Berlin (dapd). Im Gerangel um den Fiskalpakt und den europäischen Rettungsschirm ESM gibt sich die Bundesregierung geduldig und gelassen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ am Freitag Behauptungen zurückweisen, sie habe Bundespräsident Joachim Gauck aufgefordert, die Gesetze rasch zu unterzeichnen. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) versicherte, die Regierung werde auch angesichts der Prüfung des Bundesverfassungsgerichts „das Ihre tun“, damit der Fiskalpakt und der ESM „so schnell wie möglich“ in Kraft treten können. „Die Bundeskanzlerin hat niemals mit dem Bundespräsidenten Joachim Gauck über die Frage und den Zeitpunkt der Ausfertigung der Gesetze zu ESM und Fiskalpakt gesprochen“, sagte Vizeregierungssprecher Georg Streiter in Berlin. „Jedes Mitglied der Bundesregierung – genauso wie sie selbst – beachtet die Unabhängigkeit der Verfassungsorgane“. Streiter fügte hinzu: „Allein der Gedanke, man könne das Bundesverfassungsgericht in irgendeiner Weise beeinflussen, ist völlig abwegig.“ Der Bundespräsident hatte zuvor angekündigt, die Gesetze zum Fiskalpakt für mehr europäische Haushaltsdiziplin und zum ESM nach der geplanten Verabschiedung am Freitag vorerst nicht zu unterzeichnen. Hintergrund ist eine Bitte des Bundesverfassungsgerichts: Die Karlsruher Richter wollen mehr Zeit, um Eilanträge zu den Plänen zu prüfen. Die Bundesregierung sieht dadurch den Fahrplan für die Abstimmungen zu Fiskalpakt und ESM am Freitag kommender Woche nicht gefährdet. „Wenn Bundestag und Bundesrat mit Zweidrittelmehrheit diesen beiden Vorhaben zustimmen, ist das ein ganz starkes Signal und das Signal, das auch gewünscht war“, sagte Streiter. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin kritisierte allerdings, das „Zaudern“ Merkels verschärfe nach wie vor die Krise. „Jetzt hat sie es sogar geschafft, den Bundespräsidenten in eine unmögliche Situation zu bringen: Dass er sich mit dem Bundesverfassungsgericht darüber verständigen muss, wie er mit dem Europäischen Stabilitätsmechanismus denn umgeht.“ Die Grünen hätten die Kanzlerin „bereits vor Monaten schriftlich aufgefordert, den ESM schnell zu ratifizieren“. Es sei die Koalition gewesen, „die den ESM und den Fiskalpakt unbedingt zusammen verabschieden wollte“. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier rechnet nun damit, dass der dauerhafte Euro-Rettungsschirm erst Mittel Juli in Kraft treten kann. Dass die europäische Schuldenbremse und der ESM durch das Bundesverfassungericht gekippt werden, glaube er aber nicht. Die Überprüfung in Karlsruhe sei ein relativ selbstverständlicher Vorgang, sagte Steinmeier im Deutschlandfunk. Koalition, SPD und Grüne hatten sich am Donnerstag in einem Spitzengespräch auf eine gemeinsame Linie bei der Krisenbewältigung in Europa geeinigt. Die Opposition setzte sich mit ihrer Forderung nach einer Finanztransaktionssteuer durch, Union und FDP blockten den von Rot-Grün geforderten Schuldentilgungsfonds ab. Nach der Einigung meldeten sich umgehend die Kritiker zu Wort. Der CDU-Haushaltsexperte Klaus-Peter Willsch forderte in der „Mitteldeutschen Zeitung“, die Entscheidung über die Gesetze von der Tagesordnung des Bundestages am 29. Juni zu streichen, da die Zeit für Beratungen zu kurz sei. Sein Fraktionskollege Peter Gauweiler (CSU) lobte in der „Bild“-Zeitung das Bundesverfassungsgericht, das den Bundespräsidenten gebeten hatte, die Unterzeichnung der Gesetze zurückzustellen. Der FDP-Finanzexperte Frank Schäffler kritisierte in der „Passauer Neuen Presse“ den Kompromiss in scharfer Form. Der Fiskalpakt sei „nur dafür da, die deutsche Bevölkerung zu beruhigen“. Die Linkspartei forderte derweil eine Volksabstimmung über den Fiskalpakt. „Wenn man es ernst meint mit Europa, dann muss man das jetzt auch zur Abstimmung stellen“, sagte Parteichefin Katja Kipping im ARD-„Morgenmagazin“. dapd (Politik/Politik)
