Insolvenzen in Deutschland, Jahr 2016

Die Zahl der Insolvenzen in Deutschland ist das sechste Jahr in Folge rückläufig. 2016 wurden insgesamt 123.800 Insolvenzfälle registriert. Das sind 3,0 Prozent weniger als 2015 (127.570 Fälle). Der Rückgang schwächte sich aber ab – nach der deutlichen Positiventwicklung in den beiden Vorjahren (2015: minus 5,5 Prozent; 2014: minus 4,6 Prozent).

Nur noch geringfügig sank die Zahl der Verbraucherinsolvenzen (minus 2,5 Prozent). In diesem Jahr wurden 78.200 Fälle registriert, 2015 waren es 80.220. Dabei kompensiert die zunehmende Verbraucherüberschuldung in Deutschland die positiven Effekte der günstigen Arbeitsmarktlage. Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen verringerte sich dagegen deutlicher (minus 6,4 Prozent). Nachdem 2015 23.180 Unternehmensinsolvenzen gezählt wurden, waren es in diesem Jahr 21.700. Das ist der niedrigste Stand seit 1999. Hierbei sorgen die gute Binnenkonjunktur und Finanzierungssituation für steigende Umsätze und Erträge und verbessern die Stabilität der Unternehmen.

Mehr Insolvenzschäden und mehr ältere Insolvenzkandidaten

Gestiegen sind allerdings die finanziellen Schäden für die Insolvenzgläubiger. 2016 wurde eine Schadenssumme von rund 27,5 Mrd. Euro erreicht – ein Plus von mehr als 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr und der höchste Wert seit vier Jahren. Neben dem Anstieg großer Firmeninsolvenzen waren die damit verbundenen Anleiheausfälle für das Plus mitverantwortlich. Schätzungsweise 221.000 Arbeitnehmer sind in diesem Jahr von der Insolvenz des Arbeitgebers betroffen gewesen (2015: 225.000).

Mehr als jeder zweite Insolvenzfall bei den Unternehmen (58,7 Prozent) betraf junge Unternehmen im Alter von höchstens zehn Jahren. Im Vergleich mit dem Vorjahr waren 2016 allerdings stärker ältere Unternehmen betroffen. Bei rund einem Sechstel der registrierten Insolvenzfälle (16,4 Prozent) war das Unternehmen bereits über 20 Jahre alt (2015: 15,8 Prozent). Hierbei dürfte sich das seit Jahren rückläufige Gründungsgeschehen in Deutschland bemerkbar gemacht haben, da weniger junge, noch instabile Unternehmen, nachkommen.

Kleinstunternehmen insolvenzanfällig

Verstärkt hat sich der Trend, wonach vorwiegend Kleinstunternehmen unter den Insolvenzkandidaten zu finden sind. 2016 waren mehrheitlich (81,9 Prozent) höchstens fünf Personen in den insolventen Unternehmen tätig (2015: 80,4 Prozent). Oftmals dürfte es sich sogar um Ein-Personen-Unternehmen gehandelt haben. Diesen Schluss lässt auch die Betrachtung der Umsatzgrößen insolventer Unternehmen zu. Danach betrug der Jahresumsatz in fast der Hälfte der Fälle (48,9 Prozent) höchstens 250.000 Euro. Zudem war insbesondere die Größenklasse bis 500.000 Euro Jahresumsatz stärker als im Vorjahr in der Insolvenzstatistik vertreten und verdeutlicht so den zunehmenden Anteil von kleinen Unternehmen am Insolvenzgeschehen. Allerdings gab es auch einen Anstieg der Zahl der Großinsolvenzen mit mehr als 50 Mio. Euro Umsatz (plus 20,0 Prozent). Von allen Insolvenzen bildeten die „Großen“ aber weiterhin eine Minderheit.

Bei den diesjährigen Großinsolvenzen sticht die Textil- und Bekleidungsbranche hervor. Unter den Top-Insolvenzen des Jahres 2016 im Hinblick auf die betroffenen Mitarbeiter finden sich Steilmann, Rudolf Wöhrl AG, SinnLeffers, Promod Deutschland, zero Clothing. Bei den Schäden waren KTG-Agrar, German Pellets, Magellan Fonds und die Maple Bank führend.

Problemfall Unternehmergesellschaft?

Zugenommen hat die Insolvenzbetroffenheit der Unternehmergesellschaft (UG haftungsbeschränkt). An den diesjährigen Insolvenzfällen hat die UG bereits einen Anteil von 8,6 Prozent (2015: 7,5 Prozent). Am gesamten Unternehmensbestand in Deutschland liegt der UG-Anteil deutlich niedriger. Die typischerweise vom Mittelstand gewählte Rechtsform GmbH ist dagegen weniger betroffen als im Vorjahr. Noch 30,3 Prozent der Unternehmensinsolvenzen entfallen auf diese Rechtsform (2015: 31,3 Prozent). Kleinstgewerbetreibende bildeten mit knapp der Hälfte aller Insolvenzen (48,3 Prozent) weiterhin die größte Gruppe unter den Rechtsformen.

Dienstleistungsgewerbe führt – in vier Ländern stei- gende Insolvenzquoten

In allen Hauptwirtschaftsbereichen sind die Insolvenzzahlen zurückgegangen. Am stärksten ausgeprägt war der prozentuale Rückgang im Dienstleistungsgewerbe (minus 7,5 Prozent auf 12.010. Fälle), gefolgt vom Handel (minus 7,2 Prozent auf 4.520 Fälle). Nachdem sich die Insolvenzzahlen im Verarbeitenden Gewerbe sowie im Baugewerbe im Vorjahr nicht verringert hatten, ist 2016 in beiden Bereichen ein Rückgang festzustellen. Im Baugewerbe betrug dieser 2,0 Prozent auf 3.430 Fälle, im Verarbeitenden Gewerbe 4,9 Prozent auf 1.740 Fälle.

Im Verarbeitenden Gewerbe liegt die Zahl der jährlichen Insolvenzen mittlerweile nur noch halb so hoch wie vor zehn Jahren. In den übrigen Wirtschaftsbereichen fiel der Rückgang in diesem Zeitraum niedriger aus. Insgesamt ist die Insolvenzanfälligkeit der deutschen Wirtschaft im Zuge der guten Wirtschaftslage weiter gesunken – von 72 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen im Vorjahr auf 67 in 2016. Dabei reicht die Spanne aktuell allerdings von 42 im Verarbeitenden Gewerbe bis 94 im Baugewerbe.

In der regionalen Insolvenzentwicklung zeigen sich gegen den Trend in vier Bundesländern (Saarland, Sachsen, Hamburg, Brandenburg) steigende Insolvenzquoten bei den Unternehmen. Baden-Württemberg und Thüringen sind die Länder mit dem geringsten Insolvenzaufkommen bezogen auf den Unternehmensbestand.

www.creditreform.de

Veröffentlicht von

Sascha Brinkdöpke

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