Burgwedel (dapd). Die Drogeriekette Rossmann übernimmt 104 Filialen des insolventen Konkurrenten Ihr Platz. Man habe sich über die Konditionen der Übernahme geeinigt, teilte Rossmann am Mittwoch mit. Zum Kaufpreis wurden zunächst keine Angaben gemacht. Alle Mitarbeiter sowie der Warenbestand der übernommenen Filialen sollen von Rossmann übernommen werden. Das Bundeskartellamt werde die angestrebte Übernahme nun auf Zulässigkeit prüfen, hieß es. Auch einzelne Vermieter müssten der Übereinkunft noch zustimmen dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Neckermann stellt Insolvenzantrag
Frankfurt/Main (dapd). Der angeschlagene Versandhändler Neckermann hat am Mittwoch Insolvenzantrag gestellt. Die Geschäftsführung werde alles daran setzen, das laufende Geschäft auch im vorläufigen Insolvenzverfahren aufrecht zu halten, teilte das Unternehmen mit. Die Verhandlungen mit der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di waren zuvor gescheitert. Der Eigentümer des Unternehmens halte das Ergebnis der Verhandlungen nicht für tragfähig und werde „keine weiteren Mittel für die Finanzierung zur Verfügung stellen“. Hintergrund der Auseinandersetzung ist ein vom Management beabsichtigter Abbau von 1.380 der rund 2.400 Stellen in Deutschland. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Von der Leyen verzichtet auf Gesetz zur Zeitarbeit
Berlin (dapd). Nach den jüngsten Tarifabschlüssen in der Zeitarbeitsbranche wird es vorerst kein Gesetz zur Gleichstellung von Zeitarbeitern und Stammbeschäftigten geben. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen sagte am Mittwoch, tarifliche Lösungen hätten aus ihrer Sicht „Vorfahrt“ vor einer gesetzlichen Regelung. Bis zum Herbst will die CDU-Politikerin weiteren Branchen Zeit geben, selbst etwas für die Angleichung der Löhne zu tun. Nur wenn die Arbeitgeber nicht selbst aktiv werden, will die Ressortchefin eingreifen. Auch eine gesetzliche „Höchstverleihdauer“ für Zeitarbeiter lehnte sie ab. Einer aktuellen Studie zufolge verdienen Zeitarbeiter in Deutschland ein Drittel bis die Hälfte weniger als fest angestellte Arbeitnehmer gleicher Qualifikation. Einige Industriezweige haben angefangen, gegen diese Ungleichheit anzugehen: In den vergangenen Monaten vereinbarten mehrere Branchen – Stahl, Metall/Elektro und Chemie -, die Löhne der Leiharbeiter an die der Stammbelegschaft heranzuführen oder komplett anzugleichen. Von der Leyen sagte dem „Handelsblatt“, sie habe „großen Respekt“ vor diesen Entscheidungen. Und ebenso begrüße sie, dass Ähnliches jetzt in anderen Branchen wie Gesundheit, Druck, Logistik und Verkehr vorbereitet werde. Am Montagabend hatte sich von der Leyen mit Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt und dem Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, zusammengesetzt, um die Entwicklungen in der Zeitarbeit zu bewerten. Im November wollen sich die drei erneut treffen, wie eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums ankündigte. Bis dahin hätten weitere Branchen die Möglichkeit, etwas an der Bezahlung ihrer Zeitarbeiter zu ändern. Geschehe dies nicht, werde von der Leyen über weitere Schritte nachdenken. Bislang sei die Ministerin jedoch optimistisch, dass weitere Branchen dem Beispiel der Stahl-, Metall- und Chemieindustrie folgen. dapd (Politik/Politik)
Zusatzgebühr für nicht erfolgte Telefonate unzulässig