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Merkel mit EU-Kollegen zu Vierergipfel zusammengetroffen
Rom (dapd). Bundeskanzlerin Angela Merkel ist am Freitag zu ihrem Vierergipfel mit den Staatenlenkern Italiens, Spaniens und Frankreichs in Rom zusammengetroffen. Bei dem Treffen auf Einladung des italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti soll es um Wege aus der europäischen Schuldenkrise gehen. Mit am Tisch sitzen Frankreichs Staatspräsident François Hollande und der spanische Regierungschef Mariano Rajoy. Dabei wird CDU-Chefin Merkel vermutlich mit Montis Vorschlag konfrontiert, Anleihenkäufe durch die Europäische Zentralbank zu ermöglichen und diese durch den Euro-Rettungsfonds ESM abzusichern. Weitere Themen dürften die Einführung einer Finanztransaktionssteuer und einer zentralen Bankenaufsicht für Kreditinstitute im Euro-Raum sein. Bei dem Vierergipfel werden die politischen Weichen gestellt für das Treffen aller 27 Staats- und Regierungschefs der EU Ende kommender Woche in Brüssel. dapd (Politik/Politik)
Österreich fordert weiteres Temelin-Monitoringverfahren
Budweis (dapd). Angesichts der Pläne zur Erweiterung des tschechischen Atomkraftwerks Temelin fordert Österreich ein weiteres Monitoringverfahren. „Viele Fragen sind noch unbeantwortet“, sagte der österreichische Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) am Freitag beim Erörterungstermin des tschechischen Umweltministeriums in Budweis. Bayerns Umweltminister Marcel Huber (CSU) war wegen eines anderen Termins nicht dort. Berlakovich forderte Tschechien auf, das Kraftwerksprojekt ganz fallen zu lassen und langfristig aus der Atomenergie auszusteigen. Spätestens die Reaktorkatastrophe von Fukushima habe bewiesen, dass Atomkraft nicht beherrschbar ist. „Auch für Tschechien gibt es keine Sicherheit“, sagte der Minister. Er bemängelte unter anderem, dass bis heute noch nicht feststehe, welcher Reaktortyp in Temelin zum Einsatz kommen solle. Der niederbayerische Grünen-Abgeordnete Eike Hallitzky kritisierte am Rande der Veranstaltung den bayerischen Umweltminister Huber für sein Fernbleiben. „So schindet man keinen Eindruck!“, monierte Hallitzky. Der Minister halte sich in seinem Protest gegen die Temelin-Pläne immer noch „zu sehr zurück“. Huber war nach Angaben seines Hauses bei der Umweltministerkonferenz in Schleswig. Allerdings seien hochrangige Vertreter des bayerischen Ministeriums in Budweis, sagte ein Sprecher. Unter ihnen sei der Abteilungsleiter der bayerischen Atomaufsicht, Albert Göttle. An dem rund 60 Kilometer von der deutsch-tschechischen Grenze entfernten Standort sollen bis zum Jahr 2025 zwei weitere Reaktoren gebaut werden. Bei der formellen Anhörung des tschechischen Umweltministeriums sollten „Fragen und Bedenken der Öffentlichkeit zu dem geplanten Neubau der Kernkraftwerke Temelin 3 und 4“ behandelt werden. Zu Beginn der Veranstaltung hatten sich rund 200 Atomkraftgegner aus Tschechien, Bayern und Österreich in der Halle eingefunden. dapd (Politik/Politik)
