Insolvenzen in Deutschland, 1. Halbjahr 2015

Insolvenzverfahren in Deutschland. (Quelle: Verband der Vereine Creditreform e. V. )
Insolvenzverfahren in Deutschland. (Quelle: Verband der Vereine Creditreform e. V. )

Neuss. Die Zahl der Insolvenzen in Deutschland entwickelt sich weiter rückläufig. Im 1. Halbjahr 2015 wurden 11.100 Unternehmensinsolvenzen (1. Halbjahr 2014: 12.060) und 40.200 Verbraucherinsolvenzen (1. Halbjahr 2014: 43.870) registriert. Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen verringerte sich somit um 8,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen nahm um 8,4 Prozent ab.

Gründe für die anhaltend positiven Entwicklungen im Insolvenzgeschehen bei den Unternehmen sind die stabil gute Binnenkonjunktur und günstige Finanzierungsbedingungen. Kleine und mittlere Unternehmen haben zudem mehr Eigenkapital aufgebaut und so an Stabilität gewonnen. Die weiter positiven Arbeitsmarktbedingungen und die verbesserte Einkommenssituation der privaten Haushalte sind die entscheidende Basis für den Rückgang der Verbraucherinsolvenzen, der das fünfte Jahre in Folge anhält.

Konträr zum allgemeinen Trend entwickelten sich allerdings die sonstigen Insolvenzen, die um 3,2 Prozent auf 12.500 stiegen. Grund hierfür ist die zunehmende Zahl an Insolvenzen ehemals Selbstständiger.

Weniger Beschäftigte betroffen, UG in Gefahr

Die Schäden für die Insolvenzgläubiger und die öffentliche Hand belaufen sich im 1. Halbjahr 2015 in der Summe auf schätzungsweise 13,9 Mrd. Euro (Vorjahreszeitraum: 13,3 Mrd. Euro). Dabei betragen die Insolvenzforderungen für die privaten Gläubiger durchschnittlich 910.000 Euro je Insolvenzfall. Da das Insolvenzgeschehen mittlerweile von einer Vielzahl an Solo-Unternehmern ohne Mitarbeiter gekennzeichnet ist und die Zahl der Unternehmensinsolvenzen insgesamt zurückging, waren weniger Arbeitsplätze bedroht als im Vorjahreszeitraum. Rund 77.000 Beschäftigte (Vorjahr: 89.000) waren in den ersten sechs Monaten des Jahres von der Insolvenz des Arbeitgebers betroffen.4

Eine Zunahme in der Insolvenzbetroffenheit verzeichnet die Rechtsform der UG (haftungsbeschränkt). 7,5 Prozent aller Unternehmensinsolvenzen firmierten als Unternehmergesellschaft (Vorjahreszeitraum: 7,1 Prozent). Dagegen verringerte sich der Anteil der „normalen“ GmbH sowie der GmbH & Co. KG.

Viele Kleinstbetriebe – Durchschnittsalter steigt

Bezogen auf die Unternehmensgröße waren es erneut vielfach Kleinstunternehmen, die in die Insolvenz mussten. Ein Viertel (25,8 Prozent) erzielte zuletzt einen Jahresumsatz von maximal 100.000 Euro. Bei weiteren 22,0 Prozent der betroffenen Unternehmen betrug der Jahresumsatz höchstens 250.000 Euro. In den insolventen Unternehmen waren zudem mehrheitlich (79,8 Prozent der Fälle) maximal fünf Mitarbeiter beschäftigt (Vorjahr: 80,4 Prozent). Leicht zugenommen hat die Bedeutung mittlerer und größerer Unternehmen in den Größenklassen 51 bis 100 Mitarbeiter sowie mehr als 100 Mitarbeiter. Der prozentuale Anteil am gesamten Insolvenzaufkommen blieb mit 0,9 Prozent (Größenklasse: mehr als 100 Mitarbeiter) sowie 1,2 Prozent (Größenklasse: 51 bis 100 Mitarbeiter) aber gering.

Die bezogen auf die Beschäftigung größte Insolvenz betraf die beiden Gesellschaften der Deutscher Handelsservice GmbH – die DHS Instore Service GmbH & Co. KG und die DHS Vertriebs Service GmbH mit zusammen rund 4.500 Mitarbeitern. Insolvenz anmelden musste ferner der Fahrrad- und Freizeitgerätehersteller Kettler GmbH & Co. KG, der in Deutschland 1.100 Mitarbeiter beschäftigt.

Das Durchschnittsalter insolventer Unternehmen steigt. 40,2 Prozent der Betroffenen waren zum Zeitpunkt der Pleite schon mehr als zehn Jahre am Markt (2014: 38,4 Prozent; 2011: 35,7 Prozent). Für ein Siebtel aller insolventen Unternehmen (14,5 Prozent) kam das Aus nach weniger als zwei Jahren (2014: 14,2 Prozent).

Positivtrend ohne das Verarbeitende Gewerbe?

Ein deutlich rückläufiges Insolvenzgeschehen verzeichnet das Dienstleistungsgewerbe. Gegenüber dem Vorjahr sank die Zahl der Insolvenzen in diesem Wirtschaftsbereich um 10,1 Prozent auf bundesweit 6.170 Fälle. In der überwiegenden Mehrzahl (84,3 Prozent) sind hier Kleinstbetriebe betroffen. Im Verarbeitenden Gewerbe fiel die positive Entwicklung deutlich geringer aus (minus 3,3 Prozent auf 890 Fälle). Nur in diesem Wirtschaftsbereich war zudem ein Anstieg mittlerer und größerer Insolvenzen festzustellen. Im Baugewerbe gab es im 1. Halbjahr 2015 1.720 Insolvenzen (minus 5,5 Prozent), im Handel waren es 2.320 (minus 5,7 Prozent). Die Insolvenzquote im Durchschnitt aller Wirtschaftsbereiche verringerte sich von 74 auf 68 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen. Das Baugewerbe (95; minus 5 Punkte) liegt in dieser Hinsicht weiter deutlich vor dem Verarbeitenden Gewerbe (43; minus 1 Punkt).

Insolvente Frauen vergleichsweise jung

63,7 Prozent aller Verbraucherinsolvenzen betreffen Männer, u. a. auch, da diese häufig als Haushaltsvorstand und Hauptverdiener die Insolvenz antreten. Allerdings sind insolvente Frauen häufig jünger als insolvente Männer. In 5,4 Prozent der Fälle „männlicher Insolvenz“ ist der Betroffene bis zu 30 Jahre alt. Bei den Frauen liegt dieser Anteil fast doppelt so hoch (9,3 Prozent). Auch die Altersgruppe der 31- bis 40-Jährigen ist bei Frauen häufiger vertreten. Entsprechend der Altersstruktur in Deutschland bildet aber sowohl bei Männern (33,3 Prozent aller Fälle) als auch bei Frauen (29,6 Prozent) die Alterskohorte der 41- bis 50-Jährigen die stärkste Gruppe. Insgesamt gehen pro Jahr 12 von 10.000 Deutschen in die Privatinsolvenz.

www.creditreform.de

Veröffentlicht von

Sascha Brinkdöpke

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