Berlin (dapd). Die Autoindustrie hat die europäische Politik zu besserer Unterstützung bei der Durchsetzung von Elektroautos aufgefordert. Zwischen den einzelnen Konzernen gingen die Ansichten über die Art der Hilfen am Donnerstag bei einer ADAC-Veranstaltung in Berlin allerdings auseinander. Opel-Entwicklungschefin Rita Forst verlangte wegen der derzeit hohen Preise Erleichterungen beim Autokauf. „Wir verkaufen wesentlich mehr Amperas in Ländern, in denen es Subventionen gibt“, sagte sie und nannte die Niederlande, Frankreich und das Vereinigte Königreich. Der Opel Ampera ist ein Elektroauto mit Reichweitenverlängerer, das nach Ende der Batterielaufzeit mit einem benzingetriebenen Generator weiterfährt. Karl Schlicht von Toyota gab zu bedenken, dass zu hohe Subventionen die Kunden am Ende zu sehr verwöhnten. Die Vergünstigungen müssten „fair, neutral und nicht zu hoch“ sein. Schlicht riet zu erhöhter Aufmerksamkeit, was den chinesischen Markt betrifft. Er rechne damit, dass die dortige Regierung auf die ersten Proteste gegen übermäßige Luftverschmutzung mit scharfen Umweltauflagen für Autos reagieren werde. Carlos Tavares von Nissan-Renault kritisierte Europa für mangelndes Engagement bei der Einführung von Elektromobilität: „Ich sehe keine Anzeichen, dass die EU zum Leitmarkt werden will.“ Es komme nicht nur auf das Geld an, sagte er. Abgesehen von den großen Städten fehle oft das Know-how zur Einrichtung der Infrastruktur für solche Fahrzeuge. VW-Vorstandsmitglied Ulrich Hackenberg kündigte die Serienfertigung von Elektroautos auf der Basis des Up und des Golf für das kommende Jahr an. Er lehnte es im Gegensatz zu Forst ab, „das Auto um den neuen Antrieb herum zu bauen“. Da könnte möglicherweise sofort ein perfektes E-Auto herauskommen, „aber ein unbezahlbares Auto nutzt niemandem“, sagte er. EU-Industriekommissar Antonio Tajani sagte der europäischen Autoindustrie besonderen Schutz bei Verhandlungen über Freihandelszonen zu. „Ich will die Autoindustrie nicht für andere Bereiche opfern“, sagte er. „Wir müssen den Export steigern, aber wir dürfen die Autoindustrie nicht bestrafen.“ Vor dem Abschluss von Verhandlungen mit anderen Ländern werde die europäische Industrie einem Wettbewerbstest unterworfen, ob sie die ausgehandelten Bedingungen auch erfüllen könne. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
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Junge Menschen leiden verstärkt unter unsicheren Jobs
Berlin (dapd). Unsichere und prekäre Beschäftigung junger Menschen ist laut einer Umfrage der Gewerkschaft IG Metall ein wachsendes Problem. Sie „erleben Arbeitslosigkeit, ungewollte Arbeitsplatzwechsel und Befristungen als große Belastungen“, sagte der Zweite Vorsitzende der Gewerkschaft, Detlef Wetzel, am Donnerstag bei der Vorstellung der Studie in Berlin. Anders als von den Wirtschaftsunternehmen behauptet, habe sich die wirtschaftliche Lage junger Arbeitnehmer mit dem Konjunkturaufschwung nach dem Krisenjahr 2009 nicht gebessert. Eine repräsentative Befragung im Auftrag der IG Metall habe ergeben, dass heute 32 Prozent der Arbeitnehmer bis 34 Jahren in Leih- oder Zeitarbeit, in befristeten oder von der Arbeitsagentur bezuschussten Arbeitsverhältnissen wie ABM- oder SAM-Stellen beschäftigt sind. Bei der ersten solchen Befragung 2009 seien es noch 28 Prozent gewesen. Bei den Arbeitern und Angestellten jenseits von 34 Jahren sei der Anteil dagegen von 16 auf elf Prozent zurückgegangen. Werkverträge würden von den Unternehmen zunehmend dazu genutzt, Beschäftigung unsicher und prekär zu gestalten, sagte Wetzel. „Es sind Millionen, die unter diesen Bedingungen beschäftigt sind.“ „In Deutschland haben zu viele Menschen keine guten Zukunftsperspektiven“, sagte Wetzel. Von „spanischen Verhältnissen“ seien die jungen Menschen in Deutschland aber noch weit entfernt. Für die Studie hatte die IG Metall mehr als 1.000 Menschen im Alter von 14 bis 34 Jahren befragt. Zudem flossen die Antworten von 776 Menschen ab 35 Jahren in die Untersuchung ein. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Atomkraftgegner: Weitere Castor-Transporte nach Gorleben