Schröder: Merkel muss auf Reformen in EU-Staaten dringen
Düsseldorf (dapd). Altkanzler Gerhard Schröder hat seine Nachfolgerin Angela Merkel aufgerufen, auf weitere Reformen in den europäischen Mitgliedsstaaten zu dringen. Mit Blick auf den EU-Gipfel kommende Woche schrieb der SPD-Politiker in einem Beitrag für das „Handelsblatt“, die Stärkung der Europäischen Investitionsbank, die Bündelung von Strukturfonds und Projektanleihen reichten nicht aus. Das grundlegende Problem werde so nicht behoben, nämlich die fehlende Wettbewerbsfähigkeit der meisten europäischen Volkswirtschaften. Hier seien Strukturreformen auf dem Arbeitsmarkt und im Sozialbereich notwendig. Schröder nannte in dem Zusammenhang unter anderem Frankreich, Spanien, Portugal, Griechenland und Italien. Der ehemalige Kanzler verwies auf die „Agenda 2010“, die dazu beigetragen habe, dass Deutschland heute zu den wettbewerbsfähigsten Volkswirtschaften gehöre. Strukturreformen bräuchten aber Zeit. Bis sie positive Wirkung zeigen können, vergehen laut Schröder rund fünf Jahre. Politiker müssten sich dafür auch der Gefahr eines Machtverlustes aussetzen, wie er aus eigener Erfahrung wisse. Schröder forderte zugleich eine stärkere politische Integration in Europa. Der Strukturfehler der Währungsunion sei, dass es keine Koordinierung für die Wirtschafts- und Finanzpolitik in der Eurozone gebe. Die Europäische Kommission muss aus Sicht Schröders zu einer Regierung weiterentwickelt werden, die vom Parlament gewählt werde. Da wohl nicht alle Länder mitmachen dürften, plädierte der Altkanzler für ein Europa der zwei Geschwindigkeiten mit einem Kerneuropa, das schneller politisch zusammenwachse. dapd (Politik/Politik)
Bafin soll Bank-Erlaubnis von Investmentbanker Notheis prüfen
Stuttgart (dapd). Nach der Enthüllung kompromittierender E-Mails bei der Abwicklung des umstrittenen EnBW-Deals steigt der Druck auf den Deutschlandchef von Morgan Stanley, Dirk Notheis. Die Grünen im baden-württembergischen Landtag haben am Freitag in einem Schreiben die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) um Prüfung gebeten, ob der Investmentbanker die Voraussetzung für eine bankrechtliche Erlaubnis zur Führung einer Bank weiterhin erfüllt. Nach Einschätzung der Grünen-Mitglieder des EnBW-Untersuchungsausschusses des baden-württembergischen Landtages liegen hinreichend öffentlich verfügbare Informationen vor, welche den Verdacht nahelegen, dass Dirk Notheis nicht mehr die „erforderliche Zuverlässigkeit“ zur Führung eines Finanzinstitutes besitzt, heißt es in dem Schreiben. Die BaFin sei als Aufsichtsbehörde dafür zuständig, die Erlaubnis zu überprüfen und gegebenenfalls zu widerrufen. Seit Wochenbeginn sind immer neue Details aus dem E-Mail-Verkehr zwischen dem Investmentbanker und dem damaligen Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) bei der Übernahme von Anteilen des Energieversorgers EnBW durch das Land Baden-Württemberg bekannt geworden. Darin hat er laut Medienberichten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als „Mutti“ bezeichnet und den umstrittenen Kaufpreis von 4,7 Milliarden Euro als „mehr als üppig“. Auch gab der Banker Mappus selbst einzelne Formulierungen vor. Zudem forderte Notheis den CDU-Politiker