Schleswig (dapd). Mobilfunkanbieter dürfen von ihren Kunden keine Zusatzgebühren für nicht erfolgte Anrufe oder SMS innerhalb eines bestimmten Zeitraums verlangen. Eine entsprechende Klausel sei unwirksam, entschied das schleswig-holsteinische Oberlandesgericht in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hatte gegen einen Anbieter aus Büdelsdorf geklagt. Ebenso für unwirksam erklärten die Richter eine Pfandgebühr für nicht binnen zwei Wochen nach Vertragsende zuückgeschickte, dann wirtschaftlich wertlose SIM-Karten. Beide Klauseln benachteiligten die Kunden laut Gericht in unangemessener Weise. Die Klage hatte bereits in erster Instanz Erfolg vor dem Kieler Landgericht. Dagegen legte der Anbieter Berufung ein. (Aktenzeichen: Oberlandesgericht Schleswig-Holstein 2 U 12/11) dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Opel-Chef Sedran will kämpfen
Rüsselsheim (dapd). Der amtierende Opel-Chef Thomas Sedran gibt sich zur Zukunft des angeschlagenen Autoherstellers betont optimistisch. „Opel ist doch eigentlich eine coole Marke. Sollte man öfter kaufen“, sagte Sedran am Mittwoch in Rüsselsheim. „Und gewinnen kann man nur, wenn man aufsteht und kämpft“, sagte er auf einer Informationsveranstaltung zum 1. Opel-Firmenlauf. Das Unternehmen sponsert das Sportereignis am 30. August. Nach dem Abgang von Karl-Friedrich Stracke war der bisherige Strategievorstand Sedran am Dienstag zum stellvertretenden Vorstandschef der General-Motors-Tochter ernannt worden. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Pleite am Nürburgring: Beck gibt Brüssel die Schuld
Mainz (dapd). Totalschaden am Nürburgring: Die landeseigene Rennstrecke mit angrenzenden Immobilien geht in die Insolvenz. Das rheinland-pfälzische Kabinett beschloss am Mittwoch in Mainz, dass die Nürburgring GmbH von sich aus ein Verfahren wegen drohender Zahlungsunfähigkeit einleitet. Grund ist nach Angaben von Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), dass die EU-Kommission die vom Land beantragte Rettungsbeihilfe von 13 Millionen Euro voraussichtlich nicht vor dem 31. Juli genehmigen wird. Die rot-grüne Landesregierung griff die EU-Kommission deswegen scharf an. Es könne nicht sein, dass 100 Milliarden Euro für private Banken ohne Wettbewerbsprüfung bereitgestellt würden, „und uns hat man ein paar Millionen Übergangshilfen verweigert“, monierte Beck. Das sei eine „bittere Wahrheit“. Becks Stellvertreterin und Wirtschaftsministerin Eveline Lemke (Grüne) ergänzte: „Ich erwarte, dass uns geholfen wird.“ Rheinland-Pfalz wolle schließlich nicht, dass Spanien bezahle. „Wir hätten das ja selbst geregelt.“ Beck sagte, das Land habe bis vor wenigen Tagen noch positive Signale mit Blick auf die Genehmigung der Rettungsbeihilfe aus Brüssel erhalten. Dass die EU die Entscheidung in dieser Frage nun vertage, halte er für äußerst bedenkenswert: „Nicht entscheiden auf europäischer Ebene heißt Handlungsunfähigkeit für Rheinland-Pfalz“, kritisierte Beck. Das werde man nicht so stehen lassen und sowohl politische Initiativen über das EU-Parlament anstoßen, als auch Rechtsmittel prüfen. Die EU hat Becks Angaben zufolge nicht über die kurzfristigen Finanzhilfen entschieden, da sie zunächst das Beihilfeverfahren über 485 Millionen Euro abschließen will. Einen von der FDP bereits am Dienstag geforderten Rücktritt wies Beck zurück. Die FDP müsse so etwas laut sagen, damit sie überhaupt gehört werde. Zudem erstrecke sich das EU-Beihilfeverfahren auch über einen Zeitraum, in dem zwei FDP-Minister Verantwortung für den Nürburgring gehabt hätten, fügte der Regierungschef hinzu. Hintergrund für die geplante Finanzspritze aus Mainz war, dass die Nürburgring GmbH aufgrund ausbleibender Pachtzahlungen durch die mittlerweile gekündigten privaten Betreiber ihre Zinsen für einen Kredit von 330 Millionen Euro bei der Investitions- und Strukturbank (ISB) nicht mehr zahlen kann. Innenminister Roger Lewentz (SPD) sagte, dass mit der privaten Betreiberfirma, der Nürburgring Automotive GmbH (NAG), jetzt eine Einigung gefunden sei. Demnach wollte die