Gorleben (dapd). Die Atomkraftgegner in Gorleben rechnen für die kommenden Jahre mit der Anlieferung weiterer Castor-Transporte. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) bearbeite derzeit einen Antrag auf Einlagerung von Castor-Behältern mit mittelradioaktiven Abfällen aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague, teilte die Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg am Donnerstag mit. Sie berief sich dabei auf schriftliche Auskünfte der Behörde. Diese Behälter sollten bis 2015 ins Gorlebener Zwischenlager gebracht werden. Anschließend sei der Transport von 21 Castor-Behältern aus der britischen Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield geplant, sagte ein BI-Sprecher. Nach dem bislang letzten Castor-Transport ins Wendland im Herbst 2011 hatten mehrere Politiker ein Ende der Lieferungen in Aussicht gestellt. dapd (Politik/Politik)
Machtkampf bei Praktiker endet mit Kompromiss
Hamburg (dapd-rps). Der Machtkampf bei der angeschlagenen Baumarktkette Praktiker zwischen Großaktionär und Vorstand ist nach einer dramatischen Hauptversammlung mit einem Kompromiss gelöst worden. Die kritischen Großaktionäre um die Wiener Semper-Constantia-Bank bekommen zwei Sitze im Aufsichtsrat. Im Gegenzug verschafften sie dem umstrittenen Sanierungskonzept des Vorstandes eine Mehrheit, das eine Kapitalerhöhung von 60 Millionen Euro vorsieht. „Wir wollen den Bestand der Gesellschaft nicht gefährden“, sagte die Sprecherin der Großaktionärin Semper-Constantia, Isabella de Krassny, die zunächst die Pläne abgelehnt hatte. Vorher hatten nach stundenlanger Debatte auf der Hauptversammlung am Mittwoch in Hamburg zwei Aufsichtsräte ihren Rücktritt erklärt. Im Gegenzug sollen zwei Vertreter der Semper-Constantia-Bank vom Amtsgericht als Nachfolger bestellt werden, Bankchef Erhard Grossnig und der Wiener Immobilienmanager Armin Burger. Die Aktionärsgruppe hatte vor der Hauptversammlung auf Sitze im Aufsichtsrat gedrängt, war aber am Widerstand des Vorstands gescheitert. Außerdem soll auf Druck von de Krassny der frühere Chef des Praktiker-Konkurrenten Andreas Sandmann in den Vorstand aufrücken. Voraussichtlich wird Sandmann auch den Vorsitz übernehmen, denn der amtierende Chef Kay Hafner ist nur bis 13. August bestellt. Hafner plant Kapitalerhöhung von 60 Millionen Euro Hafner plant zur Rettung von Praktiker eine Kapitalerhöhung von 60 Millionen Euro sowie den Umzug des Konzerns aus dem saarländischen Kirkel nach Hamburg. Außerdem hat Hafner der Baumarktkette ein Darlehen von 85 Millionen Euro vom US-Investmenthaus Anchorage gesichert. Insgesamt kostet der Sanierungsplan laut Vorstand 160 Millionen Euro. Der Vorstand hatte den Aktionären mit Insolvenz gedroht, falls der Sanierungsplan nicht vollständig genehmigt würde. Darum geht es: Praktiker setzte jahrelang auf eine Billigstrategie („20 Prozent auf alles“) und rutschte wegen Missmanagement tief in die roten Zahlen. 