Verfeindete Brüder

Verfeindete Brüder Islamabad (dapd). Afghanistan und Pakistan gelten als „verfeindete Brüder“. Davon haben in den vergangenen Jahren vor allem die radikal-islamischen Taliban profitiert. Das sind ethische Paschtunen, die beidseits der Grenze leben. Doch scheine in Kabul und Islamabad ein Umdenken einzusetzen, macht Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) zum Abschluss seines viertägigen Besuchs Afghanistan und Pakistan Ländern deutlich: „Objektiv haben beide Länder ein Interesse an Stabilität.“ Deshalb fliegt der deutsche Verteidigungsminister am Donnerstag mit einem Hubschrauber der pakistanischen Armee vom Typ Mi 17 in das Swat-Tal. Dort hatten vor sechs Jahren die pakistanischen Taliban die Macht übernommen, einen „Steinzeit“-Islam propagiert und diesen mit Gewalt auch durchgesetzt. Lange schaute die Regierung in Islamabad dem Treiben zu. Tatenlos. Geschätzte 2.500 islamistische Kämpfer bekamen die gut 5.000 Quadratkilometer große Region vollständig unter ihre Kontrolle. Erst als ihr Marsch auf die pakistanische Hauptstadt nicht mehr ausgeschlossen werden konnte, machten rund 40.000 pakistanische Soldaten zu Land und aus der Luft dem Spuk ein blutiges Ende. Etwa 2.000 Aufständische wurden getötet. Deradikalisierung braucht Hoffnung Ähnlich wie Afghanistan legte auch Pakistan danach ein Deradikalisierungsprogramm auf, um die Ex-Kämpfer zu reintegrieren. „Ausbildung ist der Schlüssel dazu, nur dann haben die jungen Kämpfer eine zivile Perspektive. Und das klappt. Die Rückfallquote liegt unter zwei Prozent“, heißt es von offizieller Seite. Nur eine Handvoll der früheren Kämpfer nehmen also wieder eine Waffe in die Hand. De Maizière ist beeindruckt: „Es ist eine Erfolgsgeschichte“, sagt er bei Besuch einer Ausbildungsstätte im Swat-Tal, das einst Taliban-Hochburg war und heute als befriedet gilt. Doch sind Experten besorgt. Erst vor wenigen Tagen haben die islamistischen Rebellen auf der anderen Seite der Grenze gezeigt, dass sie durchaus noch zu militärischen Aktionen in der Lage sind. In der nordostafghanischen Provinz Badakschan töteten sie in einem offenbar gut organisierten Hinterhalt 17 Soldaten. Exekutiert, sagt die Polizei; im stundenlangen Gefecht getötet, sagen die Taliban. Bitter ist dies insbesondere für die Bundeswehr, die erst im Oktober vergangenen Jahres die Sicherheitsverantwortung für den Bereich aufgegeben und an die Afghanen übergeben hat. Und: Bislang war diese Region weitgehend Taliban-frei. Pakistanischer Rückhalt für die Taliban Mittlerweile leben 87 Prozent der Afghanen in Gebieten, in denen nicht mehr die Internationale Schutztruppe ISAF für ihre Sicherheit garantiert. Deshalb weisen Militärs darauf hin, dass es an den Fähigkeiten der Afghanen hängt, ob nach dem Abzug der immer noch rund 100.000 ISAF-Soldaten bis Ende 2014 „die regierungsfeindlichen Kräfte effektiv bekämpft“ werden können – sprich, ob die Taliban wieder an die Macht zurückkommen. Zumindest regional. Zwar wünscht sich Umfragen zufolge kaum ein Afghane diese extrem strengen Regeln des Islams zurück, doch sind die Strukturen der Taliban offenbar noch nicht zerschlagen. Zudem weist die Ausrüstung der Rebellen weist darauf hin, dass sie auch bestens aus Pakistan mit Nachschub versorgt werden. Von Paschtunen, wie afghanische Sicherheitskräfte betonen. Sorgen bereitet schließlich das einflussreiche Hakkani-Netzwerk, das von den USA mittlerweile als gefährlichste Widerstandsorganisation eingestuft wird. Es hat in Pakistan seinen Hauptsitz. Das Hauptquartier der Gruppe liegt in der Stadt Miram Shah in Nord-Waziristan, nur 20 Kilometer von der Grenze entfernt in den Stammesgebieten unter Bundesverwaltung. Diese Gemengelage macht es unwahrscheinlich, dass der Friedensprozess in Afghanistan ohne eine aktive Mitwirkung von Pakistan greift. Das ist de Maizière in den vier Tagen deutlich geworden. So ruft er beide Länder zur Zusammenarbeit auf, sichert Afghanistan weitere deutsche Unterstützung nach 2014 zu und lobt Pakistan schließlich für seinen Ansatz der Reintegration der Taliban. „Es ist eine Erfolgsgeschichte nicht nur für Pakistan“, betont de Maizière, „sondern auch für andere Länder der Welt geeignet.“ dapd (Politik/Politik)

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Peer-Michael Preß

Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de

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