Brüsseler Fahrplan für Euro-Bankenaufsicht nicht mehr haltbar

Brüsseler Fahrplan für Euro-Bankenaufsicht nicht mehr haltbar Nikosia (dapd). Die Hoffnung von Krisenländern wie Spanien auf direkte Bankenhilfe aus dem Euro-Rettungsschirm sind vorerst zerstoben. Die Kommission will zwar schon bis zum 1. Januar eine zentrale Bankenaufsicht starten und damit Zugang zum ESM zu schaffen, doch wegen massiver Bedenken Berlins und aus vielen Nicht-Euro-Ländern scheint der Zeitplan nicht zu halten. „Es wird nicht möglich sein“, resümierte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nach heftigen Reibereien mit der Kommission und seinen Kollegen am Samstag in Nikosia. Schwedens Finanzchef Anders Borg sagte: „Nach unserer Einschätzung ist eine Entscheidung vor Jahresende einfach nicht machbar.“ Dem Mammutprojekt zur Eindämmung der Finanzkrise droht jetzt eine erhebliche Verzögerung. Der Euro-Gipfel Ende Juni hatte die Kommission mit der Erarbeitung eines Vorschlags beauftragt, der bis Ende des Jahres abgestimmt werden sollte. Brüssel nahm das – unterstützt von zahlreichen Südländern und Frankreich – als Steilvorlage für die Öffnung der ESM-Schleusen. Bislang müssen Regierungen für die Bankenhilfe aus dem Fonds haften, was ihre Verschuldung in die Höhe treibt. Im Falle Spaniens geht es um rund 60 Milliarden Euro. Das treibt die Staaten in den Ruin. Mit der direkten Bankenhilfe soll der Teufelskreis durchbrochen werden. „Erhebliche Zweifel“ Doch Schäuble hat es damit nicht eilig. Und wegen vieler ungelöster Fragen hält er es für fahrlässig, den Eindruck auf baldige Linderung zu erwecken und die Märkte dann enttäuschen zu müssen. „Wir dürfen nicht mehr Erwartungen schaffen als realistisch ist“, schimpfte er in Nikosia. Zwar gebe es „breite Übereinstimmung, dass wir eine solche Aufsicht wollen“, so der Minister. Doch wie diese Kontrolle aussehen soll, ist seit Samstag unklarer als zuvor. Die Kommission will, dass die Europäische Zentralbank (EZB) die Kontrolle ganz übernimmt, und dass letztlich deren Gouverneursrat die oberste Verantwortung trägt. Schäuble meldete daran „erhebliche Zweifel“ an. Denn die Aufgabe der EZB ist die Geldpolitik. Wenn sie zugleich Banken abwickeln oder retten soll, ist der Interessenkonflikt programmiert. Er selbst sei sich noch nicht klar, wie die Struktur letztlich aussehen solle, so Schäuble. Wichtig sei aber, dass die EZB eine wichtige Rolle spielen werde. Genau da liegt ein zweites Grundsatzproblem: das Zusammenspiel zwischen der Aufsicht über die Euro-Banken und über die Geldhäuser der zehn Nicht-Euro-Staaten. Die fürchten, dass die EZB ihren Banken künftig weitreichende Bedingungen wie die Höhe von Kapitalpuffern diktiert, ohne dass die Regierungen das stoppen könnten. „Unter Aufsicht einer Organisation zu stehen, in der wir keine Stimme haben, ist für uns nicht akzeptabel“, sagte der Schwede Borg. „Eine große Zahl von Ländern außerhalb des Euros ist darüber besorgt.“ Doch müsste der Vorschlag der Kommission – zumindest in seiner aktuellen Reichweite – von allen 27 Euroländern einstimmig beschlossen werden. „Eher dafür als dagegen“ Im Streit, welche Banken von der Euro-Aufsicht kontrolliert werden sollen, bahnt sich unterdessen eine Lösung an. So sollen nicht alle 6.000 Banken an die kurze Leine einer europäische Institution gelegt werden. Diese solle nur die systemrelevanten Geldhäuser direkt beaufsichtigen, sagte Schäuble. Kleinere Institute, wie die deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken, sollen weiterhin von den nationalen Behörden überwacht werden. Genau das hat in der Vergangenheit oft nicht geklappt, weil die Kontrolleure in den Ländern viel zu nachgiebig mit ihren Banken umgegangen sind. Spanien ist dafür ein besonders trauriges Beispiel. Dass nun eine europäische Instanz den nationalen Aufsehern auf die Finger klopfen solle, da sei er „eher dafür als dagegen“, sagte Schäuble. Trotz der Großbaustellen, die sich beim Bau der Bankenaufsicht aufgetan haben, gibt sich der zuständige Binnenmarktkommissar Michel Barnier noch nicht geschlagen. Der Zeitplan, am 1. Januar mit der Bankenaufsicht zu starten, sei zwar „ambitioniert“, zugleich aber „realistisch und notwendig“, sagte er nach den dreistündigen Beratungen. „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“, fügte er hinzu. Allerdings will Berlin Brüssel nicht länger als einzigen Architekten der neuen Superbehörde dulden. Das könne man „nicht alleine der Kommission überlassen“, sagte Schäuble. © 2012 AP. All rights reserved (Wirtschaft/Wirtschaft)

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Peer-Michael Preß

Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de

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