Philipp Rösler muss jetzt liefern

Philipp Rösler muss jetzt liefern Berlin/Stuttgart (dapd). Der FDP-Vorsitzende gab sich angriffslustig. „Wir Liberale werden kämpfen, ich werde kämpfen.“ Mit diesen Worten untermauerte er seinen Führungsanspruch gegen interne Kritiker. Sieben Landtagswahlen standen an, die Umfragen waren schlecht. Es war der 6. Januar 2011, als Guido Westerwelle hoffte, mit seiner Rede beim Dreikönigstreffen den Führungsstreit in der FDP beigelegt zu haben. Drei Monate später war der Außenminister vom Parteivorsitz verdrängt. Zwei Jahre später steht sein Nachfolger Philipp Rösler vor einer ähnlichen Situation. Würde jetzt der Bundestag gewählt, die Liberalen flögen aus dem Parlament. Auch in Röslers Heimatland Niedersachsen sieht es nicht gut aus. Die Landes-FDP freut sich schon, dass sie in der jüngsten Umfrage von drei auf vier Prozent klettern konnte. Für Röslers politische Zukunft sind die kommenden zwei Wochen entscheidend. Am Sonntag muss er als Redner auf dem Dreikönigstreffen im Stuttgarter Opernhaus die eigenen Reihen überzeugen. Und am 20. Januar in Niedersachsen sollte die FDP deutlich über die Fünf-Prozent-Hürde kommen, sonst dürften die Tage Röslers als Parteichef gezählt sein. Rösler wollte liefern Rösler war mit großen Ansprüchen angetreten. „Ab heute wird die FDP liefern“, versprach er auf dem Rostocker Parteitag im Mai 2011 bei seiner Wahl. Rösler wollte die FDP wegbringen vom Image der Steuersenker- und Klientelpartei. Neuerdings versucht sich die FDP als Partei der soliden Haushalte zu profilieren. Nach zehn Jahren Konzentration auf Steuersenkungen ist der radikale Schwenk bei den meisten Wählern noch nicht angekommen. Die Abschaffung der Praxisgebühr – ein Herzensthema der FDP – wird als innerkoalitionärer Deal wahrgenommen, indem die Liberalen dem verhassten Betreuungsgeld zustimmten. Und Röslers jüngstes Positionspapier zur Wirtschaftspolitik, in dem er für die Privatisierung von Staatseigentum sowie die weitere Flexibilisierung des Arbeitsmarktes plädiert und sich gegen gesetzliche Mindestlöhne ausspricht, wird von Sozialpolitikern der Partei als zu einseitig empfunden. An Röslers Coup, Bundespräsident Joachim Gauck gegen den Willen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit durchgesetzt zu haben, erinnert sich kaum noch jemand. Bei den Wählern ist Rösler damit nicht durchgekommen, keines der Umfrageinstitute sieht die FDP derzeit im Bundestag. Zwei Drittel ihrer Wähler haben sie seit 2009 verloren. Auch Rösler selbst räumt ein, er hätte sich die inhaltliche Neuausrichtung der Partei schneller gewünscht. Vor allem aber beherrscht der Führungsstreit der Liberalen – wie inzwischen fast üblich – die Schlagzeilen. Entwicklungsminister Dirk Niebel stellte kurz vor dem Jahreswechsel Röslers Zukunft als Parteichef in Frage, es folgten Geschlossenheitsappelle zahlreicher Liberaler. Fraktionschef Rainer Brüderle, einst von Rösler aus dem Amt des Wirtschaftsminister verdrängt, beteuert immer wieder seine Loyalität zum Parteichef. Das hinderte Brüderle aber nicht, in einzelnen Fragen immer mal wieder auf Distanz zu Rösler zu gehen. Dessen vormaliger Generalsekretär Christian Lindner schmiss den Posten hin und verzog sich nach Nordrhein-Westfalen. Die Wahlerfolge in NRW und Schleswig-Holstein im vergangenen Jahr werden allenthalben nicht Rösler, sondern charismatischen Wahlkämpfern Lindner und Wolfgang Kubicki zugeschrieben. Nicht als Krisenmanager wahrgenommen Offen mag Rösler kaum jemand kritisieren. „Nett, fix, schnell“, lautete das Urteil Merkels im vergangenen Herbst. „Nett“ – das ist nicht die vorrangige Eigenschaft, um im harten Berliner Politikbetrieb zu bestehen. Am deutlichsten wurde zuletzt Kubicki, der schlitzohrige FDP-Fraktionschef aus Schleswig-Holstein. „Die Existenz der FDP ist derzeit gefährdet“, sagte er der „Leipziger Volkszeitung“ und legte nach, Rösler werde in den Augen der Öffentlichkeit leider nicht als Krisenmanager wahrgenommen. Der Parteivorsitzende lässt sich kaum anmerken, welcher Druck auf ihm lastet. Gedanken an einen Rückzug weist der Familienvater von sich. „Der Bambus wiegt sich im Sturm, aber er bricht nicht“, zitiert Rösler gern ein asiatisches Sprichwort. Am 24. Februar wird Rösler 40 Jahre alt, eigentlich wollte er mit 45 aus der Politik aussteigen. Doch zuvor muss er um sein Amt kämpfen. Die Rede am Sonntag wird eine der wichtigsten in seiner Karriere sein, die Wahl in Niedersachsen zum Schicksalstag für den Politiker Rösler. dapd (Politik/Politik)

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Peer-Michael Preß

Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de

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