Berlin (dapd). Eine Runde von europäischen Außenministern hat angesichts der Schuldenkrise strukturelle Veränderungen der EU angeregt. Die Gruppe von zehn Ressortchefs, die seit März in informeller Runde über die Zukunft der Gemeinschaft beraten hatte, schlug unter anderem vor, europäische Spitzenkandidaten aufzustellen, die EU-Kommission zu verkleinern, den Kommissionspräsidenten direkt wählen zu lassen und ein Zweikammersystem in der EU einzuführen. Das geht aus einem Zwischenbericht der Diplomatenrunde hervor, den das Auswärtige Amt am Dienstag veröffentlichte. Die Gruppe hatte sich auf Initiative von Außenminister Guido Westerwelle (FDP) in den vergangenen Monaten mehrfach zu informellen Gesprächen getroffen, um zu diskutieren, was die Lehren aus der Euro-Krise sind und wie die EU handlungsfähiger und demokratischer werden kann. Mit dabei waren neben dem deutschen Ressortchef die Außenminister von Belgien, Dänemark, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Polen, Portugal und Spanien. Zuletzt hatte sich die Runde Mitte Mai in Wien zusammengesetzt. Nun legten sie ihren Zwischenbericht vor. Die Gruppe will auch künftig weiter beraten. Das nächste Treffen ist für Mitte Juli in Spanien angesetzt. In der Wirtschafts- und Finanzpolitik plädieren die Außenminister für mehr europäische Durchgriffsrechte auf nationale Haushalte. Sie wünschen sich eine bessere Koordinierung der Wirtschaftspolitik und könnten sich vorstellen, den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM zu einem Europäischen Währungsfonds weiterzuentwickeln. Auch in der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik, aber ebenso in der Justiz- und Innenpolitik wollen die Ressortchefs eine bessere Abstimmung. Mittelfristig regen sie die Einführung eines europäischen Visums statt nationaler Visa an. Die Institutionen der EU hätten die Ressortchefs gerne schlanker und effektiver. Über die Zahl der Kommissionsmitglieder sollte nachgedacht werden, schreiben sie in ihrem Bericht. Der Europäische Rat könne noch mehr mit qualifizierter Mehrheit entscheiden. Einige Minister schlugen auch vor, die Aufgaben des Kommissionspräsidenten und den Ratspräsidenten in einer Person zu bündeln. Das Profil des Europäischen Parlaments würden die Minister gerne stärken, etwa durch einheitliche Parlamentswahlen am gleichen Tag in allen Mitgliedsstaaten oder durch die Nominierung europäischer Spitzenkandidaten. Das Parlament könnte nach den Vorstellungen der Ministerrunde die Möglichkeit bekommen, Gesetzgebungsverfahren zu initiieren. Auch eine zweite Kammer bringen die Ressortchefs ins Gespräch. Ebenso schlagen sie vor, dass der Kommissionspräsident direkt gewählt wird und die Mitglieder seiner „europäischen Regierung“ selbst bestimmen kann. „Das europäische Projekt erlebt die schwerste Bewährungsprobe seiner Geschichte“, sagte Westerwelle in Berlin. Die Schuldenkrise müsse überwunden werden, gleichzeitig sei aber auch eine Debatte über die Zukunft der Gemeinschaft nötig. „Ohne langfristige Perspektive für Europa kommt das Vertrauen nicht zurück“, betonte der deutsche Chefdiplomat. „Europa hat einen Preis, aber vor allem auch einen Wert.“ Nur zusammen könnten die Mitgliedsstaaten die Herausforderungen meistern. „Wir sollten die Krise nutzen als Chance für historische Schritte zu mehr Integration.“ dapd (Politik/Politik)
Schlagwort: und
Klage der Grünen gegen Bundesregierung erfolgreich