auf, keine weiteren Banken hinzuzuziehen, um den Kaufpreis von 41,50 Euro pro Aktie überprüfen zu lassen. Der ehemalige Vorstandschef der WestLB, Ludwig Poullain, hatte in einem Gastbeitrag für das „Handelsblatt“ geschrieben, er vermisse bei Notheis jegliches Taktgefühl. Notheis‘ E-Mails seien „dreist, ungehobelt und schamlos in Diktion und Wortgebrauch“. Mappus wirft er verantwortungsloses Verhalten vor. Der abgewählte CDU-Politiker wies die Vorwürfe als „absurd“ zurück, dass er von Notheis instrumentalisiert worden sei. Tatsache sei, dass Notheis ihn nie zu irgendetwas gedrängt habe, sagte er der „Pforzheimer Zeitung“ (Freitagausgabe). Mappus hatte Ende 2010 über 45 Prozent der EnBW-Aktien vom französischen Stromversorger EdF zurückgekauft. Das am Parlament vorbei eingefädelte Geschäft wurde vom baden-württembergischen Staatsgerichtshof im Nachhinein für verfassungswidrig erklärt. Strittig ist auch der Kaufpreis von 4,7 Milliarden Euro. Mit beiden Fragen befasst sich seit Februar ein Untersuchungsausschuss des Landtages. Am Freitag sollten dazu weitere Mitarbeiter von Morgan Stanley und der amtierende baden-württembergische Energieminister Franz Untersteller (Grüne) gehört werden. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Ratingagentur Moody’s stuft 15 Großbanken herunter
New York (dapd). Vor dem Hintergrund zunehmender Sorgen um die Entwicklung der weltweiten Finanzmärkte hat die US-Ratingagentur Moody’s 15 der weltgrößten Geldinstitute herabgestuft. Davon betroffen ist auch die Deutsche Bank. Moody’s begründete den Schritt am Donnerstagabend damit, dass die langfristigen Chancen für die Banken auf Rentabilität und Wachstum zurückgehen würden. Ebenfalls betroffen von der Abwertung waren unter anderem die Bank of America, JPMorgan Chase, Citigroup und Goldman Sachs. Die herabgestuften Banken seien anfällig für „übergroße Verluste“, teilte Moody’s zuständiger Banken-Experte Greg Bauer mit. Alle 15 Institute seien wichtige Akteure auf dem zurzeit sehr volatilen globalen Aktien- und Anleihenmarkt. Demnach war Moody’s vor allem um Banken mit bedeutenden Aktivitäten auf dem Kapitalmarkt besorgt. Einige der betroffenen Banken hätten indes vertrauenswürdige Puffer aufgebaut, die einen Schock auffangen könnten, sagte Bauer. Dazu gehörten JPMorgan, HSBC und die Royal Bank of Canada. Die Deutsche Bank, die um zwei Stufen von „Aa3“ auf „A2“ herabgestuft wurde, befand sich mit Goldman Sachs und Credit Suisse in einer zweiten Gruppe. Am härtesten traf es unter anderem die Citibank, die Bank of America und Morgan Stanley. Diese Gruppe habe entweder „Probleme mit dem Risikomanagement oder eine Vergangenheit mit hoher Volatilität“, teilte Moody’s mit. Einige Banken kritisierten Moody’s Rundumschlag. Die Citigroup, deren Bonität von „A3“ auf „Baa2“ herabgestuft wurde, teilte ihren „entschiedenen Widerspruch“ mit und spielte die Auswirkungen der Abwertung zugleich herunter. Die Herabstufung habe keinen Einfluss auf die Finanzierungskosten der Bank, da die Aktion bereits von den Märkten erwartet worden sei. Morgan Stanley, von „A2“ auf „Baa1“ abgewertet, widersprach Moody’s Bewertung ebenfalls. Die Royal Bank of Scotland (RBS) bezeichnete ihre Herabstufung am Freitag als „rückwärtsgewandt“. Das teilverstaatlichte Bankhaus gehört neben der HSBC, Barclays und Lloyds Banking zu vier britischen Großbanken, die von der Entscheidung