Ich habe Angst um meine Firma

Ich habe Angst um meine Firma Frankfurt/Main (dapd). Vor 13 Stunden in Südafrika gestartet, steht Lufthansa-Stewardess Doris D. am Dienstagmorgen vorm Streiklokal ihrer Kolleginnen am Frankfurter Rhein-Main-Airport. „Ich kann heim“, sagt die Flugbegleiterin aus Dreieich im Kreis Offenbach. „Aber ich zeige Kampfbereitschaft. Ich habe Angst um meine Firma.“ Rund 180 weibliche und 20 männliche Flugbegleiter stehen mit Doris D., die ihren kompletten Namen nicht nennen möchte, am Westrand des Terminals. Ihre Gewerkschaft UFO hat wie schon am Freitag zu einem achtstündigen Ausstand bis 14.00 Uhr aufgerufen. Lufthansa zeigte sich vorbereiteter als am ersten Streiktag. Schon kurz nach fünf Uhr eröffnete Lufthansa die ersten Umbuchungsschalter in der Abflughalle, am Freitag mussten Fluggäste länger auf diesen Service warten. Um 9.00 Uhr waren dann bereits 30 der speziellen Counter eingerichtet, vor denen sich weniger Reisende drängelten als vergangene Woche. Weil Lufthansa am Freitag mit rund 200 gestrichenen Flügen dreimal so viele Ausfälle hinnehmen musste als angekündigt, hatten sich offensichtlich viel mehr Ticketinhaber entschlossen, in der Nacht im Internet den Status ihrer Verbindung abzufragen. Servicemitarbeiter von Lufthansa arrangierten die Wartenden zu nur einer Schlange, die am Vormittag nicht länger als 400 Meter wurde. Noch am Freitag hatten sich im Terminal die endlosen Ketten der gestrandeten Fluggäste immer wieder überkreuzt und vollständige Verwirrung gestiftet. „Wir wollen heute zwei Drittel der Langstrecke und 50 Prozent Kurz- und Mittelstrecke rausgehen lassen“, sagte Lufthansa-Sprecher Klaus Walther am Dienstagmorgen. „Die Taktik von UFO mit zeitversetzten Streiks in Berlin, Frankfurt und München ist unerträglich“, erklärte Walther. „Auch für die Passagiere.“ Der Konzernsprecher forderte die Gewerkschaft auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. „Unsere Türen sind geöffnet“, sagte Walther. Ein neues Angebot offeriere Lufthansa jedoch nicht. UFO hatte die Tarifgespräche vergangene Woche abgebrochen, die Gewerkschaft fordert neben Entgeltverbesserungen Schutz vor Leiharbeitereinsatz und Jobauslagerungen. „Unser Arbeitgeber will auch die periodischen Höhereinstufungen des Kabinenpersonals zeitlich strecken“, kritisiert Stewardess Doris D. „Das trifft meinen Sohn, er ist 27 und hat gerade als Flugbegleiter angefangen.“ Doris D. selbst flog das erste Mal 1969 für die Lufthansa. „Das war an Weihnachten und nur ein kleiner Sprung von Frankfurt nach Düsseldorf“, erinnert sie sich. „Für mich ein unvergesslicher Anfang. Lufthansa-Stewardess zu werden war mein Traum.“ Das Gemeinschaftsgefühl aller Mitarbeiter habe die Fluggesellschaft ausgezeichnet und die Passagiere immer wieder von der Leistung der Linie mit dem Kranichemblem überzeugt, erläutert die erfahrene Stewardess. „Mit der Sparpolitik in der Kabine, der verlangten Mehrarbeit und den Billigtöchtern zerstört Lufthansa dieses Gemeinschaftsgefühl“, sagt Doris D. „Und meinen Kindheitstraum.“ Ihr Streiklager haben die UFO-Mitglieder in Frankfurt unter freiem Himmel aufgeschlagen, an einer Bushaltestelle auf dem westlichen Flughafengelände und vor ihrer Einsatzzentrale, zu der sie während des Streiks keinen Zugang haben. Hier steht auch Stefan Schwerthelm, Mitglied der Tarifverhandlungskommission von UFO. „Dass ein DAX-Konzern wie Lufthansa sich so wenig um die Motivation seiner Mitarbeiter schert, ist unglaublich“, sagt Schwerthelm. „Und für all die Fehlinvestitionen bei misslungen Aufkäufen von Fluggesellschaften übernimmt im Konzern keiner Verantwortung.“ Doris D. will noch immer nicht nach Hause gehen. „Ich möchte hier mit den Jüngeren und für meinen Sohn kämpfen“, sagt die Stewardess. „Sie sollen die gleiche Hoffnung in Lufthansa setzen können wie ich einst.“ dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

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Peer-Michael Preß

Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de

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