Karlsruhe (dapd). Die Bundesregierung hat nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Rechte des Parlaments verletzt. Mit der Entscheidung vom Dienstag hatte die Klage der Grünen Erfolg. Die Partei hatte die verspätete Informationspolitik beim Euro-Stabilitätsmechanismus (ESM) und dem Euro-Plus-Pakt angegriffen. Laut Grundgesetz muss die Bundesregierung den Bundestag „in Angelegenheiten der Europäischen Union“ umfassend und zum frühstmöglichen Zeitpunkt unterrichten. In der Verhandlung am 30. November hatte der Rechtsexperte der Grünen, Jerzy Montag, gesagt, die Informationssituation sei nach der Tagung des Europäischen Rates am 4. Februar 2011 für die Abgeordneten „demütigend“ gewesen. Auf der Tagung wurden sowohl der Euro-Stabilitätsmechanismus als auch der Euro-Plus-Pakt zur besseren Koordinierung der Wirtschaftspolitik im Euro-Raum vereinbart. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin hatte es am Morgen in der ARD als „absurd“ bezeichnet, „dass wir Gesetzesentwürfe für Verträge, die Deutschland binden und wo es um Milliarden geht, uns von den österreichischen Kollegen der Grünen besorgen müssen, die das selbstverständlich von ihrer Regierung erhalten, während die Bundesregierung das Parlament künstlich dumm stellt“. Die Bundesregierung war der Klage der Grünen in der Verhandlung entgegengetreten. Es sei unpraktikabel, jeden Verfahrensschritt mit dem Bundestag abzustimmen. Außerdem müsse unbedingt vermieden werden, dass vertrauliche Verhandlungszwischenstände über hochsensible Materien letztlich in die Öffentlichkeit gelangten. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, sprach nach dem Urteil von einem „guten Tag für die parlamentarische Demokratie“ und eine „schwere Blamage für die Bundesregierung“. Die Maßnahmen zur Eurorettung müssten transparenter und für die Menschen nachvollziehbarer werden. Hierbei habe die Bundesregierung eine Bringschuld gegenüber Parlament und Öffentlichkeit. Oppermann betonte, das Urteil müsse noch im laufenden Gesetzgebungsverfahren zu ESM/Fiskalpakt eingearbeitet und umgesetzt werden. (Aktenzeichen: Bundesverfassungsgericht 2 BvE 4/11) dapd (Politik/Politik)
ProSiebenSat.1 will die Senderfamilie vergrößern
Düsseldorf/Frankfurt (dapd). Mit einem neuen Sender für ältere Zuschauer will der Medienkonzern ProSiebenSat.1 zusätzliche Werbekunden gewinnen. „Wir arbeiten an der Entwicklung eines neuen, frei empfangbaren Fernsehkanals. Konkret diskutieren wir über einen Sender für ältere Zielgruppen“, sagte Vorstandschef Thomas Ebeling dem „Handelsblatt“. Ziel sei es, mit dem Sender neue Werbekunden zu erreichen. „Das hat bereits mit Sixx bei Frauen sehr gut funktioniert“, sagte Ebeling. ProSiebenSat.1 würde mit dem neuen Sender vor allem ARD und ZDF Konkurrenz machen, die bei den älteren Zuschauern hohe Marktanteile erzielen. Bisher hat der Medienkonzern in Deutschland mit ProSieben, Sat.1, Kabel 1 und Sixx vier frei empfangbare TV-Kanäle. Daneben will das Unternehmen auch seine Internet-Plattform MyVideo ausbauen. Neben bereits im Fernsehen ausgestrahlten Sendungen wie „Germany’s next Topmodel“ und von Usern hochgeladenden Videos sollen auf der Plattform immer mehr TV-Produktionen Premiere feiern, wie Markan Karajica, Geschäftsführer ProSiebenSat.1 Digital, in der „Frankfurter Allgemeinen“abe) ankündigte. Derzeit würden bereits die neuen Folge der ProSieben-Serie „Spartacus“ vorab auf MyVideo ausgestrahlt. Drei weitere Premieren seien dieses Jahr geplant. Als Nächstes komme die Serie „American Horror Story“ mit der US-Schauspielerin Jessica Lange. Ähnlich wie im Fernsehen kommen vor, während und nach der auf der Internet-Plattform ausgestrahlten Sendung Werbespots. Rund 15 Millionen Mal seien die Folgen der ersten „Spartacus“-Staffel auf MyVideo angeschaut worden, berichtete die Zeitung. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Deutlich weniger Habilitationen