der Ratingagentur betroffen waren. Die Bewertung spiegele nicht ausreichend die substanziellen Verbesserungen, die die Gruppe im Bereich der Bilanz sowie ihres Finanzierungs- und Risikoprofils gemacht habe, hieß es weiter. Analysten verwiesen darauf, dass die Aussicht auf größere Gewinne durch risikoreichere Handelsgeschäfte im Vergleich zum traditionellen Bankgeschäft offenbar zu verlockend wirkten. Die asiatischen Finanzinstitute etwa seien grundsätzlich solider aufgestellt und einfacher zu verstehen als beispielsweise Citigroup oder JPMorgan, sagte Anand Pathmakanthan von Nomura Equity Research. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass das Geschäftsgebaren der westlichen Banken nicht wirklich nachvollziehbar gewesen sei, sagte er weiter. Eine Herabstufung bedeutet, dass sich die Banken zu schlechteren Konditionen Geld verschaffen können, da Investoren aufgrund eines gesteigerten Risikos höhere Zinsen verlangen. Moody’s hatte bereits im Februar eine Abwertung von Banken in Erwägung gezogen. © 2012 AP. All rights reserved (Wirtschaft/Wirtschaft)
IWF-Chefin drängt Berlin zu direkter Bankenhilfe aus Rettungsfonds
Luxemburg (dapd). Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat die Eurozone eindringlich zu direkter Bankenhilfe aus dem Euro-Rettungsfonds aufgefordert und damit den Druck auf Deutschland erhöht. Das Geld müsse „ohne Umweg über die Staaten“ an die Banken gegeben werden, damit die verheerende Verbindung zwischen Bankenproblemen und öffentlichen Schulden aufgebrochen werden könne, sagte IWF-Chefin Christine Lagarde in der Nacht zum Freitag nach einem Eurogruppentreffen in Luxemburg. Berlin stellt sich bislang energisch gegen die Forderung, die insbesondere auch von den Spaniern erhoben wird. „Wir hoffen, dass sich die Weisheit durchsetzt und die besten Lösungen angeschaut und am Ende für gut befunden werden“, so die IWF-Chefin mit Blick auf den deutschen Widerstand. Eindringlich warnte sie: „Das Überleben der Eurozone steht infrage.“ Schäuble ging am Morgen nicht direkt auf die Forderung ein. Der IWF habe eine ganze Reihe von Vorschlägen gemacht, wie die Eurozone institutionell gestärkt werden müsse, sagte er. Und das sei Thema des Gipfels kommende Woche. „Ich habe nicht die Absicht, vorher Ergebnisse zu verkünden.“ Die Rettungsschirme EFSF und ESM können zwar Geld zur Bankenrettung bereitstellen. Das Geld wird – wie im Falle Spaniens – an den Staat überwiesen. Der haftet für die Summe. Doch weil er das Geld selbst zurückzahlen muss, steigt auch seine Verschuldung. Das geplante Rettungspaket von bis zu 100 Milliarden Euro für Madrid hat die Märkte deswegen nicht überzeugt und die Zinsen für das Land sind noch weiter gestiegen. Genau das muss nach Ansicht Lagardes verhindert werden. Die IWF-Chefin will Berlin auch zu weiteren Zugeständnissen bewegen, um die Eurozone zu stabilisieren. Dazu gehören eine Bankenunion mit einer gemeinsamen Einlagensicherung und einer gemeinsamen Absicherung von Banken. Bundeskanzlerin Angela Merkel macht jeden Schritt in Richtung einer Bankenunion davon abhängig, dass zuvor eine europäische Bankenaufsicht aufgebaut wird. An dem Punkt zeichnet sich ein Durchbruch ab. So zeichnet sich laut EU-Diplomaten unter den Mitgliedsstaaten Einigkeit ab, dass die Europäische Zentralbank (EZB) die Bankenaufsicht übernehmen soll. Ein entsprechender Beschluss könnte schon auf dem