2011 machte das Unternehmen einen Verlust von über 500 Millionen Euro. Der Konzern ist inzwischen hoch verschuldet und ringt ums Überleben. Nun sollen nach dem Rettungsplan des Vorstands unprofitable Märkte geschlossen werden. Außerdem setzt der Konzern auf den Ausbau der höherpreisigen Schwestermarke Max Bahr, die schwarze Zahlen schreibt. 120 der 234 Praktiker-Märkte sollen auf die Marke Max Bahr umgestellt werden, die bisher vor allem in Norddeutschland präsent ist. Beim Umzug der Konzernzentrale nach Hamburg sollen 200 Arbeitsplätze wegfallen. Unprofitable Märkte will Hafner nur nach und nach zum Ende der Mietverträge schließen. De Krassny und andere Aktionärsvertreter kritisierten vor allem den geplanten Einstieg von Anchorage. Der Investor soll 17 Prozent Zinsen für das Darlehen erhalten sowie als Sicherheit die profitable Praktiker-Tochter Max Bahr mit 78 Filialen. Der Vorstand setzt den Wert von Max Bahr mit 112 Millionen Euro an, der Kredit beträgt aber nur 85 Millionen Euro. Semper Constantia hatte ebenfalls einen Kredit angeboten, aber nur über 55 Millionen Euro. De Krassny sagte, sie habe keine Wahl gehabt, außer der Kapitalerhöhung und dem Kredit zuzustimmen. Sie setzte mit ihrem Stimmenpaket aber durch, dass dem Vorstand und der Mehrheit der Aufsichtsräte keine Entlastung erteilt wurde. Auch dem Umzug nach Hamburg lehnte sie ab und setzte das durch. Die Managerin sagte, ihre beiden Aufsichtsräte sollten sich in die Verhandlungen über den Kredit von Anchorage einschalten und nachteilige Kreditbedingungen verhindern. Alternative Finanzierung von 55 Millionen Euro Die Bankmanagerin spricht für mindestens 15 Prozent des Aktienkapitals. Weil nur 27 Prozent des Stammkapitals bei der Hauptversammlung in Hamburg anwesend waren, hatte sie damit die Stimmenmehrheit. Der Vorstand hatte zunächst ihre Anträge zur Neuwahl des Aufsichtsrats vor der Hauptversammlung abgeblockt. Die Gruppe der Großaktionäre besteht aus der Wiener Privatbank Semper Constantia und dem Fonds Maseltov. Vorstandschef Hafner sagte, sein Konzept müsse wie von ihm vorgelegt beschlossen werden: „Bricht nur eine wesentliche Stütze aus dem Gerüst heraus, fällt auch der Rest.“ Er drohte mit dem Ende des Unternehmens. De Krassny sagte, Anchorage habe mit dem sofortigen Rückzug des Angebots gedroht, falls sie nicht zustimme. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Zeitung: Bund und Länder einigen sich über Defizitabbau
Düsseldorf (dapd). Bund und Länder haben sich offenbar auf eine gemeinsame mittelfristige Finanzplanung geeinigt. Im „Arbeitskreis Stabilitätsrat“ verständigten sich die Experten aus den Finanzministerien darauf, dass der Gesamtstaat 2016 einen Überschuss von drei Milliarden Euro erwirtschaften soll, wie das „Handelsblatt“ (Donnerstagausgabe) unter Verweis auf Länderkreise berichtet. Im einzelnen sehen die Planungen demnach vor, dass der Überschuss der Gemeinden von 2,5 Milliarden Euro dieses Jahr bis 2016 auf 5,5 Milliarden Euro steigen soll. Das Defizit des Bundes sinkt in diesem Zeitraum von 32,5 Milliarden Euro auf 0,5 Milliarden Euro und das der Länder von 10 Milliarden auf 1 Milliarde Euro. Die Extrahaushalte des Bundes, zu denen etwa der Bankenrettungsfonds Soffin zählt, sollen den Planungen zufolge Jahr für Jahr Milliardenüberschüsse erwirtschaften. Die nach einer anderen Methode berechnete Maastricht-Defizit-Quote soll – vor allem dank hoher Überschüsse der Sozialkassen – bereits 2014 auf null sinken und bis 2016 dort verharren. dapd (Politik/Politik)
Kompromiss im Machtkampf bei Praktiker