NAG die Rennstrecke zum 31. Oktober an das Land zurückgeben. Über strittige Fragen der Kündigung sei ein Schiedsverfahren vereinbart worden. Der passende Vertrag könne nun aber von der Nürburgring GmbH wegen der Insolvenz nicht mehr unterschrieben werden. Wie groß der Einfluss der rot-grünen Landesregierung nun auf die Neuausrichtung an der Rennstrecke ist, liegt noch im Unklaren. Finanzminister Carsten Kühl (SPD) erklärte, dies hänge von der Art des Insolvenzverfahrens ab. Möglich ist ein sogenanntes Eigeninsolvenzverfahren, bei dem die jetzigen Geschäftsführer im Amt bleiben. Denkbar ist aber auch, dass ein externer Insolvenzverwalter eingesetzt wird. Darüber habe das Gericht zu entscheiden, sagte Kühl. Fest steht aber, dass auf die Steuerzahler erst einmal Kosten zu kommen: Da die Nürburgring GmbH den ISB-Kredit bedienen muss, springt das Land dafür als Bürge ein. Daher müsse eine im Landeshaushalt bereitgestellte Rücklage von 254 Millionen Euro aktiviert werden, sagte Kühl. Ein Nachtragshaushalt sei allerdings nicht notwendig. Wie hoch letztlich der finanzielle Schade am Nürburgring ist, kann noch nicht beziffert werden. Da das Land Hauptgläubiger sei, würde nach einem möglichen Verkauf oder Teilverkauf das Geld auch an die Staatskasse zurückfließen. dapd (Politik/Politik)
Lammert sorgt sich um den Ruf des Bundestages
Stuttgart (dapd). Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) ist besorgt über das Ansehen des Parlaments. Das „geringe Ansehen des Bundestages“ entspreche weder seiner Bedeutung noch seiner Leistung, sagte Lammert der „Stuttgarter Zeitung“ über eine Forsa-Umfrage. Darin hatten die Bürger den Abgeordneten schlechte Noten ausgestellt. „Ich empfinde das durchaus als besorgniserregend, obwohl die Abgeordneten als konkrete Personen durchaus höher eingeschätzt werden“, sagte der CDU-Politiker. „Unser Parlament ist ganz sicher besser als sein Ruf – aber offensichtlich nicht so gut wie die Erwartung der kritischen Öffentlichkeit an seine Arbeit“, sagte Lammert weiter. In der Umfrage für das Magazin „Stern“ hatten 66 Prozent der Bürger die Frage verneint, ob die meisten Abgeordneten ihre Arbeit engagiert und sachgerecht verrichteten. 81 Prozent der Befragten halten die Abgeordneten für überfordert. dapd (Politik/Politik)
Immer mehr Steuersünder in NRW zeigen sich selbst an
Düsseldorf (dapd). Der angebliche Kauf einer weiteren CD mit Steuersünder-Dateien durch die nordrhein-westfälische Landesregierung sorgt in Berlin und in der Schweiz erneut für Verstimmung. Nach Angaben der „Bild“-Zeitung (Mittwochausgabe) handelt es sich um einen Datenträger mit Bankauszügen von deutschen Staatsbürgern, die ihr Geld in die Schweiz geschafft haben sollen. Die Steuerfahndung Wuppertal habe den Kauf abgewickelt.? Eine offizielle Bestätigung gibt es bislang nicht. Gleichzeitig steigt laut NRW-Finanzministerium die Zahl der Selbstanzeigen von Steuersündern. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) forderte unterdessen die SPD-regierten Bundesländer auf, keine Steuer-CDs mehr zu kaufen und stattdessen den Widerstand gegen das deutsch-schweizerische Steuerabkommen aufzugeben. „Jedes Bundesland muss sich seiner Verantwortung stellen. Wenn das Abkommen nicht zustande kommt, ändert sich an dem aktuellen, überaus unbefriedigenden Gesetzeszustand nichts“, sagte Schäuble der „Rheinischen Post“. Den Ankauf sogenannter Steuer-CDs lehnt der CDU-Politiker ab. „Momentan sind deutsche Steuerbeamte wegen der CD-Käufe dem Risiko der Strafverfolgung in der Schweiz ausgesetzt wie auch schweizerische Bankangestellte umgekehrt in Deutschland wegen des Vorwurfs der Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Das wäre alles mit dem Abkommen