Gipfel fallen. Merkel hatte sich schon vergangene Woche dafür stark gemacht, ebenso der französische Staatspräsident François Hollande. Und selbst London sei einverstanden, verlautete aus britischen Diplomatenkreisen. Allerdings nur, weil sich die EZB-Aufsicht auf die Banken der Eurozonenländer beschränken soll: Also nicht auf die britischen. Mit Blick auf die Finanzierungsschwierigkeiten von Spanien und Italien forderte Lagarde die EZB auf, ihr Anleihenkaufprogramm wieder aufzunehmen. Damit hatte die EZB schon im vergangenen Sommer und im Winter Druck von den Märkten genommen. Weil die Käufe aber eine indirekte Staatsfinanzierung mit der Notenpresse darstellen, sind sie insbesondere in Deutschland sehr umstritten. Lagarde sagte, entsprechende Maßnahmen könnten die zugrunde liegenden Probleme nicht lösen. Aber wegen des nachlassenden Inflationsdrucks habe die EZB Spielraum. © 2012 AP. All rights reserved (Wirtschaft/Politik)
Linke: Verfassungsgericht hat ESM und Fiskalpakt schon gekippt
Essen (dapd). Die Linksfraktion im Bundestag hat die absehbare Verzögerung bei der Ratifizierung des Euro-Rettungsschirms ESM und des Fiskalpakts in Deutschland als „Ohrfeige“ für Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bezeichnet und fordert nun eine Volksabstimmung. Vizefraktionschefin Sahra Wagenknecht sagte den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe, das Bundesverfassungsgericht habe das geplante „Hauruckverfahren bereits praktisch gekippt“. Die Verständigung von SPD und Grünen mit der Bundesregierung sei „nichts wert“, die Chancen stünden nicht schlecht, dass der Fiskalpakt als Ganzes vom Verfassungsgericht zurückgewiesen werde. Der Pakt hebele die Mitbestimmungsrechte des Parlaments aus und schränke den Spielraum aller künftigen Regierungen entscheidend ein. Die Parteivize nannte den Zeitplan für die Gesetzgebung „absurd eng“. „Das ist ein kalter Putsch gegen das Grundgesetz. Wenn der Geist der Verfassung geändert wird, dann kann das nur in einer Volksabstimmung geschehen.“ dapd (Politik/Politik)
Possenhafte Einigung
Berlin (dapd). Nach der Einigung von Koalition, SPD und Grünen über den Fiskalpakt und den Rettungsschirm ESM melden sich die Kritiker zu Wort. Der CDU-Haushaltsexperte Klaus-Peter Willsch forderte, die Entscheidung über die Gesetze von der Tagesordnung des Bundestages am 29. Juni zu streichen, da die Zeit für Beratungen zu kurz sei. Sein Fraktionskollege Peter Gauweiler (CSU) lobte das Bundesverfassungsgericht, das Bundespräsident Joachim Gauck gebeten hatte, die Unterzeichnung der Gesetze zurückzustellen. Der FDP-Finanzexperte Frank Schäffler kritisierte den Kompromiss in scharfer Form. Der Bund der Steuerzahler sprach von einer „possenhaften Einigung“. Koalition, SPD und Grüne hatten sich am Donnerstag in einem Spitzengespräch auf eine gemeinsame Linie bei der Krisenbewältigung in Europa geeinigt. Die Opposition setzte sich mit ihrer Forderung nach einer Finanztransaktionssteuer durch, Union und FDP blockten den von Rot-Grün geforderten Schuldentilgungsfonds ab. Willsch sagte der „Mitteldeutschen Zeitung“ (Freitagausgabe): „Es hat keinen Sinn, das in einem Husarenritt zu machen. Eine sachgerechte Behandlung ist in so kurzer Zeit unmöglich.