Hamburg (dapd). Kompromiss im Machtkampf bei Praktiker nach dramatischer Debatte: Die kritischen Großaktionäre um die Wiener Semper-Constantia-Bank bekommen zwei Sitze im Aufsichtsrat. Im Gegenzug stimmen sie dem umstrittenen Sanierungskonzept des Vorstandes zu, das eine Kapitalerhöhung von 60 Millionen Euro vorsieht. „Wir wollen den Bestand der Gesellschaft nicht gefährden“, sagte die Sprecherin der Großaktionärin Semper-Constantia Isabella de Krassny, die zunächst die Pläne abgelehnt hatte. Vorher hatte Aufsichtsratschef Kersten von Schenck nach stundenlanger Debatte auf der Hauptversammlung in Hamburg erklärt, zwei Aufsichtsräte träten zurück. Im Gegenzug sollen zwei Vertreter der Semper-Constantia-Bank vom Amtsgericht als Nachfolger bestellt werden, Bankchef Erhard Grossnig und der Wiener Immobilienmanager Armin Burger. Die Aktionärsgruppe hatte vor der Hauptversammlung auf Sitze im Aufsichtsrat gedrängt, war aber am Widerstand des Vorstands gescheitert. Der neue Vorstandsvorsitzende Kay Hafner plant zur Rettung von Praktiker eine Kapitalerhöhung von 60 Millionen Euro sowie den Umzug des Konzerns aus dem saarländischen Kirkel nach Hamburg. Außerdem hat Hafner der Baumarktkette ein Darlehen von 85 Millionen Euro vom US-Investmenthaus Anchorage gesichert. Insgesamt kostet der Sanierungsplan laut Vorstand 160 Millionen Euro. Der Vorstand hatte den Aktionären mit Insolvenz gedroht, falls der Sanierungsplan nicht vollständig genehmigt würde. Darum geht es: Praktiker setzte jahrelang auf eine Billigstrategie („20 Prozent auf alles“) und rutschte wegen Missmanagement tief in die roten Zahlen. 2011 machte das Unternehmen einen Verlust von über 500 Millionen Euro. Der Konzern ist inzwischen hoch verschuldet und ringt ums Überleben. Nun sollen nach dem Rettungsplan des Vorstands unprofitable Märkte geschlossen werden. Außerdem setzt der Konzern auf den Ausbau der höherpreisigen Schwestermarke Max Bahr, die schwarze Zahlen schreibt. 120 der 234 Praktiker-Märkte sollen auf die Marke Max Bahr umgestellt werden, die bisher vor allem in Norddeutschland präsent ist. Beim Umzug der Konzernzentrale nach Hamburg sollen 200 Arbeitsplätze wegfallen. Unprofitable Märkte will Hafner nur nach und nach zum Ende der Mietverträge schließen. De Krassny und andere Aktionärsvertreter kritisierten aber vor allem den geplanten Einstieg von Anchorage. Der Investor soll 17 Prozent Zinsen für das Darlehen erhalten sowie als Sicherheit die profitable Praktiker-Tochter Max Bahr mit 78 Filialen. Der Vorstand setzt den Wert von Max Bahr mit 112 Millionen Euro an, der Kredit beträgt aber nur 85 Millionen Euro. Semper Constantia hatte ebenfalls einen Kredit angeboten, aber nur über 55 Millionen Euro. Die Bankmanagerin spricht für mindestens 15 Prozent des Aktienkapitals. Weil nur 27 Prozent des Stammkapitals bei der Hauptversammlung in Hamburg anwesend sind, hat sie damit die Stimmenmehrheit. Der Vorstand hatte zunächst ihre Anträge zur Neuwahl des Aufsichtsrats vor der Hauptversammlung abgeblockt. Die Gruppe der Großaktionäre besteht aus der Wiener Privatbank Semper Constantia und dem Fonds Maseltov. Vorstandschef Hafner sagte dagegen, sein Konzept müsse wie von ihm vorgelegt beschlossen werden: „Bricht nur eine wesentliche Stütze aus dem Gerüst heraus, fällt auch der Rest.“ Er drohte mit dem Ende des Unternehmens. Finanzchef Markus Schürholz blieb unklar bei der Frage, ob Praktiker sofort nach einer Ablehnung des Sanierungsplans Insolvenz anmelden müsse. Die Überlebensfähigkeit der Gruppe „ist dann rechtlich infrage gestellt“, sagte er. Ob sofort nach dem Beschluss der Gang zum Konkursgericht fällig werde, müsse der Vorstand dann „prüfen“. Nach der uneindeutigen Antwort riefen Aktionäre „Legen Sie ihr Amt nieder“ und „Wir sind die Eigentümer!“ dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Ihr wollt uns verdummen!
