In den 112 lippischen Betrieben des verarbeitenden Gewerbes mit 50 und mehr Beschäftigten wurde im ersten Halbjahr dieses Jahres ein Umsatz von insgesamt rund 3,7 Milliarden Euro erwirtschaftet. Das entspricht einem Minus von 6,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (NRW -3,1 Prozent). Das zeigt eine Auswertung der Daten des Statistischen Landesamtes (IT.NRW) durch die Industrie- und Handelskammer Lippe zu Detmold (IHK Lippe).
„Aus Sicht der Wirtschaft gibt es aktuell wenig Anlass für Optimismus“, sorgt sich Svenja Jochens, Hauptgeschäftsführerin der IHK Lippe. Die jüngste ‘Zolleinigung‘ der EU werde der exportorientierten Wirtschaft Schaden zufügen. Als Reaktion auf die US-Zollpolitik müsse der europäische Binnenmarkt vehement gestärkt und Freihandelsabkommen – etwa mit den Mercosur-Staaten – zügig abgeschlossen werden, so Jochens weiter. „Innenpolitisch mangelt es weiterhin an fühlbaren Wachstumsimpulsen“, analysiert die Hauptgeschäftsführerin. Vom angekündigten ‘Herbst der Reformen‘ müssten deshalb schnell wirksame, positive Signale für die Wirtschaft ausgehen.
Das verarbeitende Gewerbe leidet besonders unter den hohen Standortkosten, volatilen Rohstoffpreisen, fragilen Lieferketten sowie dem internationalen Wettbewerbsdruck. Auch die Aufwertung des Euros seit Jahresbeginn belastet das Auslandsgeschäft vieler Unternehmen, da europäische Produkte sich verteuerten. Aus diesen Gründen betrachtet Jochens gleich mehrere Branchen mit Sorge:
China und die USA sind für die exportabhängige Elektro- und Elektronikindustrie wichtige Absatzmärkte – doch in beiden Ländern schwächelt die Nachfrage. Die größte Einzelbranche in Lippe spürte diese Zurückhaltung im bisherigen Jahresverlauf und verzeichnet mit 40 Millionen Euro den in absoluten Zahlen größten Umsatzrückgang (-2,4 Prozent). NRW-weit lag das Minus bei 4,5 Prozent.
Die kunststoffverarbeitende Industrie belastet wiederum die deutlich gesunkene Nachfrage in den deutschen Kernbranchen wie Bau, Automobil und Elektronik. Für die Branche in Lippe ergab sich im ersten Halbjahr ein Umsatzminus von 5,6 Prozent (NRW: -3,3 Prozent). Ähnliches gilt für die Hersteller von Metallerzeugnissen, die 5,2 Prozent (NRW: -0,8 Prozent) an Umsatz einbüßten.
Während der Corona-Pandemie boomte die deutsche Möbelindustrie, doch seit 2023 sind die Zahlen Jahr für Jahr rückläufig. Die Ursachen sind vielfältig: Konsumzurückhaltung, stagnierender Wohnungsbau, hoher Wettbewerbsdruck und zunehmende regulatorische Belastungen. Auch in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres musste die lippische Möbelindustrie mit -7,3 Prozent (NRW: -5 Prozent) ein erneutes, deutliches Umsatzminus hinnehmen.
Besser sah es hingegen in der chemischen Industrie im Kreis aus: Der Umsatz stieg um 7,2 Prozent (NRW: -0,6 Prozent). Getragen wird die Stimmungsaufhellung in Lippe vor allem durch das besser laufende Inlandsgeschäft: „Chemische Produkte gelten als Basis für eine Vielzahl weiterer Produkte und Anwendungen. Ob sich eine nachhaltige Trendumkehr einstellt, bleibt allerdings abzuwarten“, so Jochens.
Auch der Maschinenbau in Lippe konnte ein Plus von 7,1 Prozent verbuchen (NRW: -2 Prozent). Mit dem Basiszoll in Höhe von 15-Prozent auf dem wichtigsten Absatzmarkt – den USA – verschärft sich allerdings nun eine Belastung, die in der Branche bislang kaum ins Gewicht fiel: „Der Maschinenbau ist das industrielle Rückgrat unserer Region – und zugleich stark exportorientiert. Für die Wettbewerbsfähigkeit sind die US-Zölle pures Gift“, so Jochens.
Wegen der anhaltend schwachen Wirtschaftslage ging die Zahl der Beschäftigten bei den betrachteten Industrieunternehmen in Lippe insgesamt um 1,9 Prozent (NRW: -2,1 Prozent) auf 27.632 Personen zurück.
Hinweis: Die von der IHK Lippe ausgewerteten Zahlen von IT.NRW werden nominal, also nicht preisbereinigt, veröffentlicht.