“ Der Euro-Kritiker Gauweiler sagte der „Bild“-Zeitung (Freitagausgabe), die Intervention des Bundesverfassungsgerichts verhindere, „dass durch eine Verfahrensmanipulation in der kommenden Woche vollendete Tatsachen geschaffen werden“. Nach Ansicht des Euro-Rebells Schäffler ist der Fiskalpakt „nur dafür da, die deutsche Bevölkerung zu beruhigen“. Zwar werde Haushaltsdisziplin versprochen, eine echte Umkehr werde aber nicht gelingen, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ (Freitagausgabe). Schon die Maastricht-Kriterien seien vielfach verletzt worden. Beim Fiskalpakt seien die Bedingungen für Sanktionen so kompliziert und bürokratisch, dass es dazu niemals kommen werde. Auch eine Finanztransaktionssteuer und den Rettungsmechanismus ESM lehnt Schäffler ab und kündigt an, er werde im Bundestag dagegen stimmen. Der Rettungsfonds können am Ende höhere Haftungssummen als die dem Bundestag zur Genehmigung vorgelegten 190 Milliarden Euro ausgeben. Der ESM sei verfassungswidrig, da er das Budgetrecht der Abgeordneten verletze. Die Linksfraktion nannte die absehbare Verzögerung bei der Ratifizierung des Euro-Rettungsschirms und des Fiskalpakts eine „Ohrfeige“ für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und fordert nun eine Volksabstimmung. Vizefraktionschefin Sahra Wagenknecht sagte den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe (Freitagausgaben), das Bundesverfassungsgericht habe das geplante „Hauruckverfahren bereits praktisch gekippt“. Die Verständigung von SPD und Grünen mit der Bundesregierung sei „nichts wert“, sagte Wagenknecht. Die Chancen stünden nicht schlecht, dass der Fiskalpakt als Ganzes vom Verfassungsgericht zurückgewiesen werde. Der Pakt hebele die Mitbestimmungsrechte des Parlaments aus und schränke den Spielraum aller künftigen Regierungen entscheidend ein. Scharfe Kritik kam auch vom Bund der Steuerzahler. Verbandspräsident Karl-Heinz Däke sprach von „dunkelgrauen Tage für den Steuerzahler“. Er hoffe, „dass Joachim Gauck und das Bundesverfassungsgericht der possenhaften Einigung noch einen Strich durch die Rechnung machen.“ Die Verständigung auf eine Besteuerung von Börsengeschäfte sei „der Gipfel des Gipfels“. Berlin dürfe den eingeschlagenen Sparkurs keinesfalls verlassen. „Wir brauchen keine Placebosteuern und keine Konjunkturprogramme“, sagte Däke. Nötig seien Wirtschaftsreformen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Die SPD-Bundestagsfraktion forderte die Bundesregierung unterdessen auf, mögliche verfassungsrechtliche Zweifel rasch auszuräumen. „Die Regierung muss jetzt zügig darlegen, dass sie die Verträge ausreichend verfassungsrechtlich geprüft hat“, sagte Fraktionsvize Hubertus Heil den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe. dapd (Politik/Politik)
Steinmeier: Verfassungsgericht wird den Fiskalpakt nicht kippen
Köln (dapd). Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier rechnet damit, dass der Fiskalpakt und der dauerhafte Euro-Rettungsschirm verspätet in Kraft treten werden. Das Bundesverfassungsgericht habe sich von Bundespräsident Joachim Gauck eine Prüfzeit von zwei bis drei Wochen erbeten, daher sei der ursprünglich geplante Termin zum 1. Juli vermutlich nicht zu halten, sagte Steinmeier am Freitag im Deutschlandfunk. Er rechne mit einem Inkrafttreten Mitte Juli. Dass die europäische Schuldenbremse und der ESM durch das Gericht gekippt werden, glaube er aber nicht. Die Überprüfung in Karlsruhe bezeichnete er als einen relativ selbstverständlichen Vorgang. dapd (Politik/Politik)