Hamburg (dapd-nrd). „Ihr wollt uns verdummen!“, „Das sind nur Phrasen!“, „Wir sind die Eigentümer!“ – Im ehrwürdigen holzgetäfelten Tanzsaal des Hamburger Curiohauses ging den Aktionären der hoch verschuldeten Baumarktkette Praktiker der Hut hoch, als der Vorstand am Mittwoch seine Pläne für die Zukunft des Unternehmens erläuterte. Die Anteilseigner sollen 60 Millionen Euro als Kapitalerhöhung in das marode Unternehmen einbringen und gleichzeitig den wertvollsten Teil der Firma, die Tochter Max Bahr, als Sicherheit für einen Kredit verpfänden. Lehnen sie ab, ist Praktiker laut Finanzvorstand Markus Schürholz „unmittelbar von der Insolvenz bedroht“. Ein Aktionär murmelte von „Erpressung“. „Skandalös und nicht akzeptabel“, schimpfte die Sprecherin der Großaktionärin Semper-Constantia-Bank, Isabella de Krassny. Sie forderte den Rücktritt des Aufsichtsrats und verlangte neue Vorstände, „die etwas vom Geschäft verstehen“. Erst auf die Fragen der Aktionäre auf der Hauptversammlung wurde bekannt, wie schlimm es tatsächlich um Praktiker steht: 2011 warfen nur 72 der 234 Praktiker-Märkte Geld ab. Für Berater gab der Vorstand 2011 und 2012 hohe zweistellige Millionensummen aus, der Ex-Vorstandschef Thomas Fox kassierte 5.000 Euro am Tag, ehe er wegen Erfolglosigkeit gehen musste. Darum geht es: Praktiker setzte jahrelang auf eine Billigstrategie („20 Prozent auf alles“) und rutschte tief in die roten Zahlen. 2011 machte das Unternehmen einen Verlust von über 500 Millionen Euro. Der Konzern ist inzwischen hoch verschuldet und ringt ums Überleben. Der neue Vorstandsvorsitzende Kay Hafner will nun auf der Hauptversammlung eine Kapitalerhöhung von 60 Millionen Euro durchdrücken, sowie den Umzug des Konzerns aus dem saarländischen Kirkel nach Hamburg. Außerdem sollen die Aktionäre ein Darlehen von 85 Millionen Euro vom US-Investmenthaus Anchorage billigen. Insgesamt kostet der Sanierungsplan laut Vorstand 160 Millionen Euro. Die Aktionäre sind empört: Eine Kapitalerhöhung senkt den Wert alter Aktien und ist daher unbeliebt. De Krassny und andere Aktionärsvertreter kritisierten aber vor allem den geplanten Einstieg von Anchorage. Der Investor soll 17 Prozent Zinsen für das Darlehen erhalten sowie als Sicherheit die profitable Praktiker-Tochter Max Bahr mit 78 Filialen. Der Vorstand setzt den Wert von Max Bahr mit 112 Millionen Euro an, der Kredit beträgt aber nur 85 Millionen Euro. „Nur Fun, Null Risk“, sagte Markus Neumann vom Aktionärsschützerverband SDK. De Krassny sagte, die von ihr vertretenen Aktionäre hätten eine alternative Finanzierung von 55 Millionen Euro sichergestellt, und sie sei überzeugt, ebenfalls 85 Millionen Euro zusammenzubekommen. „Und das für nur 13 Prozent Zinsen“, sagte sie. Die Bankmanagerin spricht für mindestens 15 Prozent des Aktienkapitals. Weil nur 27 Prozent des Stammkapitals bei der Hauptversammlung in Hamburg anwesend sind, hätte sie damit die Stimmenmehrheit. Der Vorstand hatte ihre Anträge zur Neuwahl des Aufsichtsrats vor der Hauptversammlung abgeblockt. Die Gruppe der Großaktionäre besteht aus der Wiener Privatbank Semper Constantia und dem Fonds Maseltov. Vorstandschef Hafner sagte dagegen, sein Konzept müsse wie von ihm vorgelegt beschlossen werden: „Bricht nur eine wesentliche Stütze aus dem Gerüst heraus, fällt auch der Rest.“ Er drohte mit dem Ende des Unternehmens. Finanzchef Schürholz blieb unklar bei der Frage, ob Praktiker sofort nach einer Ablehnung des Sanierungsplans Insolvenz anmelden müsse. Die Überlebensfähigkeit der Gruppe „ist dann rechtlich infrage gestellt“, sagte er. Ob sofort nach dem Beschluss der Gang zum Konkursgericht fällig werde, müsse der Vorstand dann „prüfen“. Nach der uneindeutigen Antwort riefen Aktionäre „Legen Sie ihr Amt nieder“ und „Wir sind die Eigentümer!“ (Achtung Redaktionen: Gegen 16.00 Uhr lief noch die Aussprache, ein Ende der Hauptversammlung war nicht abzusehen.) dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Flughafen-Anwohner wollen Rücknahme der Baugenehmigung
