Experten informierten und diskutierten beim Recompound-Kongress: Prof. Dr. Carsten Bye, Dr. Elmar Pöselt, Frank Stammer, Dr. Dirk Textor, Martin Burwinkel (von links). (Foto: Daniel Meier)
Experten informierten und diskutierten beim Recompound-Kongress: Prof. Dr. Carsten Bye, Dr. Elmar Pöselt, Frank Stammer, Dr. Dirk Textor, Martin Burwinkel (von links). (Foto: Daniel Meier)

Was bei der PET-Flasche klappt, muss auch bei anderen Produkten möglich sein

Auch Firmen aus Stemwede und Lübbecke nahmen teil – Experten diskutierten bei ZWT-Veranstaltung die Zukunft des Kunststoffrecyclings

Stemwede/Lübbecke/Diepholz – Neue Lösungen für das Recyclen von Kunststoffen standen auf dem Programm einer Veranstaltung, zu der der Forschungsverbund ZWT e.V. an der Privaten Hochschule für Wirtschaft und Technik (PHWT) Diepholz eigeladen hatte. Bei diesem zweiten Recompound-Kongress ging es um die vielfältigen Innovationen in der Branche mit Blick auf Nachhaltigkeit. Auch Firmen aus Stemwede und Lübbecke nahmen teil.

Was bei der PET-Kunststoffflasche inzwischen erfolgreich funktioniert, klappt bei anderen Kunststoffprodukten schlecht bis gar nicht: Die Wiederverwertung von Kunststoffen ist nach wie vor eine große Herausforderung, wie beim Kongress deutlich wurde. Hinzu kommen aktuell gesetzliche Anforderungen an das Kunststoffrecycling, bei denen Anspruch und Wirklichkeit teils weit von einender entfernt seien, wie Referenten der Veranstaltung berichteten.

Anhand verschiedener Kunststoffprodukte und möglicher Wiederverwertungsverfahren zeichneten sie ein Bild der aktuellen Situation und zeigten auf, wo es mangelt und welche Lösungsansätze vorstellbar sind.

Prof. Dr. Carsten Bye (Geschäftsführer Forschungsverbund ZWT e.V.) sagte, das Design for Recycling müsse mehr in die Köpfe. Das habe sich auch bei einem Kongresstag mit über 300 Schülern gezeigt, die zum einen erstaunt gewesen seien, wie groß das Potential noch sei, aber zugleich angetan gewesen seien von den Möglichkeiten, die jeder auch eigenverantwortlich wahrnehmen müsse. Es gehe nämlich nicht nur um Strategien des Recyclens, sondern zuallererst auch um das Vermeiden.

Das machten auch die Referenten klar. Wenn das Design von Kunststoffprodukten von vornherein auf Wiederverwertung ausgelegt sei, dann gäbe es nicht so große Probleme. Bereits bei der Entwicklung von Kunststoffprodukten müsse deren Wiederverwertung in den Blick genommen werden. Bye machte das am Beispiel eines Joghurtbechers deutlich: Der Plastikbecher aus Polypropylen sei zusätzlich mit einer Polyesterlabelfolie und einem Polycarbonatdeckel versehen sowie mit zwei Alufolien. Das sei ein worst case des Designs für Recycling. Hier müsse dringend etwas geschehen, um Becher von Anfang an für das Recycling zu produzieren.

Ein Zuhörer kritisierte, dass Hersteller ihr eigenes Polyprophylen gar nicht recycelten, sondern Recyclate zukauften. Es müsse aber selbstverständlich werden, dass Hersteller sich zunächst einmal um das Recycling ihrer eigenen Produkte kümmerten, das sei der richtige Weg. Gerade die Automobilindustrie sei hier gefordert.

Nachmittags stand die Nachhaltigkeitsbewertung von Kunststoffrecycling durch Prof. Endres (IKK-Hannover) auf dem Programm. Anschließend gab es praktische Beispiele zum Kunststoffrecycling bei der Nachhaltigkeitsbewertung durch Dipl.-Ing. Frank. Budde, AKRO-PLASTIC. Es folgte dann das Nachhaltigkeitskonzept der Firma Miele (Frank Dobbertin, Dr. Tatjana Dänzer). Ganz konkret wurde es dann bei Kurzvorträgen aus der Region: Das Konzept Pöppelmann blue stellte Frank Schockemöhle (Bereichsleitung Technologiemanagement bei Pöppelmann Kunststoff-Technik) vor. PCR-Kunststoff mit Lebensmittelzulassung hieß das Thema von Ellen Seyda (Circular Economy Manager bei Berry CPI). Und Tobias Eichhorst (E-Bike Advanced Technologies) präsentierte einen Fahrradrahmen aus Recyclingkunststoff.

Im Rahmen einer Ausstellung präsentierten sich zudem Mitgliedsunternehmen des Forschungsverbundes ZWT e.V. Dieser ist ein offener Verein von Unternehmen der regionalen und überregionalen Kunststoffbranche, der mittlerweile 44 Mitgliedsunternehmen zählt.

Die Tagung hat viele neue Erkenntnisse gebracht und neue Blickwinkel geöffnet, bilanzierte Prof. Dr. Bye. Sie habe zudem den Austausch in der Branche gefördert und sei als ein wichtiger Meilenstein der Arbeit des Forschungsverbundes ZWT zu bewerten. Dabei blickte Bye auch auf den vorausgegangenen Tag, an dem sich 300 Schüler über Kunststoff-Recycling informiert haben: Sie kamen von Schulen in Neuenkirchen-Vörden, Holdorf, Damme, Lohne, Bakum und Diepholz. Das Programm für die Schüler war vielfältig: Es gab interessante Versuche, Aktionen, Spiele sowie Diskussionen mit den Unternehmensvertretern zum verantwortlichen Umgang mit Kunststoff. Geboten wurden spannende Experimente mit Kunststoff. Schüler konnten zudem selber Kunststoff verarbeiten und neue Bauteile an einer Spritzgussmaschine gießen.

Vorgestellt wurden auch Projekte in der Region (zum Beispiel Müll sammeln aus dem Fluss, am Strand, im Wald). Jeder erfuhr, wie er sich selbst für das Kunststoffrecycling einsetzen kann. Die Teilnehmenden erlebten, dass sogenannte Recompounds durch Recyclingprozesse von Kunststoffabfällen entstehen. Um ein wirklich qualitativ hochwertiges Substitut zu Neuware zu erhalten, müssen die Reinigungs- und Recyclingprozesse mit äußerster Sorgfalt durchgeführt werden. Eine spannende Herausforderung, auf die es beim Infotag Antworten gab. Es standen bei der Veranstaltung Ansprechpartner regionaler Unternehmen aus der Kunststoffbranche zum Gespräch bereit. Hier konnten erste Kontakte in die Arbeitswelt Kunststoff geknüpft werden.

Prof. Dr. Carsten Bye: „Wir wollten über Kunststoff aufklären, denn Kunststoff ist mehr als nur die Flasche am Strand.“ Das sei erfolgreich gelungen. „Wir freuen uns auf die nächste Veranstaltung.“

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WIR Redaktion

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