Berlin (dapd). Der ehemalige Regierende Bürgermeister von Berlin, Eberhard Diepgen (CDU), hat den früheren US-Präsidenten Ronald Reagan wegen dessen berühmter Rede vor 25 Jahren am Brandenburger Tor als „Visionär“ gewürdigt. „Reagan ist davon ausgegangen, dass die Berliner Mauer keinen Bestand haben wird“, sagte Diepgen am Dienstag, dem Jahrestag des Ereignisses, der Nachrichtenagentur dapd. Damit habe Reagan die Situation anders beurteilt als andere Politiker des Westens. Am 12. Juni 1987 hatte US-Präsident Reagan Berlin besucht. Anlass war die 750 Jahrfeier der Stadt. In seiner Rede vor dem Brandenburger Tor forderte er die Öffnung der Mauer mit den Worten: „Mr. Gorbatschow, open this gate. Mr. Gorbatschow, tear down this wall.“ Er selber habe das Ereignis als einen „sehr aufregenden Tag“ in Erinnerung, sagte Diepgen. Der Besuch von Reagan sei eine bedeutende Geste der USA gewesen, die in Berlin nicht nur zur 750-Jahres-Feier gratulieren wollten, sondern mit ihrer Politik auch ein „Zeichen setzten wollten zur Unterstützung der Lebensfähigkeit der Stadt, ihrer wirtschaftlichen Kraft und zur Überwindung der europäischen Teilung“. Reagans Aufforderung an Gorbatschow „Reißen Sie diese Mauer ein“, sei die politisch demonstrativste Passage der Rede gewesen. Das sei auch von den westlichen Verbündeten so wahrgenommen worden. Die sonstigen Abschnitte hätten die wirtschaftliche Unterstützung, den Flugverkehr und die Ausrichtung der Olympischen Spiele in der Vier-Mächte-Stadt betroffen. Aus Sicht Diepgens waren auch diese Akzente „bemerkenswert“. Denn damit habe Reagan unterstrichen, dass es Entwicklungsmöglichkeiten für die Stadt gebe, die bis dahin als undenkbar gegolten hatten. Allerdings habe der Reagan-Besuch die Stadt auch gespalten, sagte Diepgen. Die Demonstrationen gegen Reagan seien von „schwierigen Polizeieinsätzen“ begleitet gewesen. Er selbst habe mit seinen Gedanken erst gar nicht richtig bei der Rede sein können, die ihm zuvor in Grundzügen vorgetragen worden war. Denn bei dem Lärm, der von den Anti-Reagan-Demonstranten zum Veranstaltungsort hinüberschallte, habe er sich gefragt: „Was passiert da im Einzelnen?“ Diese Unsicherheit habe die Freude an der Geburtstagsfeier „ein wenig gemildert, aber nicht völlig aufgehoben“. Aus Sicht des ehemaligen Regierungschefs haben die Demonstranten „die Rede gar nicht richtig zur Kenntnis genommen“. Die Proteste hätten sich gegen den Ruf von Reagan gerichtet, er sei ein „Kalter Krieger“. Das sei der Zeitgeist damals gewesen, sagte Diepgen. Die Reagan-Gegner seien der Auffassung gewesen, man solle in politischen Fragestellungen der damaligen Sowjetunion stärker entgegenkommen und die Forderung nach der deutschen Wiedervereinigung eher zurückhaltend behandeln. „Die Reaktion der Demonstranten empfand ich damals als peinlich für die Stadt“, sagte Diepgen. dapd (Politik/Politik)
Zahl der Firmenpleiten wächst schneller
Wiesbaden (dapd). Die Zahl der Firmenpleiten in Deutschland ist im März so kräftig gestiegen wie seit dem Frühjahr 2010 nicht mehr. Im März gingen 2.809 Unternehmen zum Insolvenzrichter, das waren 1,7 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mitteilte. So stark war die Zahl der Firmeninsolvenzen zuletzt im März 2010 gewachsen, als sie im Jahresvergleich um 8,7 Prozent zulegte. Auch die absolute Zahl der als zahlungsunfähig gemeldeten Unternehmen war im März die höchste für einen Monat seit zwei Jahren, als sie bei 3.125 gelegen hatte. Der Statistik zufolge