Leipzig (dapd). Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig will erst am 31. Juli über die Klagen von Anwohnern gegen den Bau des künftigen Hauptstadtflughafens Berlin-Brandenburg entscheiden. Am Dienstag und Mittwoch hatte das Gericht über die Klagen beraten und auf die hohen Hürden für die Rücknahme eines Planfeststellungsbeschluss verwiesen. Die Erfolgsaussichten der Kläger gelten damit nach Ansicht von Prozessbeobachtern als gering. Am Mittwoch behandelte das Gericht die Klagen von Anwohnern aus Zeuthen und Mahlow gegen das brandenburgische Infrastrukturministerium. Sie verlangen die Rücknahme der Baugenehmigung für den Schönefelder Airport. Sollte dies nicht gelingen, wollten die Kläger erreichen, dass der unabhängige Parallelbetrieb auf den beiden Start- und Landebahnen untersagt wird. Ähnliche Klagen der Gemeinde Kleinmachnow gegen die geplanten Flugrouten waren bereits am Dienstag erörtert worden. Im Planfeststellungsbeschluss seien Geradeausflüge bei parallelen Starts von den beiden Bahnen des Airports vorgesehen gewesen, sagte Rechtsanwalt Mathias Hellriegel von der Berliner Kanzlei Eggers Malmendier am Mittwoch. Diese Flugroutenprognose sei nicht hinreichend gewesen, da die Verantwortlichen gewusst hätten, dass diese Routen nie geflogen würden. Denn beim zeitgleichen Start von zwei Bahnen müssten die Flugzeuge den Luftfahrtvorschriften entsprechend mindestens in einem Winkel von 15 Grad voneinander abweichen, ergänzte der Anwalt. Den Anwohnern sei dadurch eine „unerträgliche Situation“ entstanden, weil die Erfordernisse des Lärmschutzes nicht berücksichtigt worden seien. Im Gegenteil, sie seien bewusst ausgeklammert worden, kritisierte Hellriegel. Der Anwalt forderte deshalb die Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses. Rechtsanwalt Klaus-Peter Dolde, der das Infrastrukturministerium vertritt, wies die Darstellung von Hellriegel zurück. Von einer unerträglichen Situation könne keine Rede sein. Auch seien im Planfeststellungsbeschluss keine unrealistischen Flugrouten aufgeführt worden. Diese seien gar nicht Gegenstand der Baugenehmigung, sondern nur als Planungsgrundlage und grobe Orientierung für den Flughafenbau herangezogen worden, sagte Dolde. Flugrouten seien flexibel und könnten sich ständig ändern. Der Vorsitzende Richter des Vierten Senats, Rüdiger Rubel, bestätigte diese Sichtweise indirekt. Er verwies darauf, dass die Deutsche Flugsicherung die Flugrouten erst kurz vor der Eröffnung des Flughafens abschließend festlegen würde. Die Rücknahme eines Planfeststellungsbeschluss setze das Überwinden sehr hoher Hürden voraus. In dieser Form hatte sich der Richter bereits am Vortag geäußert. Der Sprecher des brandenburgischen Infrastrukturministeriums, Jens-Uwe Schade, zeigte „Verständnis“ für die Bürgerproteste. Aber ein langwieriger Entscheidungsprozess mit vielen Beteiligten könne nicht wegen einiger Detailfragen aufgehoben werden, sagte er. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Tarifstreit bei Damp-Kliniken beendet