Wiesbaden (dapd). Die Zahl der Habilitationen ist deutlich zurückgegangen. Im Jahr 2011 haben 1.563 Wissenschaftler ihre Habilitation an deutschen Hochschulen abgeschlossen und somit elf Prozent weniger als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mitteilte. Verglichen mit dem Höchststand im Jahr 2002 gab es vergangenes Jahr fast ein Drittel weniger erfolgreich abgeschlossene Habilitationen. Der Frauenanteil lag 2011 bei 25,5 Prozent. Die meisten Abschlüsse gab es den Angaben zufolge mit 799 in der Fächergruppe Humanmedizin und Gesundheitswissenschaften. Auf den weiteren Plätzen folgen Sprach- und Kulturwissenschaften mit 268 abgeschlossenen Habilitationen, Mathematik und Naturwissenschaften (257) sowie Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (114). dapd (Politik/Politik)
Trittin hofft auf Stärkung der Rechte des Deutschen Bundestages
Köln/Berlin (dapd). Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin hofft auf eine Stärkung der Rechte des Deutschen Bundestages durch das Bundesverfassungsgericht. „Es ist doch absurd, dass wir Gesetzesentwürfe für Verträge, die Deutschland binden und wo es um Milliarden geht, uns von den österreichischen Kollegen der Grünen besorgen müssen, die das selbstverständlich von ihrer Regierung erhalten, während die Bundesregierung das Parlament künstlich dumm stellt“, sagte Trittin am Dienstag im ARD-„Morgenmagazin“. Die Rechtstradition zeige, dass das Bundesverfassungsgericht anders als die Bundesregierung die Rechte des Deutschen Bundestages ernst nehme und immer wieder gestärkt habe. Das Bundesverfassungsgericht entscheidet am Dienstag über die Informationsrechte des Bundestages bei Maßnahmen zur Euro-Rettung. Die Bundestagsfraktion der Grünen klagt wegen der ihrer Ansicht nach verspäteten Unterrichtung des Parlaments bei der Vereinbarung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und dem Euro-Plus-Pakt. dapd (Politik/Politik)
Polizei geht mit Großrazzia gegen Neonazis vor
Potsdam (dapd). Rund 200 Polizeibeamte sind am Dienstagmorgen mit einer Großrazzia gegen die rechtsextremistische Vereinigung „Widerstandsbewegung in Südbrandenburg“ vorgegangen. Das teilte ein Ministeriumssprecher in Potsdam mit. Die Aktivitäten der Vereinigung richteten sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung, hieß es in der Verbotsverfügung. Zweck und Tätigkeit des Vereins liefen außerdem den Strafgesetzen zuwider. Der brandenburgische Innenminister Dietmar Woidke (SPD) verbot den Verein am Dienstag. Der Großeinsatz gegen die rechtsextreme Szene begann in den Morgenstunden. Schwerpunkt der Aktionen war den Angaben zufolge Südbrandenburg. Unter anderem sind der Vereinigung die rechtsextremen Homepages www.spreelichter.info und www.werde-unsterblich.info zuzuordnen. dapd (Politik/Politik)
Unsere Prüfpraxis ist seit langem bewährt
Osnabrück (dapd). Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer hat Pläne der EU-Kommission zurückgewiesen, wonach alte Autos und Wagen mit hohem Kilometerstand künftig jedes Jahr zum TÜV geschickt werden sollen. Davon halte er gar nichts, sagte der CSU-Politiker der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ laut Vorabbericht. In Deutschland gebe es bei der Hauptuntersuchung bereits hohe Standards. „Unsere Prüfpraxis ist seit langem bewährt und kann anderen EU-Ländern hilfreiche Orientierung sein“, betonte der Minister. Die Pläne aus Brüssel bedeuteten für viele Autofahrer nur mehr Bürokratie und höhere finanzielle Kosten. In Deutschland müssen Wagen zurzeit drei Jahre nach der Zulassung erstmals durch den TÜV. Danach alle zwei Jahre. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
DGB fordert neue Regeln gegen den Missbrauch von Werkverträgen