stiegen im März die Insolvenzanträge von Firmen im Vergleich zum Februar sogar um 19,4 Prozent. Die Insolvenzverwalter hierzulande rechnen wegen der anhaltenden Eurokrise mit noch mehr Firmenpleiten in den kommenden Monaten. „Es häufen sich die Anzeichen, dass sich die deutsche Wirtschaft nicht länger von der Wirtschaftsflaute in den übrigen Euroländern abkoppeln kann,“ sagte der Vorsitzende des Verbands Insolvenzverwalter Deutschlands, Christoph Niering. Seit geraumer Zeit gebe es „eine spürbare Zunahme“ bei Insolvenzanträgen von Firmen. Laut dem Statistikamt gingen auf das gesamte erste Quartal gerechnet die Unternehmensinsolvenzen allerdings leicht zurück. Sie sanken im Vergleich zu den ersten drei Monaten des Vorjahres um 0,6 Prozent auf 7.483 Fälle. Auch die Zahl der privaten Pleiten von Verbrauchern sank. Sie fiel um 2,8 Prozent auf 25.426, erklärten die Statistiker. Die voraussichtlichen offenen Forderungen der Gläubiger zogen allerdings deutlich an. Sie stiegen von sieben Milliarden Euro im Startquartal 2011 auf nun zehn Milliarden Euro. Als Grund nannte das Amt, dass in den ersten drei Monaten 2012 mehr Pleiten von wirtschaftlich bedeutenden Unternehmen registriert wurden als im Vorjahreszeitraum. (Meldung des Statistischen Bundesamtes: http://url.dapd.de/k4kv7C) dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Russischer Geschäftsmann will Klimapflege für EnBW betrieben haben
Karlsruhe (dapd). Der russische Geschäftsmann Andrey Bykov konkretisiert im Streit mit dem Karlsruher Energieversorger EnBW seine Vorwürfe um angebliche Scheinverträge. Es sei seine Aufgabe gewesen, „ein günstiges Klima“ für Erdgasprojekte der EnBW in Russland zu schaffen“, sagte Bykov dem „Handelsblatt“ (Dienstagausgabe). „Die Hälfte der EnBW-Millionen war mein Honorar. Die andere Hälfte wurde für wohltätige Zwecke ausgegeben“, sagte er weiter. Damit erneuerte Bykov den Vorwurf, die EnBW habe mit ihm Scheinverträge abgeschlossen. Hintergrund sind Verträge von EnBW mit Bykov-Firmen, die bei dem Versorger zu Abschreibungen von etwa 130 Millionen Euro geführt hatten. Laut EnBW ging es bei den Verträgen aus den Jahren 2005 bis 2008 unter anderem um die Lieferung und Sicherung von Uran, die Firmen hätten diese Leistungen aber nicht erbracht. Bykov sagt, er sei für Lobbyarbeiten bezahlt worden. In dem „Handelsblatt“-Interview sagte er, er habe 34 Verträge mit der EnBW über mehr als 200 Millionen Euro abgeschlossen. Ein Viertel sei zur Zeit des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Gerhard Goll und drei Viertel zu den Zeiten des amtierenden EnBW-Chefs Hans-Peter Villis und seines Vorgängers Utz Claassen gezahlt worden. Von dem Geld habe er insgesamt etwa 700 Projekte in Russland und angrenzenden Ländern finanziert, vor allem Kirchen und Denkmäler für den Heiligen Nikolaus. „Jeder der sich für ihn einsetzt, kann im Gegenzug mit großem Wohlwollen der Behörden und höchsten Spitzen von Politik, Industrie und Militär rechnen“, sagte er. Das nenne man „Klimapflege“. Der EnBW seien die Tätigkeiten bekannt gewesen. Die EnBW wollte die Aussagen Bykovs nicht kommentieren unter Verweis auf zwei laufende Schiedsverfahren gegen die Bykov-Gruppe. Das Schiedsgericht hatte bereits im Mai die zur Gruppe gehörende Eurepa Suisse SA mit Sitz in Zürich wegen Nichterfüllung eines Vertrags über die Lieferung von Uran zur Zahlung von 24,5 Millionen Euro an die EnBW verurteilt. In einem weiteren Verfahren, in dem es um 35,6 Millionen Euro ging, folgte das Gericht jedoch nicht der EnBW-Klage. Von der EnBW hieß es nun, Bykov versuche mit dem Interview „im Vorfeld der noch laufenden Schiedsverfahren die Schiedsgerichte zu beeinflussen“. Die Summe von 24,5 Millionen Euro sei er bis heute schuldig. Auch habe die EnBW Bykov mehrfach aufgefordert, für seine Behauptung, die vertraglich vereinbarte Leistungen erbracht zu haben, entsprechende Beweise vorzulegen. „Dies geschah bis heute nicht“, teilte die EnBW mit. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Rösler wirbt um chinesische Investitionen in Deutschland
Berlin (dapd). Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) strebt ein größeres Engagement asiatischer und insbesondere chinesischer Firmen in Deutschland an. Es gebe noch große Spielräume für weitere Investitionen, sagten Rösler und der Vorsitzende des Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, Siemens-Chef Peter Löscher, am Dienstag in Berlin. Den mehr als 20 Milliarden Euro, mit denen deutsche Unternehmen in China investiert seien, stünden Engagements von lediglich 775 Millionen Euro chinesischer Unternehmen in Deutschland gegenüber. „Dies verdeutlicht, dass wir es nicht mit einer von manchen gefürchteten Invasion zu tun haben, sondern mit einem ersten Anklopfen“, sagte Löscher. Direktinvestitionen seien ausdrücklich herzlich willkommen, fügte Rösler hinzu, ohne konkrete Branchen zu nennen, in denen er mehr Engagement aus China wünsche. Potenzielle Investoren hätten aber häufig mit veralteten Vorstellungen zu kämpfen. Es sei ein überholtes Klischee, dass ein Produktionswerk in Deutschland gekauft, abgebaut und dann in China wieder errichtet werde. Diese Zeiten seien zwar vorbei, sagte Rösler, sie hätten aber eine Mentalität geprägt, die noch immer in Deutschland präsent sei. Andersherum hätten auch chinesische Geschäftspartner Sorge, wie sie in Deutschland wahrgenommen würden. Chinesische Engagements bei Investitionen zu scheuen, ist für Rösler ein „fast schon provinzielles“ Verhalten. Es sei wichtig, eine größere Sensibilität für kulturelle Unterschiede zwischen Deutschland und China zu erreichen. Der beste Weg dahin seien Geschäftspartnerschaften. „Bei einer direkten Investition wird mehr gegenseitiges Verständnis zwischen deutschen und chinesischen Partnern geschaffen, als es die Reise einer Wirtschaftsdelegation vermag.“ dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Deutsche Telekom will TV-Zapping auswerten
Bonn (dapd). Die Deutsche Telekom will in gut einem Monat damit beginnen, das Fernsehverhalten ihrer Kunden unter die Lupe zu nehmen. Wie der Bonner Konzern den Nutzern seines Fernsehdienstes Entertain in einem am Montagabend verschickten Rundschreiben mitteilte, werde er vom 16. Juli an unter anderem das „Ein-, Aus- und Umschalteverhalten“ messen und zusätzlich erfassen, welche Programme aufgenommen wurden. In dem Rundschreiben betonte die Telekom, dass diese Daten anonym erfasst werden: „Es gibt keinerlei Rückschlüsse auf einzelne Kunden und deren Empfangsgeräte.“ Wer die Datenerfassung verhindern will, muss sie im Menü seiner TV-Box deaktivieren – sonst wird analysiert. dapd (Vermischtes/Wirtschaft)
Daimler bietet Elektro-Smart in Serie an