Hamburg (dapd). Erleichterung bei den Beschäftigten der ehemaligen Damp-Gruppe: Nach einer ungewöhnlich harten Tarifauseinandersetzung samt Kündigung von 1.000 Service-Mitarbeitern haben sich das Unternehmen und die Gewerkschaft ver.di in der Nacht zum Mittwoch auf neue Tarifverträge geeinigt. Der neue Betreiber Helios-Kliniken will die rund 1.000 Kündigungen bei der Zentralen Service Gesellschaft (ZSG) zurücknehmen. Zudem verständigten sich beide Seiten darüber, wie die Stilllegung der ZSG erfolgen soll. „Daher werden die ausgesprochenen Kündigungen zurückgenommen“, erklärte Helios. Für rund 80 Prozent der 1.000 zwischenzeitlich gekündigten ZSG-Mitarbeiter solle es eine unbefristete Weiterbeschäftigung in einer der neuen Servicegesellschaften geben, sagte Arbeitgeber-Verhandlungsführer Jörg Reschke. Bis 1. September hätten die Mitarbeiter Zeit, sich dafür zu entscheiden. Die übrigen 200 sollen ohne Einkommenseinbußen für bis zu 18 Monate in einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft unterkommen. Ohne diese Einigung wäre diese Gruppe sofort in der Arbeitslosigkeit gelandet, sagte ver.di-Verhandlungsführer Oliver Dilcher. Betriebsbedingte Kündigungen sind für die ZSG-Beschäftigten in den kommenden 18 Monaten ausgeschlossen. Der neue Betreiber hatte 1.000 ZSG-Mitarbeitern im Juni „vorsorglich“ gekündigt und dies mit der Kündigung von Verträgen durch Kliniken der Damp-Gruppe begründet. Wegen eines Streiks könne die ZSG vereinbarte Dienstleistungen nicht mehr erbringen. Dies war auf massive Kritik von Politik und Gewerkschaften gestoßen. Ver.di-Chef Frank Bsirske kritisierte, in der Geschichte der Bundesrepublik habe es „massenhafte Kündigungen wegen eines Streiks noch nie gegeben“. Am Samstag demonstrierten in Kiel 3.500 Menschen gegen die Kündigungen. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) sagte, „im Konflikt der vergangenen Wochen sind Grenzen überschritten worden, über die niemand gehen soll“. Reschke verneinte am Mittwoch in Kiel nach langem Zögern, dass der Druck von Politik und Medien größer gewesen sei als der wirtschaftliche. „Es gab wirtschaftlichen Druck“, sagte Dilcher. Operationen seien ausgefallen. Die Kündigungen seien ein in der Geschichte der Bundesrepublik einmaliger Tabubruch. „Am Ende haben die Spielregeln aber dann doch funktioniert“, sagte der Gewerkschafter. Die Tarifparteien vereinbarten für die Beschäftigten der Akutkliniken von Damp Lohnerhöhungen, die dem jüngsten Abschluss für den öffentlichen Dienst entsprechen. Die Mitarbeiter der vier Rehabilitationskliniken und des Therapie-Centrums Damp erhalten geringere Entgeltsteigerungen. Deren Beschäftigte bekommen laut ver.di rückwirkend zum 1. Mai eine Gehaltserhöhung von 3,5 Prozent, zusätzlich 1,4 Prozent ab 1. Januar 2013. Dies gilt auch für das Therapiezentrum Stralsund, das in den Tarifvertrag einbezogen wird. „Kein Klinikmitarbeiter wird künftig weniger verdienen als heute“, sagte Reschke. Klinikmitarbeiter, die bereits heute über dem Niveau des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst liegen, erhielten 50 Prozent der Tarifsteigerungen. Verbesserungen gibt es auch beim Weihnachtsgeld, das künftig unabhängig von einer Gewerkschaftszugehörigkeit einheitlich ausgezahlt wird. Am Montag wird die Tarifkommission über die Annahme des Ergebnisses entscheiden. Danach werden die Gewerkschaftsmitglieder bei Damp in einer zweiten Urabstimmung darüber abstimmen. Die Streiks werden ab Donnerstag eingestellt. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Praktiker-Vorstand ringt mit Großaktionären um Sanierungskonzept
