokio (dapd). Deutschland fordert von Afghanistan zügige Reformfortschritte im Gegenzug für die Milliardenhilfen der internationalen Gemeinschaft. „Wir werden keinerlei Blanko-Zusagen geben“, sagte Außenminister Guido Westerwelle am Samstag kurz vor der Afghanistan-Konferenz in Tokio. Das Land müsse etwa bei der Regierungsführung und der Korruptionsbekämpfung vorankommen und hier klare Vorgaben einhalten. Auch Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) betonte, die finanzielle Unterstützung für Afghanistan sei „keine Einbahnstraße“. In der japanischen Hauptstadt beraten am Sonntag Vertreter von rund 70 Staaten und Organisationen über den zivilen Aufbau und die Entwicklung Afghanistans nach dem Abzug der internationalen Kampftruppen Ende 2014. Bei der Afghanistan-Konferenz in Bonn im vergangenen Jahr hatte die internationale Gemeinschaft bereits allgemein ihre Unterstützung bis 2024 zugesichert. In Tokio sollen nun konkrete Finanzzusagen der Geberländer und klare Verpflichtungen der Afghanen festgeschrieben werden. Westerwelle und Niebel nehmen gemeinsam für die deutsche Regierung an der Konferenz teil. Deutschland werde weiterhin 430 Millionen Euro jährlich für den zivilen Aufbau Afghanistans zahlen, kündigte Niebel an. Vorerst gelte die Zusage bis 2016, „solange geht unsere mittelfristige Finanzplanung“. Die Gegenseitigkeit müsse dabei eingehalten werden. Bereits seit zwei Jahren gehe ein Teil der deutschen Mittel immer erst an die Afghanen, wenn vereinbarte Ziele erreicht seien. Westerwelle sagte, es gebe „keine einseitige Zusage, sondern eine gegenseitige Vereinbarung“. Die internationale Hilfe müsse mit Fortschritten auf afghanischer Seite beantwortet werden. Zugleich betonte er, bei der Unterstützung gehe es nicht nur um „Solidarität, Verantwortung und Mitgefühl“, sondern um eigene Interessen und den Schutz vor Terrorangriffen. Afghanistan dürfe nicht wieder zu einem Rückzugsort für Terroristen werden. Der deutsche Chefdiplomat sieht dabei alle Staaten der internationalen Gemeinschaft in der Pflicht, sich am Aufbau des Landes zu beteiligen. Es könne nicht die Arbeitsteilung geben: „Die einen machen die Geschäfte und wir organisieren die Sicherheit“, mahnte er. Auch die Geschäftspartner der Afghanen müssten ihren finanziellen Beitrag für eine stabile und sichere Entwicklung des Landes leisten. Obwohl Westerwelle keine Länder offen nannte, dürfte sich der Appell vor allem an China und Russland richten, die sich bei der Aufbauhilfe für Afghanistan bislang sehr zurückhalten. Insbesondere China ist dagegen beim Geschäft mit afghanischen Rohstoffen äußerst aktiv. Welche Zusagen die beiden Länder am Sonntag bei der Konferenz in Tokio machen, ist noch unklar. Einige Staaten haben sich – wie Deutschland – bereits vorgewagt und konkrete Zahlen genannt, andere Staaten halten sich bisher bedeckt. Die letzten Verhandlungen über das Abschlussdokument liefen am Samstag noch. Die Afghanen können aber bereits mit einer Unterstützung in Milliardenhöhe rechnen. Kurz vor der Konferenz in Tokio besuchte US-Außenministerin Hillary Clinton am Samstag überraschend die afghanische Hauptstadt Kabul und traf dort Präsident Hamid Karsai. Die US-Regierung stuft das Land nun als „wichtigen nicht-NATO-Verbündeten“ ein, wie Clinton bei ihrer Stippvisite bekanntgab. Der Status erleichtert eine enge Verteidigungszusammenarbeit nach dem Abzug der US-Truppen 2014, außerdem gilt er als Ausdruck politischer Unterstützung für die langfristige Stabilität Afghanistans. Westerwelle sagte, der Schritt zeige die besondere Verantwortung der USA für die Zukunft des Landes. „Und wir teilen diese Sicht.“ Die internationale Gemeinschaft werde Afghanistan nach 2014 nicht alleine lassen und nicht wegschauen, „nur weil unsere Kampftruppen gegangen sind“. dapd (Politik/Politik)