Stuttgart (dapd). Daimler bietet ab sofort als erster deutscher Hersteller ein Elektroauto in Serienproduktion an. Im Werk im französischen Hambach läuft nun der neue Smart Fortwo Electric Drive vom Band, wie Daimler am Dienstag mitteilte. Das Elektrofahrzeug ist ab sofort bestellbar und soll im Spätsommer in Deutschland ausgeliefert werden. Daimler bietet den Zweisitzer in zwei Varianten an: als Coupé oder Cabrio. Das Coupé soll mitsamt der Batterie 23.680 Euro kosten. Als Alternative kann sich der Kunde auch entscheiden, die Batterie für den Preis von 65 Euro im Monat zu mieten. Der Kaufpreis des Fahrzeugs verringert sich dadurch beträchtlich. In das Werk in Lothringen investiert Daimler insgesamt 200 Millionen Euro. Alleine 50 Millionen Euro werden für eine Lackieranlage verwendet. In Hambach wird seit 1998 der Smart Fortwo hergestellt. 2011 sind den Angaben nach mehr als 103.000 Fahrzeuge vom Band gelaufen. Rund 1.500 Mitarbeiter arbeiten dort. Bislang wurden die Elektro-Smarts nur über einzelne Privatkunden- und Firmenverträge angeboten. Zudem können Kunden von Daimlers Carsharing-System „car2go“ bereits elektrisch fahren. Im Herbst soll in Stuttgart mit 500 Fahrzeugen die größte Elektro-Smart-Flotte an den Start gehen. Daimler strebt für 2013 an, eine fünfstellige Zahl des elektrischen Kleinwagens zu verkaufen. Die anderen deutschen Hersteller sind noch nicht so weit. Opel bietet zwar schon den Ampera an. Das Elektrofahrzeug mit Zusatzmotor für Langstrecken ist allerdings baugleich mit dem Chevrolet Volt und wird bei der Konzernmutter General Motors in Detroit hergestellt. Volkswagen bringt seinen E-Golf erst 2013 auf den Markt, genauso wie BMW sein komplett neu konzipiertes Fahrzeug i3. Ausländische Wettbewerber sind den deutschen Unternehmen auf dem Gebiet der Elektromobilität einen Schritt voraus. Renault bietet unter den großen Herstellern die breiteste Modellpalette an rein elektrischen Fahrzeugen in Serie an. Mit dem Kompaktwagen ZOE, der in der zweiten Jahreshälfte in Serie gehen soll, sind es insgesamt vier Modelle. Eine Vorreiterrolle nahm der japanische Hersteller Toyota ein, der bereits vor 15 Jahren die erste Serie eines Vollhybridfahrzeugs startete. Mit dem Prius leistete das Unternehmen Überzeugungsarbeit und erarbeitete sich nach und nach den Ruf einer umweltfreundlichen Marke. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Kartellamt überprüft Lebensmittelhandel
Bonn (dapd). Das Bundeskartellamt nimmt den deutschen Lebensmittel-Einzelhandel noch genauer unter die Lupe. Die Wettbewerbsbehörde startete am Dienstag die zweite Ermittlungsphase ihrer Branchenüberprüfung. Ziel sei es, „das Thema Nachfragemacht im Lebensmitteleinzelhandel näher zu beleuchten“, betonte Kartellamtspräsident Andreas Mundt in Bonn. Knapp 200 Lebensmittelhersteller müssen dem Kartellamt dabei in umfangreichen Fragenkatalogen Auskunft über Absatzmengen, Umsätze, Listenpreise und Konditionen für rund 250 Einzelartikel geben. Gefragt wird außerdem nach dem Wettbewerbsdruck durch konkurrierende Markenartikel und Handelsmarken der Supermarktketten. Das Bundeskartellamt kann Sektoruntersuchungen durchführen, wenn besondere Umstände vermuten lassen, dass der Wettbewerb in einer Branche eingeschränkt oder verfälscht sein könnte. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Jeder dritte Deutsche will die D-Mark zurück