Hamburg (dapd-nrd). Dramatisches Ringen um das Überleben der Baumarktkette Praktiker: Der Vorstand hat am Mittwoch auf der Hauptversammlung in Hamburg mit der Insolvenz des Unternehmens gedroht, falls die Aktionäre seinem Sanierungsplan nicht zustimmten. Dagegen legte Isabella de Krassny von der Großaktionärin Semper-Constantia-Bank einen alternativen Rettungsplan vor. Gleichzeitig forderte sie den Rücktritt des Aufsichtsrats. Den Plan des Vorstands nannte die Sprecherin der Großaktionäre „skandalös und nicht akzeptabel“. Nach dem Sanierungskonzept des Vorstandsvorsitzenden Kay Hafner sollen die Aktionäre einer Kapitalerhöhung von 60 Millionen Euro zustimmen sowie dem Umzug des Konzerns aus dem saarländischen Kirkel nach Hamburg. Außerdem sollen sie ein Darlehen von 85 Millionen Euro vom US-Investmenthaus Anchorage billigen. Insgesamt kostet der Sanierungsplan laut Vorstand 160 Millionen Euro. Eine Kapitalerhöhung senkt üblicherweise den Wert alter Aktien und ist daher bei Aktionären unbeliebt. De Krassny und andere Aktionärsvertreter kritisierten vor allem den geplanten Einstieg von Anchorage. Der Investor soll 17 Prozent Zinsen für das Darlehen erhalten sowie als Sicherheit die profitable Praktiker-Tochter Max Bahr mit 78 Filialen. Außerdem soll Anchorage Aktienoptionen über 15 Prozent des Grundkapitals bekommen. De Krassny sagte, die von ihr vertretenen Aktionäre hätten eine alternative Finanzierung von 55 Millionen Euro sichergestellt, und sie sei überzeugt, ebenfalls 85 Millionen Euro zusammenzubekommen. „Und das für nur 13 Prozent Zinsen“, sagte sie. Die Bankmanagerin spricht für 15 Prozent des Aktienkapitals. Weil nur 27 Prozent des Stammkapitals bei der Hauptversammlung in Hamburg anwesend sind, hätte sie damit die Stimmenmehrheit. Der Vorstand hatte ihre Anträge zur Neuwahl des Aufsichtsrats vor der Hauptversammlung abgeblockt. Die Gruppe der Großaktionäre besteht aus der Wiener Privatbank Semper Constantia und dem Fonds Maseltov. Vorstandschef Hafner sagte dagegen, sein Konzept müsse wie von ihm vorgelegt beschlossen werden: „Bricht nur eine wesentliche Stütze aus dem Gerüst heraus, fällt auch der Rest.“ Er drohte mit dem Ende des Unternehmens. Praktiker setzte jahrelang auf eine Billigstrategie („20 Prozent auf alles“) und rutschte dadurch tief in die roten Zahlen. 2011 machte das Unternehmen einen Verlust von über 500 Millionen Euro. Der Konzern ist hoch verschuldet. Nun sollen nach dem Rettungsplan des Vorstands unprofitable Märkte geschlossen werden. Außerdem setzt der Konzern auf den Ausbau der höherpreisigen Schwestermarke Max Bahr, die schwarze Zahlen schreibt. 120 der 234 Praktiker-Märkte sollen auf die Marke Max Bahr umgestellt werden, die bisher vor allem in Norddeutschland präsent ist. Beim Umzug der Konzernzentrale nach Hamburg sollen 200 Arbeitsplätze wegfallen. Unprofitable Märkte will Hafner nur nach und nach zum Ende der Mietverträge schließen. Erst am Montag war bekanntgeworden, dass die 11.000 Mitarbeiter kräftige Gehaltseinschnitte als Beitrag zur Sanierung hinnehmen. Praktiker ist nach Darstellung von Finanzvorstand Markus Schürholz „unmittelbar von der Insolvenz bedroht“, falls die Aktionäre nicht dem Sanierungskonzept der Konzernleitung zustimmen. Falls die Aktionäre ablehnen, müssten „wohl auch die Verhandlungen über eine Weiterführung der bestehenden Kreditlinie abgebrochen würden“, sagte Schürholz. Ohne Zustimmung zur Kapitalerhöhung „droht Ihrer Anlage hingegen der Totalverlust“, sagte er zu den Aktionären. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)