Dr. Theodor Friedrich, FAO-Botschafter im Ruhestand, stellte in seiner Keynote die regenerative Landwirtschaft als eine Lösung für nachhaltige Bodenbewirtschaftung vor (Foto: Hochschule Osnabrück)
Dr. Theodor Friedrich, FAO-Botschafter im Ruhestand, stellte in seiner Keynote die regenerative Landwirtschaft als eine Lösung für nachhaltige Bodenbewirtschaftung vor (Foto: Hochschule Osnabrück)

Boden, Pflanze, Klimawandel: Landwirtschaft von morgen

Mehr als 160 Personen diskutieren auf der GROWTH Convention der Hochschule Osnabrück über regionale Landwirtschaft.

Osnabrück – Von Bodenbearbeitung über Glyphosat bis zu Agroforst: Im INNOVATORIUM des Coppenrath Innovation Centers (CIC) tauschten sich am Donnerstag, den 11. April, Vertreter*innen aus Wissenschaft, Landwirtschaft, Unternehmen und Verbänden aus. Mit dabei: Keynote-Speaker Dr. Theodor Friedrich, der als FAO-Botschafter weltweit für die Landwirtschaft im Einsatz war.

Pflügen oder spritzen?

„Bodenbearbeitung ist schlimmer als Chemie“, stellte Friedrich seine Position dar. Der pensionierte Agrar-Experte arbeitete für die Vereinten Nationen in mehr als 75 Ländern. Er plädiert für „konservierende Landwirtschaft“, das heißt: minimale Bodenbearbeitung, dauerhafter Einsatz von Mulch um den Boden zu bedecken und möglichst viel Artenvielfalt.

In der anschließenden Fishbowl-Diskussion erntete Friedrich viel Zuspruch – für die Theorie. In der Praxis sehe es oft anders aus: „Ich darf im Wasserschutzgebiet kein Glyphosat nutzen. Also ersetze ich es durch Bodenbearbeitung“, erklärte der Landwirt Hermann Dörmann. Ähnliches erlebt Wilm Bringewat. Weil er nur eingeschränkt chemische Mittel nutzen darf, stellte er direkt den ganzen Betrieb auf Ökolandbau um. Stefan Kiefer, Leiter Pflanzenbauinnovationen bei Amazone, vertrat die Sicht der Landmaschinenhersteller: „Die Realität ist, dass wir nur 1,7 Prozent Direktsaat haben.“ Regenerative Landwirtschaft spiele eine untergeordnete Rolle. Hingegen relevant sei hier in der Region der hohe Nitratwert im Grundwasser und ein sparsamer Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel daher sinnvoll. Friedrich hingegen formulierte klar: „Wir haben zu viel Chemie im Wasser, weil wir den Boden bearbeiten.“ Stark bearbeiteter Boden könne weniger Wasser halten und Nährstoffe würden leichter ausgeschwemmt. Sein Fazit: „Wir brauchen Glyphosat.“

„Wir müssen Allianzen bilden“

Trotz verschiedener Perspektiven warnte Kiefer davor, Landwirte und ihre Methoden gegeneinander auszuspielen. Dörmann und Bringewat erklärten, dass sie vor allem mehr Planungssicherheit bräuchten und Freiräume, auf ihrem Betrieb selbst zu entscheiden – statt sich nach ständig wechselnden Auflagen und Förderungen auszurichten. „Wir müssen Allianzen bilden, statt auf die Politik zu warten“, forderte auch der Landwirt Heiner Willenborg. Schon jetzt organisieren sich zahllose Landwirte in kleinen Gruppen und Arbeitsgemeinschaften, um sich über Erfolge, Probleme und Lösungen auszutauschen.

Konkrete Ideen für die Landwirtschaft lieferten im Anschluss an die Diskussion sieben je vierminütige Pitches. Aus der wissenschaftlichen Perspektive sprach Prof. Dr. Kathrin Deiglmayr, Hochschule Osnabrück, über lebendigen Mulch und Prof. Dr. Nana Zubek, ebenfalls Hochschule Osnabrück, zeigte, wie Netzwerke helfen, landwirtschaftliche Veränderungen zu beschleunigen. Prof. Dr. Hans-Werner Olfs erklärte wir NIRS-Messungen das Nährstoffmanagement unterstützen. Aus der Praxis berichteten zwei Landwirte: Heiner Willenborg erläuterte seine Bewässerungsstrategie und Till Kröner zeigte auf, wie ein Agroforst gelingt. Außerdem stellte Stefan Kiefer vor, wie Streifenanbau den Einsatz von chemischem Pflanzenschutz verringern kann. Eine andere Möglichkeit zur Herbizidreduktion: Drohnen und Roboter, wie Dr. Tobias Jorissen, Konstantin Nahrstedt und Tobias Reuter, Experimentierfeld Agro-Nordwest, erklärten.

Vom Wissen zum Handeln

Über die eigenen Erfahrungen, Chancen und Details tauschten sich Teilnehmenden mit den Referenten im Anschluss aus. Zu jedem Pitch bildeten sich kleine Sessions, in denen alle Gäste aktiv wurden. Genau darin liegt das Ziel der GROWTH Convention: „Wir wollen das Wissen ins Handeln bringen“, so Prof. Dr. Andreas Bertram, Präsident der Hochschule Osnabrück, zu Beginn der Veranstaltung. „Agrar- und Ernährungssysteme sowie Landschafts- und Stadtentwicklung ist unser größter Forschungsschwerpunkt“, ergänzte Vizepräsident Prof. Dr. Bernd Lehmann. Vor allem durch Partnerschaften sei die Hochschule stark. Etwa das Agrotech Valley Forum e.V. kooperiere für zahlreiche Experimente und Projekte mit der Hochschule Osnabrück und trat auf der GROWTH Convention als Partner auf. 

Die Hochschule Osnabrück nimmt mit dem Projekt GROWTH die Zukunftsthemen der Region in den Blick. Wir zeigen, was Wissenschaft kann und wollen gemeinsam den Wandel gestalten.

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WIR Redaktion

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