Leipzig (dapd). In Deutschland wünscht sich einer Umfrage zufolge jeder Dritte die D-Mark zurück. Das berichtet die „Leipziger Volkszeitung“ (Dienstagausgabe) unter Berufung auf eine repräsentative Umfrage des Leipziger Instituts für Marktforschung unter 1.000 Bundesbürgern über 18 Jahren. Vor einem halben Jahr habe nur jeder Fünfte die alte Währung zurück gewollt. Trotzdem vertraut den Ergebnissen zufolge eine wachsende Zahl von Deutschen in den Euro. So glaube mit 52 Prozent eine knappe Mehrheit der Befragten an die Stabilität der Gemeinschaftswährung, 46 Prozent hätten dagegen Angst vor einer Geldentwertung, hieß es. Noch 2011 hatten sich 57 Prozent der Befragten um die Stabilität gesorgt und nur 41 Prozent in die Festigkeit der Gemeinschaftswährung vertraut. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Bundesanwalt: Becker war nicht Schützin bei Buback-Attentat
Stuttgart (dapd). Die frühere RAF-Terroristen Verena Becker ist nach Ansicht der Bundesanwaltschaft nicht die Schützin bei dem Mordanschlag auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback im Jahr 1977. Es gebe keine belastbaren Beweise, die für sie als unmittelbare Täterin sprächen, sagte Bundesanwalt Walter Hemberger am Dienstag zu Beginn seines Plädoyers vor dem Stuttgarter Oberlandesgericht (OLG). Die heute 59-Jährige habe von keinem Zeugen als Person auf dem Soziussitz des Tatmotorrads identifiziert werden können. Zudem widersprach Hemberger der These von Michael Buback, dem Sohn des Ermordeten, dass der Verfassungsschutz eine „schützende Hand“ auf Becker gehalten habe. Das sei „reine Spekulation“. Die Bundesanwaltschaft wirft Becker vor, unter anderem maßgeblich an der Planung und Vorbereitung des Mordanschlags beteiligt gewesen zu sein. dapd (Politik/Politik)
Bundesbank warnt vor Haftungsgemeinschaft durch die Hintertür
Frankfurt/Main (dapd). Die europäischen Pläne einer Bankenunion treffen auf große Vorbehalte der Bundesbank. Bevor die Einlagensicherung der Staaten zusammengelegt werden könnte, müsse es zunächst strenge Regeln für die nationalen Haushalte geben, also eine Fiskalunion, sagte Bundesbank-Vizepräsidentin Sabine Lautenschläger am Dienstag in Frankfurt am Main. Andernfalls würde eine Bankenunion zu einer „Haftungsgemeinschaft der Staaten durch die Hintertür“ führen. Da in einer Bankenunion nationale Risiken vergemeinschaftet würden, müssten die Staaten einen Teil ihrer Souveränität abgeben, erklärte Lautenschläger. Die nationalen Parlamente müssten ihr Haushaltsrecht zwar nicht vollkommen aufgeben. „Ein Teilverzicht, mit klaren, strengen europäischen Haushaltsregeln und vor allem automatischen, europäischen Durchgriffsrechten bei wiederholten Regelverstößen wäre aber unumgänglich.“ Andernfalls würden Banken aus Euro-Krisenstaaten ihre durch die Bankenunion gewonnene Finanzkraft an ihre Heimatländer weitergeben und deren Anleihen kaufen. Dadurch würde aber der wichtige, weil disziplinierende Marktmechanismus außer Kraft gesetzt. Lautenschläger forderte ein „Zusammenspiel von Haftung und Kontrolle“. Eine Bankenunion bedeute, dass bei der „Krise eines nationalen Bankensystems im Zweifel auch das Geld der anderen Länder eingesetzt wird“. Die Bundesregierung und die deutschen Banken haben sich bereits gegen eine Bankenunion ausgesprochen. Sie fürchten um die stabile deutsche Einlagensicherung. Eine gemeinsame Einlagensicherung könnte die angeschlossenen Banken stabilisieren, weil sie die Angst vor der Zahlungsunfähigkeit verringert und damit das Risiko, dass Kunden während einer Krise panisch ihre Geld abheben („Bank Run“). Von einem gemeinschaftlichen System würden aber vor allem die schwachen Banken in Krisenstaaten profitieren, während starke Banken und deren Kunden letztlich mit ihrem Geld für die eingegangenen Risiken anderer gerade stehen müssten. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)