Schwarz-Gelb will mit Milliardenpaket beim Wähler punkten

Schwarz-Gelb will mit Milliardenpaket beim Wähler punkten Berlin (dapd). Schluss mit der Praxisgebühr, grünes Licht für das Betreuungsgeld, mehr Rente für Geringverdiener und ein Schuldenstopp ab 2014: Mit diesem Paket wollen Union und FDP ein Jahr vor der Bundestagswahl beim Bürger punkten. Die Opposition reagierte empört auf die Beschlüsse des Koalitionsausschusses. Schwarz-Gelb habe in der Nacht zum Montag ein beispielloses Geschacher geboten, nur um nach monatelangem Gezänk den brüchigen Koalitionsfrieden zu wahren. Wenige Wochen vor der wichtigen Landtagswahl in Niedersachsen am 20. Januar bescheinigten sich FDP und Union selbst Handlungsfähigkeit. Das Bundeskabinett drückt nun aufs Tempo und will bereits am Mittwoch (7. November) das Aus für die Praxisgebühr beschließen. Ab 1. Januar werden die Bürger damit um jährlich zwei Milliarden Euro entlastet. Die Ärzte sprachen von einem überfälligen Bürokratieabbau. Die Kassen rügten, im Ergebnis müssten die Beitragszahler nun politische Vorhaben finanzieren. Weil auch weniger Steuergeld an den Gesundheitsfonds fließt, summierten sich die Einschnitte in den kommenden zwei Jahren auf 8,5 Milliarden Euro. Das Betreuungsgeld soll schon am Freitag abschließend im Bundestag gebilligt werden. Start ist am 1. August, und nicht wie bisher geplant am 1. Januar. Bis Ende Juli 2014 sollen 100 Euro für ein- und zweijährige Kinder gezahlt werden, die keine staatliche Betreuung in Anspruch nehmen. Danach sollen es 150 Euro im Monat sein. Neu ist, dass Eltern einen Bonus erhalten sollen, falls sie das Betreuungsgeld zur privaten Altersvorsorge oder zum Bildungssparen nutzen. SPD und Grüne kündigten an, die neue Familienleistung umgehend wieder abzuschaffen, sollten sie nächstes Jahr an die Regierung kommen. Die Sozialdemokraten wollen zudem vor das Verfassungsgericht ziehen. Siebenstündige Verhandlungen bis in den Morgen Überdies einigte sich Schwarz-Gelb in den rund achtstündigen Beratungen im Kanzleramt, 750 Millionen Euro mehr für neue Verkehrsprojekte auszugeben – ein Anliegen der CSU. Konkrete Projekte werden aber erst bestimmt. Der Bundeshaushalt soll schon 2014 strukturell ausgeglichen sein, also ohne neue Schulden auskommen. FDP-Chef Philipp Rösler nannte dies ein „Signal der Solidität“, mit dem Deutschland seiner Vorbildfunktion im krisengeschüttelten Europa gerecht werde. Zur Bekämpfung von Altersarmut soll es mehr Rente für Geringverdiener geben – bezahlt nicht aus der Rentenkasse, sondern mit Steuergeld. Die Koalition nennt dies eine „Lebensleistungsrente“. Voraussetzung sind Beitragszahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung über 40 Jahre und private Vorsorge. Das Bundesarbeitsministerium rechnet damit, dass die Aufstockung schmale Renten auf rund 850 Euro aufbessern wird. Die großen Sozialverbände rügten, dies seien praktisch unüberwindbare Hürden für Millionen Bedürftige. Der Beschluss gehe etwa an der Lebenswirklichkeit der meisten Frauen komplett vorbei. Der DGB sprach von „blankem Zynismus“. SPD-Chef Gabriel kürte Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) zur „größten Verliererin“ des Spitzentreffens. Mit ihrer Zuschussrente sei sie als Tigerin gestartet und nun als „zahmes Hauskätzchen“ auf dem Boden der Realität gelandet. Steinbrück geißelt Wahlgeschenke SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück kritisierte, die Koalition verteile „Wahlgeschenke“ und wolle den brüchigen Koalitionsfrieden wahren. Man könne die Wähler aber nicht kaufen, „schon gar nicht mit einem bildungspolitischen Rückschritt wie dem Betreuungsgeld“. Der Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Steffen Seibert, wies den Vorwurf zurück, die Koalition habe einen „Kuhhandel“ abgeschlossen. Vielmehr werde die solide Finanzpolitik fortgesetzt und der soziale Zusammenhalt gestärkt. Zudem fördere die Regierung die Infrastruktur und unterstützte den privaten Konsum. Kritik kam aber auch aus dem eigenen Lager, etwa vom Wirtschaftsrat der CDU. Generalsekretär Wolfgang Steiger erklärte: „Deutschland braucht Vorrang für die Haushaltskonsolidierung statt neuer sozialer Wohltaten auf Pump.“ Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt nannte die Abschaffung der Praxisgebühr einen schweren Fehler, da die Gesundheitskosten zulasten aller Beitragszahler verschoben würden. Das Betreuungsgeld gefährde wichtige Ziele der Arbeitsmarkt-, Bildungs- und Haushaltspolitik, da es Eltern dazu anreize, sich aus dem Beruf zurückzuziehen. dapd (Politik/Politik)

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Peer-Michael Preß

Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de

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