hinfällig“, betonte Schäuble. Mit dem Abkommen erübrige sich der Kauf von Daten-CDs von Steuersündern. Nach den Worten des stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzenden Joachim Poß stellt das Steuerabkommen einen starken Verstoß gegen die Steuergerechtigkeit und ein unvertretbares Entgegenkommen gegenüber Steuerkriminellen dar. Deren Anonymität wird durch das Abkommen weiter geschützt. „Generell gehört das Abkommen wegen seiner zahlreichen Schwachpunkte in die Tonne“, sagte der Gelsenkirchener Bundestagsabgeordnete. Die Sprecherin des nordrhein-westfälischen Finanzministeriums, Ingrid Herden, wollte den erneuten Ankauf von Konto-Daten weder bestätigen noch dementieren. „Die Finanzverwaltung NRW erhält immer wieder Datenangebote, prüft sie dann auf Werthaltigkeit und entscheidet“, sagte sie auf dapd-Anfrage. Der unbestätigte Ankauf der Daten sorgte einmal mehr für heftige Proteste der Schweizer Regierung. Der Deutsche Beamtenbund NRW bezeichnet den Ankauf von Steuersünder-Dateien jedoch als wirkungsvolle Bekämpfung von Steuerhinterziehung. Es sei „ein spürbarer Beitrag zur Steuergerechtigkeit“, erklärte der Bund am Mittwoch in Düsseldorf. Er vertrat zudem die Auffassung, dass der Versuch der Schweiz fehlgeschlagen ist, deutsche Steuerfahnder einzuschüchtern. „Selbst wenn die Gefahr eines Haftbefehls aus dem Ausland droht, gehen Steuerfahnder konsequent ihrer Aufgabe nach und decken unbekannte Steuerfälle auf“, sagte der Vorsitzende Meinolf Guntermann. Die Schweiz hatte Ende März Haftbefehle gegen drei Finanzbeamte aus Nordrhein-Westfalen erlassen, weil sie am Verkauf einer CD mit Daten von mutmaßlichen Steuersündern beteiligt gewesen sein sollen. Die Männer sind nach Angaben des Bundesjustizministeriums bislang nicht verhaftet. „Solange sie sich in Deutschland aufhalten, haben sie nach meinen Kenntnissen nichts zu befürchten“, sagte eine Sprecherin des Ministeriums in Berlin auf dapd-Anfrage. Das Rechtshilfegesuch der Schweiz in diesem Fall sei weiter in der Prüfung. Eine Sprecherin des NRW-Justizministeriums sagte: „Es gibt keinen Anlass anzunehmen, dass sie etwas Unrechtes getan haben.“ Nach Angaben des NRW-Finanzministeriums gingen seit dem erstmaligen Ankauf einer Steuersünder-Datei im Frühjahr 2010 insgesamt 6.370 Selbstanzeigen von Bürgerinnen und Bürgern mit Bezug zur Schweiz ein. Im Monatsvergleich zeigte sich zuletzt ein deutlicher Anstieg bei den Selbstanzeigen: Von Anfang Juni bis Anfang Juli dieses Jahres stieg ihre Zahl um 93 Eingaben. In den beiden Vormonaten hatten sich jeweils weniger als 20 Steuerzahler bei der Finanzverwaltung selbst angezeigt. Bis zum vergangenen Herbst hatte das Land Mehreinnahmen von 300 Millionen Euro erhalten. dapd (Politik/Politik)
Bundesregierung stellt die Energiewende nicht in Frage
Berlin (dapd). Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist dem Eindruck entgegengetreten, dass die schwarz-gelbe Koalition von ihren energiepolitischen Zielen abrückt. „Die Energiewende steht in keiner Weise zur Debatte“, betonte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Der Atomausstieg sei „beschlossen und unumkehrbar“. Die Energiewende sei „richtig, eine Herausforderung für Deutschland und eine große Chance“. Jüngst hatten Umweltminister Peter Altmaier (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) den Zeitplan dafür in Frage gestellt. Beide Ressortchefs hätten einen „nüchternen, realistischen Blick auf das, was schon geschafft ist“, sagte Seibert dazu. Die Bundesregierung arbeite „entschlossen“ an den energiepolitischen Zielen, die sie sich gesetzt habe. dapd (Politik/Politik)
Karlsruhe verschafft Asylbewerbern mehr Geld