Sturmlauf gegen neues Meldegesetz

Sturmlauf gegen neues Meldegesetz Berlin (dapd). Datenschützer und Opposition stemmen sich gegen das neue Meldegesetz. Hauptkritikpunkt an der vom Bundestag vergangene Woche verabschiedeten Neuregelung ist der vorgesehene Zugriff der Privatwirtschaft auf staatliche Daten. „Mal wieder bedient Schwarz-Gelb eine Klientelgruppe und deren Profitinteressen und stellt den allgemeinen Daten- und Verbraucherschutz hinten an“, sagte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast am Samstag in Berlin. Wer ein solches Gesetz durchgehen lasse, könne nicht ernsthaft – zum Beispiel bei Facebook – auf dem Prinzip der Einwilligung zur Datenweitergabe bestehen. Nun müssten die Länder im Bundesrat retten, was Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) versäumt habe. Auch die Linke-Innenexpertin Petra Pau kritisierte: „Der Ausverkauf des Datenschutzes geht weiter. Und das mit Zustimmung der FDP, die sich selbst als freiheitlich und demokratisch rühmt.“ „Das staatliche Melderegister ist kein Vorratsdatenspeicher für Zwecke der Wirtschaft“, bekräftigte SPD-Chef Sigmar Gabriel, der das Gesetz bereits am Donnerstag „gefährlichen Unsinn“ bezeichnet hatte. Ein Verkauf von staatlichen Daten sei nicht akzeptabel, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. Thilo Weichert, der Leiter des unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz in Schleswig-Holstein, sprach von „gesetzlichem Wahnsinn“. Das neue Recht ermögliche „den privaten Handel mit vom Staat zwangsweise erhobenen Daten in großem Stil“, sagte er dem Blatt. Auch der bayerische Datenschutzbeauftragte Thomas Petri bezeichnete den Zugriff auf staatliche Daten als „unsäglich“. Die Kritik entzündete sich an Paragraf 44 des neuen Bundesmeldegesetzes, das nach der Föderalismusreform die bisherigen Landes- und Bundesregelungen zusammenfasst. Der Paragraf ermöglicht es Adresshändlern, Inkassofirmen oder der Werbewirtschaft, umfassend Daten aus den amtlichen Registern abzugreifen – nicht nur Namen und Titel, sondern auch Anschriften und selbst Geburtstage und frühere Namen sollen nicht tabu sein. Die Länderkammer will im Herbst über die Neuregelung beraten. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, sagte am Samstag voraus: „Das Melderechtsgesetz wird den Bundesrat so nicht passieren.“ dapd (Politik/Politik)

Siemens will Windanlagen künftig am Fließband bauen

Siemens will Windanlagen künftig am Fließband bauen Düsseldorf (dapd). Der Technik-Konzern Siemens will die Herstellungskosten seiner Windkraftanlagen senken. Die Produktion soll nach dem Vorbild der Autoindustrie auf Serienfertigung und Plattformstrategien umgestellt werden, wie die „Wirtschaftswoche“ am Samstag vorab berichtete. „Die Kosten müssen jedes Jahr um fünf bis zehn Prozent sinken“, sagte Felix Ferlemann, Chef der Windenergiesparte bei Siemens, dem Magazin mit Blick auf die wachsende chinesische Konkurrenz. Im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres war das Siemens-Windgeschäft in die roten Zahlen gerutscht. Im Gesamtjahr soll es aber profitabel sein, schreibt das Magazin unter Berufung auf Konzernkreise. Auch der Windturbinenhersteller Nordex ist optimistisch, dass er das laufende Jahr trotz des Abschieds aus dem Geschäft mit Turbinen für Meereswindparks sowie seiner Probleme in China mit schwarzen Zahlen abschließen kann. „Der Auftragseingang stieg von 150 auf mehr als 300 Millionen Euro, der Auftragsbestand verdoppelte sich ebenfalls von 400 auf 837 Millionen Euro. Das ist eine solide Basis für ein positives Ergebnis“, sagte Unternehmenschef Jürgen Zeschky der „Wirtschaftswoche“. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)