Bundestag und Bundesrat billigen Fiskalpakt und ESM

Bundestag und Bundesrat billigen Fiskalpakt und ESM Berlin/Brüssel (dapd). Historische Entscheidung in Berlin: Bundestag und Bundesrat haben am Freitag mit breiter Mehrheit den europäischen Fiskalpakt und den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM gebilligt. Bei den namentlichen Abstimmungen im Bundestag wurde die Zweidrittelmehrheit jeweils deutlich übertroffen, knapp 80 Prozent der Abgeordneten stimmten zu. Kanzlerin Angela Merkel kann damit einen Erfolg im Kampf gegen die Euro-Schuldenkrise verbuchen. Es gab jedoch einen Dämpfer: Bei der ESM-Abstimmung verfehlte Merkels schwarz-gelbe Regierungskoalition eine eigene Mehrheit. Beim Fiskalpakt indes schafften Union und FDP eine Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Auch in der Länderkammer wurde die Zweidrittelmehrheit locker übertroffen. Von 69 Vertretern stimmten in beiden Abstimmungen 65 zu. Die Regierungskoalition hatte sich die Zustimmung des Bundesrats vorab gesichert, indem sie Ländern und Kommunen Zusagen in Milliardenhöhe gemacht hat. Der Fiskalpakt ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der den 25 Teilnehmerstaaten strenge Sparvorgaben auferlegt. Außer Großbritannien und Tschechien wollen alle EU-Staaten mitmachen. Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) soll angeschlagenen Euro-Staaten Finanzhilfe gewähren. Das Ausleihvolumen beträgt maximal 500 Milliarden Euro, das Stammkapital 700 Milliarden. Er soll noch im Juli in Kraft treten und nach und nach seinen Vorläufer EFSF ablösen. Der deutsche Anteil am eingezahlten Kapital beträgt 21,7 Milliarden Euro, am abrufbaren Kapital rund 168 Milliarden Euro. Auf Bitte des Bundesverfassungsgerichts wartet Bundespräsident Joachim Gauck jedoch noch mit der formellen Ausfertigung der beiden Gesetze, um dem höchsten deutschen Gericht ausreichend Zeit zur Prüfung verschiedener Eilanträge zu geben. Klagen will unter anderem die Linksfraktion und der Verein „Mehr Demokratie“. Zentrales Argument der Kläger: Die Autonomie der Bundestagsabgeordneten, über den Haushalt zu bestimmen, gehe verloren. Wesentliche Kompetenzen würden an EU-Organe übertragen. Zu Beginn der zweieinhalbstündigen Debatte hatte die Kanzlerin mit einem leidenschaftlichen Appell um Zustimmung zum Fiskalpakt und zum ESM geworben. Deutschland sende damit „ein Signal der Geschlossenheit und Entschlossenheit nach innen wie nach außen“. Die CDU-Vorsitzende versicherte: „Wir stehen zum Euro. Wir wollen ihn als stabile Währung.“ Beide Verträge seien „unumkehrbare Schritte hin zu einer nachhaltigen Stabilitätsunion“. Wenige Stunden zuvor hatten die EU-Spitzen beim Euro-Gipfel in Brüssel das Steuer herumgerissen und mit Hilfsmaßnahmen für Italien und Spanien die Finanzmärkte beflügelt. Merkel musste beim Gipfel zwar in einigen Punkten zurückstecken, konnte aber mit einem 120 Milliarden Euro schweren Wachstumspakt im Gepäck nach Berlin zurückreisen. Dort hatten SPD und Grüne ihre Zustimmung zu ESM und Fiskalpakt von genau solchen Konjunkturimpulsen abhängig gemacht. Nach 15-stündigem Ringen hatten sich die Euro-Länder in der Nacht auf eine direkte Bankenhilfe für Spanien und einen bequemeren Zugriff auf den Euro-Rettungsschirm für Italien geeinigt. Damit sollen beide Länder von der Last immer höherer Zinsen befreit werden. Merkel verteidigte dies als gut und vernünftig. Unumkehrbarer Weg zu soliden Finanzen Merkel sagte, der Fiskalpakt sei noch vor wenigen Monaten undenkbar gewesen. Doch es habe sich gezeigt, dass eine unverantwortliche Haushaltspolitik einzelner Staaten alle übrigen im Euro-Raum gefährden könne. „Dem muss Einhalt geboten werden“, sagte die Kanzlerin. Zugleich zeigte sie sich zufrieden, dass demnächst auch eine Finanztransaktionssteuer kommt. Bis zum Jahresende solle die Gesetzgebung dazu abgeschlossen sein. Damit werde sichergestellt, dass auch die Banken als Verursacher der Krise einen Beitrag zur Überwindung der Folgen leisten. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel begründete das Ja seiner Fraktion zu Fiskalpakt und ESM mit den Worten: „Wir wollen nicht, dass verspielt wird, für das so viele vor uns gestritten und gelitten haben.“ Zugleich forderte er die Koalition auf, den plakativen Widerstand gegen eine gemeinsame Schuldenhaftung aufzugeben. Der deutsche Steuerzahler hafte nämlich längst schon mit zig Milliarden. So habe die Europäische Zentralbank (EZB) bereits mehr als eine Billion Euro an direkter und indirekter Staatsfinanzierung geleistet, sagte Gabriel. Die Linke-Fraktionsvize Sahra Wagenknecht warf der Bundesregierung vor: „Sie handeln wie Marionetten, die Puppenspieler sind die Banker.“ Merkels Europa sei ein Projekt der Zerschlagung der sozialen Gerechtigkeit und der Demokratie sowie von Arbeitnehmerrechten. „Sie retten nicht den Euro, sondern die Euros der Millionäre“, sagte Wagenknecht. Die Grünen warfen der Bundesregierung vor, mit der rigiden Sparpolitik Europa letztlich geschadet zu haben. Die zögerliche Politik Merkels habe die Vertrauenskrise nur noch verschärft, sagte Fraktionschef Jürgen Trittin. Zugleich warnte er Schwarz-Gelb davor, eine gemeinsame Schuldenhaftung weiter vehement abzulehnen. Dass Merkel Euro-Bonds ausgeschlossen hat, so lange sie lebe, sei „falsch und verantwortungslos“. Unruhe im Parlament Vor der entscheidenden Abstimmung herrschte große Unruhe im Parlament. Abgeordnete aller Fraktionen zeigten sich irritiert über die Gipfel-Beschlüsse – diskutiert wurde zwischenzeitlich sogar über eine Verschiebung der Abstimmungen. Ein Antrag der Linken dazu wurde jedoch mit breiter Mehrheit aller übrigen Fraktionen abgelehnt. An den Märkten und Börsen kamen die Gipfelbeschlüsse gut an. Der DAX zog bis Handelsschluss um 4,3 Prozent an. Auch der Euro machte einen deutlichen Satz. dapd (Politik/Politik)

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Peer-Michael Preß

Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de

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