Der Abzug wird teuer

Der Abzug wird teuer Kundus/Masar-i-Scharif (dapd). Ein drastischer Vergleich: „Wir sind in Afghanistan länger, als der Erste und Zweite Weltkrieg zusammen gedauert haben“, sagt Verteidigungsminister Thomas de Maizière, als er am Dienstag in Masar-i-Scharif das größte deutsche Feldlager am Hindukusch besucht. Das soll nicht martialisch klingen, sondern nur das Problem umreißen, das der Bundeswehr bis Ende 2014 bevorsteht. Bis dahin sollen alle Kampftruppen mit ihrer Ausrüstung das Land verlassen haben. Die Dimension: Rund 1.700 Fahrzeuge – vom Jeep über den Radpanzer bis zur Feldhaubitze – und dazu noch etwa 6.000 Seecontainer müssen wieder nach Deutschland gebracht werden. Davon gehen zumindest die Schätzungen aus. Doch womit soll die Rückführung beginnen? Was lohnt wirklich den Transport? Und was könnten die Afghanen gebrauchen? De Maizière gibt da vorsorglich die Devise aus: Es wird nichts nach Deutschland geschafft, was später ab 2015 bei der ISAF-Nachfolgemission wieder die 5.000 Kilometer zurückgeschafft werden müsste. „Nein, eine Blaupause gibt es für den Abzug nicht“, sagen Offiziere, die damit begonnen haben, zunächst das gesamte Inventar zu katalogisieren. Denn genau weiß niemand, was die Bundeswehr im vergangenen Jahrzehnt nach Afghanistan gebracht hat, wo was genau steht und in welchem Zustand es ist. Bis Herbst sollen die genaue Liste und möglichst auch der Zeitplan stehen, was wann wie Afghanistan verlässt. Rund 60 Soldaten sind bereits mit nichts anderem als dem Aufschreiben beschäftigt. Eine olivgrüne Inventur sozusagen. Parallel und von der Öffentlichkeit kaum bemerkt hat indes der Abzug schon begonnen. Zum einen wurde das deutsche ISAF-Kontingent zu Jahresbeginn effektiv um 100 Mann verkleinert. Zum anderen sind seit Januar die ersten 50 Fahrzeuge und rund 500 Container auf den Weg in die Heimat gebracht worden. „Der Nettozufluss nach Afghanistan ist gestoppt“, sagt dazu der für die Rückführung verantwortliche Inspekteur der Streitkräftebasis, Vizeadmiral Manfred Nielson. Doch ist der Abzug „eine Gleichung mit vielen Variablen“. Land- oder Lufttransport, direkt nach Deutschland oder einen Umschlagplatz nutzen, einen solchen Hub am Schwarzen Meer oder am Mittelmeer einrichten – alles Fragen, die in den kommenden Wochen gelöst werden sollen. Denn bis Herbst soll die „Blaupause“ stehen. Und erst dann kann gesagt werden, was die Rückführung von Mensch und Material überhaupt kostet. „Der Abzug wird teuer“, ist sich de Maizière sicher. Nur wie teuer, das weiß auch der Minister nicht. Denn allein die Transportkosten für einen Container auf dem Landtransport sollen sich von einst 300 bis 500 US-Dollar auf mittlerweile bis zu 5.000 US-Dollar verzehnfacht haben. Und alles per Lufttransport rauszuholen, ist für Deutschland, das keine eigenen Maschinen dafür hat, auch keine richtige Alternative. Bei den US-Streitkräften allerdings soll etwa die Hälfte mit Transportflugzeugen nach Hause geschafft werden. Alle Blicke der deutschen Planer richten sich nun auf Faisabad im äußersten Nordosten von Afghanistan. Dort war das erste deutsche Wiederaufbauteam schon vor Monaten unter zivile Leitung gestellt worden. Jetzt ist dort der Abbau in vollem Gange. Wo noch vor kurzem die höchste Feldküche der Bundeswehr stand, soll spätestens im Oktober das Licht ausgemacht werden. Auch für Kundus laufen bereits Planungen, im kommenden Jahr das PRT zu übergeben. Jetzt wird aber erst einmal noch kurzzeitig aufgerüstet. Als Nachfolger des betagten Transportpanzers Fuchs sind die ersten Exemplare des hochmodernen Radpanzers Boxer am Hindukusch angekommen. Ende des Jahres soll der Kampfhubschrauber Tiger endlich der Truppe zur Verfügung stehen. Und im zweiten Quartal 2013 sind denn auch mit mehrjähriger Verspätung die ersten Exemplare des neuen Transporthubschraubers NH 90 geplant. Kritiker befürchten, dass der Abzug so ohne Idee verläuft und nur in der Aufrüstung der Truppe „so etwas wie ein Plan existiert“. Zudem beginne die Planung für den Abzug viel zu spät, der so erst 2015 oder 2016 vollendet werden könne, heißt es in Berlin. All jenen hält de Maizière im brütend heißen Masar-i-Scharif kurz und bündig entgegen: „Es ist immer leichter auf den Baum zu klettern, als wieder herunterzukommen.“ dapd (Politik/Politik)

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Peer-Michael Preß

Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de

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