München (dapd). Der DGB-Vorsitzende Michael Sommer verlangt von der Bundesregierung ein Einschreiten gegen neue Niedriglohnmodelle. Nach der Leiharbeit nutzten die Arbeitgeber das nächste gesetzliche Schlupfloch, sagte Sommer der „Süddeutschen Zeitung“. „Das sind die Werkverträge und Scheinselbstständigkeit“, sagte er. Zu viele Arbeitgeber zeigten eine erstaunliche Kreativität beim Erfinden neuer Billiglohnmodelle. Sommer sagte, dies gehe auch zulasten der Stammbeschäftigten. „Sie werden immens unter Druck gesetzt, auch zu niedrigeren Löhnen zu arbeiten oder mehr zu leisten, damit ihre Arbeitsplätze nicht an Werkvertragsnehmer vergeben werden“, kritisierte der DGB-Chef. Die wenigen gesetzlichen Regelungen reichten nicht aus und würden in der Praxis selten oder nie überprüft. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) dürfe das Problem nicht auf die lange Bank schieben. Das Blatt schrieb, die Bundesagentur für Arbeit führe keine Statistik darüber, wie viele Arbeitnehmer bundesweit bei einem Unternehmen beschäftigt sind, das Werkverträge ausführt. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) habe aber ermittelt, dass 2011 mehr als 600.000 Menschen als freie Mitarbeiter über Werk- und Dienstverträge beschäftigt waren. Ihre Anzahl habe sich damit seit 2002 nahezu verdoppelt. Der Anteil der Betriebe, die freie Mitarbeiter einsetzen, sei in diesem Zeitraum von vier auf mehr als sieben Prozent gestiegen und liege jetzt bei 150.000. Die Arbeitsmarktforscher hielten diese Zahlen aber nicht für vollständig, da die befragten Betriebe nicht wissen könnten, wie viele Beschäftigte ein beauftragtes Werkunternehmen einsetzt. Sommer sagte, die Gewerkschaften lehnten Werkverträge nicht generell ab, wenn sie für Arbeiten vergeben würden, die einmalig oder nur ab und zu anfielen, sodass sich eigenes Personal nicht lohnt. Wenn aber Werkvertragsbeschäftigte „gemeinsam mit der Stammbelegschaft arbeiten, dieselben Arbeitsmittel benutzen oder Anweisungen vom selben Vorarbeiter entgegennehmen, dann ist der Verdacht begründet, dass es sich um verschleierte Leiharbeit handelt“, sagte er. Nötig seien daher mehr wirksame Kontrollen und mehr Rechte für die Betriebsräte, um diesen Missbrauch unterbinden zu können. Ein gesetzlicher Mindestlohn könne die schlimmsten „Dumpingauswüchse“ eindämmen, das Problem allein aber nicht lösen. dapd (Politik/Politik)
Brüderle will über Zeitplan für Griechenland-Reformen reden
Berlin (dapd). Der FDP-Bundestagsfraktionsvorsitzende Rainer Brüderle hat Bereitschaft signalisiert, den Reformdruck auf Griechenland zu lockern. „An den Auflagen und den Reformzielen, die mit den Hilfsmaßnahmen verbunden sind, sollten wir nichts ändern“, sagte Brüderle der Zeitung „Die Welt“ laut Vorabbericht. Allerdings könne es bei den Zeitvorgaben für die Umsetzung einzelner Reformen „noch sinnvolle Änderungen geben“. Brüderle sagte, eine klare Mehrheit der griechischen Wähler habe sich für Europa und für Reformen ausgesprochen. „Die Verantwortlichen müssen diese Chance jetzt auch nutzen und ihr Land weiter auf klarem Reformkurs halten“, mahnte er. „Eine weitere Chance wird es kaum geben – nicht von den eigenen Wählern und auch nicht von der europäischen Solidargemeinschaft.“ dapd (Politik/Politik)
Roth kritisiert Flüchtlingspolitik der Koalition
Passau (dapd). Die Grünen werfen der Bundesregierung Unmenschlichkeit in der Flüchtlingspolitik vor. „Sie ist auf Abschottung ausgerichtet, baut die Festung Europa weiter aus und ist unmenschlich“, sagte die Parteivorsitzende Claudia Roth der „Passauer Neuen Presse“ laut Vorabbericht. Die Regierung vernachlässige die Entwicklungspolitik und trage mit ihrer Flüchtlingspolitik zur Verschärfung der Situation bei. Roth sagte, Europa müsse endlich einen Weg finden, legale Migration zu ermöglichen und Flüchtlinge nicht weiter als Bedrohung, sondern als Bereicherung zu betrachten. Die meisten der insgesamt 15 Millionen Flüchtlinge lebten in armen Ländern, wo sie verzweifelt auf Hilfe warteten. „Das ist eine Schande für die angeblich doch so zivilisierte Welt“, sagte Roth. dapd (Politik/Politik)