Karlsruhe/Berlin (dapd-nrw). Asylbewerber in Deutschland bekommen ab sofort deutlich mehr Geld vom Staat. Die bisherigen Sätze reichen für ein menschenwürdiges Leben nicht aus, wie das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch entscheiden hat. Das Karlsruher Gericht ordnete mit sofortiger Wirkung an, dass die Geldleistungen an das Hartz-IV-Niveau angeglichen werden. Davon profitieren rund 130.000 Menschen in Deutschland: Neben Asylsuchenden auch Kriegsflüchtlinge und geduldete Ausländer. Asylbewerber bekommen zurzeit nur 224 Euro pro Monat, also etwa 40 Prozent weniger als Hartz-IV-Bezieher mit dem Regelsatz von 374 Euro. Gerichtsvizepräsident Ferdinand Kirchhof sagte, die Geldleistung für Flüchtlinge sei offensichtlich unzureichend, weil sie seit 1993 trotz einer etwa 30-prozentigen Preissteigerung nicht angehoben wurde. Die Regelsätze in dem nun beanstandeten Asylbewerberleistungsgesetz seien „nicht nachvollziehbar berechnet“ und „nicht realitätsgerecht“. Das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum sei verletzt. Dies sei „ein Menschenrecht“, das Deutschen und Ausländern gleichermaßen zustehe. Der Gesetzgeber muss nun unverzüglich eine Neuregelung erlassen. Bis dahin hat das Bundesverfassungsgericht eine Übergangsregelung in Kraft gesetzt, die ab sofort gilt. Demnach erhält ein alleinlebender Erwachsener statt 224 nun 336 Euro und ein Jugendlicher zwischen 15 und 18 Jahren 260 statt bisher 200 Euro. Die Erhöhung gilt auch rückwirkend ab 2011, wenn Bescheide noch nicht bestandskräftig festgesetzt sind. Die Bundesregierung will nun „unverzüglich“ eine verfassungskonforme Neuregelung erarbeiten. „Dabei werden wir auch den Anspruch auf Bildung und Teilhabe für Kinder und Jugendliche umsetzen“, teilte das Bundessozialministerium mit. Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl begrüßte das Urteil. „Das Gericht beendet ein jahrelanges Unrecht. Flüchtlinge sind keine Menschen zweiter Klasse“, erklärte Geschäftsführer Günter Burkhardt. Er forderte, nun das Asylbewerberleistungsgesetz komplett abzuschaffen. „Die entwürdigende Praxis, Asylsuchende mit Lebensmittelpaketen und anderen Sachleistungen abzuspeisen, muss beendet werden.“ Das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) begrüßte das Urteil als „richtungsweisende Korrektur“. Grünen-Politiker Volker Beck sprach von einem „guten Urteil zur Stärkung der Menschenrechte in Deutschland“. Die SPD-Sozialexpertin Anette Kramme sagte, das Gericht habe ein „weises Urteil“ gefällt. FDP-Innenexperte Hartfrid Wolff begrüßte es, dass Asylbewerber mehr Geld bekommen sollen. „Gleichzeitig müssen wir auch über eine Arbeitserlaubnis für Asylbewerber in Deutschland nachdenken. Das wäre menschenwürdiger und würde auch die Staatskasse entlasten“, gab Wolff zu bedenken. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Stephan Articus sagte, Asylbewerber erhielten nun höhere Geldleistungen, „soweit der Bedarf nicht, wie im Gesetz vorgesehen, vorrangig durch Sachleistungen abgedeckt wird“. Eine Anhebung der Leistungen sei angesichts der jahrelang gestiegenen Lebenshaltungskosten „überfällig“. Einige Länder wie beispielsweise Bayern setzen bislang weitgehend auf Sachleistungen, andere wie etwa Hamburg oder Berlin auf reine Geldleistungen. Der Städtetag erwartet für die Kommunen nun einen deutlichen Kostenanstieg. Der Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe im Bundestag, Tom Koenigs, erklärte, das Urteil zeige erneut die „eklatanten Mängel der deutschen Flüchtlingspolitik“ auf. Menschenrechte von Asylbewerbern „auf Gesundheit, Bildung, soziale Sicherheit und gesellschaftliche Teilhabe“ sein verletzt worden. Das Verfassungsgericht urteilte über Vorlagen des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen. dapd (Politik/Politik)